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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0419
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BeLlage zum Heidelbergee Tagblatt Nr. 2Z7.

chj- Stimmen dcr Presse über die

österreichischen Reformcn.

(Schluß.)

Dü' O e ft c r r e i ch l' s ch e Zcilling er-
kftrrt ftch ÜN Aftgemeineii dnrch dic ge-
scheheiien Zliaeständnissc befriedigt, und
will selbst gegcii die Bevorzugun.) Ungcirns
iii'chts einweudeu. Abcr fte erkleirt.es für
eine Forderuug dss Nechtes und dcb Ge?
rechtigkeit, daß dic autouome Strlluug
Uugarns dcu andern Ländsrn Oesterreichs
auf die Dauer uicht voreuthalteu werde.
Es uiüsse nn't der Zcit dem ungarischen
Landtage ciu verel'nl'gter, iil'chi uugarischer
Laudtag iliit glelchcii legislativeu Befug-
m'fseu zur Scitc gcstellt wcrdeu. Ncben
uiid über diesen beideu Landtagen iiioge
da»n für die beidcn Theileu des Neichs
gcineinsaiucu Angclegeiiheitcu dcr ReichS-
'rath, tagen.

'Aehnliche Anftchten, iuSbesoiidere was
dse .Ggüiidung ei'nes für dic deutscheu
Lgnder geniei'nsanieu Laudtgges betrifft,
hegeu hic übrigeu größercn, in Wien er-
schciu'eiideii Plättcr, z. V. der Waudcrer,
dir Ostdcutsche Post, die Pressc. — Vollig
befriedigt erklärt ftch begreiflichcr Weise
dse o.sftciellc Wiciirr und halbosficiellc Do-
ügn-Zkitung.

Die zu München erschciuende „Sud-
d e utsch c Zeituug", sonst gothaisches
Pichtiing, . welche jedoch mit dcn öster-
reichischen Iulereffeu gciiqu vertraut ist
NN.d diesclben stcts in sachgcuiäßcr Weise
beürib.s.ilt hat, fiudet iu dem 20. Oct. d. I.
eiiien Weud.cpuukt in der GeschichtcOcster-
reichs nnd eiuc Genugthuuug. für Diejcui-
geu, wclche d.as früherc Spstem d.asclbst
verworfeu halten. Ob der vou dcr kai-
serlicheu. Regiernng cingeschlagenc Weg
zum Ziele führcu wcrde, lasse'ftch zwar
setzt uoch iijcht crschöpfeud bcautwv'rtcii,
da das Matcrial nicht iu gcnügendcr
Vollstäudigkeit vorliege. Vcrbürgung dcr
Prcßfreiheit sci Icider uoch uicht erfolgt.
Ucbrigens licge die Grundlage zu ciiier
küiistigeu Verfaffung i'n ihrcn Umrifseu
vor, worauf eiu wciterer Aaii aufgeführt
werdeii könise. Zwei Prvble,ne wäreu im
Allgcmeiiien zu löseu: 1) dgs Vcrhältniß.
Yer einzclneu Kronlfinder zur GesammL-
Niosiarchie^ 2) die Feststellung dcr Volks-
recht.e gcgennber der Staaksgcwalt.

Zu 1) Zn der ersteu Bezi'ehiing ist cin
v.ollstäiihi'g.er Bruch mi't der Pvli'ti'k dcs
Ministers'ums Baff) - Schwarzcnberg eiu-
getreteu (vie „Südd. Ztg." zergsiedert dics
näher auf Grund des Diploms).

Zu 2) Für die Gcmeiudcu, Bczirke
und jLreise ist das schon früher verkün-
digtc Princip der „Selbstverwaltung." fest-

gehalteu. (Auch dicscs wird iin Detail
uäher erörtert.)

Viclcs ist bei den neuen Jnstt'ttttionen
uur flüchtl'g berührt worden, Vielcs liegt
iioch mchr oder weniger fni Dunkcln. Die
Uugarn habeu fast vollständig erreicht,
was fte bcgehrten, Weuigcr befriedigt
ftnd die deutschen Länder dcs Kaiserstaats.
Dics licgt aber theilwcise in der Jndo-
lenz der dcutscheu Bcvölkcrung Oestcr-
reichs; nicht über ungarischc Anmaßung,
soudern über eigene Apathic habcn haher
uiiscrc Landslcüte dortselbst zn klagen.

Am schärfsten äußert ftch die demokra-
tisch.c V o l k 6 z c i t u n g in Bcrlin über
die ueucn Neformen. Sie crblickt hicrin
nnr ciu durch die äiißcrste Noth aufgc-
drungcncs Mittel, mchr drohcndc Gefah-
reu zu b.eschwichtigrii, uud eiue Art vou
Schei'uverfassung, die mau jeder Zeit wi-
derrufcn köuue(?), um auf gutc Manier
Driippcu und Geld zu einem ueucu bcab-
ftchtigtcu Kricge zu erhaltcu, inzwischen
aber die Stimmuiig im Jnucrn eiuiger-
maßeu zu beschwichtigen.

Ju etwas auderer Weise, jedoch eben
so trostlos, spricht ftch der „Maunh. Anz."
nber dgs nenc P'atcnt aus. Dcrselbc ver-
mißt hierin all.eu uud jeden Hauch frischer
coustlttttioueller Lebenslnft, crblickt nur
alte Schartckcn von Landtageu, Kronver-
Mi'ttlerii und eiue ganz aligciischciiiliche
Bevorzuguüg llngarns, welche dic lln-
garii dem Haiisc Habsbürg doch uicht
daukcn wcrdeu. Die Zciteu seicii m'cht
iiiehr die von 1740! Däs gcschaffeue
Zwitterdiiig vou Persoiialuuiou köuue dcn
Kaiserstaat zum Uutergaiig führcn. Der
Zwcck desselbeii uach Jiineu sei vcrfchlt,
uud ebcu so wcnig sei hierdurch Ocster-
rcich seiuen Fci'iidcn nach Aiißeu gewach-
icis. Dcr großc Gsdankeii (!) dcs Für-
steu Schwarzciibcrg sei zu Grabc getra-
gcu, dic Neichseinhcit iu ihreii Priiicipicu
crichüttcrt, uud aus lauter Halbhcilcu ciip
Erperiii'.eut gemacht, welches tauseudfäl-
tigcs Wehc über Ocsterrcich hcrauf zu
bcschwören gcueigk ist. . . . (Wer die
ci'gcncn Vcrhältnisse Ocsterreichs gcnau
kcnnt, dic vöu dcn aiidern Staatcu so
dnrchhiss vcrschieden flud, 'iud dencn inau
das nestf Diplom, wclchcs uatürlich dcr
Wcitcrbl'lduüg bcdarf, thunlichst auzu-
pres'scu suchte, wird ctwas niilder urthei-
lcn. Zm llcbrigen thei'ken wir unseru
gxneigteu Lcseru desi Hanptiishalt des
llrthcils der gcnannteii Blätter mi't, ohue
weitcreu Züsah uud lcdiglich »li't der
Bitte, sich das dcm wahrcu Sachvcrhalfe
futsprecheude Nesumee selbst bildcn zu
jvöllcii.)

P e tsch l a R

Karlsruhe. (Denkschrift der
gro ßh. badischeu R cgierung nach
VersvcrfliNg der Convcntion im Znni d.
an den r ö m i s ch e n S t u h I gerichtct.
Nach der Karlsr. Z. lll.) Welche Eut-
schließung der Negcnt ei'ncs constitiijio-
ncllcii Staates in cittcr sol.chen Laae
(Conflict mit den Ständen) zu tpeffen
habe, darnber kaslii ein Vcrtraa' keiue
Vorschriften geben; nur die gcivissenhaf-
testc Erwäguug, was das coiistitiitignctte
Necht nud das Staatswohl krheischeii,
kanu dic Nichtschnnr der zu fassendeis Ent-
scheivung bilden. Unmvglich wärc es iiis-
bcsoiiderc, aus der Conveiition cine Vcr-
pflichtung Sr. K. H. des Großherzogs
ableiteu zu wolleu, ven Wiinschen und
Beschlnsscn der Stände untcr allcn Um-
stäuden nnd bis aufs Acußcrstc .W.idesI
staud zu leistcn oder beu Versuch zu
machen, eineu Vertrag auch gegen ihrcn
ausgesprochcncn Willen dnrchziiführen; die
Coiiveution selbst wahrt förmlich das Zu-
stimmungsrecht dcr Stände uud aiicrkcuns
also mi't dem Princip auch dessen sämmt-
liche Conscqueuzcu für bcn Fall, daß sich
cine hinlänglich kräftige Oppofttion zeigtj
die jene Zustimmung verweigcrt. Es ist
rechtlich unmöglich, daß der Negent sich
gcgcn ciuc» Drittcn im Voraus vcrpflichte,
wie er in eiuem solchen Falle den Cou-
flict zu lösen habc. Das Necht der freien
Entscheiduug uach höchsteigcncm Ermesseff
ist ciu unvcrällßerliches Nccht dcr Kroiic.
wrlches deu Schwcrpunkt des coiistitutio-
nellcu Spstems bildct. Die durch dic Ver-
fassung von jedrr Veraiitwortlichkcit ent-
bundcue Person des Landeshcrrn steht bei
allcn Akten der Regieriiugsgcwalt übcr dcy
Haiidlungen dcr Minister uiid übcr dcy
parlamciuarischcii Kämpfcn. Dicsc er-
habeue Stelluug kann durch Verträge,
welche dic Miiiister anf ihrc Vcrautwor-
tuug abschließen. uud dcm Ncgciitcn zur
Gciiehmlgung nilterbreitcu, nicht verrückt
werdeu. Man würde dic Verfassuiig i;i'
ihrem i'iiucrstcii Wcscu autasteu, wensi
mau, auf deu Grund eincs Verkrages,
dcni Ncgciitcn das Nccht bcstreitcii wolltc,
iu cinem solchcii Fallc nach uugebliuvcucm
Ernicsseii dicjcuige Eistschlicßüiig zu fassen,
welche ihm dic cl'ugetreleueu Vcrhäkniissc
zu gcbieteu schciueu. Uud dic Nothwcn-
digkcit der Ausübiis,g dicses Nechts ist
wahrlich kciiic beneidcnswerthe. Sie ist
dic Qiikllc der peinlichsten Ncgicriiiigs.»
sorgeii, und Se. K. H. der Großhcrzog
haben dic Bittcrkcit dieser Lagc ticf em'-
pfindcn müssen. Weuii in dicscii crusteu
Verwicklungen Se. K. H. gcglaiibt habess,
 
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