Heideürerger Taglrlatt.
M 178.
Dienftag, 31. Jnli
Äuf das ,/Hei-
delberger Tagblatt"
kann man sich noch
für die Monate A ngust u. Septc m b c r
mit 24 kr. abonnireu bci allcn Postanstal-
ren, dcn Boten nnd Trägern, sowic bei
der Erpedition.
D e u t f ch l a n d.
Karlsruhe, 28. Juli. Durch tcle-
graphische Mitthcilung ist die erfrenliche
Nachricht eingctro'ffcn, daß Jhre Kaiser-
liche Hohcit die Großfnrstin Olga Feo-
dvrowiia, Priiizcssin CäciIie von Ba-
den, heitte friih 6'4 Uhr von ciner T'ochter
glucklich entbnndcn wurde.
Karlsrnhe, 28. Juli. Seine Konig-
lichc Hoheit der Grvßherzvg habcn
unter'm 25. d. M. guädigst geruht, dic
Amtsrichtcr Kraft in Werlhcim, Kerken-
maicr in Lörrach, v. Wänkcr in Walds-
hut, Gärtncr in Pforzheim, und Karl
v. Vinccnli bei dcm Stadtamksgerichte
Karlsruhe zu Oberamtsrichtcin zu er-
nennen.
Karlsruhe, 27. Juli'. 60. Sitziing
der zweitcn Kammcr. Stabel fährt fort:
Die Grundidce, auf welchc dic Argumcn-
tation der erzbischöflichcn Denkschrift sich
stütze, sei die der vollkoinmeiien Jdcntität
dcs Wesens der kath. Kirche mit dcr prie-
sterli'chcn Botlgewalt, dic das caiioni'sche
Necht dcm Clcrus ertheilc. Dieser An-
spruch aber sei von kcincr Machk aner-
kannt; auch die großh. Negierung erkenne
ihn nicht an. Uebergchend auf die übrigcn
Degründuttgsversuche dcr llerikalcn An-
sprüche, »rinnert der Nedncr, wie dcr
wcsiphälische Fricdc, auf welchcn dieselben
sich fetzt hauptsächlich siützen, sciner Zeit
kcineswegs ekwa unrer Mitwirkung der
kakhol. Kirchc abgkschlosscu, viclinchr von
ihr vcrflucht und vcrdammt worden, wie
der Papst ihu fur iiiso M-o nichtig, un-
gerccht und uiivtrbiudlich für Jcden cr-
klärte, sollte er auch sich eidlich zu sciner
Crfüllung vcrpfliwtet haben. Dieö sci dcr
völkcrrcchtliche Vcrkrag, der jctzt vor Allcm
zum Schutz und 'Schirm der päpsilicheu
Ansprüchc diencii müsse. Nicht fcrnc viel-
leicht wcrde der Augenblick sein, wo der
kathol. Clerus. die vorlicgeiiden Grsetzes-
cntwürfe, die er jctzt verfluche, als stinen
Schutz und Schirni anrufe. Auch habe
aus dem wesjphälischen Frieden die Jn-
>competenz der Stände in kirchlichcn Fragen
^ hergeleitct werden wollcu. Die Negiernng
> ihrcrseits halte dieselbcn für colupctcnt
j und habe hierin sogar dic Autorität des
j Papstes selbst für sich, l'ndcni im Art. 23
j der Coiivention, sowie in der Natifieations-
urkundc, auSdrücklich die Zlisiiinmuug der
Stände zu allen Vestiminungen vorbchalten
wurde, wvdurch bestehende Gcsetze geändert
würden. Wer daher die Competenz dcr
Stände bcsireite, sei päpstlicher alö der
Papst. Was dic behauptetcn Widcrsprüche
der Gcsctzcscntwürfe mit der Coiivention
angehe, so wcrdc die Berathung übcr die
einzelncn Bestimmnngcn hierüber gcnügen-
den Nachweis geben. J»n Allgcmeineii
aber sei die Bcmcrkung zu machen, daß
dic Mißdrutuug dcr Gcsetzesvorlagcw bis
zur Frivolität getrieben worden. Was
die Dehauptung angehc, daß die Negierung
an die Convcntion gcbundcn sci, so sti
dicselbe zuin Thcil schon durch die päpsi-
liche Aiierkcuniiiig dcr ständischcn Com-
pereuz widcrlegt. Die Frage über den
Ilmfang derselbeu sei zwischen dcn Con-
s trahcnten cine ossene geblieben, und da
über die Entschcidung nichks bcstimmt ge-
wcsen, so sei sie ganz natürlich auf rcin
coiistitutiouellem Weg erfolgt und der päpst-
liche Stuhl zu ihrer Aiierkennung von
Nechtswcgeu vcrpflichtet, nachdem er ein-
mal die ständischc Competenz im Prinzip
anerkannt. Dic Convention sei dem päpst-
lichen Stuhl gegenüber nicht mchr rechts-
bcständig. Endlich wcrde l'chauptet, die
Gesctzesvorlagen stehen im Widerspruch
mit der grvßh. Proclamation vom 7. Apiil.
Merkivürdiger Weise sei gegcn diesc so-
glcich nach ihrcm Erscheiiicn vom Crz
bischof Vcrwahrung ringelegt worden; cr
habe sie also damals anders aufgefaßt
als jetzt. Dic Gesctzcsentwurfe stündcn
in vollem El'nklaug mit dcr Proclamation,
wenn m'cht dic Sclbstständigkeit der Kirche
> ml'tdcm canonischcn Nccht ideutificirt wcrdc;
! in dicscm Siimc aber sci das landeöhcrr-
! lichc Maui'fcst nicht erlassen worden. Dcr
> Nedner wünscht schlicßlich, der gesammren
! kaiholischeu Bevölkcrung Badens dic Frage
^vorlegen zu könncn, ob jc unter der Dp-
! nastie der Zähringer ihrer Religion irgcud
nahe getreten, ob je deren freie Äus-
! übung gestört wordcn. Kcin rcdlicher
> Manii werde solches bchauptcn könucn.
^ Es handle sich h,er aber uin clwaö Audercs,
' mn die Gewalt des Elerus, die noch keiiiem
Lande Segen gebracht, und dic man auch
iu Badcn nicht weiter greifen lassen wolle,
als es in den vorliegenden Gcsetzen ge-
stattet sei. Walli beinerkt u. A., daß cs
in der vorlicgenden Frage zwei Stand-
punkte gebe, jenen des pvsitiven Nechts
und dcu dcr Schuliiieinuilgen der Thcorien.
Man behaupte, daß der GeistPer neuen
Gesetzgebung sich vom crsten Standpunkt
entferne und mehr dem letztgenannten zu-
gewandthabc. DiewissenschaftlichcTh eorie
könne das bcstchkiidc Nccht nicht entferncn,
es möge ihr gefallcn odcr nicht; sie könne
es nnr bcleuchten; aber cs gebc noch eine
anderc Theorie, jene graue, die sich auf
abgelebte Ncchtszustände stütze; diese ser
es, welche vom Clerus geltcnd gemacht
werde. Er crörtertbicrauf in snmmarischer
Weise dcn Znhalt ver Bestl'mmiingen dcs
westphälischen Friedens und Neichsdepu-
tationshauptschlusses, »m nachzüweiscn,
daß in denselbeu dic von tlerikaicr Seite
daraus gefvlgerte Giltigkeit des canonischen
Rechts keineswegs begründet sei. Sieb
spricht sich, indem er behauptet, daß dic
Gesetzcscntwürfe der Znsage im großh.
Manifest vom 7. April nicht cntsprechen,
gegen dieselbcn aus. Allmang erklärt dic
vorliegendcn Gcsetzc dem Zwecke einer jeden
christlichen Kirche völlig entsprechcnd und
förderlich, vom Gcist der Milde, Gercchkig-
keit und ächt christlicher Gesinnuiig dnrch-
weht. Kirsner führt aus, daß, je siärker
und freicr eiu Strom, desto fcstcr die
Dämme sein müssen. Es würde lacher-
lich scin, gcgen klcine Scctcn ebenso mäch-
tige Schutzwchren für die Staatsgcwalt
aufführen zu wolle», wic gegen den mäch-
tigen Strvm dcr kathvl. Kirche.. Was die
evcntuclle Kriegserklärung von klerikalcr
Seite bctrifft, so hcgt er das Vertraucn
zum badiswen Volke, daß es mit der Rc-
gieruiig uiid den Ständen gehen werde.
Die Geinciiidcn würden nöthigeiifalls durch
Gemel'iidebeschliiß ihrc Seelsorger . auf-
fvrdern, den Gesetzen des Landcs zu fol-
gen nnd den Friedcn nicht zu stören, ja
anch dic Gcistlichen werden theilweise,
wciin sie sich nnter dem Schutz dcr Ge-
setze fühlen, deu Muth fassen, treueBiir-
ger dcs Staatcs zu sei'n und dem Kaiser
zu gebe», was des Kaisers ift, Gott, wgS
Gottes ist. Fingado begrüßt di'c Vor-
lagen als ein Meistcrwerk der Gcsctz-
gebniig. Es sei an der Zeit, daß, sobald
erst diese Verhältnisse geregelt, cin ein-
M 178.
Dienftag, 31. Jnli
Äuf das ,/Hei-
delberger Tagblatt"
kann man sich noch
für die Monate A ngust u. Septc m b c r
mit 24 kr. abonnireu bci allcn Postanstal-
ren, dcn Boten nnd Trägern, sowic bei
der Erpedition.
D e u t f ch l a n d.
Karlsruhe, 28. Juli. Durch tcle-
graphische Mitthcilung ist die erfrenliche
Nachricht eingctro'ffcn, daß Jhre Kaiser-
liche Hohcit die Großfnrstin Olga Feo-
dvrowiia, Priiizcssin CäciIie von Ba-
den, heitte friih 6'4 Uhr von ciner T'ochter
glucklich entbnndcn wurde.
Karlsrnhe, 28. Juli. Seine Konig-
lichc Hoheit der Grvßherzvg habcn
unter'm 25. d. M. guädigst geruht, dic
Amtsrichtcr Kraft in Werlhcim, Kerken-
maicr in Lörrach, v. Wänkcr in Walds-
hut, Gärtncr in Pforzheim, und Karl
v. Vinccnli bei dcm Stadtamksgerichte
Karlsruhe zu Oberamtsrichtcin zu er-
nennen.
Karlsruhe, 27. Juli'. 60. Sitziing
der zweitcn Kammcr. Stabel fährt fort:
Die Grundidce, auf welchc dic Argumcn-
tation der erzbischöflichcn Denkschrift sich
stütze, sei die der vollkoinmeiien Jdcntität
dcs Wesens der kath. Kirche mit dcr prie-
sterli'chcn Botlgewalt, dic das caiioni'sche
Necht dcm Clcrus ertheilc. Dieser An-
spruch aber sei von kcincr Machk aner-
kannt; auch die großh. Negierung erkenne
ihn nicht an. Uebergchend auf die übrigcn
Degründuttgsversuche dcr llerikalcn An-
sprüche, »rinnert der Nedncr, wie dcr
wcsiphälische Fricdc, auf welchcn dieselben
sich fetzt hauptsächlich siützen, sciner Zeit
kcineswegs ekwa unrer Mitwirkung der
kakhol. Kirchc abgkschlosscu, viclinchr von
ihr vcrflucht und vcrdammt worden, wie
der Papst ihu fur iiiso M-o nichtig, un-
gerccht und uiivtrbiudlich für Jcden cr-
klärte, sollte er auch sich eidlich zu sciner
Crfüllung vcrpfliwtet haben. Dieö sci dcr
völkcrrcchtliche Vcrkrag, der jctzt vor Allcm
zum Schutz und 'Schirm der päpsilicheu
Ansprüchc diencii müsse. Nicht fcrnc viel-
leicht wcrde der Augenblick sein, wo der
kathol. Clerus. die vorlicgeiiden Grsetzes-
cntwürfe, die er jctzt verfluche, als stinen
Schutz und Schirni anrufe. Auch habe
aus dem wesjphälischen Frieden die Jn-
>competenz der Stände in kirchlichcn Fragen
^ hergeleitct werden wollcu. Die Negiernng
> ihrcrseits halte dieselbcn für colupctcnt
j und habe hierin sogar dic Autorität des
j Papstes selbst für sich, l'ndcni im Art. 23
j der Coiivention, sowie in der Natifieations-
urkundc, auSdrücklich die Zlisiiinmuug der
Stände zu allen Vestiminungen vorbchalten
wurde, wvdurch bestehende Gcsetze geändert
würden. Wer daher die Competenz dcr
Stände bcsireite, sei päpstlicher alö der
Papst. Was dic behauptetcn Widcrsprüche
der Gcsctzcscntwürfe mit der Coiivention
angehe, so wcrdc die Berathung übcr die
einzelncn Bestimmnngcn hierüber gcnügen-
den Nachweis geben. J»n Allgcmeineii
aber sei die Bcmcrkung zu machen, daß
dic Mißdrutuug dcr Gcsetzesvorlagcw bis
zur Frivolität getrieben worden. Was
die Dehauptung angehc, daß die Negierung
an die Convcntion gcbundcn sci, so sti
dicselbe zuin Thcil schon durch die päpsi-
liche Aiierkcuniiiig dcr ständischcn Com-
pereuz widcrlegt. Die Frage über den
Ilmfang derselbeu sei zwischen dcn Con-
s trahcnten cine ossene geblieben, und da
über die Entschcidung nichks bcstimmt ge-
wcsen, so sei sie ganz natürlich auf rcin
coiistitutiouellem Weg erfolgt und der päpst-
liche Stuhl zu ihrer Aiierkennung von
Nechtswcgeu vcrpflichtet, nachdem er ein-
mal die ständischc Competenz im Prinzip
anerkannt. Dic Convention sei dem päpst-
lichen Stuhl gegenüber nicht mchr rechts-
bcständig. Endlich wcrde l'chauptet, die
Gesctzesvorlagen stehen im Widerspruch
mit der grvßh. Proclamation vom 7. Apiil.
Merkivürdiger Weise sei gegcn diesc so-
glcich nach ihrcm Erscheiiicn vom Crz
bischof Vcrwahrung ringelegt worden; cr
habe sie also damals anders aufgefaßt
als jetzt. Dic Gesctzcsentwurfe stündcn
in vollem El'nklaug mit dcr Proclamation,
wenn m'cht dic Sclbstständigkeit der Kirche
> ml'tdcm canonischcn Nccht ideutificirt wcrdc;
! in dicscm Siimc aber sci das landeöhcrr-
! lichc Maui'fcst nicht erlassen worden. Dcr
> Nedner wünscht schlicßlich, der gesammren
! kaiholischeu Bevölkcrung Badens dic Frage
^vorlegen zu könncn, ob jc unter der Dp-
! nastie der Zähringer ihrer Religion irgcud
nahe getreten, ob je deren freie Äus-
! übung gestört wordcn. Kcin rcdlicher
> Manii werde solches bchauptcn könucn.
^ Es handle sich h,er aber uin clwaö Audercs,
' mn die Gewalt des Elerus, die noch keiiiem
Lande Segen gebracht, und dic man auch
iu Badcn nicht weiter greifen lassen wolle,
als es in den vorliegenden Gcsetzen ge-
stattet sei. Walli beinerkt u. A., daß cs
in der vorlicgenden Frage zwei Stand-
punkte gebe, jenen des pvsitiven Nechts
und dcu dcr Schuliiieinuilgen der Thcorien.
Man behaupte, daß der GeistPer neuen
Gesetzgebung sich vom crsten Standpunkt
entferne und mehr dem letztgenannten zu-
gewandthabc. DiewissenschaftlichcTh eorie
könne das bcstchkiidc Nccht nicht entferncn,
es möge ihr gefallcn odcr nicht; sie könne
es nnr bcleuchten; aber cs gebc noch eine
anderc Theorie, jene graue, die sich auf
abgelebte Ncchtszustände stütze; diese ser
es, welche vom Clerus geltcnd gemacht
werde. Er crörtertbicrauf in snmmarischer
Weise dcn Znhalt ver Bestl'mmiingen dcs
westphälischen Friedens und Neichsdepu-
tationshauptschlusses, »m nachzüweiscn,
daß in denselbeu dic von tlerikaicr Seite
daraus gefvlgerte Giltigkeit des canonischen
Rechts keineswegs begründet sei. Sieb
spricht sich, indem er behauptet, daß dic
Gesetzcscntwürfe der Znsage im großh.
Manifest vom 7. April nicht cntsprechen,
gegen dieselbcn aus. Allmang erklärt dic
vorliegendcn Gcsetzc dem Zwecke einer jeden
christlichen Kirche völlig entsprechcnd und
förderlich, vom Gcist der Milde, Gercchkig-
keit und ächt christlicher Gesinnuiig dnrch-
weht. Kirsner führt aus, daß, je siärker
und freicr eiu Strom, desto fcstcr die
Dämme sein müssen. Es würde lacher-
lich scin, gcgen klcine Scctcn ebenso mäch-
tige Schutzwchren für die Staatsgcwalt
aufführen zu wolle», wic gegen den mäch-
tigen Strvm dcr kathvl. Kirche.. Was die
evcntuclle Kriegserklärung von klerikalcr
Seite bctrifft, so hcgt er das Vertraucn
zum badiswen Volke, daß es mit der Rc-
gieruiig uiid den Ständen gehen werde.
Die Geinciiidcn würden nöthigeiifalls durch
Gemel'iidebeschliiß ihrc Seelsorger . auf-
fvrdern, den Gesetzen des Landcs zu fol-
gen nnd den Friedcn nicht zu stören, ja
anch dic Gcistlichen werden theilweise,
wciin sie sich nnter dem Schutz dcr Ge-
setze fühlen, deu Muth fassen, treueBiir-
ger dcs Staatcs zu sei'n und dem Kaiser
zu gebe», was des Kaisers ift, Gott, wgS
Gottes ist. Fingado begrüßt di'c Vor-
lagen als ein Meistcrwerk der Gcsctz-
gebniig. Es sei an der Zeit, daß, sobald
erst diese Verhältnisse geregelt, cin ein-