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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — N.F..1951

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Lankheit, Klaus: Die Frühromantik und die Grundlagen der "gegenstandslosen" Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.47637#0057
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Klaus Lankheit
Die Frühromantik und die Grundlagen der ^gegenstands-
losen" Malerei.
Inhalt:
I. Das ungegenständliche Bilderlebnis Kandinskys und seine Vorstufen
II. Die Ansätze zu einer Theorie der absoluten Malerei in der Frühromantik
a. Wilhelm Heinrich Wackenroder
b. Ludwig Tieck
c. Novalis
d. Philipp Otto Runge
e. Caspar David Friedrich
III. Die Hauptvoraussetzungen der Kunst der Frühromantik
a. Der Fortfall eines vorgegebenen Gegenstandes
b. Der schöpferische Subjektivismus
c. Die Überzeugung von der Verwandtschaft der Künste u. dem Primat der Musik
d. Die Identitätsphilosophie
IV. Die Beziehungen zwischen Romantik und frühem 20. Jahrhundert und das Problem
des 19. Jahrhunderts.
I
Der 1866 geborene Russe Wassily Kandinsky ist der Schöpfer einer
neuen Malerei, die auf den dinglichen Gegenstand bewußt verzichtet, und
die man daher als „gegenstandslose“, „abstrakte“ oder im Geiste ihres Be-
gründers am besten als „absolute“ Malerei bezeichnet. Erstmals in der Ge-
schichte der Malerei werden dabei Linien und Farben nicht nach ihrem in-
haltlichen Darstellungswert, sondern ausschließlich nach ihrem formalen
Eigenwert verstanden. Der Anstoß zu dieser Art der Gestaltung ging nicht
von einem theoretischen Programm aus, er kam vielmehr von einem Erleb-
nis. Der Künstler hat den geschichtlichen Augenblick, in dem ihn die Er-
kenntnis der - wie er meinte - Überflüssigkeit, ja Schädlichkeit des Gegen-
standes überkam, in einer Rückschau schriftlich festgehalten. Er hatte dieses
Erlebnis zu Beginn unseres Jahrhunderts in München: „Es war die Stunde
der einziehenden Dämmerung. Ich kam mit meinem Malkasten nach einer
Studie heim, noch verträumt und in die erledigte Arbeit vertieft, als ich
plötzlich ein unbeschreiblich schönes, von einem inneren Glühen durchtränk-
tes Bild sah. Ich stutzte erst, dann ging ich schnell auf dieses rätselhafte Bild
zu, auf dem ich nichts als Formen und Farben sah und das inhaltlich un-
 
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