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trauten Pfände gewuchert, weit grossem Werth darauf gelegt haben, als
ietzt. Jetzt verdanken wir fast alles, was er geschrieben hat, mehr ei-
nem blossen Hange zu den Gegenständen , als einer Bestrebung darum,
und es ist leicht einzusehen, dass er so das nicht leistet, was man von
ihm fordern kann.
Damit hängt zusammen, dass Kobbe eine stille Beschäftigung mit
der Literatur und Wissenschaft, trotz hinlänglicher Vorbildung ünd bei
der leichtesten Auffassung nicht sehr eigen ist, uud ihm also diejenige
Bildung fehlt, welche nur aus Büchern und durch Fleiss gewonnen wird.
Doch hilft er diesem Mangel durch den Umgang mit wissenschaftlich
strebsamen Männern, den er liebt, nicht unglücklich ab, und wir treffen
ihn noch in diesem Buche nicht nur an der Seite eines Oldenburger
Gelehrten, des Herrn Conrector Stuhr, sondern sehen ihn auch seine
Theilnahme an der Hegel’schen Philosophie, die in Oldenburg Herrn
Stahr und Andere zu Freunden hat, mehrfach an den Tag legen. —
Eine andere Seite hei Kobbe ist die herzliche. Er gibt sich selbst,
im Leben wie in seinen Schriften, mit solcher Offenheit hin, und kann
dies bei grossem natürlichen Wohlwollen ungestraft thun, dass bei der
Beurtbeilung seiner Bücher auch diese Seite nicht unerwähnt bleiben
kann. Doch kehre ich zu seinen Büchern zurück, um auf das vorlie-
gende Werkchen überzugehen.
Von allem, was Kobbe geschrieben hat, verdienen seine „humoristi-
schen Skizzen und Bilder“, welche zu Anfänge des vorigen Jahrzehnds in
Bremen in zwei Bändchen bei zwei versebiednen Verlegern *) erschienen
sind, bei Weitem den Vorzug **) und gehören überhaupt zu dem Aliervor-
trefHichsten, das die deutsche humoristische Literatur aufzuweisen hat.
Hätte Kobbe in dieser Weise fortgefahren und so auch im Grossen gear-
beitet, so wäre er einer der ersten Dichter Deutschlands geworden, Er
hat es aber vorgezogen, ein Journal „Humoristische Blätter“ herauszu-
geben, in dem er seine reiche Erfindungsgabe an Anecdöten- und Witz-
jägereien übt, und sich mehr um die Gunst einer Schriftstellergilde, als
der Leser bewirbt. Doch wird er diesen Abweg hoffentlich bald verlas-
sen ; denn obschon jene Blätter von den ihm befreundeten Schriftstellern,
nach dem Princip der Gegenseitigkeit, bestens angepriesen werden, so
vernehmen wir doch in dem vorliegenden Buche die Klage, dass sie Sei-
tens des Publikums nur laue Theilnahme fänden. Macht Kobbe daher
aus der Noth eine Tugend und folgt, statt den Lockungen der Eitelkeit
und dem Urtheile eigennütziger oder sentimentaler Freundschaft, seinem
Genius, so wird er uns seine ganze Tugend offenbaren. —
Mehrere seiner neuern Sachen (wie über Helgoland, Gräfenberg)
kenne ich nicht; dagegen las ich vor etwa einem Jahre seine „Humori-
stischen Erinnerungen aus meinem academischen Leben“ etc., welche er
selbst als leichten Wein bezeichnete, der schnell getrunken seyn wolle;
und so erschienen sie mir auch; als eine ergötzliche Lectüre, ohne gros-
sem Werth, als auf den sie Anspruch machten.
Vielleicht urtheilt der Verf. über die vorliegende Schrift eben so
bescheiden, wir halten sie aber für viel bedeutender und beachtenswer-
ter. Sie behandelt nicht blos Gegenstände, auf die der Dichter sich
zurückerinnern musste, sondern in (lenen er seit Jahren geistig wie äus-
serlich lebt, also das Beste, was ein begabter Mann von seiner Eigen-
tümlichkeit und Richtung gehen kann
Die vorliegende Schrift ist mit grosser Lebendigkeit, nicht ohne
Sorgfalt, obgleich nicht sorgfältig genug, geistreich, witzig, nicht selten
mit Feinheit geschrieben. Der Verf. will zwar nichts geben, das er nicht
erlebt hätte, aber gleichwohl verhält er sich den Gegenständen gegen-

*) Der eine Band bei Kaiser 1831, der andere, wenn ich nicht irre, bei
Geister 1833.
**) Man muss freilich einige Stücke darin streichen, die dienen mussten,
die Bändchen nicht gar zu klein ausfallen zu lassen,
 
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