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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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December
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0533

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M S8Ä.

Iich?Pre«S M U«»rh°lttn^SbtalI vi'nlc!'
IShrlich 36 Ir.

Samftag, 1. December ' iStz«.

Lelegraphische Dopesche.

Kasscl, 29. Nov. Dcr Lcnidtag
wnrde so cbcn durch Volmar eroffnct.
Die Thronrcde crklärt dcn Verfassungö-
fireit fnr erlcdi'gt, sobald di'e Stäiidc der
Geschäftsordnu'ng zugcstiuimt. Sibände-
rungsantrag der Verfassnng ,'st zuläsig.
Votlagen: Dcbracr Elsknbahnbän. Äe-
haltsäiifbesskriing der Staätsdi'cner, Leih-
bänkiSlintkrstüßuili; aus ^taatsmittrln.
Neorgäiiisakföü dcs Gcrlchtswcsciis. Vor-
lage prövl'sörl'schcr Gcseße. Hl'cräuf vcr-
trauliche Sihuiig der Abgeordnetenkam-

D e u t sch l a n d.

Karlöruhe, 29. Nov. Dciii Verneh-
men zufoige soll die großh. Negikrung dcs
Mittelrhcinkrciscs dicscr Tage ihre Ansicht
über dic Abfassung eincs G ew c r b e -
gcsetzes in eineiii . an das Handcls-
Ml'nisteriuln erstattctcn aussührlichen Bc-
rr'cht nicdergclegt und sich in der Hauptsache
fü'r die Freiheit dcr Arbeit alisgesprochen
häbcn.

Ludwi'gshafen, 27. Novbr. Der
„Pft C." schreibt über vie neiicsten „kai-
scrlichen Entschließungen": Dieselben be-
deuten, daß dcr frciheitliche Luftstrom, der
durch dic grvßen und kleinkn curopäischtn
Staatsschöpfiingen ranscht, so unwiver-
stehlich gewvrden, daß iiian selbst in Paris
— gern oder ungcrn — 'ihm Nechnuiig zu
tragen sucht/ Es war aber auch hohe
Zcit, daß im liberalcn Siiine rtwas ge-
schah, sollie iii'cht das fralizösische Staäts-
Icbcn völlig versiiUipfen, sollte es nicht
tief miter das Niveau der europäischen
Freiheitsströmiiiiq herabgedrückt wcrden.
Die italicnische Ncvolution hat aUf Frank-
rcich mächtig zurückgewirkt, dic demnächst
zilsammentretrnde ilalieiiische Natioiialver-
sammlulig wird ohne Zweifel noch niäch-
tiger äusdie sranzosischen Zustände rcagireii.
Zn dem nächstcn Jahrc fiiiden i'n Frank-
rei'ch die allgemeinen Wahlen zum gesetz-
gebenden Körper statt. Dcr Conflict zwi-
schen der.kaiserlichen Negierüng und dem
sranzösischen ClcruS ist ci'ne bcherrscheude
Thatsache. Dic Candidatkn der Negicrnng
koniien nicht inehr auf die Mitwirkiing de'r
Geistlichkeit rrchneii. Iin Gegentheile, die-
sclbe wird All.es aufbieteil, uni i'hre Oppo-
siti'oiis-Candidaten durchzusetzen. Die Agi-

tation bci pen lctztcn Gemeindcrathswahlcn
läßt schon darauf schließcn, daß diesclbe
in einein uncndlich gestcigerten Gradc bei
den Parlamtntswahlcn zu Tage treten
wcrdc. Habcn dic liberalcn Fraclionrn
im Vunde mil der unznfricdeiicn, ja ticf
vcrbisscncn Klcrisci schon cine nicht unbe-
dcutcnde Zohl von Regl'trungsgegnern bei
dcn Miillicipalwahlcn durchgebrgcht, so wird
die Regicrün.q besürchtcn müsscn,. diescs
Parteimanovcr bei dcn allgeincinen Wahlcn
zliiir gefttzgebenbcn Kvipcr sich iviederholen
zu scheii. Die Negierung bcfindct, sich
dahcr in drr unabweislichen Nothwendig-
keit, cine Allianz mit den libcralen Par-
teicn zu süchcn, um chp Opposiiionspläne
der Eeistlichkeit so vicl als mvglich zu
dürchkreuzeü. Die Miiiisterkrisis, die neue-
sten liberalcii Cpncessioncii, di'e Duldung
der rcvoluti'oiiarcn Auslassung in der Prcsse,
die in Aüssicht gcstcllte Aufhebung der maß-
losen Preßbeschränkiina.en, sowic dcS Ge-
sctzcs übcr das Äepböl der Ehescheidungen;
mit cincm Worte: die ganze Fronipcr-
ändcrüng der Negl'crnng nach der libcralcn
Seite — allc diese Dinge haben cinc dop-
peltc Bedentuiig; cinmal dcm in Europa
endll'ch zum allgemeinen Dlirchbruchc ge-
koinineiieii FortschrittSgchste-gcrccht ziuwcr-
den, und daiin und insbcsondcre dcn voll-
zögencn Bruch inic der Gcistlichkeit durch
das Aüfsuchen liheraler Alll'anzen unschad-
lich zn machen. /Endlichi ist schon vor
einigcr Zeit iii der ofsiziösen Presse ver-
sichert worke», dcm nächsten Kriege würden
liberale Ml'üistcrcrncnnuiigcii und Vcrfas-
süngsveränderlingcn. voralisgehen. Sind.
dicse Er»e»»iii>gcii, sinddiese V,erändcrungen
etwa ' die Corrclate zu den. ungthenren
Kricgsrlistlingen, gar die iiiitrüglichcll Vor-
boten cines neueii Kriegxs? Wir werdcn
schen!

Frankfurt a. M., 28 Nov. In dcr
vorgestern vorgenommencn Wahl der neuen
'Gcwcrbekammcr sicgte die Liste der Gegner
der Gewcrbcfrciheik, doch wurdendie Füh.rer
diejcr Partci dilrchschnittlich nnr mik 660
von 1200 abgegebcncn Stimmcn erwählt.

Bonn, 28. Nov. Freiherr v. Buiiscn
ist hcute sruh 5 Uhr hicr gcstorben. Er
lilt scit mchrcren Jahrcn an cilier Herz-
krankheit, zu dercn Linderiiiig er im
vorigc» Jahre näch dcm südlichen Frank-
reich reiste. Von voet ziirückgekehrt, stellte
sich i'ii Folge. diescs orgaiiii'chcn Leidens
eine Waffersücht ein, welche nach vor-

übergrhcnber Bcsserung durch Abfluß drS
Wassers eii, ruhiges und fast schmerzloseS
Ende herbciführte.

Mfcnach, 25, Nov. Untcr denr
hicsigrn Militär herrscht eine Angcnkrank-'
hcit. Es sind bis jetzt 197. Fälle vor-
gckommen, wovon jedoch nnr 15 von
etwaö crnstercm, Charakter. Nach der
„Keimar. Ztg." ist besagte Krankheit eine
„katarrhalische." Auch 5—6 Schülcr des
Gpmnasiums sind von derselbcn befallen
wordeii.

^ Berttn, 27. Nov. Nachdeni gegen
die dcs Mi'ßbrauchs d.er Amtsgewalt An-
geklagten Polizcidirector Stieber iind Cri-
ml'nal-Cvmmissär T.ichp ein freisprechcndeS
Urthcil erging, ist iilin die Angelegenheit
Gegcnstand dcr Besprechung in dcr öffent»-
lichcn Prcsse gcworden, und tragen wir
als znverlässigen Leitfaden in-dieser tief
in die sittlichen Znstände-des preu'ßischen
Staates eingrcifcndcn Angelegenheit die
Aüklagerede des Oberstaatsanwalts im
Aüszug nach:

Jm Iahre 1853, znr Zeit der Anstel-
lung dcs Hrn. Schwarck iil Berljn-,- seien
l'hm die. vielfachcn Vkrletziingen dcs Ge-
sctzes z»m Schntze chcr persönlichen' Frei-
hint dnrch die Berliner Polizei .sogleich
anfgefallcn. Die Polizei habe die Ver-
häftcten iiie znr rcchten Zcit verhört,>chie
Staatsanwaifschaftii»igange11 u»d die Ge-
fangcnen sogftich an dein Untorsuchungs-
richlcr abgegeben. . Darübeip hahe ev sich
bei der Polizci alsbald beschwcrt nnb Be-
folgung der l'n dcm aiigrführten Gesotze
vorgeschrr'ebeiien Formen verlaiigt. Daranf
habe cr aber unterrni 5. Dcc., 1853 ciN'
langathmigcs Schrcibcn dcr Polizei ev-
halten, welcheö ein förrnlicherProtest gegen
dic von ihin aiisgesprochcnen Ansichteil ge-
wesen sei. Dic stattgefnndene Abweichung.
vorn Gcsctze sei damit gerechtfertigt wor-
den,. daß, in Berlin ein anderes Verfahre»,
durch die Locasverhältnisse ganz uninöglich-
gemacht sei, Ungcrechifcrtigte Verhaftnn-
gen, so wlirdc in deni Protest ferner gc-
sagt, koiiiliieii in Berlin fast nie vor.> Dem-
nach habe die Pol.izei anch seineir, des
Obcrstaatsaiiwalts Antrag, die Stadt-
vogtez-Dsrcctl'on nach Maßgabe jcncs Ge-
sctzcs zn iilstrn.ireii, abgelehnt. In einer
Conferenz von sipben höhcreii Beamten der
Iiistiz uiid Polizei, welche.hieranf stattfand,
habc Stieber, wclchcr oaran Lheil nahm,
das Gefttz über die persönliche Freiheit
 
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