Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
November
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0439

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
M 262.

llch. PrciamiNIulcrbalimigSblallvlcrlcl.
iäbrlich 36>kr.

Dienstag, 6. NovemVer

Zlisrrtton-gcbiidrcn snr dic öspgliigc De-
ttl^kile oder dcrcnNmmi wcrden mii2Ir.

1860.

Telegramme

Daviilstndt, 3. Nov. Die zwcite
Kammer ei klärte in ihrer hentigeil Sitznng
nach vierstündiqer lebhaster Dcbatte mit
34 gegen 6 Stimmen, bei ihrem Beschlnß
über die katholische Frciqe zn bcharren.

Turin, l. Nov. Von allen Seiten
lanfcn bcznglich der Crqrbniffe dcr Zn-
sammenknnst zn Warschau srirdliche Vcr-
sicherungcn ein.

Turin, 31. Oct. Capna ist einge-
schlossen und nnterhält seit gestern cin
mördrrischcs Fener gegen die Belagerer.
Das vikrte Corps, unter dem Commando
Victor Cmanuel's, hatte bci Scssa mit den
auf dem Nückzuge begrifsenen »eapolkta-
nischen Truppen einen Zusammenstost, dcr
ohne Entscheidung blieb. Die Ncapolitancr
setzten in bester Ordnnng ihren Marsch
hinter den Garigliano fort.

S. Maria bei Capua 2. Nov. Ge-
neral della Nocca hat gcstern nnr 4 Nhr
Abcnds das Feuer der Datterien gcgen
Capua eröffiikt. Es sind hcute in dein
Lagcr Parlamentäre angekominen, uin mit
dem picuiontcsischcn Gcneral die Bedingun-
gcn dcr Uebcrgabe zu regeln.

Turin, 3. Nov. Capna hat mit
militärischen Ehrcu capitulirt. Die 8000
Maun starke Garnison wird nach Neapcl
geschickt und dort cnlwassnet, um einge-
'schifft zn werden.

London, 3. Nov. Eine Note Lord
John Nussell's vom 27. October nach
Tnriii crklärt: nachdkin der König von
Sardinien von uiitcrdrückten Laiidöleutcn
gcrufcii worden, kvnne England dcm gegen
ihn ansgksprochencn Dadel Ocsierreichs,
Frankrcichs, Prrnstcns nnd Nußlands nicht
l'cistimiiicli. — Cine Dcpesche der „Timcs"
ans Neapel mcldct, Capua habe gestern
capitulirt.

K Zur neucn Gclverbegesetz-
gebung.

IV.

Die vicrte Fragc lautct:

„Ist dcr 'Bcsttz dcs Gcineiudcbürger-
rechts für cine nolhwendigc Voraussctznng
dcs srlbstständigen Gcwcrbsbetricbs zu er-
klärcn? Gcnügt hiesür das angeborcne
Bnrgcrrrcht odcr mnß das vvlle Dür-
gerrccht sörmlich angetrctcn, bezichungs-
wrise crworben sein?"

„Soll dcm Gewcrbsmaiin, wclcher das
Bürgcrrecht in eincr andern Grnicindc alö
dcrjtiiigcn bcsitzt, in wclchcr er scin Ge-
schaft bctreibcn witl, die gcwcrbliche Nic-1
dcrlassnng in dcr lctztern von dcr Oris-
bchvrdc und aus wclchcn Gründen nntcrsagt
werdcn dürfcn ?"

„Welche Gcwcrbsbefngnisse siud dcn so-
gfiianiiten Insaffcn zuzncrkcnnen?"

Znr richtigcn Bcantwortuiig dicserFragc
iiiüssen wir znuächst auf die Bedenlung der
Gcmetnde zurückgehen. Glcichwi'e die Fa.
milie die Gruudlage der Gcincinde ist, so
erscheint die Gcmciiide als die Grnudlage
dcs Staates. Lockcrt man ihre Bcdeutniig,
so lockert nian die Gruiidlage deö ^taates.
Man muß bei der Erstrebung der Ncchte
für dcn Einzelnen nikinals das Ganze, dcn
Gesaliiiutverband dcr bürgerlichcn Gcscll-
schaft aus deu Augcn vcrlscren. Gcwährt
man dem Einzelnen so vkcle indivl'dnclle
Frcihcit nnd Ncchtc, daß er dcs Gesammt-
bandes nicht mehr bedarf, so stcht der
Nnin dcs Gemeiliwesens vor der Thüre.
Der ächte Dürgersinn, der Geiueinstnn,
dke Theilnahme an der Wohlfahrt der Ge-
saliiitttgemcinde fällt bald dein Ciuzelin-
tercsse, dem Egoismns zum Opfer. Und
dieß wird die Folge der nnbedingten
Freiz ü g igkeit sein, d. h. wenn es Jc-
dcin freistcht, stch an sedem belicbsgen Ort
des Vatcrlaudcs niedcrzulassen, und von
scinen Fähigkciten uiid von seiner Arbeils-
kraft jrdcil rechtinäßigen Gebranch zu
machcii. Nur wcnii man dicscs schöne Nccht
des Eiuzclnen zngleich mit dcm Bande dcs
Gcmcinsiiins an dcn engcrn Krcis bin-
det, in wclchcm dicscs Necht ausgeübt
wcrdcn soll, d. h. an dic Gcmeinde, nur
daiin köniicn sene Nachtheile abgcwendct
werdcn. Dieses Band ist das Bürgcr-
recht, und zwar im weitcren Sinn, das
angeborue, im cugern das angetrc-
tcne oder erworbcnc.

Es hängt nuil frcilich von der Art nnd
Weise ab, wic dieses Band gcknüpft wird. j
So wie es biöhcr bcstand, daß znm sclbst-!
siändigcii Detrieb ciiics Gcwerbeö sofort
das G e in e i n d c b ü r g c r r e ch t als
Vorbcdingnng vcrlangt wurde,, crschciut
rs allerdings ungerecht, und cs iniiß da-
hcr eine Mcnge Ucbclstäi'ide im Gesvlge
habcn. Dic Erfahrung, ob ci'u Gcwerbe
stch auf die Dauer mit Ersolg bctrcibcn
lajsc, strllt stch dcm angehendcn Gewerbs-
maun gewohiilich erst dann herans, weiin -

cr dasselbe wirklich bcgonnen hat. Es ist
ni'cht anzlliiehnicn, daß er, nachdcin er
vicllcicht läusscre Zeit in dcr Fremde ge-
>albcitct hat, sofort allc Verhältnissc ge-
hörig kciiiien und beurtheilcn kann. Der
Preis dcr Arbcitslöhne, der Nohstoffe, die
größeren oder gcri'ngeren Schwicrigkciten,
sie an diescni. Ort'zu beziehcn,'— die
Prcisc dcr Lcbcnsniittel, der Wohnnngen
u. dgl. läßt.sich in der Negel crst genau
beliiessen, wenn diesc Sachcn praktisch an
ihn herantreten, d. h. weiin cr sein Ge-
schäft bcgonnen hat. Nuu ist cr abcr
schon durch dcn Antritt oder dic Erwer-
bung dcs Ortsbürgerrcchts gebundeii, und
es blcibt ihm Nichts übrig, als sein Le-
benlang cin inühsaiiies nnd spärlichcs Da-
sein dahin zu schleppen, wcnn er nicht
etwa mit neucn Opfern sich rin anderes
Dürgcrrccht kausen will. Man sprcche
daher aus, daß der Nachwcis dcs ange-
borne n D ü r g e rrechts grnüge, um
in irgend einer Gemcinde dcs Großher-
zogthnms einen Geschäftsb;ctrl'eb zu begin-
nen. Und zwar darf kcin'er Gemeindc aus
dcu gleichcu Gründen wic bci dcr bürger-
lichen Anfnahnic (§. 2 (18) des Bürger-
rcchtsgesetzes, Ziffcr 1—6) ein Wcigernngs-
recht znstchcn, sonst ist nnd bleibt der grvb-
sten Willkühr Thür und Thor gevffnet.
Dagegcn muß, wenn ein, auf dcn bloßrn
Nachwcis des angeborenen Bürger-
rechtes in der Gcüicinde etablirter, Ge-
werbsmann sich diescr Änfnahme unwürdig
zeigt, wenu cr sich als cin Trnnkenbold
erwcist, wcnn rr ein nnstttliches Lebcn
führt, oder cin Vcrgchen oder Vcrbrcchen
begeht, der Gcmeiiid'e das Nccht zustehen,
i'hin dcn fcrnereii Anfcnthalt bci ihr zu
cntziehen. Er hat cs dann lediglich sich
selbst zuzuschrcibeu, wcnn er des ihm cin-
geränintcu Ncchtes verlnstig gcht, und cs
dürfte eine solche Gesctzcsbcstimmung für
Manchen eiu Sporn zur Selbstbcherrschung
nnd Bcsscrung werden. (Schluß f.)

D e er t s ch l a n d.

Bciden, 2. Nov. Die Gesamintzahl
der Fremden erreichte in der gcstcrn ge-
schlossencn Badczeit die Zahl 45,642.

Waldkirch, 2. Nov. Gestcrn ward
dic Telegraphenstation dahier eiöffnet.

Freiburg, 2. Nov. Hcnte früh
starb uach schliitrzlichcui Leiven Herr
Doiiikäpiliilar Schell.
 
Annotationen