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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0420

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dr„ 2krg drö Vrrtrcigrs vrrlasicn zu uiüs-
sc„, um drn dcr Gcsrtzgrbung zu brtrctrn,
drr vcm Laude Fricde uud Eiutracht zu
sichrr» verspri'cht, sv war dabci' namciit-
li'ch auch dir Nücksicht ciitschci'drud, daß
iu dcr bcdeiiklichcii Lage dcr Gcgcuwart
das gcmci'usame Jutcrcsse dcr Kirchcn-
gewalt, wi'e dcr Ncgi'cruiig, mi't äußrrstcr
Dri'iiglichkeit vcrlangt, daß maii vermcidc,
durch hartnäcki'gcö Fcstbaltcn au dcr Vcr-
tragsfvrm dic Fackcl dcr Zwictracht zwi-
schcn Fürst und Vvlk, zwischcn Slaat
und jiirchc zu schlcudcrn. Die Stäude
und das Dolk iu seiucn iiitclll'gcntcstc»
Thcilcn hatten in dcr osscukuiidigsteii Wcisc
und auf grsctzlichrm Wcge ihrc cutschic-
dcne Abiiciguug gegcn die Durchsührung
der Couveiitivii alö solchrr au dcu Tag
gelegt. Würe es, was lcgal unzulässig,
facti'sch mvglich gewvrdcn, dicsclbe ohuc
Rückstcht auf die Bcschlüsse der Kammcrri
in Vollzug zu sctzrn, so hältc ri^ solchcr
Zustaud lil'cmals ciii haltbarer wcrdcn
kvriiieii. Die Coiivriiiivii wäre in sv lauge
eiu Gcgeirstaud der Auseiuduiig geblicben,
bis dcr gl'iiistige Zciipunkt zu dcren Vc-
scitiguiig sich gezeigt hätte, und dic dcr
Kirche ciiigeräumtcu Ncchte hätlrn cincr
unausbleiblichen Ncaction weicheii inüsseii.
Dics stud dic Erwäguugrn, wclche Se.
K. H. dcn Großhcrzog bei der Wahl dcs
legislatorischcu Weges, als dcs sichersteii
und heilsamsten sür Staat wie Kirche,
zur Lösung der obschwebendcn Frage lei-
tetcn. Er br'ctct zugleich das eiuzige Mit-
tel, den Fordcruiigrn dcr Kirchcngcwalt
gerccht zu werdeu unv Nuhe uud Sicher-
hei't in die aufgeregteii Gcmüthcr zuriick-
zuführen. Die Ncchte der Kirche werdeu
sichrrcr auf der Grundlagc cines uuter
den Schutz der Verfassung gestellten Ge-
setzes ruhcu, als auf eiueiu Vertrag, der
als vcrfassungswi'drige Eroberung auge-
fcindet wird, uud es ist zu hvssen, daß
auch die Kirche ihrcrsrits dcm Entschlusse
der großh. Negieruug, dic Bestiuimuugen
dcr Coiiveiltl'vu auf dcm Wege dcr Gei'ctz-
gcbuug möglichst zur Geltuug zu briugru,
keiiie Hüideriiisse iu deu Weg stelleu werde.
,.Der ueue Gcsetzcsciirwurf gchc au die
äußcrstcn Gräuzeu dcsscu, was dcr Gruud-
satz der Freiheit uud Selbststäudigkeit dcr
Kirche, unbcschadct der unveräußerlicheu
Nechte dcs Staates, vcrlaugcu kauu. Bei
wciteren Zugestäudliisscn durfte niau nie
auf dr'c Zustl'iurnung der Stäude rechucu,
wie man solche ohncdies iiiemals für jeuc
Dcstilnuiungtn der Coiiveiitioii hätte er-
wartcu köuneii, welche uuzweifclhaft uuter
allcn llnistäiiden der stäudischen Genchuii-
gung zu untcrbreitcn warcn, wie z. B.
für die Uebertragung der Gerichtsbarkci't
i'n Ehcsacheu au dic Kirchc. Die Negie-
rung hättc es ihrer unwürdig gehaltcn,
in dcn Entwurf Brstiininungeu aufzuueh-
mcn, dcreu Ablchuuiig durch die Kalnnlcrn

stchcr vvraiiszuschcn war. Kaun dic Cou-
vcntioil iicbcii dirscr ucueii Gcsctzgcbuug
auch uicht mchr zn Nccht brstehc», so
wird die großh. Ncgicruug doch allc Bc-
stimmuiigru dcrsrlbcu, wclche mit deu
ucuru Gesctzcu vcrciubar siud, gctrculich
zu bcachtcn besorgt sciu. Sic müßte auf-
richtig bcdauciii, wcuu ciuc frindselige
Nichtuug dcr Kirchcngcwalt dic Errcichuug
dcr Absicbt crschwcrtc, die Bcstimmuugcu
der Couvcutl'ou auf di'cscm Wcgc möglichst
durchzuführen, und sie bezweifelt nicht,
daß dcr h. Stuhl, uach rciflichcr Erwä-
guug dcr Sacblage, lcicht die Uebcrzcu-
guiig gcwiuueu wcrde, daß das vvn dir
großh. Negieruug ciugeleitric Vcrfahrcn
drn Ncchtcu der katholischcu Kirche jcdc
wüuschcuswcrihc Sichcrhcit gcwährt. Dic
Ncgicruiig Sr. K. H. dcs Eroßherzogs
wird es stcts für ihre hciligste Pflicht
haltcn, dcu gegründeten und gcrcchteu
Fvrderuiigcu drr Kirche cutgcgcnzukommeu
uud einen dauerudcuFrirdcu zwischeu Skaat
und Kirche hrrzustcllcn. Zu dcr Ucberzcii-
gung, dcu eiuzigrn Weg gewählt zu habeu,
wclchrr cinen glücklicheu Ausgang dicser
Vcrwickeluugrn vcrhcißt, und gctragendurch
daS Vkrtauen dcs Vvlkes, hofft sie, das be-
gvuueue Wcrk allon Hindernisskii gegcn-
über fcst zum Eudc zu sühreu. Karlsnihe,
im Jliui' 1860.

ch-i- Vonr Neckar, 29. Octbr. Der
EiuLruck, welcheu das kaiserlichc Diplvni
iu uud außer Orsterreich erregte, uud des-
sen vielseitige.Bcsprcchung in und außcr
der Prcssc, hat bcinahe das uiiniittelbar
hicrauf folgende Ereiguiß von wahrlich
nicht nu'udercr Bcdclltuug, dcn Warschauer
Congreß, vergesscu inachen. Es ist zwar
für einen Ilueingeweihteu schwer, über
das Nesultat dieses Fürsten- uud zugleich
Ministcicongresses, von desscu Verhaud-
lungeii weui'g vder nichts in die Oesseiil-
lichkeit gelaugte, ein sichercs Urthcil zu
fällen, odcr auch nur eiue annähernd n'ch-
tige Hppothese aufzustellen. Doch dürfte
aus alleu sichercu Nachrichten, die vou
re'ati'v gut uiiterrichteten Augrn- und
Ohrruzeugru in vielgelcscue größcre Dlät-
tcr gelaugtcu, svwie auf den Grund der
gegcuwäriigcu objcetivcu Situatiou hiu,
sovicl zu eiitiiehmcu sciu: Die Warschauer
Zusaniincukliiift hat, wie von dcn meistkn
in uiisern politischcn Verhältnisscn Dewan-
dertcn und Urthei'lsfähigcn leicht vorher
gesehcu wurde, zu gar keiuein dircctcn oder
iiniuittclbaren Erfolge gcführt, am wem'g-
steu zu dem, der vvn Manchen gehofften,
von Mancheu gcfürchtttcn, crneuerteu Auf-
lage ciuer. heiligcn Allianz. An eine Zn-
terventivn in Ztalien ist dahcr vvrerst
auch in'cht zu dcnkeii. Alle Beschlüsse,
weuu dereu überhaupt vou enrscheidcndcr
Erhcblichkei't gefaßt wurdeu, werdcn sich
demuach nur auf eveutuelle Fälle, auf
zuküuftige Erei'giiisse, z^B. Erneueruiig

^cines Kriegcs in Jtalicu, oder Eiiitrrten
! gcwisser Ercigui'ssc im Oricnt u. s. w. b,!

. zichcn. Zu Solidarität dcr
j rcssen dcr iu Warschau vcrtrrtencn d
^tzt "''ch nvch kcin ge„^.
i gcndciHGrund vvrhandcn. Hicrzu ift

1 ganzc Zcitlage uoch nicht reif genug
die Sliuatiou jedcnsalls vcrfrüht. -
wenigsttii ist anzuiichnicii, daß es geliin.
gcu ,ci, deu Prinzregcntcii von Prci,kc„
bci dcsscu offencm, männlichcm Character
und r.chtigcr Erkcnnuug dcr Zeitverhält-
n.sse ,n c.u solchcs, für Prcußcn, weni ^
stcus zur Zcit noch „icht, vvrhandenes
Gciamml.utcrcsse zn vcrflcchten. Abcraucb
was besonders hervorzuhebcn ist, die Bc'
zichungcn zwischcn Ocstcrreich und Nuk-
land icheinei, nach wic vor zicuilich frn,
stig geblicbcu zu seiu. Die Zntcresscn
diescr bciden Mächte ,'m Oricnt lieacü
allzuichr auseinauder, als daß Nußländ
vcrsucht srin könntc, mit Nüüsicht anfdie
Nuhe Ungariis uud Polens und die ih,„
zicmlich ferne liegriiden Legitiiiiitätspriii-
cipicn in Jtalicn, scine Pvlitik cnger mit
der Ocstcrreichs zu vcrketten. Bei der
Vcrschiedenhcit solcher staallichcii Znteres-
scn fommt cs am Ende auf dic persön-
liche Zunciguiig vder Abiicigung dcr Me-
narcheu Nußlauds und Oestcrreichs ni'cht
tiuinal an, die übrigens, soviel'äußcrlich
erkeiiubar war, iu Warschau m'cht in herz-
licher Wki'se, ssnderu ,'n ei'nem kalten,
steifeu Ckrcinoiilcll mi't ei'nander vcrkchrtcu.

Hallgarten, iiii Nhei'iigau, 27. Oct.
Dicser Tagc ist man eiucr Falschmünzer-
baude, die viellcicht schon lange ihr Un-
wescn getricbcu haben mag, auf di'e Spur
gekommcn. Zhr Fabrikat, das in öster-
reichischeu Giilden- und nassauischcn Halb-
guldtnstücken bcstand und in der Ümgegend
in Umlauf gesctzt wordeu war, führte zn
ihrcr Eutdeckuug, und siud bcreits vor-
gcstern Lrei Jiidividuen sarniut ihrkiiMünz-
apparateu iu gcrichtlichen Verwahr ge-
nvmiiicu worden. Wie man hört, ist auch
schon ei'n riiufasscudcs Geständuiß erfolgt.

Kafsel, 27. Oct. Dic „Kasseler Ztg."
enthält heutc das Ausschreiben des Miiu'-
stcriums dcs Ziiueru vom 25. Oct., die
Einberufung der Landstäude auf dcn
12. Nov. d. Z. betr.

Wien, 27. Oct. Die hcutige „Wiencr
Zcitung" veröffentlicht das Landesstatut
für Kärnthcn. Die Zahl dcr Abgeord-
neteii soll 36 betragcn. Es werden dies
5 Geistllchc, 8 laudtäfliche Gutsbcsitzer,
3 Bergwerksbesitzer, 6 Städte-Abgcordnete,

2 Abgcorduete der Halidclskammerii und
12 Mitglieder der Landgeiiieiudeii sein.
Der Wirkiiugskreis der Abgcvrdneien und
dcr Wahlmodils ist dcrselbe, wie i'n Steier-
mark, der Steuer-Censiis jedoch etwas
nicdrigcr.

Ncdaction, Druck und Vcrlag von Adolph Emvieillng, VcrlagS-Buchhandluug uud Buchdruckcrct iu Hcidclbcrg.
 
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