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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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Juli
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M 173.

li-b^ Piei's inilUmttbalttmMlal! vi'erle?-
jährlich 36 ki.j i

Freitag, 27. Juli


X X Ztaliens Dcraennenbeit und!">'cht imzwriftlhafte Prvbkn cmch eftiks

Geacnwart. ! activ vvr,chreitcndrn Mniheö ,'m vffrnen

H ^ Kampfe imd svnst abgelegt hätte. Hierzii

Tnrch jene mafflosc Ctrenge dcr herr-
scheiidcn Gcmalten abcr imd. ci'n Vvn da
aiisgehrndcs ärgcö Cpstcm der llntci--
dri'ickung i'n jciicn friihercn Jahrzchiitcn
wurde 'ci'n urivcrti'lgbarer SaMcn von
Zwietracht zwl'schen Jtalicns Dvlkcr imd
Fürstcn gcstreut. Hftrzn kani, daß' die
Letztcren,^ wic gcschich.tlich lcicht iiach'zu-
wrisen ist, mcistens- auswärtigen Ur-
sprunczs warcn, und erst ini s.'ause dcs
vorigcn Zäh'rhimdertS ihre Throne ein-
gknonirnen hattcn. Die aiisgcstrentc Cad-
nmssaat ist in nieucstcr Zcit abcr in voller
Bliithe aufgegangcn, und fing an ihrc
herbeii'Frnchte zu tragcn. Krine Concrs-
fionen, wclcher Art anch iuunrr, halfcn
N'.chr! Nichts hälfen die in inanchcn ita-
lienischen Staaten, z. B. Parnia, ToS-
ccina, besseren inateriellcn Verhältnisse im
Dcrglrichc zu Sardinicn. Nur ftndank
erntete Ö'kstcrreich uiit fti'ncr in dcui Ictzten
Jahrzehnte ancrkaiinteii Vcrwaltung in der
Lvmbardei. Das Mißtranrn war bcrrits
allenthalbcn zn grvß gewordcn, das lci-
denschaftliche italirnische Gcinnth zuuiThril
uu't unversvhnli'chcr Nachsncht crfnllt. Die
inatkri'tllcnVerbcsscrungen befricdi'gtcn bloß
hie und da die nicdercn Stande, abcr die
hvheren, gebildetcn Classcn in Jtali'rn, wie
der Gelehrtenstand, dcr höherc Bürgcr-
stand, der dort sv cinssnßreiche nnd' init
dcm lctztcren ( schon vernivge sciner Wohn-
fitze in dcn Scädten) längst eng verwach-
scne Sldcl gingen bei dcn ineisten Neforuicn,
dic in höhercr geisiigcr odcr pvlitischcr Ve-
ziehung fast nichds botcn, iuiiner leer ausi
Daher kam es auch, daß nauientlich diese
Ictztgenanntcn Stände fort und fort auf
eine polftische nnd nativnale Bcsserstclliing
ihves Vaterlandes hinarbeiteteii, obwohl
i'n Folge dieses Bestrcbcns in verschiedenen
Epvchcn Hnnderte nnd Tausende die Kcrker
und dic Galccren füllen inußten, darunter
oft die-' erleuchtctstcn Geister der Nativn,
wie. cin Silvio Pellico, cin Graf
Gonfalon ierc'n. A. Diescr pasfive
Muth so vieler Einzeliien, welcher zu
ci'nem solche» aiifvpfcruiigsfähigen Mär-
tprthume nothwendig gehvrt, verdient schon
a» nnd fstr sich. wahrlich sehr hoch an-
geschlagen zu werden, wcnn anch ein wei-
terer. Thcil der Nation in neucstcr Zeit

konunt rine früher kaiim geahutc Einigkeit
dcr verschiedcncn frcifitlnigcn Pärtcicn in
Italicn, i'irFolge dercn der crtrcmen Maz-
zinistischrn Ni'chtilngl vvn ftlbst ihr Stachel
benvuimcn ist, und cin nicht gcnug zirprei-
sendcs Vcrschwindcn der althcrkvmmlichen
Stammesrifcrsucht und Sottderintcr.csscn der
vcrschicdcnrn Vvlkerschaften und Städte. —
Sollteirdiesc Erschcinungcirauch nnr wäh-
rrnd der anspannenden nnd anfregdnden
Pcriode dcr änßcrn Kämpfe anhaltcn und
hie und da wi'cder cin Nachlassen in der
cincn oder andcrn Bczichnng cinlrcten, so
sind fic immerhin in ihrer Wcise charak-
tcristisch und für die jetzige, noch nicht
znui völligcn Abschlusse gkkoinmcne Lagc
der Dingc von dcm äußerstcn Vorthcile,
von dcr tiefgreifcndstcu Wirknng. — So
viel ist gewiß, daß die Fä'higkeitcn der
Jtaliener, sich frcizukäuipfcn, frühcr für
viel zu gcring angeschlagen wnrden.

Die Dcrhältni'ffe in Ztalien abcr wärcn,
unscres Crachtrns^ nic so, wie gcschchcn,
auf die.Spitzc gcstellt wordcn, wenn nian
in frnhcrcn Jahrcn> die politischen Bewe-
gungcn, die nationalen Negungen dasclbst/
i'nsofkin fie bloß constitutivneller Natur
warcn, und ficknvon ausschwcifcnden Er-
tremeu fcrn hicltcn, in ihrem nothwcn-
digen Gränzcn gcduldct iind nicht mrttelst-
Waffengew.alt durch Zuthiin von außen
linterdrückl! hätte, iim anstatt ihrer die
Nnhe cincs Kirchhvfcs zn schaffen. Nun
abcr läßt sich die Ncmesis dcr Geschichie
nicht verlängnen und der Strom dcr Zeit
nicht mchr rückgängig uiachcn; cs crfüllt
sich Viclmvhr auch hier'jencs alte Wort,
daß dic Söhne für dieiSünden der Väter
zn büßen habcn, imd bcwährt fich wicdcr
eine bckanntc Erfabrung als wahv, daß
man rcvolnti'onäre Gelüsie ittiduichts Dcs-
sercin abschnciden kann, als dnrch recht-
zeitig erthcilte wahre nnd ganze Refvr-

incii!

Durch consiitutionelle Gnrantien be-
dingte bürg?rliche! freie Zustänve bilden
in iinscrcni nciinzchnten Jahrhundertc niiii
cinmal cine gcwi'ssc nochwcndi'gV LebenS-
luft in dcui-staatlichkn Bestehrn der Völker.
War hierzu- das- Volk Jtaliens noch vor
zwei oder drer Iahrzchntcn ctwa wciligcr
reif-, als andcre Ciiltiirvölkcr, als sclbst
die. Mkist noch uncivilifirtcu, l'cinahe halb-1

wilden Walächeiü, deneü- eiiie-'Äcrfässukrg'
i'M Gciste dcr Ietztzkit Vov KiirzeüivE
liehen wordeit ist'? —>--DiftCVfähriiiifi hat
sattsain gezeigt', daß es' init Vein PöchM
so mancher Rcgiei-uug in- Jtälftikänf'ihveft'
göttlichen Urspruiig, anf ihrs ftcgftiiniE
nicht gcthan'war, daß die dröhende Cs'lsis-
die sich mit iMmer größercin Eriistftgöltftid'-
machte, hftrdnrch nicht abgewcnd'et würdei
Tcnn Goltcs Gnadc wei'chb, wo mit
ftm crhäbeiicn Wortö ci'n schnöver Miß-
braiich gctricbcii nnd ddsftn h'ohcr' afttft'
lichcr Ursprung verlängnct wird. Für diä
schwcv ilntkrdrücktcn' Völker, deren' an-
geborne Mcnschcnrechte eben so güt un-
veräußcvlich find nnd von jenftfts föminen,
ist dann ein Nokhständ'- ein wenigstcns ii'E
natürlichett Nechten gebi'lliglcr'Zustättd der
NothMchr eingetreten, nnv , srlbst blößö-
vollendcte Thatsacl'en wcrdcn enicr wirk-
lich dcspötischen Negicning gegrttüber mit
der Zeit znm Ncchtc gestempelt. — Dics
ki'hcllt attch geiviß von selbst. Jn' alltii
bcdentiingSvollkn änßcrn Crsch'einninft»/ iu-
allcn anßerordenilichen Begebeiihelten wer-
dcn wir sö- Icicht verslicht, dft Häiid eiliew
höhern Verfügiliig zii crkettnen. „DicWelt-
geschi'chke ist das Weltgericht"!

D e u t s ch l a n d.

^erdelbetft. Dke hervörräg'ftidste
Sftlle der ächb Qiftfttseit'en längeii Er--
kläriing^ wolche die am 23. d. in Appen--
weier versainNftlten katholischen Geistli'ch'eir
nnterzeichnekön, lautct: „Als trcue lliftcr-
lhancn des Größherzogs' uiid als' güte
Bü-rger dcs Stäatcs werden wi'r alle
Gesetze gewissenhaft achten iind in streiigenk
Gehorsäi»' alle Verordniingcii befvlffen^
welche die S'taatsgewälr auf ihrciii- Ge-
bl'ete.vdrfässiingsiliäßig crläßt. Aber außer
deun i'iiiftrcn H'ei'lkgchliine der Neligiöir hät
die Kirchc auch ihr besonderes' äußereS
NechtsgcNct, so unverlctzlich wie jeiic dcs
Staatcs niid därnm innerhalb natürlichcw
GreiizeN eiuen freien und selbstständige'n
Wirkuiigskreis, dft- anS ih'reiii Gefammt-'
zwcck eiitsiandc-n, durch höhere Fügiiiiss'
vcrlieheii nnd' diirch pösitiveS Necht imd
geschichtliche- Entwickelüttch gewähöt ist.
Ziilicrhalb dftscs Köeises s'clstststäiidiger
Wi'rksanikcit, iniierhallä dicses - Rechtsgc-
bi'cts-dcr Kivch'e- stehen wir Geistllch'c'der"
gaiizcn bcw'vhnt'e»- Etzde' iiiiftö iiiiscrett
ki'rchlichen Oberen, unter den Bllchöfen,.
 
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