Reichlin-Meldegg: Paulus und seine Zeit.
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ber jenes Jahres ohne definitive Verwendung·, Er erhielt endlich
in dieser, für ihn so unangenehmen, wechselvollen Zeit, nachdem er
von Baiern übernommen und unter dem 7. November provisorisch
für die Universität Allorf bestimmt worden war, im Frühlinge 1807
{3. März) die Stelle seines von Jena her ihm innig verbundenen,
nach München ins Oberconsislorium berufenen Freundes Niet-
hammer als Kreis- lind Schulrath in Bamberg. Ueber die tos-
kanische Regierung schrieb Paulus in jener provisorischen Zeit am
26. Juli 1806 an Schnurr er: „Niemand kann sich denken, dass
Churwürzburg und Manfred ini uns Kelzer bedingt oder un-
bedingt übernehmen. Selbst das Feuer, um uns zu braten, wäre eine
übeiflüssige Ausgabe“ fS. 387). Die zelolischen Katholiken jubelten
unter der toskanischen Regierung in Würzburg. Paulus schrieb
in demselben Briefe: „An Pasquillen, Drohungen hat es schon im
Januar nicht gefehlt. Hoven £ein bekannter Arzt, der mit Schel-
ling und Paulus in einem Gebäude, dem ehemaligen adeligen Se-
minar, wohnte) rief man kürzlich Nachts zu einem Kranken. Da er
glücklicher Weise nicht gieng, weil er Nachts nicht praktizirt, so er-
gab es sich nachher, dass 3 Kerls auf ihn gelauert hatten. Nicht
wahr? Da gehört aller Leichtsinn dazu, mit Frau und Kindern zu
bleiben?“... „So muss ich es für eine neue Erfahrung gelten las-
sen, wenn man vor meinen Fenstern ruft: Baierische Sau-
schwänze, lutherisches Lumpenpack! Fort!“ u. s. w.
Auch im Badischen, glaubt er, meine man, dass „sein Name nicht
im Himmel aufgezeichnet sei“ ζβ. 388). Ein merkwürdiger Bericht
des Generallandeskommissariales für Franken aus Ansbach vom
27. September 1806 (S. 393—395) verhinderte Paulus’ Berufung
nach Altorf. Er halte das Actenstück eigenhändig „ein mich tief
verletzender Bericht“ überschrieben. Er wirkte nun als praktischer
Schriftsteller für das baierische Volksschulwesen erfolgreich (S. 396
bis 406). In einem dieser Volksbücher sagt er über die Protestan-
ten und Katholiken zur Zeit der Reformation: „Ein grosses Uebel
war der Hass der verschiedenen Religionsverwandten, besonders der
Katholiken und Protestanten in Deutschland, welche doch mehr we-
gen der kirchlichen Verfassung und Herrschaft, als wegen der we-
sentlichen Theile der Religiosität und des christlichen Glaubens sich
von einander schieden“ ('S. 405 und 406). Er blieb in der Ober-
aufsicht der Schulen in Bamberg, Nürnberg und Ansbach
von 1807—1811 unermüdet Ihätig, wiewohl er von Zeit zu Zeit
grosse Sehnsucht nach der früheren akademischen Lehrwirksamkeit
in sich empfand. Bei einem von Stuttgart aus schon im Herbste
1806 gemachten Ferienbesuche in Heidelberg lernte er den treff-
lichen badischen Minister, Freiherrn S i g m u n d von Reizenstein
kennen, der jenem nach dem Abgänge Marheineke’s und de
Wette’s schon am 15. November 1810 schrieb, dass er durch die
„Vocirung eines Mannes von dem entschiedensten Rule und den aus-
gezeichnetsten Verdiensten dein dortigen theologischen Studium einen
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ber jenes Jahres ohne definitive Verwendung·, Er erhielt endlich
in dieser, für ihn so unangenehmen, wechselvollen Zeit, nachdem er
von Baiern übernommen und unter dem 7. November provisorisch
für die Universität Allorf bestimmt worden war, im Frühlinge 1807
{3. März) die Stelle seines von Jena her ihm innig verbundenen,
nach München ins Oberconsislorium berufenen Freundes Niet-
hammer als Kreis- lind Schulrath in Bamberg. Ueber die tos-
kanische Regierung schrieb Paulus in jener provisorischen Zeit am
26. Juli 1806 an Schnurr er: „Niemand kann sich denken, dass
Churwürzburg und Manfred ini uns Kelzer bedingt oder un-
bedingt übernehmen. Selbst das Feuer, um uns zu braten, wäre eine
übeiflüssige Ausgabe“ fS. 387). Die zelolischen Katholiken jubelten
unter der toskanischen Regierung in Würzburg. Paulus schrieb
in demselben Briefe: „An Pasquillen, Drohungen hat es schon im
Januar nicht gefehlt. Hoven £ein bekannter Arzt, der mit Schel-
ling und Paulus in einem Gebäude, dem ehemaligen adeligen Se-
minar, wohnte) rief man kürzlich Nachts zu einem Kranken. Da er
glücklicher Weise nicht gieng, weil er Nachts nicht praktizirt, so er-
gab es sich nachher, dass 3 Kerls auf ihn gelauert hatten. Nicht
wahr? Da gehört aller Leichtsinn dazu, mit Frau und Kindern zu
bleiben?“... „So muss ich es für eine neue Erfahrung gelten las-
sen, wenn man vor meinen Fenstern ruft: Baierische Sau-
schwänze, lutherisches Lumpenpack! Fort!“ u. s. w.
Auch im Badischen, glaubt er, meine man, dass „sein Name nicht
im Himmel aufgezeichnet sei“ ζβ. 388). Ein merkwürdiger Bericht
des Generallandeskommissariales für Franken aus Ansbach vom
27. September 1806 (S. 393—395) verhinderte Paulus’ Berufung
nach Altorf. Er halte das Actenstück eigenhändig „ein mich tief
verletzender Bericht“ überschrieben. Er wirkte nun als praktischer
Schriftsteller für das baierische Volksschulwesen erfolgreich (S. 396
bis 406). In einem dieser Volksbücher sagt er über die Protestan-
ten und Katholiken zur Zeit der Reformation: „Ein grosses Uebel
war der Hass der verschiedenen Religionsverwandten, besonders der
Katholiken und Protestanten in Deutschland, welche doch mehr we-
gen der kirchlichen Verfassung und Herrschaft, als wegen der we-
sentlichen Theile der Religiosität und des christlichen Glaubens sich
von einander schieden“ ('S. 405 und 406). Er blieb in der Ober-
aufsicht der Schulen in Bamberg, Nürnberg und Ansbach
von 1807—1811 unermüdet Ihätig, wiewohl er von Zeit zu Zeit
grosse Sehnsucht nach der früheren akademischen Lehrwirksamkeit
in sich empfand. Bei einem von Stuttgart aus schon im Herbste
1806 gemachten Ferienbesuche in Heidelberg lernte er den treff-
lichen badischen Minister, Freiherrn S i g m u n d von Reizenstein
kennen, der jenem nach dem Abgänge Marheineke’s und de
Wette’s schon am 15. November 1810 schrieb, dass er durch die
„Vocirung eines Mannes von dem entschiedensten Rule und den aus-
gezeichnetsten Verdiensten dein dortigen theologischen Studium einen