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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 11.1902

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Wille, Jakob: Karl Zangenmeister: (geb. 28. November 1837, gest. 8. Juni 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29093#0164
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J. Wille

die Spuren römischer Kultur in unseren Landen verfolgte oder unserem
Schlosse sein Interesse schenkte, in einer Form, die an Gründlichkeit,
auch auf diesem jungen Boden die Schule Kitschis erkennen lässt.

Und noch eine Seite seiner Verwaltung muss ich berühren. Sie
kann nicht gelernt werden, in keiner Bibliothekslehre steht sie geschrie-
ben. Ich meine das Verhältnis zu seinen Beamten. Auch im Verkehr
mit ihnen konnte er des Zwanges der Instruktionen vergessen, er hatte
nichts an sich von dem, was man im schlimmen Sinne Bureaukratis-
mus nennt. Es gab bei ihm keine Scheidung nach Stellung und Rang.
Er wusste, dass im menschlichen Organismus auch das Haupt nicht
ohne die Glieder leben kann, dass im Leben der Verwaltung auch ein
Diener, der mit Liebe und Verständnis seinen Dienst versah, in seiner
Art soviel wert war, wie der Leiter selbst. Er war uns nicht nur ein
wohlwollender Vorstand, er war uns ein Kollege und dieses Band konnte
sich im Laufe der Jahre auch zur Freundschaft befestigen. Hatte er
einmal Vertrauen zu denen gefasst, die mit ihm arbeiteten, so gab er
einem jeden die Freiheit seines Wirkens. Ein jeder war in seiner Weise
sein eigener Herr und doch blieb er der Herr im Hause. Seinen Be-
amten hat er im Verbände der Universität eine bis dahin nicht vor-
handene soziale Stellung verschafft und über deren Wahrung sorgsam
gewacht. WTir alle wussten, dass er es gut mit uns meinte. Ein hartes
Wort, es kam wie, der Blitz und flog wieder von dannen und was zu-
rückblieb war beller Sonnenschein. Auch ein unverdienter Tadel, er
ward hundertfach durch ein herzliches, nicht immer verdientes „Vor-
trefflich“ aufgehoben. So haben wir viele Jahre mit ihm zusammen
gearbeitet und wir Alle bis zum jüngsten der Diener dürfen heute be-
kennen: „Wir haben einen guten Mann verloren, wir hätten keinen
bessern finden können. Die beste Anerkennung für ihn ist unsere auf-
richtige Trauer um ihn“.

Zangemeister war Leben, aber kein Leben, das wie im Takte der
Uhr in seinem Innern schlug, ein Leben erregbar, in seinen Äusserungen
so oft unter den unmittelbarsten Eindrücken des Augenblicks rasch und
feurig. Da aber Augenblicke wechseln, war es nicht einförmig, sondern
voll Stimmung, mannigfaltig, von vielgestaltender elementarer Kraft, reich
an Akkorden, die in seinem Innern auf- und niederstiegen. Oft schien
sein Wesen rauh und hart, während in seinem Innern kindliche Güte
ruhte. Die Kraft des Feuers loderte auf und die heitere Ruhe des Ge-
müts sprach wieder aus seinen Augen. Ruhelos, voll Hast und Eile,
voll Ungeduld die immer neu seiner Gedankenwelt entspringenden Ziele
 
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