Schriften von H. de Luynes und Röth über die Erztafel von Idalion. 25
in diesen verschiedenen Alphabeten für einen und denselben Laut
wesentlich von einander abweichendeZeichen fänden, die sich nicht
auseinander entwickelt haben könnten, sondern schon von allem An-
fang an von einander verschieden gewesen sein müssten. Die Ueber-
einstimmung und Nichtübereinstimmung aller dieser verwandten Al-
phabete würde sich dann durch ihre Abstammung aus einem ihnen
gemeinschaftlich zu Grunde liegenden älteren polysematischen Alpha-
bete durch allmälig erfolgte Auswahl je Eines Zeichens für Einen
Laut befriedigend erklären.
Diese Schlussfolgerung möchte aber schwerlich Beifall gefunden
haben, da die Existenz eines solchen polysematischen Alphabetes
immer als eine blosse Hypothese erschienen wäre.
Die Existenz einer solchen polysematischen Schrift ist nun aber
keine Hypothese mehr, sondern ein Factum, denn sie findet sich
in unserer cyprischen Inschrift aus der Mitte des 6. Jahrh. v. Chr.
und hat sich in Cypern bis zu den Zeiten der Ptolemäer erhalten.
Diese cyprische Schrift ist also das verbindende Mittelglied
zwischen der noch zeichenreicheren aegyptischen und der ganz ein-
fachen phönikischen. Dies gibt der cyprischen Schrift eine ausser-
ordentliche paläographische Wichtigkeit; denn durch dieses Factum ge-
stalten sich nun unsere bisherigen Vorstellungen über Herleitung u.
Entwicklung der Schrift wesentlich um. (p. 111 und 112.)
Und nun lassen sich auch über diesen Zusammenhang induktiv
noch einige Ergebnisse gewinnen, (p. 112 und 116.)
Nach einer allgemeinen Tradition der Griechen wurde das phö-
nikische Alphabet schon im 16. Jahrhundert vor Chr. G. von Kad-
mus nach Theben gebracht, von den Joniern angenommen und
unter dem Namen des jonischen Alphabetes in Griechenland nach
und nach herrschend. So früh also war schon das einfache phöni-
kische Alphabet vorhanden. Nun existirte aber nach andern Nach-
richten der Alten vor der kadmeisch-jonischen auch schon eine pe-
lasgische Schrift. Diese pelasgische Schrift war also noch älter.
Da nun, wie ich im 1. Theile meiner Geschichte der Philosophie
nachgewiesen habe, die Pelasger jene aus Aegypten vertriebenen
Phöniker waren, die im 18. Jahrhundert vor Chr. nach Griechen-
land kamen und aegyptische Kultur dorthin mitbrachten und na-
mentlich also auch schon Schrift besassen, die als aus der polysema-
tischen aegyptischen stammend, dieser verwandt und also auch polyse-
matisch sein musste, so scheint es kein zu gewagter Schluss, wenn man
die in Cypern üblich gebliebene polysematische Schrift als einen Ueber-
rest jener alten pelasgischen betrachtet. Auf diese Weise würde sich
wenigstens das Räthsel dieser cyprischen Schrift und ihr Zusammen-
hang mit der aegyptischen befriedigend lösen. Der Verf. wird sich
freuen, wenn es einem Sachkenner glücken sollte, eine andere noch
genügendere Auflösung zu finden.
Jedenfalls wird, wie der Verfasser hofft, für jeden Unpartei-
ischen die Wichtigkeit unseres Dokumentes jetzt keinem Zweifel
in diesen verschiedenen Alphabeten für einen und denselben Laut
wesentlich von einander abweichendeZeichen fänden, die sich nicht
auseinander entwickelt haben könnten, sondern schon von allem An-
fang an von einander verschieden gewesen sein müssten. Die Ueber-
einstimmung und Nichtübereinstimmung aller dieser verwandten Al-
phabete würde sich dann durch ihre Abstammung aus einem ihnen
gemeinschaftlich zu Grunde liegenden älteren polysematischen Alpha-
bete durch allmälig erfolgte Auswahl je Eines Zeichens für Einen
Laut befriedigend erklären.
Diese Schlussfolgerung möchte aber schwerlich Beifall gefunden
haben, da die Existenz eines solchen polysematischen Alphabetes
immer als eine blosse Hypothese erschienen wäre.
Die Existenz einer solchen polysematischen Schrift ist nun aber
keine Hypothese mehr, sondern ein Factum, denn sie findet sich
in unserer cyprischen Inschrift aus der Mitte des 6. Jahrh. v. Chr.
und hat sich in Cypern bis zu den Zeiten der Ptolemäer erhalten.
Diese cyprische Schrift ist also das verbindende Mittelglied
zwischen der noch zeichenreicheren aegyptischen und der ganz ein-
fachen phönikischen. Dies gibt der cyprischen Schrift eine ausser-
ordentliche paläographische Wichtigkeit; denn durch dieses Factum ge-
stalten sich nun unsere bisherigen Vorstellungen über Herleitung u.
Entwicklung der Schrift wesentlich um. (p. 111 und 112.)
Und nun lassen sich auch über diesen Zusammenhang induktiv
noch einige Ergebnisse gewinnen, (p. 112 und 116.)
Nach einer allgemeinen Tradition der Griechen wurde das phö-
nikische Alphabet schon im 16. Jahrhundert vor Chr. G. von Kad-
mus nach Theben gebracht, von den Joniern angenommen und
unter dem Namen des jonischen Alphabetes in Griechenland nach
und nach herrschend. So früh also war schon das einfache phöni-
kische Alphabet vorhanden. Nun existirte aber nach andern Nach-
richten der Alten vor der kadmeisch-jonischen auch schon eine pe-
lasgische Schrift. Diese pelasgische Schrift war also noch älter.
Da nun, wie ich im 1. Theile meiner Geschichte der Philosophie
nachgewiesen habe, die Pelasger jene aus Aegypten vertriebenen
Phöniker waren, die im 18. Jahrhundert vor Chr. nach Griechen-
land kamen und aegyptische Kultur dorthin mitbrachten und na-
mentlich also auch schon Schrift besassen, die als aus der polysema-
tischen aegyptischen stammend, dieser verwandt und also auch polyse-
matisch sein musste, so scheint es kein zu gewagter Schluss, wenn man
die in Cypern üblich gebliebene polysematische Schrift als einen Ueber-
rest jener alten pelasgischen betrachtet. Auf diese Weise würde sich
wenigstens das Räthsel dieser cyprischen Schrift und ihr Zusammen-
hang mit der aegyptischen befriedigend lösen. Der Verf. wird sich
freuen, wenn es einem Sachkenner glücken sollte, eine andere noch
genügendere Auflösung zu finden.
Jedenfalls wird, wie der Verfasser hofft, für jeden Unpartei-
ischen die Wichtigkeit unseres Dokumentes jetzt keinem Zweifel