HndMerger Tagdlatt.
rrsLcint, Mvniag-auSgknMmen, <La. «> InseriionSgkbührcn sür die SspalllgcPc- -»
,, liih. PrcI«mUIIm»hoImng«>blattvIkriel. o» AltOEtt» tt!;c,lc obcr dcrcnNauin werbcn milLkr.
Telegraphische Depesche.
London, 1. August. Kaiser Napoleon
schrirb an Persigup im Wcscutlichcn Fol-
gendes: „Die Äugelegeuheiten sind com-
plicirt. Sageu Sie Lord Palmerston, der
mir glaubcn wird, ich wolltc seit Villa-
franca Frirden mit Allen haben; ich habe
die Armce nnd Flotte nicht übermäßig
verstärkt, will die Crhaltung der Türkei
und will keine vereinzclten Crpcditioncn
nach Spricn, anch kcine Jntervention in
Süditalien; ich will allcnthalben ein Ein-
verständniß mit England."
D e r» t s ch l a n d.
Karlsruhe, 30. Inli. Fortsetzung
der Rede des Abg. Hänsser in der 60.
öffcntlichen Sitznng der 2. Kammer am
27. Jnli. „Jch crinnere serncr an einen
französischen König, dcn dic Kirche nnter
ihre Heiligen erhob, Ludwig den Heiligcn;
von ihm stammt die pragmatische Sanction
her, die er im Jnteresse der Staatsgcwalt
der Kirchengcwalt gcgenübcrstcllte. Es ist
also nicht von modernen Staaten die Nede,
nicht von Doctrinen der Schnlc, sondern
von einer weltgcschichtlichcn Praris. Gern
verzichte ich darauf, Ihncn das theils
große, thcils tragischc Bild nnscrer eigenen
Geschichte ansznrollcn. Dnrch sic zieht
sich wie ein rolher Faden dic Entwicklnng
dieses Kampfcs. Aber anch in Frankreich
stammt die Kirchenfreihcit ans dcm Mittcl-
altcr und ihre Grnndlagc war die prag-
matische Sanction Lndwig's dcs Hciligen.
Es war dies ein Palladinm der katholischcn
K'ircheneinhcit, und als der Stnrm der
Neformation ausbrach, ließ man das Ooi-
pu8 Oanoinim im Jahrc 1525 drucken
zur Abwchr dcr Ketzcrci, damit die kath.
Kirchc sich dadurch schntze. Achnlich vcr-
häll cs sich in England. Jn England
waren scharfc Strafbcstimmnngen gegcben,
znm Thcil viel schärferc, als'dic bn' nns
vorgeschlagenen. Sie kamcn von König
Ednard I. nnd Ednard III., nnd hent zn
Tage bestehcn sei»e Gcsctze noch in Wirk-
samkeit. Ich habc ncnlich ein blancs Bnch
des cnglischen Parlaments in Händcn gc-
habt, worin jcne Gesetzc alle znsammeii-
gkstcllt sind,' und bis hente gilt noch dic
ssg- äel.6 ol I^r.aemnnire gegen jeden
kirchlichen Uebergriff. Doch ich will mich
nicht zu weit aiif diesem Felde verlieren,
sondern nur wiederholt daran erinnern,
daß dies Alles keine modernen Aiischauungen
sind, sondern Dinge, die ein halbes Iahr-
tausend znrückliegen. Die größtcn Mo-
narchen Frankreichs und Englands, nnsere
größten dentschen Kaiser warcn hiebei bc-
theiligt, und es können kcine Schnldoctrinen
gcwcsen sein, wofür jcne Männer in die
Schranken traten. I« der Wissenschaft
ließe sich das Glciche nachweisen. Jedcr
theologischen Anschauung, die die ausschlicß-
liche Macht der römischen Gewalt durch-
führcn wollte, folgte ein Nückschlag, oder
war schon gleichzeitig vorhanden. Sind
jene frommeii Franziskancr des 14. Jahr-
hunderts, an ihrer Spitze einer der größten
Scholastiker, wie Occam, sind die Männcr
der Kirchenvcrsammlungen des 15. Iahr-
hunderts, .sind die von Espen nnd dcr
gelehrte Sauter keine Antoritäten der
Wissenschaft? Waren diese keine gläubigen
Katholikcn ? Sie waren es, aber sie wür-
digten auch die Stellung des Staats zu
richtig, als daß sie alleö Das als giltiges
Recht anerkenncn konnten, was man jctzt
als svlches gcltcnd macht. Ich glanbte
diese knrzc gcschichtliche Ansführung mir
erlauben zu dürfeii, soferne ein Schweigen
zn der der Geschichte widerstrebendcn Dar-
stellnng, die in der früheren, wie in der
ncnercn Denkschrift enthaltcn ist, viellcicht
wie cin Mangel an Gründen gedcntet
werden könnte. Dem gegenübcr sagt man
uns freilich, die Zeiten hättcn sich ge-
ändert, nnd es scicn dies veraltcte Dinge.
Jetzt stchc die staatliche Omnipotenz nnd
die Bureankratie oben an. Jch bin nicht
geneigt, dic Eristcnz eincr Dnreankratie
zu längnen, allcin nnter Dnrcankratie vcr-
strht man im Sinnc der modcrnen Doctrin
die Macht der Gcsctzc übcrhanpt. Man
bernft sich dann gerne anf Beispiele an-
derer Staaten, namentlich Ocsterreichö nnd
Preußcns. Man bcrnft sich anf Oestcr-
rcich. Dort ist allerdings das canonische
jNecht in sciner wcitesten Ansdchnnng znr
Anerkennung gcbracht, nnd damit einc Gc-
j sctzgebung über den Haufcn geworfcn, die
liiicht vom Kaiser Ioscph, sondern von
Maria Thcresia und ihrrn Vorgäugerii
jherstammt. Jch gestche abcr ossen, daß
^ die>cs Beispiel nicht ermnkhigclid ist. Ich
j weiß, daß das dortigc Concordat als cin
hoffnungsloser Ankcr für die andcrn Staa-
- ten betrachtet worden ist. Ich dic
! berühmte Broschüre nichl vergeffen, worin
es hcißt: im Concordat sprach der Kaiser,
nnd wcnn der Kaiser spricht, werden die
Markgrafen folgen müssen. So die be-
kannle Aeußerung des Diplomaten a. D.
vom Iahre 1855. Allein ich frage: ist
der Fricdc mit dem Clerus in Oesterreich
hergcstellt, odcr hat dcrselbe nicht durch
neue Uebertreibungen dcr Negierung ncue
Verlegenheiten bercitct? Ist in Oesterreich
die innere Kraft dcs Staates bis jetzt ge-
wachsen nnd diejenige Nationalität, die
nach der Natur dieses Landes die bindende
nnd civilisirende sein solltc, nämlich die
deutsche, hiednrch in ihrer Spannkraft ge-
steigcrt worden? Ist nnter den einzelneir
Nalionalitäten dcr Friede befcstigt worden?
Hat man in der widerspenstigen, rcbellischen
Nation Nnhc gcschaffcn, nnd sind die Pn'e-
ster ausgezogcn, dcn Staat in der Gefahr
zu schützen? Dic Antwort auf diese Fra-
gen will ich Jhnen selbst anheimgeben.
Man bcrnft sich auf Preußen. Es wird
später noch Gelegenhcit geben, zu zeigen,
wie weit die Berufiing auf Preußcn paßt
und gegründct ist. Eines ist mir aber
unverständlich: wohcr die ewig nenen,
lanten Ansbrnche dcs Hasses gegen Prenßen
aus dem Kreisc dersclben Partci? Woher
die uiiaufhörlichen Angriffe einer abge-
sondcrten katholischen Partei? Woher die
Aenßernngen cines wohlbekannten Organs,
es sei mit der Kircheiifreiheit dort „Wind",
wic mit der Politik, nnd wohcr die an-
geblichen Kirchenverfolgnngen in Prenßen?
Daö sind Widcrsprüche. Entivedcr steht
es mit der aiigcblichen Kirchtiifreiheit nicht
so, wie die Denkschrift behanpkct, oder es
sind jene Angriffe grundlos. Es wnndert
mich, daß ma» nicht andere Staaten licber
geiiannt hat, die ein altes coiistitutioiielles
Dasein haben. Es wniidcrt mich, daß man
sich nicht anf England beruft, wo eine
vielhiiildertl'ährige Gcsctzgebung anf diesem
Gcbiete eristirt, nnd cifersüchtig daran.
fcstgehalleii wird, freic und selbstständige
Corporatioiien zn habcn, freilich unter den
Gesetzcn des Staateü. Anf diescm Wege
isi Eiiglaiid nicht blos in kirchlichdn Fragen
frci gewordcn, sondern aus dem gleichcn
Grnnde steht es in bürgcrlicher Frciheit
als Mnsterstaat dcr Welt da. Es herrscht
freie Bcwegnng in allen einzeliicii Krcifen,
abcr Niemand ist es noch bcigcfallen, zir
sagen, daß einc Corporation das Nccht
habc, gegen den Staat sicb anfziilchnen.
(Forts. f.)
rrsLcint, Mvniag-auSgknMmen, <La. «> InseriionSgkbührcn sür die SspalllgcPc- -»
,, liih. PrcI«mUIIm»hoImng«>blattvIkriel. o» AltOEtt» tt!;c,lc obcr dcrcnNauin werbcn milLkr.
Telegraphische Depesche.
London, 1. August. Kaiser Napoleon
schrirb an Persigup im Wcscutlichcn Fol-
gendes: „Die Äugelegeuheiten sind com-
plicirt. Sageu Sie Lord Palmerston, der
mir glaubcn wird, ich wolltc seit Villa-
franca Frirden mit Allen haben; ich habe
die Armce nnd Flotte nicht übermäßig
verstärkt, will die Crhaltung der Türkei
und will keine vereinzclten Crpcditioncn
nach Spricn, anch kcine Jntervention in
Süditalien; ich will allcnthalben ein Ein-
verständniß mit England."
D e r» t s ch l a n d.
Karlsruhe, 30. Inli. Fortsetzung
der Rede des Abg. Hänsser in der 60.
öffcntlichen Sitznng der 2. Kammer am
27. Jnli. „Jch crinnere serncr an einen
französischen König, dcn dic Kirche nnter
ihre Heiligen erhob, Ludwig den Heiligcn;
von ihm stammt die pragmatische Sanction
her, die er im Jnteresse der Staatsgcwalt
der Kirchengcwalt gcgenübcrstcllte. Es ist
also nicht von modernen Staaten die Nede,
nicht von Doctrinen der Schnlc, sondern
von einer weltgcschichtlichcn Praris. Gern
verzichte ich darauf, Ihncn das theils
große, thcils tragischc Bild nnscrer eigenen
Geschichte ansznrollcn. Dnrch sic zieht
sich wie ein rolher Faden dic Entwicklnng
dieses Kampfcs. Aber anch in Frankreich
stammt die Kirchenfreihcit ans dcm Mittcl-
altcr und ihre Grnndlagc war die prag-
matische Sanction Lndwig's dcs Hciligen.
Es war dies ein Palladinm der katholischcn
K'ircheneinhcit, und als der Stnrm der
Neformation ausbrach, ließ man das Ooi-
pu8 Oanoinim im Jahrc 1525 drucken
zur Abwchr dcr Ketzcrci, damit die kath.
Kirchc sich dadurch schntze. Achnlich vcr-
häll cs sich in England. Jn England
waren scharfc Strafbcstimmnngen gegcben,
znm Thcil viel schärferc, als'dic bn' nns
vorgeschlagenen. Sie kamcn von König
Ednard I. nnd Ednard III., nnd hent zn
Tage bestehcn sei»e Gcsctze noch in Wirk-
samkeit. Ich habc ncnlich ein blancs Bnch
des cnglischen Parlaments in Händcn gc-
habt, worin jcne Gesetzc alle znsammeii-
gkstcllt sind,' und bis hente gilt noch dic
ssg- äel.6 ol I^r.aemnnire gegen jeden
kirchlichen Uebergriff. Doch ich will mich
nicht zu weit aiif diesem Felde verlieren,
sondern nur wiederholt daran erinnern,
daß dies Alles keine modernen Aiischauungen
sind, sondern Dinge, die ein halbes Iahr-
tausend znrückliegen. Die größtcn Mo-
narchen Frankreichs und Englands, nnsere
größten dentschen Kaiser warcn hiebei bc-
theiligt, und es können kcine Schnldoctrinen
gcwcsen sein, wofür jcne Männer in die
Schranken traten. I« der Wissenschaft
ließe sich das Glciche nachweisen. Jedcr
theologischen Anschauung, die die ausschlicß-
liche Macht der römischen Gewalt durch-
führcn wollte, folgte ein Nückschlag, oder
war schon gleichzeitig vorhanden. Sind
jene frommeii Franziskancr des 14. Jahr-
hunderts, an ihrer Spitze einer der größten
Scholastiker, wie Occam, sind die Männcr
der Kirchenvcrsammlungen des 15. Iahr-
hunderts, .sind die von Espen nnd dcr
gelehrte Sauter keine Antoritäten der
Wissenschaft? Waren diese keine gläubigen
Katholikcn ? Sie waren es, aber sie wür-
digten auch die Stellung des Staats zu
richtig, als daß sie alleö Das als giltiges
Recht anerkenncn konnten, was man jctzt
als svlches gcltcnd macht. Ich glanbte
diese knrzc gcschichtliche Ansführung mir
erlauben zu dürfeii, soferne ein Schweigen
zn der der Geschichte widerstrebendcn Dar-
stellnng, die in der früheren, wie in der
ncnercn Denkschrift enthaltcn ist, viellcicht
wie cin Mangel an Gründen gedcntet
werden könnte. Dem gegenübcr sagt man
uns freilich, die Zeiten hättcn sich ge-
ändert, nnd es scicn dies veraltcte Dinge.
Jetzt stchc die staatliche Omnipotenz nnd
die Bureankratie oben an. Jch bin nicht
geneigt, dic Eristcnz eincr Dnreankratie
zu längnen, allcin nnter Dnrcankratie vcr-
strht man im Sinnc der modcrnen Doctrin
die Macht der Gcsctzc übcrhanpt. Man
bernft sich dann gerne anf Beispiele an-
derer Staaten, namentlich Ocsterreichö nnd
Preußcns. Man bcrnft sich anf Oestcr-
rcich. Dort ist allerdings das canonische
jNecht in sciner wcitesten Ansdchnnng znr
Anerkennung gcbracht, nnd damit einc Gc-
j sctzgebung über den Haufcn geworfcn, die
liiicht vom Kaiser Ioscph, sondern von
Maria Thcresia und ihrrn Vorgäugerii
jherstammt. Jch gestche abcr ossen, daß
^ die>cs Beispiel nicht ermnkhigclid ist. Ich
j weiß, daß das dortigc Concordat als cin
hoffnungsloser Ankcr für die andcrn Staa-
- ten betrachtet worden ist. Ich dic
! berühmte Broschüre nichl vergeffen, worin
es hcißt: im Concordat sprach der Kaiser,
nnd wcnn der Kaiser spricht, werden die
Markgrafen folgen müssen. So die be-
kannle Aeußerung des Diplomaten a. D.
vom Iahre 1855. Allein ich frage: ist
der Fricdc mit dem Clerus in Oesterreich
hergcstellt, odcr hat dcrselbe nicht durch
neue Uebertreibungen dcr Negierung ncue
Verlegenheiten bercitct? Ist in Oesterreich
die innere Kraft dcs Staates bis jetzt ge-
wachsen nnd diejenige Nationalität, die
nach der Natur dieses Landes die bindende
nnd civilisirende sein solltc, nämlich die
deutsche, hiednrch in ihrer Spannkraft ge-
steigcrt worden? Ist nnter den einzelneir
Nalionalitäten dcr Friede befcstigt worden?
Hat man in der widerspenstigen, rcbellischen
Nation Nnhc gcschaffcn, nnd sind die Pn'e-
ster ausgezogcn, dcn Staat in der Gefahr
zu schützen? Dic Antwort auf diese Fra-
gen will ich Jhnen selbst anheimgeben.
Man bcrnft sich auf Preußen. Es wird
später noch Gelegenhcit geben, zu zeigen,
wie weit die Berufiing auf Preußcn paßt
und gegründct ist. Eines ist mir aber
unverständlich: wohcr die ewig nenen,
lanten Ansbrnche dcs Hasses gegen Prenßen
aus dem Kreisc dersclben Partci? Woher
die uiiaufhörlichen Angriffe einer abge-
sondcrten katholischen Partei? Woher die
Aenßernngen cines wohlbekannten Organs,
es sei mit der Kircheiifreiheit dort „Wind",
wic mit der Politik, nnd wohcr die an-
geblichen Kirchenverfolgnngen in Prenßen?
Daö sind Widcrsprüche. Entivedcr steht
es mit der aiigcblichen Kirchtiifreiheit nicht
so, wie die Denkschrift behanpkct, oder es
sind jene Angriffe grundlos. Es wnndert
mich, daß ma» nicht andere Staaten licber
geiiannt hat, die ein altes coiistitutioiielles
Dasein haben. Es wniidcrt mich, daß man
sich nicht anf England beruft, wo eine
vielhiiildertl'ährige Gcsctzgebung anf diesem
Gcbiete eristirt, nnd cifersüchtig daran.
fcstgehalleii wird, freic und selbstständige
Corporatioiien zn habcn, freilich unter den
Gesetzcn des Staateü. Anf diescm Wege
isi Eiiglaiid nicht blos in kirchlichdn Fragen
frci gewordcn, sondern aus dem gleichcn
Grnnde steht es in bürgcrlicher Frciheit
als Mnsterstaat dcr Welt da. Es herrscht
freie Bcwegnng in allen einzeliicii Krcifen,
abcr Niemand ist es noch bcigcfallen, zir
sagen, daß einc Corporation das Nccht
habc, gegen den Staat sicb anfziilchnen.
(Forts. f.)