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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 35,2.1842

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No. 50
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https://doi.org/10.11588/diglit.41337#0328
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über schöpf erlieft , und wenn man sieht, wie unbedeutend diese Gegen-
stände oft sind, so muss man erstaunen, nicht nur, wie sie durch seine
Gesellschaft gewinnen, sondern wie er durch die ihrige nicht verliert.
Man vergleiche nur seinen Gäsarritt mit drei Tollen Bd. I. Kap. 6. oder
seinen Aufenthalt in dem kleinen Nordseebade Dangast (Kap. 2—4), wo
er mit nicht grösserm Personale, als der von ihm geschilderte Thcater-
director Kloss, Ergötzlichstes leistet, u. a. m. Nicht zu oft trifft man
auf ganz Unbedeutendes, wie z. B. I., S. 190 ff.
Allgemeinerer Punkte hätte ich mehrere in dem Werkchen tadelnd zu
erwähnen. Ich will nur einige heryorheben. Erstlich sollte der Verf.,
je humoristischer er ist, desto weniger das Wort „Humor“ so oft im
Munde führen, und zweitens sollte er, bei einem unleugbar theilnehmen-
den Herzen, weder so viel von seinen Verdiensten um andere Menschen
reden, die ja reichlich durch die Verdienste Anderer (wenn auch nicht
gerade der nämlichen Personen) um uns aufgewogen werden, noch das
apocryphisch-johanneische: „Kinder, liebet Euch unter einander*6 so viel
wiederholen, denn es erweckt doch all das schöne Reden immer nur den
Verdacht eines Restes von Eigennutz und Lieblosigkeit, den man sich
selbst verhehlen und vor Andern ableugnen will.
Tadeln muss ich auch die Art, wie der Verf. andrer Personen er-
wähnt. Zuerst Privatpersonen. Hier über seine vertrauten freundschaft-
lichen Verhältnisse und die Art, wie er öffentlich davon redet, ein Ur-
tlieil zu fällen, kommt mir nicht in den Sinn; die überschwänglichen
Ausdrücke, in denen er von einzelnen hohen Personen spricht, sind höch-
stens unpassend^ die Lobsprüche, die er dem einen und andern Bekann-
ten aus Artigkeit, Wenn auch zugleich mit Ueberzeugung, erlheilt, kom-
men mir zum Theil vor, als ob ich Jemandem sagte: Herr N. N., ich
muss Ihnen das Compliment machen, dass Sie ein rechtschaffener Mann
sind| wenn er aber einen in seiner Nähe lebenden Gegner — und damit
meine ich nicht etwa einen ungünstigen Recensenten, der sich darüber
nicht beklagen wird — in die Oeffentlichkeit bringt, so ist das unedel,
denn es heisst den Gegner mit einer Waffe verletzen, welcho dieser selbst
nicht führt, gegen welche er sich also auch nicht vertheidigen kann.
Was nun die Schriftsteller betriflt (denn bei einem Schriftsteller kann
man diese wohl den Privatpersonen gegenüberstellen), so ist der Verf.
gegen die ihm befreundeten Ein Enthusiasmus. „Geistreich46 ist das ge-
ringste Epitheton, welches er ihnen beilegt. Den einen nennt er „gross'4,
für den andern hält er die „Unsterblichkeit66 bereit, und so hat er sich
aus seinen schriftstellerischen Freunden mit halber Aufrichtigkeit einen
Kreis von Männern zusammengesetzt, die ihm das Höchste in ihrer Art
darstellen. Immermann nennt er den „grossen I.66, „den grossen Mann66,
während er daneben auch des „bekannten46 Tieck erwähnt. Gutzkow ist
„geistreich46, „scharfsinnig“, „tüchtig66, Duller „geistreich und edel4*6 etc.
Auch von Grabbe ist viel die Rede, das Beste aber, was Robbe von
diesem mittheilt, ist ein Brief Grabbe's an ihn, worin Grabbe mit einer
Offenheit über sich und Andere urtheilt, welche beweist, dass sein inne-
rer Mensch nicht versunken war, wie sein äusserer, oder wie der innere
Mensch so Vieler, deren Aeusseres so wohlanständig ist. Ohne Zweifel
hätte Grabbe mit einem weniger zerrütteten Körper sich auch aus seiner
wüsten Lebensweise und allem, was damit verbunden war, gerettet, denn
sein Geist war der gesundeste und reichste, und sein Herz, so wirr es
darin aussehen mochte, war brav. Der Mann ist mir lieber, als Alle die
über ihn den Stab brechen. Das thut Kobbe keineswegs, aber er thut
Grabbe eben so unrecht, indem er Immermann auf Kosten Grabbc’s er-
hebt, als man Immermann unrecht thut, indem man sein Benehmen ge-
gen Grabbe tadelte, da es vielmehr uneigennützig und verdienstlich ge-
wesen ist.
Aug. Boden.
 
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