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Streuber: Basler Taschenbuch.

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Basler Taschenbuch auf die Jahre 1854 und 1855. Herausgegeben
von Dr. W. Theod. Streuber, Professor. Fünfter und
sechster Jahrgang. V. 219. 12. Basel bei Schweigheuser.
Hatte sich dieses schätzenswerthe und auch für einen grossem
Leserkreis anziehende Jahrbuch früher meistens in entfernte Zeital-
ter zurückgezogen, so verweilt es dermalen grösstentheils bei Sce-
nen des achtzehnten Jahrhunderts. Letzteres ist nicht minder für
die Schweiz, denn das übrige Europa die Union des Zopfes und
Schwertes; jener herrscht mehr in der ersten, dieses in der zweiten
Hälfte vor; jedoch können beide Gewalten einander nicht entbehren;
sie trachten nach einem wohlthätigen Gleichgewicht des Friedens
und Kriegs; in ihren Vertretern laufen mehre Functionen zusammen,
die Künste der Minerva und -des Mars. So ein nützliches Allerlei
von theoretisch-praktischem Vielwissen war für Basel der Major N i-
kolaus Miville; eifriger Soldat und Gründer der Freicompagnie,
hat er gleichzeitig Jahre lang als Polizeiminister, Diplomat
und Gelegenheitsdichter gewirkt; manche seiner Lieder dienten da-
zu, um durch Sang und Rhythmus die Bürgermilizen desto beque-
mer an den Taktschritt zu gewöhnen. Derartige Ueberschwänglich-
keiten waren nach dem siebenjährigen Krieg bis zur Französischen
Revolution, welche manches annahm, ganz gewöhnlich; bei kaltem
Herzen schwärmte man für die Liebe und Sentimentalität, warum
also auch nicht trotz der friedlichen Gesinnung für Schlacht und
Mordgetümmel? Für die meisten Höfe und republikanischen Re-
gierungen, wie sie etwa in Holland, der Schweiz, den Reichsstädten
blüheten, war es ächte Wahrheit, wenn der Baslerische Friedens-
tyrtäus sang:
„Ihr Soldaten, Cameraden!
Tretet munter ins Gewehr.
Exercieren, schön marschieren
Macht uns allen Freud und Ehr.
Schliesst die Glieder, richt’ euch wieder,
Pflanzt und fällt das Bajonet!
Seid geschwinde, wie die Winde,
Wenn es an das Feuern geht! u. s. w.
Am 20. Junius 1791, als schon andere Lüfte weheten, starb
der wackere Bürger und Kriegsmann; er hatte sich seine Grabschrift
selbst gesetzt:
„Nicolaus Miville Civis Basiliensis
et Miles
Gratus vixit, laetus emigravit,
sequere.“—
In dem zweiten Aufsatz: „Die Familie Haas“, gibt P. Wege-
lin beachtenswerthe, theilweise seltene Nachrichten und Beiträge zur
Basler Buchdruckergeschichte. Die berühmte Technikerfamilie, wel-
che sich durch eine gewissermassen erbliche Gabe der Erfindsamkeit
auszeichnete, stammte aus Nürnberg; von hier wanderte der eigent-
 
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