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XXXVIII

ziehungen zu dem Kurfürsten an. Mit flehenden Worten bittet sie
ihn, an ihren Schicksalen doch wieder Anteil zu nehmen und durch ein
Dankschreiben an Ludwig XIV., der ihr die Abtei Maubuisson verliehen
hatte, seine Interessen für die ferne Schwester zu betätigen. Der Kur-
fiirst antwortete umgehend, spöttiscb zunächst, wie er es liebte, und
beglückwünschte sie zu dem guten Tausch, den sie gemacht habe, da
eine Abtei mit 40 000 Frcs. Rente einer Welt voll Elend und Jammer
vorzuzieben sei, dann aber erfüllte er ihre Bitte und dankte dem König
und dem Herzog von Orleans für die Sicherbeit, die sie dem Leben
seiner Schwester gewäbrt bätten.

In Maubuisson lebte sichs besser als in Herford und der leichte
Sinn von Luise füblte sich behaglich hinter den Klostermauern, die
nicbt so hoch waren, dass nicbt doch ein grosses Stück blauer Himmel
mit Lebenslust und Lebensfreude bineinschauen konnte.

Der Inhalt der Briefe der Äbtissin von- Maubuisson ist ein eng
umgrenzter und, wenn man von ihren Bemiihungen um Auszahlung der
Friedensgelder und ihren Ratschlägen an Karl Ludwig bei der Einrich-
tung von Stift Neuburg absieht, ein leichter und oberflächlicher, es ist
Geplauder über das, was sich gerade ereignet hat. Über das Leben in
der Abtei und die künstlerische Tätigkeit der an Honthorst herangebil-
deten Pfalzgräfin erfahren wir ebensowenig wie über die zweifellos be-
stehende Absicht Karl Ludwigs, durch Luise die Stimmung am franzö-
sischen Hofe zu seinen Gunsten beeinflussen zu lassen. Denn es musste
Karl Ludwig von Wert sein, nach dem Tode Eduards einen Vertreter
seiner Wünsche in der Nähe des französischen Königs zu wissen und
wie er später aus politischen Gründen seine Tochter nach Frankreich
verheiratete, so ist anzunehmen, wenn auch keine direkten Beweise vor-
liegen, dass er sich bis dahin seiner Schwester als eines geheimen
Agenten bediente.

Die Vermählung von Elisabeth Charlotte mit dem Herzog von
Orleans begrüsste Luise mit ehrlicher Freude. Sie bemerkte in ihrer
zwanzigjährigen Nichte manche, ihrem eigenen Wesen eng verwandte
Charakterzüge und wenn sie in ihren Briefen an Karl Ludwig von der

kchr mit ihren Männern, so schreibt ISophie an die Pfalzgrätin von Zweibrücken „der
Ilertzog mein gnädigster Papa“ u. ä. Der Ausdruck „papa“ oder „Yater“ war weit
mehr ein Ausdruck der Ehrfurcht als der Liebc, darum bedienen sich jüngere Für-
sten seiner im Yerkehr mit älteren. Karl Ludwig redet den Ivurfürsten Maximilian I.
von Bayern, den er ganz gewiss nicht liebte, als Yater an (Hauck, Karl Ludwig S. 92)
und der Deutschmeister (siehe vorliegende Briefsammlung S. 210) wünscht den Kur-
fürsten Karl Ludwig zum Yater zu haben.
 
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