852
Fes 11 er: Das kirchliche Bücherverbot.
(S. 48.) Sonst werden in dieser und der nächstfolgenden Zeit
noch verboten: Schmähschriften gegen religiöse Orden, Bücher von
der Magie und anderem Aberglauben in Frankreich, Auslegungen
der Offenbarung des Apostels Johannes, später im 15. Jahrhundert
auch bereits ein sehr unsittliches Gedicht.
Die Erfindung der Buchdruckerkunst in der Mitte des 15. Jahr-
hunderts musste die Art und Weise wie die Kirche gegen schlechte
Bücher einschritt, sehr bedeutend modificiren. Jetzt genügte nicht
mehr das frühere einfache Verbot, diese oder jene Bücher, deren
Zahl bei der langsamen Mühe des Abschreibens nur gering war, zu
haben, zu lesen und abzuschreiben, und dass die vorhandenen Bü-
cher verbrannt wurden, womit in den meisten Fällen der älteren
Zeit das Buch selbst vernichtet war.
(S. 49.) An den Hauptsitzen der neuen Kunst trat auch ihr
Missbrauch zuerst hervor und rief die Kirche zum pflichtgemässen
Widerstande auf. In Venedig erliess der von Innocenz VIII. zum
päpstlichen Legaten ernannte Bischof von Treviso, Nicolaus Franco,
unter anderen auf eine kirchliche Reform bezüglichen Decreten (bei
Mansi Supplementum S. S. Conciliorum etc. T. VI. Lucae 1752. p.
671. sqq.) eines gegen nonnullos libros haeresim sapientes (ibid. p.
681 sq.), indem er verordnete, „dass in Zukunft Niemand Bü ch er,
welche vom katholischen Glauben oder von kirchli-
chen Dingen handeln, äusser den gewönlichen, ohne Erlaub-
niss des Bischofs oder Generalvikars der betreffenden Orte drucke
oder drucken lasse. Wer dagegen zu handeln sich erkühnt, soll
ohne Weiteres der Exkommunication verfallen sein. „Insbesondere
sollte noch das Buch: Monarchia von Anton Roselli und die The-
sen und Abhandlungen des Pico von Mirandola binnen 14 Tagen
nach der Verkündigung gegenwärtigen Decretes in der Domkirche
jener Stadt oder Diözese, in der sie wohnen, verbrannt und in Zu-
kunft nicht mehr gedruckt oder von Jemanden im Besitz behalten
werden. (S. 50.) Die hier erwähnten Thesen des Grafen Pico von
Mirandola, eines der grössten Gelehrten des 15. Jahrhunders, wa-
ren einige Jahre früher von ihm nach der scholastischen Weise jener
Zeit öffentlich aufgestellt worden als solche Sätze, die er gegen
Jedermann zu vertheidigen bereit sei. Nun wurde aber der Papst
Innocenz VIII. aufmerksam gemacht, dass unter diesen Thesen einige
dem wahren Glauben zuwider, irrig, anstössig und verdächtig seien.
Es wurden in Folge einer angestellten Untersuchung 13 Thesen als
doppelsinnig, mit dem katholischen Glauben in zweifelhaftem Ein-
klang stehend befunden. Pico schrieb hierauf eine Apologie dersel-
ben, worin er sie alle in katholischem Sinne erklärte. Dennoch
verbot Papst Innocenz VIII. den Gläubigen deren Lesung, damit
nicht etwa Jemand irgendwie dadurch in Irrthum geführt werde,
erklärte aber zugleich, dass hiermit der Ehre des Autors keinerlei
Nachtheil erwachsen solle. So berichtet das in derselben Angelegen-
heit später im J. 1493 von Papst Alexander VI. ergangene Breve
Fes 11 er: Das kirchliche Bücherverbot.
(S. 48.) Sonst werden in dieser und der nächstfolgenden Zeit
noch verboten: Schmähschriften gegen religiöse Orden, Bücher von
der Magie und anderem Aberglauben in Frankreich, Auslegungen
der Offenbarung des Apostels Johannes, später im 15. Jahrhundert
auch bereits ein sehr unsittliches Gedicht.
Die Erfindung der Buchdruckerkunst in der Mitte des 15. Jahr-
hunderts musste die Art und Weise wie die Kirche gegen schlechte
Bücher einschritt, sehr bedeutend modificiren. Jetzt genügte nicht
mehr das frühere einfache Verbot, diese oder jene Bücher, deren
Zahl bei der langsamen Mühe des Abschreibens nur gering war, zu
haben, zu lesen und abzuschreiben, und dass die vorhandenen Bü-
cher verbrannt wurden, womit in den meisten Fällen der älteren
Zeit das Buch selbst vernichtet war.
(S. 49.) An den Hauptsitzen der neuen Kunst trat auch ihr
Missbrauch zuerst hervor und rief die Kirche zum pflichtgemässen
Widerstande auf. In Venedig erliess der von Innocenz VIII. zum
päpstlichen Legaten ernannte Bischof von Treviso, Nicolaus Franco,
unter anderen auf eine kirchliche Reform bezüglichen Decreten (bei
Mansi Supplementum S. S. Conciliorum etc. T. VI. Lucae 1752. p.
671. sqq.) eines gegen nonnullos libros haeresim sapientes (ibid. p.
681 sq.), indem er verordnete, „dass in Zukunft Niemand Bü ch er,
welche vom katholischen Glauben oder von kirchli-
chen Dingen handeln, äusser den gewönlichen, ohne Erlaub-
niss des Bischofs oder Generalvikars der betreffenden Orte drucke
oder drucken lasse. Wer dagegen zu handeln sich erkühnt, soll
ohne Weiteres der Exkommunication verfallen sein. „Insbesondere
sollte noch das Buch: Monarchia von Anton Roselli und die The-
sen und Abhandlungen des Pico von Mirandola binnen 14 Tagen
nach der Verkündigung gegenwärtigen Decretes in der Domkirche
jener Stadt oder Diözese, in der sie wohnen, verbrannt und in Zu-
kunft nicht mehr gedruckt oder von Jemanden im Besitz behalten
werden. (S. 50.) Die hier erwähnten Thesen des Grafen Pico von
Mirandola, eines der grössten Gelehrten des 15. Jahrhunders, wa-
ren einige Jahre früher von ihm nach der scholastischen Weise jener
Zeit öffentlich aufgestellt worden als solche Sätze, die er gegen
Jedermann zu vertheidigen bereit sei. Nun wurde aber der Papst
Innocenz VIII. aufmerksam gemacht, dass unter diesen Thesen einige
dem wahren Glauben zuwider, irrig, anstössig und verdächtig seien.
Es wurden in Folge einer angestellten Untersuchung 13 Thesen als
doppelsinnig, mit dem katholischen Glauben in zweifelhaftem Ein-
klang stehend befunden. Pico schrieb hierauf eine Apologie dersel-
ben, worin er sie alle in katholischem Sinne erklärte. Dennoch
verbot Papst Innocenz VIII. den Gläubigen deren Lesung, damit
nicht etwa Jemand irgendwie dadurch in Irrthum geführt werde,
erklärte aber zugleich, dass hiermit der Ehre des Autors keinerlei
Nachtheil erwachsen solle. So berichtet das in derselben Angelegen-
heit später im J. 1493 von Papst Alexander VI. ergangene Breve