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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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December
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0551

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M 288.

ll<h. PrklS,''^,'^gg'^bla<ivlcrlk!'

Donnerstag, 6. December


186«.

Telegrapl-ische Depesche

Kassel, 4. Dcc. Dcr Verfassunczsaus-
schuß deantragte kl'ustnumig: „Die Kam-
mer woslc crklären, daß stc stch ni'cht als
rechtmäßigc Landesvertretung anzusehen
vcrmöge, 'iind deßhalb aufLaudtägsgeschäftc
nicht ei'ngehcn könne; ste mölle ei'ne Vor-
stellung an den Kurfi'irsten richtcn mit dcr
Diste/das bis 1850 in ancrkanntcr Wirk-
samkeit brstandene Verfassungsrccht dcs
Kurstaatrs thatsüchlich alsbald wiederhed-
zustcllen nnd etwaige Abänderungen mit
einer nach dem Wählgesetzc vom 5. Af)ril
1849 zu berufenden Landesvcrtretuiig'vcr--
einbaren zu lassen."

D eu tsch l a n d.

Karlsruhc, 4. Dcc. DaS hcutc erschtcncnc Rc«
gterungSblatt, Nr. 60 vom 3. d. M. cnthält ctne
allcrhöchst-landcshcrrliche Vcrordnung: dic Bcitrcibung
dcr auf dcm öffcntlichcn Rcchte bcruh'cndc» Fordcrun-
gcn dcr AmtScaffcn bclrcffend.

Karlsruhe, 3. Drc. Heute wnrde
hier das Geburtsfest Zhrcr Kön. Hoh. der
Großhcrzogin Luise begangen. Der unter
Leitung des Hrn. Giehnc stehende Kirchen-
chor brachte der allverehrten Fiirstin ein
Ständchen. Die schönste Feier darf wohl
iu der Amnestie ersehcn werden, die Se.
Kön. Höh. der Großhcrzog, dem heutigen
Ncgierungsblatt zufolge, ertheilt hat.

Mannlieim, 4. Dccbr. Der hiesigc
Geineittdcraih hat ssch für unbcdingte Ge-
werbcfreiheit ausgesprochen.

Weinheim a. d. Bergstraße, 1. Tec.
Dci der lner stattgefundenen Absiiininuug
über die Gcwerbegesetzfrage haben sich von
20 Anwcseiiden 9 für uubcdingte Gcwerbe'
freiheit und il für eine Gewerbereform
mit Bcibehaltuiig der Zünfte, Lehrzwang
und Mcisterprüfung erklärt.

Nastatt, 2. Dec. Gestcrn feierte
der . Gouvcrneur - Stellvertreter hiesiger
Bundesfestung, der großh. Geueral-
Lieutenant Drcyer, sein füiifzigjährigcs
Dieiistiubilättui,

Darmstadt, 3. Dcc. Die officiclle
Darmst. Zeitung hat sich geweigert, den
bekaiinten Aufruf zu Deiträgcn für das
Steindenkmal als Deilage zu verbreiten.

Mainz, 3. Dcc. Schon wieder eiiicDe«
schlagnähmc gegen den „Nürnb. Anzeiger."
Die hcute fülligc Nr. 337 desselbcn ist auf

der Post vor ^)effnung des Schalters Hin-I
wcggeuommen worden.

Kassel, 1. Dec. Die vor Eröffnung
des Landtägs in der Hof- ünd Garnisons-
kirche grhallcnr Prcdigt des Hrn. Pfar-
rcrs Reimaun über Matth. 22, 15—22,
spräch über Heuchlcr und Htuchelci, unv
wie diese Heuchelei nür dahin führc, Land
uiid Lcntc zu verderben und das Volk iu
Aufruhr und Ncvolution zu versctzen. Es
wurven den Släiidcn die Zustäiide Italienö
vorgehaltcn, und daß man jrtzt damit
umgehe, ähnliche in unserem engcrn Va-
terlande hervorzurufen. Männer, die ihrem
eigenen Häus und ihrer Familic nicht
vorzustehen uud sie zu ordncn verständen,
die bildeten sich ein, ein ganzes Staats-
wesen anders gestalten zu könncn. Sche
Man alle die an, die näch der Verfassung
von 1831 jrtzt schrieen, so würde man
bei geiiauer Prüfung findcn, daß sie dcn
Unterschicd zwischcn der von 1860 und
der von 1831 nicht känntcn und nur dcm
Egoismus huldigtcn und für sich Vortheile
aus dcr Agitatio» ziehen wolltcn. Man
solle nur die Lcute ansehen, die vor 10
bis 12 Jahrcn auch ihre laute Skimme
als Staatciiverbessercr hättcn ertönrn las-
sen, wo sie gcbliebcii stien; sie wären 'alle
wie Spreu vor dem Winde zerstoben, weil
sie auch nur der egoistischen Heuchelei ge-
huldigt hätteii, sich auch drr Obrigkeit nicht
hätteu fügen wollcn u»d ihr ganzcs Stre«
ben dahin getichtrt gewesen sei, der Re-
gierung Verlcgeiiheiten übcr VerlegeNhciten
zu bereiten, bis daiin der Herr ein Ein-
sehcn gehabt und ihrem Dreibcn ein Ende
geinacht. Dieses Thema eiitwickclte der
politische KäNzelredncr alsdäiin ausführ-
lich in einer dreivicrtelstündigtn Nede.
Dasselbc Dlatt, dcm wir dieses entnchmen,
der „Nürnb. Corr., enthält auch die Rede
dcs Präsidcnten Nebelthau, wie es
scheint im Wortlaute. Die bczeichnende
Stelle dcrselbcn lantct: „Jch werde streng
au der Annahme halten, daß die Vcrfas-
sung von 1831 fortdauerndc Rechtsgiltig-
keit habe, und daß wir ^enöthigt sind,
Schritt vor Schritt diescs stets vor Augcn
zu haben. Unsere Lage ist allerdtiigs da-
durch eine ganz ei'geiithümlichc, mdem wir
bci eincr jeden Handlung, dic wir vor-
nchmen, eine Nechtsmaßregcl (Nechtsver-
wahrung?) ei'ntrctcn lassen müsscn. Das
Land l>ät unter Protcst gewählt, unter
Protest haben wir unsere Fiinctionen an-

lgctretcn, unter Protcst haben wir die
Präsidtuteii gewählt, und unter Protest
habrn wir den socben gelcistetcn Eid ge-
schworen, indem von mir, dem Hcrrn
Viccpräsidenten Und 37 Mitglicdern dieser
hohcn Kammer vorher dem Minister eiir
solcher Protcst zugefcrtigt wurde, damit
man in dieser Handliing nicht cinen Ver-
zicht auf die Vcrfässung von 1831 erblicke
und so näch kciner Seitc hin eine Täu-
schung kintrete. Meine Herren, diese Lage
ist ciiie künstliche, die wir so bald als
möglich verlassen müssen, um von dem
Boden uns zu entfernen, auf dem wr'r nur
i'mmer durch Rechtsverwahrungen und
Kautelcn steheN." ^

Kaffel, 4. Dec. Dib „Heff. Morgen-
zeituug" schreibt: Eine Erklärung von
600 H a naue r Bürgern an den Land-
tag wahrt die Nechte aus äcr Verfassung
von 1831, erwartet von den Abgeordue-
ten Hinwirkung auf Herstellung eines ver-
fassuugsmäßigen Rcchtszustandes, hält da-
fur, jcdcs Eingrhen auf äigentliche Land-
tags - Geschäfte müsse unterbleibcn, die
Vcrsammlung müsse sich unznständi'g er-
klären, schlcunige Landtags-Eiiibcrufling
nach drm Wahlgesetz von 1849 müsse
beantragt wrrdeii.

Leipzig, 30. Nov. Nachdem bercits
vorige Wochx Dresden ein Pasqnitl
gegdn dcn König angrschlagen wordeu»
war, las man auch in iinscrer Stadt
hentc früh an mehreren Ecken folgendes
Plakat: „Tu theurcs Sachsen, frcue
dich, Dein König schmückct ritterlich Mit
Ordcn, mit Orden Den f... Franz.
Garibaldi."

Dresdcn, 30. Nov. Der Schillcr-
lvtterie scheint wieder ein Unheil zu
drohen. Wic heute cin hiesiges Lokal-
blatt berichtet, wäre Herrn Major Serre
scin Kassier mit einer namhaften, der
Schillerlotterie unterschlagenen Summe
diirchgegangen. Ein Berner Duchhändler
droht im Äuftrag von etwa 70 Intercs-
senten mit Klaganstellulig, weun nicht
bliinen 3 Monaten §. 8 des Lotterie-
planes, „gedruckte Gewinnlisten" zur Aus--
führung komme. Vor dcm Februar wird
eswohl schwer möglich sein, dieGewinne
zu erfahrcn. Die Haarlocke Schillcrs ist
einein Kaufinann in Posen, Schillers
schön eingeiähmter Brief (Gcschcnk voil
Schillcrs Tochtcr) eiiicm Aporhekcr m
Fürlh zugefallen. Beide Gewinner habc»
 
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