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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 64,1.1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.45241#0315
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Gregorovius: Geschichte d. Stadt Rom. 307
schon früh in der Geschichte der Stadt auf, d. h. schon in der
Zeit, als noch die oberste Repräsentation des christlichen Priester-
thums in Rom vorherrschte. Sie wurden schwächer, als nach
Vitelleschi’s energischem Durchgreifen gegen die Tyrannen der Cam-
pagna (1443) die Herrschaft der’ Päpste über Rom mit den At-
tributen dieser Herrschaft, die bald die geistliche Eigenschaft des
Oberpriesters überwuchern sollten, sich ankündigte. Zuletzt kamen
sie von Aussen. Sie traten auf in der Form demokratischer Er-
hebungen zum Zweck der Herstellung der Republik, vor dem fünf-
zehnten Jahrhundert als Erhebungen gegen Päpste und gegen den
Adel. Vorbehaltlich, dass ich genauer von diesem Gegenstände an
der Hand unseres Monographen reden werde, mache ich einstweilen
Arnold von Brescia und Cola Rienzi namhaft. Seit dem fünfzehn-
ten Jahrhunderte waren die Erhebungen gegen die Päpste auf die
Beseitigung ihrer Herrschaft gerichtet, anfangs noch, wie das Bei-
spiel des Ritters Stefano Porcaro (unter Nicolaus V.) 1453 und
der Brüder Tiburtius und Valerianus Naso (unter Pius II.) 1460
bezeugt, mit der Kraft des Armes. Die Zeit begünstigte diese
Bestrebungen, die in Demagogie und Banditenthum ausarteten,
nicht mehr; sie versprach sich bessere Garantien unter dem Schilde
des Humanismus, unter dessen Vertretern zuerst Pomponius Lätus
staatsgefährlicher Tendenzen bezichtigt wurde, der Vorläufer derer,
die den Kampf mit der Feder für die Sache der politischen Civi-
lisation kämpfen! Doch musste diese Art des Kampfes, deren
Waffen der Druck des geistlichen Regimentes überwältigte, sich
anderwärts ihre Helden suchen. Während Nacht das politische
Bewusstsein in Rom umfing, brach in Frankreich dieses Licht sich
langsam Bahn, um von da seinen Weg durch Europa zu machen
und endlich auch Rom in seinen Bereich zu ziehen. Die Bestim-
mung, die Frankreich, als es bei sich das Mittelalter abstreifte,
übernahm, sollte erst in Rom im J. 1870 seinen Abschluss finden,
nachdem dieser Entwicklungsprocess siebenzig Jahre gewährt hatte.
Hieraus gewinnen wir die Erkenntniss, dass nicht blos die Römer,
sondern auch die Franzosen bei der Darstellung einer vollständigen
Geschichte der Stadt Rom betheiligt werden müssen. Daraus würde
dem Ideengange entsprechend, wie ich denselben vorstehend be-
leuchtet habe, vorerst wesentlich eine Geschichte der Römer
oder der Bevölkerung Roms unter den Päpsten hervor-
gehen. Aber Gregorovius, mit dessen Werke ich mich nachstehend
noch wegen einiger der erwähnten Capitel beschäftigen will, hat
die Geschichte der Stadt Rom überhaupt im Sinne gehabt. Und
andererseits hat er sie auch nur bis kaum über die Schwelle des
sechszehnten Jahrhunderts auszuführen die Absicht. Streng ge-
nommen müsste ich über seine Darstellung aus ihr urtheilen. Aber
nichts hindert, die letztere auf jenen Ideengang hin wenigstens
innerhalb der Grenzen, die er selbst sich gezogen hat, hier zu
prüfen.
 
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