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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 64,2.1871

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Nr. 32
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https://doi.org/10.11588/diglit.45242#0030
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Gregorovius: Geschichte der Stadt Rom. VII.

hatten jedesmal das Uebergewicht. Die Geschichte der Stadt hätte
andere Dinge zu erzählen, wenn die Ottonen und die Hohenstaufen
eine Enthaltsamkeit geübt hätten, wie nachmals der Epigone Carl IV.
Was die Römer immer zu erstreben gesucht hatten, wurde endlich
im vierzehnten Jahrhundert auch ausserhalb Italiens Gegenstand
der Wünsche. Dass die Reform von dem selbstsüchtigen Martin V.
unklugerweise hinausgeschoben wurde, verursachte der Kirche, der
er vorstand, mehr Schaden als Nutzen. Die verweigerte Reform
musste ein Jahrhundert später durch den Verlust einer grossen
Kirchenprovinz gebüsst werden. Ein Jahrhundert hielt die Furcht
vor dem Scheiterhaufen wieder vor; <ier Scheiterhaufe Arnolds
hatte eine ähnliche Wirkung erzeugt.
Auch dieses Jahrhundert der Geschichte der Stadt Rom, wel-
ches der Verfasser im siebenten Bande (1870) darstellt, macht
den Leser zu Zeugen erneuter, aber ebenfalls missglückter Versuche
der Römer, die Republik wieder herzustellen. Sie gehören der Dar-
stellung in den beiden ersten Capiteln an.
Diese beiden Bewegungen, welche in die Pontificate Eugen’s IV.
und Nicolaus’ V. fallen, ausgenommen, enthalten die übrigen Ca-
pitol die Darstellung einer Geschichte, in der das Volk von Rom
nicht mehr Theil hat, über die es hinweg und zur Tagesordnung
übergeht, die nur die Curie und ihre Nepoten zu kennen scheint.
Wir hätten uns schon über den Charakter der letzten Revo-
lutionen nicht täuschen dürfen. Seit das Volk von Rom seinen
letzten selbsterkorenen Helden hatte stürzen sehen, waren Adlige
aus den Geschlechtern der Campagna seine Führer gewesen. Es
machte den Eindruck, als ob z. B. die Colonna mehr an ihre eigene
Feindschaft gegen die Orsini dächten, als auf die Hoffnungen des
Volks Rücksicht nähmen.
Unter Eugen war die Ursache der Erhebung gegen das päpst-
liche Regiment die Verzweiflung der Römer über den endlosen
Krieg, der ihre Güter in der Campagna zerstörte und ihr Vermögen
ruinirte. Die Verachtung, welche ein Cardinal, der Nepote des
Papstes, den Beschwerde bei dem Papst führenden römischen De-
putaten erwies, reizte die Römer zur Empörung, die Ende Mai
1434 ausbrach, und den Papst zur Flucht nöthigte. S. 45. Wir
hören nicht, dass sie dieses Mal ihrer wiedererlangten Freiheit
froh geworden wären. Denn die Unterstützung, die sie zur Er-
oberung der Engelsburg nöthig gehabt hätten, erlangten sie nicht,
da Braccio, der zwar Mitte August geneigt schien, doch schon An-
fangs September vor Sforza und seinen Päpstlichen nach der Sa-
bina abrückte. Ueberdies war die Regierung auf dem Capitol
schlecht und kraftlos. Die Gemässigten sehnten sich nach dem
päpstlichen Regiment zurück.
Ende October kamen mit Truppen Sforza’s und der Orsini die
Commissäre des Papstes, die das päpstliche Regiment wieder auf-
riqhteten. Dem einen derselben, Vitelleschi, fiel die Aufgabe zu,
 
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