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Fessler: Das kirchliche Bücherverbot.

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ad Joannem Picum, Mirandulae Comitem, welches der Ausgabe
seiner sämmtli.chen Werke (Basileae 1557) vorgedruckt ist. Diese
älteste Norm blieb fortan der Maasstab in Beurtheilung der gedruckt
ten Bücher, ob nämlich der einfache und natürliche Sinn der Worte
(„ex vi verborum“) mit dem katholischen Glauben im Einklänge
stehe oder nicht, und ob dieser Wortlaut so beschaffen sei, dass er
leicht irrige Vorstellungen über einzelne Glaubenswahrheiten bei den
Gläubigen veranlassen dürfte. In solchen Fällen gebietet die pflicht-
mässige Sorge für die Reinhaltung des Glaubens, sowie die Sorge für
das Seelenheil der Gläubigen, dass ein kirchliches Verbot gegen solche
Bücher ergehe. Das ürtheil wird blos objektiv über das vorliegende
Buch gefällt, nicht subjektiv über die Rechtgläubigkeit des Verfas-
sers, wenn dieser es gut und ehrlich gemeint bat. (S. 51.)
Mit dem Anfang des 16. Jahrhunderts wurde es auch in Deutsch-
land nothwendig dem Missbrauch der neuen Kunst vorzukehren.
Papst Alexander VI. (const. „Inter multiplices“ d. d. 1. Junii 1501,
in Raynaldi Annal. ad a. 1501 n. 36) schritt gegen die in den Pro-
vinzen Cöln, Mainz, Trier und Magdeburg gegen den wahren Glau-
ben erscheinenden Bücher und Flugschriften ein, indem er allen
Buchdruckern in diesen Ländern verbot, irgend ein Buch aufzulegen,
ohne vorläufige Anfrage bei dem betreffenden Erzbischof oder seinem
Generalvikar und ohne deren ausdrückliche Erlaubniss, welche nach
genauer und gewissenhafter Durchsicht der betreffenden Schrift um-
sonst zu ertheilen sei. Die Strafe gegen die Ungehorsamen war
doppelte Excommunication nach altem kirchlichen Brauch, und Geld-
strafe nach dem kirchlichen Grundsätze: worin Jemand fehlt, darin
soll er auch büssen. Die schon gedruckten und schon verbreiteten
schlechten Bücher sollten nach demselben Decret bei denselben Strafen
eingeliefert und verbrannt, auch nöthigenfalls die Staatsgewalt zur
Mitwirkung aufgefordert werden (S. 51—53).
In gleicher Weise verordnete Papst Leo X. auf dem fünften
allgemeinen lateranens. Concil (sess. V. bei Hardonin. Concil. T. IX.
p. 1179—81, auch in Bullar. Rom. ed. Mainardi. T. III. P. III. p.
409 sq. als Leonis X. constitutio: Inter solicitudines d. d. 4. Maji
1515, und im Liber septimus Decret. c. 3. de libr. prohib. 5. 4.),
„dass fortan Niemand ein Buch oder eine Schrift in Rom oder an-
derwärts drucke oder drucken lasse, wenn es nicht zuvor in Rom
durch unseren Vicar oder den Magister sacri palatii, in andern Or-
ten aber durch den Bischof ader einem andern von ihm bestellten
einsichtsvollen Manne sorgfältig geprüft und durch ihre eigenhändige
Unterschrift, die bei Strafe der Excommunication umsonst und
ungesäumt zu ertheilen ist, approbirt wurde.“ Die Strafe wurde
im Sinne des oben (bei Alexander VI,) erwähnten Grundsatzes noch
mehrfach verschärft, durch Gefängniss und Erhöhung der Geldstrafe
bis auf 100 Dukaten (S. 53 f.).
Wenige Jahre später brach die Glaubenstrennung aus, die der
Verf. kurz und treffend skizzirt (S. 54 f.) Nachdem Papst Leo X.
 
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