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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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Oktober
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M 2ZL.

lich. PrciS miM^icrhalningSblaN vi'crlel.


/X Das badischc Blaubuch
III.

Noch cinen Punkt hatte die Großher-
zogliche Regierung dem päpstlichen Stuhle
angcdeutet, den dicser wohl hätte bedcnkrn
sollcn.

Wenn der Großherzog statt des nun-
mehr ausgeführtcn einen andcrn Entschluß
gefaßt hätte, wcnn Er bei dem Vcrtrage
bestanden wäre, gegcn dcn Ausspruch dcr
Stände, gcgcn den Willen der Gebildeten
seines Volks, sclbst dcs katholischen Bd-
keiintni'sses, so wäre im Volke ein unaus'
löschlicher GroÜ gegcn die Convention und
deren Coiltrahcnten, Rcgierung sowohl als
päpstliche Curie, entstandeiu

Dieser Groll, dieses Widersteben konnte
dnrch unconstitutl'onelle Mittel allerdings
niedergehalten werdcn, wenigstens fur einige
Zeit. Endli'ch aber mußtc er zum Ausbruch
kommen, er mußte den gcwaltsam gespann-
ten Bogen zuletzt brechen.

Es wärc dann die Convention gefallen,
abcr wahrlich, ohne daß den Ncchtcn der
5tirche die Bcrückstchtigung geworden wärc,
die ihncn jctzt geworden ist.

Das wäre dann von Scitc des Volkes
und der Staatsregicrung die Antwort auf
das päpsiliche „temporum ratioue Iiridita^,
d. b. „nach Bcrücksichti'gung der Zcilver-
hältnisse", gewesen.'

Wer hätte, fragcn wir, alsdann den
Vorthcil gehabt?

Die Kirche und ihre wahren Frcunde,
odcr die Priesterpartei und der Kirchc
Feindc?

Wenn daher die Negierung aussprach,
ste bezweisic uicht, daß dcr heilige Stuhl
nach reiflicher Erwägung der Sachlage die
Uebcrzeugung gewiune, daß dic Nech'te der
katholischen kiirche jede wünschenöwcrthc
Sicherhcit erhaltcn habcn, so nil;ßte aller-
dings die Erfahrung dic Erfüllung jencr
Hossnung bczweifeln, allein jcdcr Wohl-
mcincildc, wclcher Ncligion cr sei, niußte
ihre Erfüllung wünschen.

llnd was that die päpstliche Curie?

Mit ciner Naivetät, dic cines bessern
Schicksals wüvdig war, mit jcner Naive-
tät, mit wclchcr scine Landslcute und, wcnn
wir Abouts Luche glaubcn, sclbst scine
Veltern dcm Neisendcn die Pistolc aus die
Brust setzcn und „per lu mi86ri60illi:i äi
Dio" ein Almosrn von 100 -Lcudi vcr-
langen, antwortcte Cardinal Antonclli in
dcni^Jdioin sciner thcuren Heimath.

Er sagt einfach: dcr päpst l i ch e S tuh l
schdießt u ii r mit absoluten F ü rsten
Verträge, odcr mit. solchen, welche
d ie Zu ftimmuilg zum Vcrtrag ab-
schluß schon iii dcr Taschc haben.

Wenden wir diesen Satz nun auf un-
scrc Verhältnisse an, so scheint er ganz
unschuldig zu scin.

Betrachtrn, wir aber denselben etwas
genaucr, sv erhält er cin, ganz andereö
Aussehcii.

Entweder mußte der constitutionelle
Fürst Badens seine Stände von jedem
Schritte ver Verhandlungen in Keiiiitniß
setzcn, um deren Zustimmung zu jedrr ein«
zelnen Bestimmung des Vertrages zn er-
haltrn.

Was würde aber dcr Cardinal-StaatS«
secretär zu biesem Verfahren gesagt haben?

Wäre er auch nur noch um einen Para-
graphen in der Verhandlung weiter ge-
rückt, sobalb auch nur der Enkwurf deS
ersten Artikels den Ständen vorgelcgt wor»
den wärc?

Würde er nicht bem badischen Ministe-
rium dcs Aeußern — cr, dcr gcrciztc Di-
plomat — die Kenntniß des politischcn
Alphabcts abgesprochcn haben?

Wären nicht alle weitercn Veihandlun-
gen sofort abgcbrochen worden?

Oder, denn auch diescn Fall müssen
wir uns denken, es hälke das Großher-
zogliche Ministcrium von dcn Ständcn ver-
langt, daß sie ihm einen Wechsel in bluuao
ausstellten, d. h. daß ste zum Voraus allc
Punkte genchmi'gen. würden, welche der
Vertrag in dicser Lcbenssragc dcs Landcs
cnthielte.

Und wie nun, wcnn iui ersten Para-
graphen gcsagt worden wärc: Vcrträge
übcr kirchliche Dinge werdcn nur untcr
dem Vorbehalt abgeschlosseu, daß ste ohne
Zustinimung dcr Ständc giltig stnd?

Uiid wenii gesagt wordcn wäre, die
Kirchc und der Staat machen eine Thei-
lung iii Betreff der gkgtnseitigen Ansprüche,
und zwar so, daß dic'Kirchc Alles, der
Staat das Nebrige erhält.

Und wie, weu» gesagt worden wäre:
„Allc der Conventioli cntgegeiistchcndcn
Sätzc stnd 60 ipso aufgchobcii" ?

Und all' dicscs wäre zum Voraus von
dcn Ständen bcsiätigt gcweseu, ohne daß
ste davon cine Ahnung'gehabt hältcn?

Wie sah cs da mit'dcm Pallabium un-
seres Staakes, dcr Burgschast scincs

Glückcö, wie sah cs mit der Verfassung
aus?

Oder sollte die Römische Staatskanzlei
i'n der Kenntiil'ß der Coiisegutiizen eiiies
coiistl'tiitionellen Staates so lliiwisscnd sein,
wie cin neiigeborncs Kind?

Dicser Anschauuiig.gegeiiuber wäre deiln
doch bas für den Cardinal-Staatssecretär
btstl'mmte Concordatsandenkeii des ersten
Gesandten allzu bezeichnend gewesenl

Nein! Die Verträge der Römischen
Kanzlei sind Verträge mit dcm AbsolutiS-
mus; anderc geht er nicht ein. Das ist
des Pudels Kern!

D e u t s ch l a n d.

Vom Neckar, 24. Oct. Deutsch-
land h.at jetzt eine große Forderung an
Oesterreich zu stellen: soll es' Crnst sein
mi't den Neforinen, so dürsen sie^ nicht
bloß dcm eifersüchtigen Nachbarvolkc der
Ungarn, sie müssen vor Allem den treue-
sten Provl'nzcn des österreichischen Staa-
tcs, sic müffen uiisern dcutschen Brüdern
i'n Oesterreich zu gute koiiimeii. Hier licgt
das große Jnteresse Deutschlands. Daß
den deutschen Provinzcn Oesterreichs jetzt
ihr Nccht, daß der Artikcl 13.der Vun-
desakte endlich auch in dem TheileDcutsch-
lands, der zu Ocsterreich gchört, eine
Wahrheit wcrde, daß ein vereinigter
Landtag der dcutschöstcrreichischen.Pro-
vinzen zu Wien dem ungarischeii das
Glcl'chgewicht halte, darauf sollte jctzt>
zur Erhaltung Gesanmitdeulschlaiids, zn
seincr gedcihlichen Fortentwicklung, Alles,
was ciiie Stinime im öffentlichen Leben
hat, darauf solltcn die deutschen Negie-
riingen, die Leutschcn Ständcversamm-
lungcii wie die Presse dringen.

Bensheim, 23. Oct. Ein hiesigcr
kalholischcr Gcisilichcr hatl dcn bedauer-
lichcn Unfall, welcher dein daselbst im
Bau brgriffcncii cvangclischen Gottes-
hause bcgcgnete, als „ein Werk der Vor-
sehung" 'erklärt, „wosür man Gott, der
nicht haben wolltl, daß in dcr bis dahiir
„reinen" (?!) Gcmeinde ein Tempel dcr
Ketzerei entstehc, Dank sagen müsse rc."
Jn welcki' grtllem Gegensatz steht zn
di'esen Worten die Breilwilli'gkeit, mit
welchcr die katholischen Bcwohner Bens-
hcinis zu dcn Kosten für bcsagte Kirche
Bcilräge gcben! Man ist aus dqs Er-
gebni'ß der cingeleitcte» Untersuchung über
 
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