Nr. 37; HEIDELBERGER 1859.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Revue historique de droit franqais et etranger publiee sous la direc-
tion de MM. Ed. Laboulaye, membre de VInstitut, profes-
seur de le'gislation comparee au College de France; E. de Ro-
tiere, ancien professeur ä l’ecole des chartes; R. Dareste,
avocat au conseil d’etat et ä la cour de cassation; C. Gi-
no ul hi a c} Charge du cours d’histoire du droit ä la faculte
de Toulouse. Paris, Auguste Durand. 1855—1858.
Die oben angezeigte Zeitschrift hat mit dem J. 1855 begonnen.
In jedem Jahre erscheinen sechs Hefte (livraisons) zu 6 bis 7 Bo-
gen, je eines auf zwei Monate. Jedes Heft enthält eine Reihe von
Abhandlungen oder kürzeren Aufsätzen, welche den verschiedensten
Rechtsgebieten angehören können; in den meisten Heften findet sich
zugleich am Ende ein Anhang kritischen Inhalts unter dem Titel
Bibliographie, worin die neueren Erscheinungen auf dem Felde der
juristischen Literatur, zuvörderst die in Frankreich herausgekomme-
nen, nächstdem aber auch ganz besonders deutsche Werke bespro-
chen werden, und zuweilen ist hinter der Bibliographie noch eine
sogenannte Chronique beigefügt, welche gewisse allgemeine interes-
sante Notizen aus dem Gebiet der Rechtswissenschaft und der Rechts-
gelehrten mittheilt. Meine Absicht geht nun dahin, über den Geist
und Charakter dieses vortrefflichen Unternehmens, dessen Grundidee
und geistvolle Ausführung auch in den juristischen Kreisen Deutsch-
lands die lebhafteste Theilnahme verdient, und dessen weithin reichende
Wirksamkeit auf die Behandlung der Rechtswissenschaft in einem
grossen Theile von Europa, namentlich in den romanischen Ländern
gewiss nicht hoch genug angeschlagen werden kann, einige allge-
meinere Bemerkungen mitzutheilen und daran eine kurze Uebersicht
der wichtigsten, bisher eingeschlagenen Richtungen anzuknüpfen.
Der Code Napoldon enthält bekanntlich in verschiedenen sehr
umfangreichen Lehren, z. B. im Familien- und im Erbrecht mehr
germanische Bestandtheile als das Allgemeine preussische Landrecht
und das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die österreichischen
Staaten. Diese scheinbar so auffallende Erscheinung erklärt sich aus
dem früheren Rechtszustande in Frankreich, und der eigentbümlichen
im Code vorgenommenen Verschmelzung des römischen und germa-
nischen Rechts fdroit 6crit und dr. coutumier). Vorher galt, abge-
sehen von den in manchen Rechtslehren allerdings höchst einfluss-
reichen königlichen Ordonnances, im Süden überwiegend römisches
Recht, aber hier und da mit germanischer Färbung, welche haupt-
sächlich durch den Einfluss westgothischer und burgundischer Ele-
mente hervorgebracht worden war; im Norden Gewohnheitsrecht,
MI. Jahrg, 8. Heft. 37
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Revue historique de droit franqais et etranger publiee sous la direc-
tion de MM. Ed. Laboulaye, membre de VInstitut, profes-
seur de le'gislation comparee au College de France; E. de Ro-
tiere, ancien professeur ä l’ecole des chartes; R. Dareste,
avocat au conseil d’etat et ä la cour de cassation; C. Gi-
no ul hi a c} Charge du cours d’histoire du droit ä la faculte
de Toulouse. Paris, Auguste Durand. 1855—1858.
Die oben angezeigte Zeitschrift hat mit dem J. 1855 begonnen.
In jedem Jahre erscheinen sechs Hefte (livraisons) zu 6 bis 7 Bo-
gen, je eines auf zwei Monate. Jedes Heft enthält eine Reihe von
Abhandlungen oder kürzeren Aufsätzen, welche den verschiedensten
Rechtsgebieten angehören können; in den meisten Heften findet sich
zugleich am Ende ein Anhang kritischen Inhalts unter dem Titel
Bibliographie, worin die neueren Erscheinungen auf dem Felde der
juristischen Literatur, zuvörderst die in Frankreich herausgekomme-
nen, nächstdem aber auch ganz besonders deutsche Werke bespro-
chen werden, und zuweilen ist hinter der Bibliographie noch eine
sogenannte Chronique beigefügt, welche gewisse allgemeine interes-
sante Notizen aus dem Gebiet der Rechtswissenschaft und der Rechts-
gelehrten mittheilt. Meine Absicht geht nun dahin, über den Geist
und Charakter dieses vortrefflichen Unternehmens, dessen Grundidee
und geistvolle Ausführung auch in den juristischen Kreisen Deutsch-
lands die lebhafteste Theilnahme verdient, und dessen weithin reichende
Wirksamkeit auf die Behandlung der Rechtswissenschaft in einem
grossen Theile von Europa, namentlich in den romanischen Ländern
gewiss nicht hoch genug angeschlagen werden kann, einige allge-
meinere Bemerkungen mitzutheilen und daran eine kurze Uebersicht
der wichtigsten, bisher eingeschlagenen Richtungen anzuknüpfen.
Der Code Napoldon enthält bekanntlich in verschiedenen sehr
umfangreichen Lehren, z. B. im Familien- und im Erbrecht mehr
germanische Bestandtheile als das Allgemeine preussische Landrecht
und das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die österreichischen
Staaten. Diese scheinbar so auffallende Erscheinung erklärt sich aus
dem früheren Rechtszustande in Frankreich, und der eigentbümlichen
im Code vorgenommenen Verschmelzung des römischen und germa-
nischen Rechts fdroit 6crit und dr. coutumier). Vorher galt, abge-
sehen von den in manchen Rechtslehren allerdings höchst einfluss-
reichen königlichen Ordonnances, im Süden überwiegend römisches
Recht, aber hier und da mit germanischer Färbung, welche haupt-
sächlich durch den Einfluss westgothischer und burgundischer Ele-
mente hervorgebracht worden war; im Norden Gewohnheitsrecht,
MI. Jahrg, 8. Heft. 37