F-reitag, 13. Zuli
1860
Herr Hagh«;
über die Anneratiönsgelüste.
Ein junger Akvokat, Herr Hagh^,
wrlcher bei Eröffnung dev Antwcrpeiier
Provinzialrathssitznng den Vurch Arclania-
tion angcnomlnrnen Vorschlag cntwi'ckelte,
,,di'e Vcrsanunlling Niöchtc sich ani 21. Juli
(znr 29. Iahrrsfri'er ver Lhronbestci'gung
Leopolds) nach Brüssel begeben, uni dem
Kvnige en corps ci'nc Adresse zu übrr-
reichrn, wöri'n i'm Nanien der Provi'nz
ihre unerschüttcrli'che Anhäiiglichktit fi'ir
unsere Znstl'tnti'onen und für die nati'onale
Unabhängigkeit ausgesprochen werden soll,
sowie i'hr fester Entschluß, viese Gütcr nu't
allen Krafren gcgcN leden Angriff zu vcr-
theidigen", hielt bei diescr Gelegenhei't
cine glänzendc Nede, aus wclcker wir fol-
gendc Stelle hervorhcbcn. Nachdcm dcr
Rcdner dic Belcidi'giingcii und dic Pro-
vocationcn erwähnt hatte, welchc die bo-
napartisiische' Presse gegcn Bclgien und
srine Dpnastie schlcndert, indein sie un-
längst ihr unverschänitcs Auftretcn durch
di'c Bravade kröntc: „Waterloo könne für
Frankreich nur gesühnt werdcn, wcnn
Wate'iloo wiedcr französisch gewordcn, nnd
wenn, anstatt des an scine frühere Nie-
derlage crinncrndcn Löwen, dcr sicgreiche
gallische Adler über die H.öhcn von Mont
St. I'ean schwrbe", sprach er weiter:
„Hütrn wir nns wohl, nieine Herren,
vor dcr. sträflichtn Gleichgültigkeit und
dein hartnäckigcn Unglauben. Wx^- Augcn
hat, möge sie öffnen, und alödann wird
rr balv dic Hand des DespotiSinus er-
blickrn, wclcbe iin Dulikelli schleicht, und
unscrc constitutioncllen Instl'tutl'oiien un-
tcrgraben ,will! Und wciin die .Gefähr,
-welche ich sigNalisire, eine erschreckende
.Wirklichkcit ist, waruni lünger schweigen?
Waruni glri'chgültig bleiben ? Fürchtct man §
etwa, die Unznfriedcnhcit ci'ner benach-
barten Macht zu crregcn? Es gibt ajso
wirklich Lcute, welchc sich cinbildcn, einc
Nati'on köiine durch Stlllschwcigen und
Feighcit eine bedrohtc Unabhängigkeit rct-
trn! Ich bchaiiptc, daß unter solchcn crnsten
Vcrhältnisscn die Sprachc zur Pflichr wird,
und zwar eine stolze Sprachc. Die bel-
gische Nation soll durch ihre Vcrtretcr
sprcchen: „Ich will nnabhängig bleibcii;
ich licbc incine Instiluti'oncn nnd incinc
Frciheitcn ; ich protcstire gegcn jeden Dp-
nastieiiwcchsel, gegcn jcde Aliilcrionsibke;
denn die Anntriott ist die Sclaverei mit
ihreni Gefolge von Unglnck nnd Nuincn.
Die Aniitrivn ist der europäische Krieg,
dcr Tod dcs Handels nnd der Jndustrie
in Bclgi'cii. Die Annkri'on ist die Ver-
wandlung unserrs schönrn Landes in ein
großrs Schlachtfeld, die Verheerung un-
strcr reichcn TriftcN, dic Verzweiflung
Und die Zerstörung alles Faniilienglückcs.
Da, wo heute Frkl'heit und Wöhlstand und
Sichcrhei't, wird Sclaverei, Elrnd, Angst
uud VerwilderNng sein. Licber lnögcn
uusere Städte in Grund nud Bodcn zer-
stört Und Belgicn eine Wüstc wcrdcn, als
annerirt. Wenn die großcn StaatSkörper
eine solch'c Sprache führen, so wird sich
die öffentlichc Mcinung, die Fürstin der
Welt, energisch für üns aiissprcchen. Die
niuthigen Männet werdcn sich alsdann
zusaniincnschaaren, die Feigcn sich vtr-
bergen, und so wenigstens von ihrcn Be-
nii'ihungen abstchen,dcnbelgischcnPatriotiö-
nius z» cntucrveu. Die Manifestation,
welche ich vorschlage, ist frei von jcdcin
Parteigeisie. Trotz nnserer Mcinungs-
verschicdenheiten, könncn wir uns alle die
Hand reichen, uin zur Vertheidignng un-
sercs Daterlandes zu schreiten."
D e ei t s ch l a n d.
Karlsrnhc, tl.Jull. Durch AllcrhöchstcOidrc
'ä. <1. Schlost Bobcn, 9. d. M., wird dcm tzlügcl-
adjutanlcn Sr. Köuigl. Hohcit ^dcS Groß^crzogü,
Knrlsruhe, 9. Juli. Ini Handcls-
iiiinistrriniu,wclchesprvvl'sorischiinStäiide-
haus iintcrgebracht ist, hat Hr. Gch. Ne-
fercndär Dietz das wichtige Neferat übcr
das Gewerbcwcscn, Geh. Legationsrath
Kühlenthal das über Post- und Eisenbahn-
gcgenstände, Ministerialrath Muth jencs
über die volkswirthschastlichen und sinan-
ziellen Sachcn, und die Miiiistcriälräthc
Keller und Turban habcn den jliristlschcn
Dhcil übernottinien.
Aus den. Baulande, 10. Iuli.
Jn dcr lctzten Nacht nw '/^ll 0hl' brach
in Osterbnrkcn ein bcdcutendcr Bra » d
'aus. Sechs Scheuern, 2 Wohnhäuser und
ein Stall sind abgcbrannt. Uin 2 Hhr
konnte dcm Fener Einhalt gcthan wcrden.
Ludwiftshafen, 10. Inli. König
Ludwig träf gege» 12 Uhr mit dcr Groß-
herzogin von Hcssen, seincr Tochter, hier
cin, nm der Eiülndnng der Pfälzischen
Dampfschlcppschifffahrt. zn einer Nhein-
fahrt zn cntsprrchcn. Vvn hicr ans ging
die Fahrt nach Spepcr nnd von da bis
Worms.
Müncken, 9. Juli. Die in Augs-
bnrg auf Aiiordnnng des k. Staätsinini-
stcriiuns des Handcls nnd der öffcnt-
lichcn Slrbckteii znsanilnkiibcrufcne be-
rathende Versainmlnng von Männcrn der
Verwaltuiig, drs Gewcrbc-, Fabrik- und
Handelsstaüdcs (die Zahl dcr Erschiene-
iitii war 21) hat ffch clnstimiUig für
vvllc Gew'trbefi'eihcit ohne wei'trrc Ueber-
gangSperiöde aiisgesprochcn, jcdvch unter
der alisdrücklichc» Voraussctznng, däß
daö sreie Gtwerbc keincn Titel zur An-
säßiglnachimg geben u»d dnrch das nene
Gesctz nicht anch schon für Ni'chtbapern
dic Gewährnng der Frei'zügigkcit in Ve-
ziehnug anfGewerbebeteieb auögesprochen
sein soll.
Berlin, 7. J»li. Die Coinml'sston des
d e n t schen H andels t ag es- hat am
4. Iuli hier eine Sitzimg grhalte». Ge-
gcnslälide der Vcrhandlling waren 1. die
.Neparti'tion der Kosten des Handelstagcs,
welche circa 400 Thaler betrugen; 2. ivar
von dkr Handelskaininer zn Heidelberg
rine Aliffordernng ziiinZllsanimcntri'tt eines
deUtschcn Haudclstagks ergangen; die Com-
misffon hiclt in ihrer Majorilät einen zoll-
vtreinsläiidischcn Handelstag für ersprirß-
llch. Als den vörzüglichsteii Gegrnständ
sciner Vrrhaiidlimg crachtete sie die zu-
künftige Reorganisatiön des Zollvcrci'nS,
resp. die Frage übcr Verlängerung oder
Küildignng des Zollvkreiiis - Vertrages.
Gcrade m Nncksicht anf diesrs nächstc und
wichtigste Inteiessc dcs zollvcrcinsländt'-
schen HandelSstcmdes und ini Hinblick auf
die i» dieser Beziehimg erfordcrlichen Re-
formeii der positiven Laiidcsgesetzgcbimgen
glanbte dic Coiimiission in ihrei?Majori-
tät dic in Anssicht geiiommene Vcrsaimn-
limg anf den Handelsstand der Zollvcr-
einöstaaten beschränken zn mnsst». Als
weitere Gegeiistände der Bcrachnng wnr-
den bezcichnet: das Prinzip der Zollbe-
haiidlimg, Werthzvll vdcr Gtwichtszoll,
die bisherigen Calegoricen dcr zollpflich-