Hndelberger Tagdlatt.
M 231.
lich. Hreiö mikllnikrbaltmigSblaüvicric!-
ILbrllch 36 kr.
Mittwoch, 2Ä» October
Telegramme
Wien, 21. Octbr. Dcr Kaiser rci'st
dl'cscn Abend nach Warschau ab. — Es
finyet große Jlluinl'natl'on statt in Wien
und in Pesth. — Die Fonds sind im l
Stcigcu um 3 pCt. Credit mobilier 173.50.
Warschau, 21. Octbr. Der Prinz-
Ncgent ist heute Morgen 10^/^ Nhr hier
eingetroffen.
Turin, 19. Oct. Priester predigen in
Palermo aus osfener Straße gegcn die
Annerion. Garibaldi sagte dem Com-
mandantcn der Nationalgarde, er molle
seine eigend Machtvollkommcuhcit dcm Kv-
nig Victor Cmanuel, svbald dieser ange-
langt sein wird, zu Füßen legen und fich
ins Privatlebcn zurückzichcn.
Turin, 21. Oct. Victor Emannel isi
in Sulmona angekommeu (in den Abruz-
zcn, auf dem Wege von Chicti nach
Capua).
Neapel, 21. Oct. Die Abstimmung
findet statt unter unermcßlichcm Zulauf
der Bevölkcrung.
Paris, 22. Oct. Der „Coiistitutiou-
nel" schreibt: Der Kaiser hat vom Zaa-
rcn eincn eigenhändigcn Drief erhalten,
worin dcr Character der Warschäuer Zu-
sammcnkunft in einer Wcise auscinander-
gesetzt ist, wclche derselben jedc feindsclige
Bedeutung gcgen Frankreich benimmt.
London, 22. Oct. „Morn. Post" mel-
det, Oestcrreich habe der franzöfischen Ne-
gierung die bcstinimtcste Vcrficherung ge-
gcbcn, kcinen Krieg anzufangcn, wofern
es sclbsi unangegrifsen bleibe.
2X DaS badische Blaubuch. ^)
II.
Scit wir unscrn crstcn Artikel geschrie-
ben, ist die Vermiithimg, daß init dcn
verösseiitlichtcn Aktenstückcn die diploma--
tischen Unterhandlimgen ihre Endschaft cr-
reicht haben, auf die erfreulichste Art in
Erfüllung gegangcn.
Auf die Worte ist die That gcfolgt; die
mit dcn Ständen vercinbarten Gcsctze fiud
,'m Negierun^sblatte sammt und sonders
verkündet, die früher zur Kenntnißnahme
verkündete Conventioii mit dem päpsili'chcn
Sinhle ist außer Wirksamkcit gesetzt.
*) Jm erstcn Arlikcl Spaltc 1, Zcllc -1 v. untcn
l.-Mchrhcit statt Wahrhcit, und Z. 1 v. u. tst nach
Landcssürst ,,fei„ Ministcrlum ändcrtc" einzuschaltcn.
Wo dic Erei'gnisse der Betrachtuug vor-
ausgeschrittcn find, kann lctztere fich kurz
fassen.
Wir wendcn uns deshalb mit wcnigcn
Worten zum Jnhalte dcr Schriftstückc dcs
blaucn Buchs.
Die eigeiihändige Zuschrift S. K. Hoheit
dcs Großherzogs gehört nicht bloß aus
dcm Grunde nicht in den Bereich dicser
Detrachtung, wcil fie von Seiner Person
ausgegangen, wei'l fie uicht veröffentlicht
wurde, sondern weil ihr Jnhalt klar ge-
nug vor dcm geistigen Auge licgt.
Was konnte der Fürst anderes thun,
als unter Hiiiwcisuug auf die nächste und
fernste Vergangenheit darthnn, wic Er uud
Sei'n ganzcs Haus die friedlichste und freieste
Entfaltung der Staatsbürger nicht nur nicht
grhemmt, sondern stets geschützt habc, und
daß in gleicher Gefinnuug cr zeigt, nach-
dem die ConveiitionSaiinahme als staatliche
Unmöglichkeit fich bcwährt habe, die neueu
Gcsctze habc vorlegen lassen und daß dicse
Gesctze die Hand zum Fricdcn seien, deren
Annahme durch den Papsi eben so sehr in
den Wünschen als Hossnlingtn liege?
Die Negierung des Großhcrzogö setzte
in einem größern Promemoria nun
dic Anficht klar aus einander, welche für
fie nach eigenstcr Ucberzeugung maßgebend
scin mußte. Dicses Promemoria zeichnet
fich bei atler Versöhnlichkeit der Form durch
eine Klarheit und Durchfichtigkeit des Ju-
haltcs aus, wie fie nur aus vollcr Ueber-
zeugung, aus fcstcm Witlen, an dem aner-
kannten Nl'chtjgen festzuhalten, hervorgehcn
kann.
Die Hauptpunktc dcsselben find fol-
gcnde:
An der Spitze steht das entscheidende
Wort: „Das Großherzogthum ist
ein coustitutionellcr Staat."
Alles Ucbrige find nur Folgerungen.
Sic lautcn:
Daher ist 1) die gesetzgebende Gewalt
an die Zlisti'mmung dcr Stände gebunden.
2) Dieser an und für fich klarc Satz
ist ausdrücklich in dcr Natl'ficatioiisiirknnde
dcs Großherzogs aiisgedrückt, d. h. cr be-
stätigte und konnte dic Conveiition nnr in
den Artikeln bestätigen, welche mit den
bestchendeu Gesetzen im Eiiiklang stchen.
3) Dasselbe ist auch im Artikel 23 der
Convention vorgeschcn.
4) Die Wirksamkeit der Convention als
Ganzes, oder dic Wirksainkeit der in
Ziffer 2 nicht bezeichneten Artikel konnte
erst nach Genehmigung der neucii Ge-
setzc eiiitrctcn, wodurch dic bcstehenden
widersticitenden Artikcl der Convention
geregelt werden mußten.
5) Diese Geiiehmifzung hatte nach Ziffer 1
durch die Stände zn geschehen.
6) Ebcn diesc Stände haben das Recht
zu entscheidcn, was den Gesctzcn wider-
streite, bczichungsweise einseitig erlassene
Verfügungeu zu recla m i ren, d. h. ihre
Nichtvollziehnng zu verlangcn.
Der nbrige Jnhalt dcs Memoire ist
strcng gcschi'chtliche Darstellung des Ver-
laufes der Concordatsverhandlungen, von
der Sclbsttäuschung der früheren Ministcr
an, welche hofftcn, von ciner sonst so füg-
sainen Kainmer auch in dieser Angelegcn-
hcit kcinen starken Widerstand zu sinden,
und dcshalb die Conventivn, vorbchaltlich
der nöthig befundenenGesctzesvorlagen, der
Kammer nur zur Kenntiiißnahme vorlegi-
ten, bis zur Abstimmung der zweiten
Kaminer und das nach demselben ohne
Vorwissen des Großherzogs erfolgte Nund-
schreiben dcr Mi'nister nnd der'en daran
geknüpfte Entlassung und schließlich die
Zustimmuttg auch dcrjenl'geu Kammer, m
welcher die Convention die wärmsten An-
hänger zählte und die größte Wahrschein-
lichkeit der Billigung hatte.
Allein anch nach 'diesen Vorgängen er-
achtete die Rcgierung — und dieses ist
der Schluß der Denkschrift — es für ihre
Pflicht, fich nicht auf diese Thatsache atlein
zu stützen, sondern auch vom Standpunkt
der strengsten Vertragsauslegung zu un-
tersncheu, ob ihr der Vorwnrf dcr Ver-
tragsverletznng anch nnr mit einigem
Grunde gemacht weiden könne.
Allcin anch hier sprach der Wortlaut
dcr Natisicati'on und der Art. 28 der Con-
veiition fie völlig frei.
„Dic Negieruiig hat die dem päpstlichen
Stuhl gegenüber bestehende Pflicht, die
Aufiechthallung der Convention mit allen
ihr zu Gebot stehenden Mitteln
zu vcrtheidi'gen, auf's Gewissenhafteste und
Vollständigste erfüllt." So schließt die
Denkschrift; — es war vergeblich, nnd
»ilii miißte der Landesherr den entstan-
dcnen Cönflict nach el'gknem Erinessen löjen,
denn über das Gcschehene hiiiaiis zn gchen,
war in cinem coiistitiitioncllen Staate sitt-
lich unmöglich, eS mnßte voransfichtlich zu
M 231.
lich. Hreiö mikllnikrbaltmigSblaüvicric!-
ILbrllch 36 kr.
Mittwoch, 2Ä» October
Telegramme
Wien, 21. Octbr. Dcr Kaiser rci'st
dl'cscn Abend nach Warschau ab. — Es
finyet große Jlluinl'natl'on statt in Wien
und in Pesth. — Die Fonds sind im l
Stcigcu um 3 pCt. Credit mobilier 173.50.
Warschau, 21. Octbr. Der Prinz-
Ncgent ist heute Morgen 10^/^ Nhr hier
eingetroffen.
Turin, 19. Oct. Priester predigen in
Palermo aus osfener Straße gegcn die
Annerion. Garibaldi sagte dem Com-
mandantcn der Nationalgarde, er molle
seine eigend Machtvollkommcuhcit dcm Kv-
nig Victor Cmanuel, svbald dieser ange-
langt sein wird, zu Füßen legen und fich
ins Privatlebcn zurückzichcn.
Turin, 21. Oct. Victor Emannel isi
in Sulmona angekommeu (in den Abruz-
zcn, auf dem Wege von Chicti nach
Capua).
Neapel, 21. Oct. Die Abstimmung
findet statt unter unermcßlichcm Zulauf
der Bevölkcrung.
Paris, 22. Oct. Der „Coiistitutiou-
nel" schreibt: Der Kaiser hat vom Zaa-
rcn eincn eigenhändigcn Drief erhalten,
worin dcr Character der Warschäuer Zu-
sammcnkunft in einer Wcise auscinander-
gesetzt ist, wclche derselben jedc feindsclige
Bedeutung gcgen Frankreich benimmt.
London, 22. Oct. „Morn. Post" mel-
det, Oestcrreich habe der franzöfischen Ne-
gierung die bcstinimtcste Vcrficherung ge-
gcbcn, kcinen Krieg anzufangcn, wofern
es sclbsi unangegrifsen bleibe.
2X DaS badische Blaubuch. ^)
II.
Scit wir unscrn crstcn Artikel geschrie-
ben, ist die Vermiithimg, daß init dcn
verösseiitlichtcn Aktenstückcn die diploma--
tischen Unterhandlimgen ihre Endschaft cr-
reicht haben, auf die erfreulichste Art in
Erfüllung gegangcn.
Auf die Worte ist die That gcfolgt; die
mit dcn Ständen vercinbarten Gcsctze fiud
,'m Negierun^sblatte sammt und sonders
verkündet, die früher zur Kenntnißnahme
verkündete Conventioii mit dem päpsili'chcn
Sinhle ist außer Wirksamkcit gesetzt.
*) Jm erstcn Arlikcl Spaltc 1, Zcllc -1 v. untcn
l.-Mchrhcit statt Wahrhcit, und Z. 1 v. u. tst nach
Landcssürst ,,fei„ Ministcrlum ändcrtc" einzuschaltcn.
Wo dic Erei'gnisse der Betrachtuug vor-
ausgeschrittcn find, kann lctztere fich kurz
fassen.
Wir wendcn uns deshalb mit wcnigcn
Worten zum Jnhalte dcr Schriftstückc dcs
blaucn Buchs.
Die eigeiihändige Zuschrift S. K. Hoheit
dcs Großherzogs gehört nicht bloß aus
dcm Grunde nicht in den Bereich dicser
Detrachtung, wcil fie von Seiner Person
ausgegangen, wei'l fie uicht veröffentlicht
wurde, sondern weil ihr Jnhalt klar ge-
nug vor dcm geistigen Auge licgt.
Was konnte der Fürst anderes thun,
als unter Hiiiwcisuug auf die nächste und
fernste Vergangenheit darthnn, wic Er uud
Sei'n ganzcs Haus die friedlichste und freieste
Entfaltung der Staatsbürger nicht nur nicht
grhemmt, sondern stets geschützt habc, und
daß in gleicher Gefinnuug cr zeigt, nach-
dem die ConveiitionSaiinahme als staatliche
Unmöglichkeit fich bcwährt habe, die neueu
Gcsctze habc vorlegen lassen und daß dicse
Gesctze die Hand zum Fricdcn seien, deren
Annahme durch den Papsi eben so sehr in
den Wünschen als Hossnlingtn liege?
Die Negierung des Großhcrzogö setzte
in einem größern Promemoria nun
dic Anficht klar aus einander, welche für
fie nach eigenstcr Ucberzeugung maßgebend
scin mußte. Dicses Promemoria zeichnet
fich bei atler Versöhnlichkeit der Form durch
eine Klarheit und Durchfichtigkeit des Ju-
haltcs aus, wie fie nur aus vollcr Ueber-
zeugung, aus fcstcm Witlen, an dem aner-
kannten Nl'chtjgen festzuhalten, hervorgehcn
kann.
Die Hauptpunktc dcsselben find fol-
gcnde:
An der Spitze steht das entscheidende
Wort: „Das Großherzogthum ist
ein coustitutionellcr Staat."
Alles Ucbrige find nur Folgerungen.
Sic lautcn:
Daher ist 1) die gesetzgebende Gewalt
an die Zlisti'mmung dcr Stände gebunden.
2) Dieser an und für fich klarc Satz
ist ausdrücklich in dcr Natl'ficatioiisiirknnde
dcs Großherzogs aiisgedrückt, d. h. cr be-
stätigte und konnte dic Conveiition nnr in
den Artikeln bestätigen, welche mit den
bestchendeu Gesetzen im Eiiiklang stchen.
3) Dasselbe ist auch im Artikel 23 der
Convention vorgeschcn.
4) Die Wirksamkeit der Convention als
Ganzes, oder dic Wirksainkeit der in
Ziffer 2 nicht bezeichneten Artikel konnte
erst nach Genehmigung der neucii Ge-
setzc eiiitrctcn, wodurch dic bcstehenden
widersticitenden Artikcl der Convention
geregelt werden mußten.
5) Diese Geiiehmifzung hatte nach Ziffer 1
durch die Stände zn geschehen.
6) Ebcn diesc Stände haben das Recht
zu entscheidcn, was den Gesctzcn wider-
streite, bczichungsweise einseitig erlassene
Verfügungeu zu recla m i ren, d. h. ihre
Nichtvollziehnng zu verlangcn.
Der nbrige Jnhalt dcs Memoire ist
strcng gcschi'chtliche Darstellung des Ver-
laufes der Concordatsverhandlungen, von
der Sclbsttäuschung der früheren Ministcr
an, welche hofftcn, von ciner sonst so füg-
sainen Kainmer auch in dieser Angelegcn-
hcit kcinen starken Widerstand zu sinden,
und dcshalb die Conventivn, vorbchaltlich
der nöthig befundenenGesctzesvorlagen, der
Kammer nur zur Kenntiiißnahme vorlegi-
ten, bis zur Abstimmung der zweiten
Kaminer und das nach demselben ohne
Vorwissen des Großherzogs erfolgte Nund-
schreiben dcr Mi'nister nnd der'en daran
geknüpfte Entlassung und schließlich die
Zustimmuttg auch dcrjenl'geu Kammer, m
welcher die Convention die wärmsten An-
hänger zählte und die größte Wahrschein-
lichkeit der Billigung hatte.
Allein anch nach 'diesen Vorgängen er-
achtete die Rcgierung — und dieses ist
der Schluß der Denkschrift — es für ihre
Pflicht, fich nicht auf diese Thatsache atlein
zu stützen, sondern auch vom Standpunkt
der strengsten Vertragsauslegung zu un-
tersncheu, ob ihr der Vorwnrf dcr Ver-
tragsverletznng anch nnr mit einigem
Grunde gemacht weiden könne.
Allcin anch hier sprach der Wortlaut
dcr Natisicati'on und der Art. 28 der Con-
veiition fie völlig frei.
„Dic Negieruiig hat die dem päpstlichen
Stuhl gegenüber bestehende Pflicht, die
Aufiechthallung der Convention mit allen
ihr zu Gebot stehenden Mitteln
zu vcrtheidi'gen, auf's Gewissenhafteste und
Vollständigste erfüllt." So schließt die
Denkschrift; — es war vergeblich, nnd
»ilii miißte der Landesherr den entstan-
dcnen Cönflict nach el'gknem Erinessen löjen,
denn über das Gcschehene hiiiaiis zn gchen,
war in cinem coiistitiitioncllen Staate sitt-
lich unmöglich, eS mnßte voransfichtlich zu