Nr. 44.
HEIDELBERGER
1859.
JAHRBÜCHER BER LITERATUR.
Demelius: Die Rechtsfiktion.
(Schluss.)
Bei einer juristischen Person wird nichts in Wirklichkeit nicht
Vorhandenes als vorhanden fingirt, sondern es wird nur etwas that-
sächlich Vorhandenes, mit einer Art von Nothwendigkeit so im
Rechtsleben Vorhandenes, unter seinen juristischen Begriff gebracht,
in seiner eigentlichen juristischen Natur aufgefasst und bezeichnet.
Und wenn der Ausdruck „fingirte Person“ Manchen zu einer miss-
verständlichen anderen Annahme einer wirklichen Fiktion Anlass
gibt, so ist es besser, (mit Arndts Pandekten, 3. Aufl. § 41,
Anmerkung 4) den Ausdruck „fingirte Person“ ganz zu ver-
meiden, und statt derselben nur von „juristischen Personen“ zu re-
den. Was nun noch speziell die angefochtene Rechtspersönlichkeit
der ruhenden Erbschaft betrifft, sowie die angefochtene Existenz ju-
ristischer Personen überhaupt, so hat sich Referent in einer einge-
henden Besprechung der Schrift von Koppen über die Erbschaft
in diesen Jahrbüchern 1857, Nr. 44 f., S. 643 ff. darüber schon des
Näheren ausgesprochen, und glaubt er auch das zur richtigen Er-
kenntniss des Wesens der civilen römischen hereditas nothwendige
Material und den wahren Charakter derselben vollständiger als es
bisher sonst geschehen ist, in seinem röm. Erbrecht, Kap. III,
S. 65 ff. nachgewiesen zu haben, und die Erörterungen von Deme-
lius würden in dieser Beziehung zu keinen weiteren neuen Bemer-
kungen Anlass geben.
Stimmen wir nun aber auch mit jener verfehlten und ohne Zwei-
fel erfolglosen Schlusspolemik von Damelius nicht überein, so kön-
nen wir doch im üebrigen dem Fleisse und der Gewandtheit des
Verf.’s unsere volle Anerkennung nicht versagen. Da die sonstigen
im Ganzen auf weitem verwickeltem schwierigen Wege aufzufinden-
den scharfsinnigen Resultate des Buches jedoch nur einen so be-
schränkten althistorischen Umfang haben, so ist es fast zu bedauern,
dass der Verf. sein wiedurch seine „Untersuchungen aus dem römi-
schen Civilrechte“, Weimar 1856, und durch seine Anordnung der
„Legum fragmenta“, Vimariae 1857 (vgl. Jahrb. 1857, Nr. 54, S.
862 ff.), so auch hier neu bewährtes Talent nicht auch dieses Mal
einem ergiebigeren Thema zugewandt hat.
Friedl*. Vering.
LH. Jahrg. 9. Heft.
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HEIDELBERGER
1859.
JAHRBÜCHER BER LITERATUR.
Demelius: Die Rechtsfiktion.
(Schluss.)
Bei einer juristischen Person wird nichts in Wirklichkeit nicht
Vorhandenes als vorhanden fingirt, sondern es wird nur etwas that-
sächlich Vorhandenes, mit einer Art von Nothwendigkeit so im
Rechtsleben Vorhandenes, unter seinen juristischen Begriff gebracht,
in seiner eigentlichen juristischen Natur aufgefasst und bezeichnet.
Und wenn der Ausdruck „fingirte Person“ Manchen zu einer miss-
verständlichen anderen Annahme einer wirklichen Fiktion Anlass
gibt, so ist es besser, (mit Arndts Pandekten, 3. Aufl. § 41,
Anmerkung 4) den Ausdruck „fingirte Person“ ganz zu ver-
meiden, und statt derselben nur von „juristischen Personen“ zu re-
den. Was nun noch speziell die angefochtene Rechtspersönlichkeit
der ruhenden Erbschaft betrifft, sowie die angefochtene Existenz ju-
ristischer Personen überhaupt, so hat sich Referent in einer einge-
henden Besprechung der Schrift von Koppen über die Erbschaft
in diesen Jahrbüchern 1857, Nr. 44 f., S. 643 ff. darüber schon des
Näheren ausgesprochen, und glaubt er auch das zur richtigen Er-
kenntniss des Wesens der civilen römischen hereditas nothwendige
Material und den wahren Charakter derselben vollständiger als es
bisher sonst geschehen ist, in seinem röm. Erbrecht, Kap. III,
S. 65 ff. nachgewiesen zu haben, und die Erörterungen von Deme-
lius würden in dieser Beziehung zu keinen weiteren neuen Bemer-
kungen Anlass geben.
Stimmen wir nun aber auch mit jener verfehlten und ohne Zwei-
fel erfolglosen Schlusspolemik von Damelius nicht überein, so kön-
nen wir doch im üebrigen dem Fleisse und der Gewandtheit des
Verf.’s unsere volle Anerkennung nicht versagen. Da die sonstigen
im Ganzen auf weitem verwickeltem schwierigen Wege aufzufinden-
den scharfsinnigen Resultate des Buches jedoch nur einen so be-
schränkten althistorischen Umfang haben, so ist es fast zu bedauern,
dass der Verf. sein wiedurch seine „Untersuchungen aus dem römi-
schen Civilrechte“, Weimar 1856, und durch seine Anordnung der
„Legum fragmenta“, Vimariae 1857 (vgl. Jahrb. 1857, Nr. 54, S.
862 ff.), so auch hier neu bewährtes Talent nicht auch dieses Mal
einem ergiebigeren Thema zugewandt hat.
Friedl*. Vering.
LH. Jahrg. 9. Heft.
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