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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 55,2.1862

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Nr. 49
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https://doi.org/10.11588/diglit.44544#0298
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Mann: Georg Forster, ein Lebensbild.

wähnen; Schulden machte er wie der Grosmannsüchtigste; er hatte
bei einer kleinen Familie (zwei Kindern) immer zwei Mägde und
einen Bedienten; wenn er reiste, reiste er mit sechs Postpferden;
die Reise von ihm allein von Göttingen nach Mainz, wahrscheinlich
mit der Rückreise, kostete 60 Dukaten; in Paris, wo er so arm
war, dass er kaum seiner Frau etwas schicken konnte, besass er
eine Chaise; er ging immer mit Fürsten und Minister um und in
Mainz ärgerte ihn, dass der hohe Adel ihn nicht wollte; an das
Volk schloss er sich nie an und selbst den Mainzer Demagogen
entschlüpfen manche Aeusserungen, dass er nicht zu dieser Stellung
geboren sei.
Wir könnten noch viele andere Aeusserungen und Aussprüche
des Verfassers aus Forsters Leben und Schriften selbst in Zweifel
bringen und widerlegen, doch wir eilen zum Schlüsse. Noch
scheint nicht die Zeit zu sein, wo die Deutschen über Forster ein
richtiges Urtheil fällen wollen. Der Verf. vermag es nicht; er
muss erst die Mainzer Geschichte jener Zeit kennen lernen aber
nicht blos aus Forsters Briefen. Forster mag immer sein ein be-
rühmter Weltumsegler, ein guter Naturforscher, ein fertiger Ueber-
setzer, ein lesbarer Reisebeschreiber, ein gewandter Kunstkritiker,
einer der besseren Prosaisten; die Hauptsache fehlt ihm. Er hat
seine Pflicht zum Vaterlande schwer verletzt und hat so viel an
ihm lag, es an den Feind verrathen und verschenkt. Ich will nicht
hervorheben, wie er sonst viefach fehlte: er nahm zweimal eine
Professur an und war überzeugt, dass er zum Lehrer nichts tauge;
er bewarb sich um eine Bibliothekarstelle und verstand nichts.davon :
er that in seinem Amte nichts; er hiess fast jahrelang gut das
innige Verhältniss seiner Frau mit Huber; er trat sie diesem ab —
nicht durch Ehescheidung — Forster kehrte sich nicht an Gesetzen und
Formen— „er benahm sich mit fürchterlicher Härte“ Worte seines
Freundes Sömmerrings, d. h. er terorrisirte und misshandelte die Mainzer,
wie kein anderer seiner klubistischen Freunde u. s. w. Dies alles
mag in jener Zeit, in der Revolution hingehn; nur den Verrath
am Vaterland vergebe ich nie und begreife nicht die Deutschen,
die in ihm ein Vorbild für uns aufstellen; wehe uns, wenn viele
ihn zum Vorbild nehmen. Ebenso ist er, wie der Verf. will, kein
deutsches Lebensbild, man müsste denn in ihm einen deutschen
Literaten sehen wollen, der alles mögliche Gute und Böse that
und versuchte und zuletzt dem Feinde sich für Geld verkaufte.
Eben als ich schliesse, finde ich im neuesten Heft des Päda-
gogischen Archivs von Langbein (Stettin 1862,7) bei
Gelegenheit einer Besprechung von Perthes bekanntem Buche (über
welches wir auch in diesen Jahrbüchern d. J. S. 33 ff. handelten)
S. 34 ein hohes Lob Forsters, das sich für „ein Centralorgan für
Erziehung und Unterricht“ wie sich das Pädagogische Archiv nennt,
gar nicht passt. Hier wird er genannt „ein vollendetes in all seiner
Einseitigkeit unendlich reiches und schönes Lebensbild, das durch
 
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