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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 24,1.1831

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No. 26
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https://doi.org/10.11588/diglit.34671#0431
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Brauns , über Auswanderungen.

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Vortheile gewähren, und zuletzt bei unbegrenzten Forderungen die
ganze Erde zu einem einzigen Staate vereint noch zu Mein scheinen
dürfte. Vortheilhaft wird es daher seyn , wenn die sämmtlichen
Staaten in solcher gegenseitiger Verbindung stehen, dafs der Unter-
nehmungsgeist den möglichst freien Spielraum hat, ohne die in je-
dem einzelnen Staate einmal bestehende Ordnung zu beeinträchtigen.
Jene Verbindung ist indefs der Hauptsache nach bereits wirhlich
vorhanden, und braucht nicht erst hergestellt zu werden, denn jeder
cinzelne ist im Gegentheil dessen, was in älteren Zeiten Sitte war,
in jedem Staate unter leicht zu erfüllenden Bedingungen Bürger,
und bann also sein Heil auf die verschiedenste, ihm beliebige,
Weise versuchen, worauf eben die Auswanderung hinausläuft
Eine Auswanderung aus den allerdings sehr volkreichen, na-
mentlich teutschcn Staaten in die minder volkreichen und weniger
cnltivirten, hauptsächlich amerikanischen, findet wirklich statt, und
ist vorzüglich in den neuesten Zeiten nicht unbedeutend gewesen ,
so dafs man hieraus einen factiseben Gegenbeweis gegen die abso-
luten Tadler derselben hernehmen könnte. Einseitig betrachtet könnte
man den Menschen als eine Waare ansehen, die aus einer Gegend
in die andere transportirt wird , je nachdem örtlicher Mangel oder
Ucberflufs dieses mit sich bringt, ja es gilt hierbei in der That
auch eine Anwendung der bekannten Wahrheit, dafs man die gute
Waare überall gern bat, die schlechte aber nirgend Aufnahme findet.
Wie bedeutend übrigens die Auswanderung sey, ergiebt sich zum
Theil aus dem vielfach bemerkten Ueberschusse der Zahl des weib-
lichen Geschlechts über die des männlichen, obgleich diese zugleich
noch auf andern Gründen beruhet, auch finden sich überall nament-
lich Tcutsche (allerdings Engländer noch mehr) in grofser Zahl im
Auslande, und dieses Auswandern im Kleinen wird noch zunehmen,
seitdem das Reisen so ungemein erleichtert ist. Ob jedoch das Aus-
wandern im Grofsen , d. h. die Versetzung ganzer Colonien in fremde
Welttheile, überhaupt räthlich sey, und auf die vom Verf. vorge-
schlageue Weise, nämlich durch die Vermittelung der Regierungen
ohne sehr grofse, wo nicht unüberwindliche, Schwierigkeiten be-
werkstelligt werden könne, diese Frage läfst sich um so weniger
mit Leichtigkeit beantworten, als dabei die vielfachsten Bedingun-
gen in Betrachtung kommen , die hier gar nicht einmal genannt
werden können. Ein leichterer Weg, als jener vorgeschlagene,
dürfte nach unserer Ansicht der durch Associationen seyn, wenn
v orläufig einige Colonisten vorausgingen, durch gemeinschaftliche
Unterstützung sich an einem geeigneten Platze ansicdelten, und
dann bekannte und zuverlässige Familien nachkommen licfsen , die
dort leichter als im überfüllten Tcutscbland ihr Glück machen
könnten.
 
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