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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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August
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HndMerger Tagdlatt.

M 2«S.

lich. Prci« E«,crbaNungabl-ii vicricl.

Freitag, SL. Augnst


1860.

Tclegraphische Depesche.

Florenz, 29. Aug. Auö Necipel
vom 28. wi'rd gemeldkt: Dic königli'chen
Truppen i'n Calabri'en crli'tteu Ni'ederla-
gen. Di'e Jnsurgtmcn in Basilicata mar-
schiren nach Saierno uud man glaubt, sie
wcrden nn't Gari'bald! gegen Neapel rücken.
— Offici'ell ivi'rd ans Neapel vom 28.
gemeldet: Di'e bei' Pi'ale kämpfcuden Trup-
pcn wurdcn umriiigt und ei'n Wasscusti'll-
stand angebotcn. Während der Verhand-
lungen darübcr erkaltetc di'c Treue dcr
Truppen; sic zogen sich i'n Unordnnug zu-
rück uud zcisslrcuten sich alsdann; di'e Bat-
teri'cn bli'eben ohne Derlhei'digung zurück.

D e tt t s ch l a n d.

Karlsrnlie, 29. Aug. Durch allcrböchsic Ordrc,
<1. Cchloß Mainau, 25. d. M.. wird vcrschic-

Karlsruhe, 27. Aug. 66. öffeutliche
Si'tzung ber zwei'ten Kammer. (Schluß.)
Hildebrandt beri'chtet hierauf übcr die
von der 1. Kammcr beschlosscne Abände-
rung iu dem Gesctzeseutwurf übcr dic
rechtliche Stcllung der Kirchen rc. im
Staa t. Nach derselben soll die Negierung
gehaltcn scin, im Fall der Derwerfuug
eines Kaiididatcn für cin geistliches Amt
dcn Grund bcrselben aiizugebcu. Nach
dem Antrag dcr Comniission trat die Kam-
mer dicscr Dcsiimmuiig bci, worauf die
Anuahme des gauzcn Gesctzes erfvlgte. —
Häusser berichicte übcr dic Abänderung,
welche die l. Kaiumcr an dcm Gcsctzcs-
eutwurf übcr die bürgerliche Staudcsbcam-
tuug bcichlossen. Dieselbe besteht in Strci-
chung des § 3, welcher die Regierung zur
Erueuuimg auderer bürgcrlicher Staudcs-
beamteii als dcr Pfarrcr eriu'ächiigt. Die
Screichung wird auf Autrag dcr Commis-
siou gcnrhmigt, worauf Prcsiiuari, Noß-
hirt, Ncgenaucr uud Laubcr crklärtcu, uuu-
mehr. sür das Gesctz zu stininicu. Sicb
Dahmeu, v. Gleichcnstciii und Kaium stinmi-
tcn allrin »ocki- dagegcu. — Maps cr-
stattcte Bcrichk übcr die Abäudcruug dcr
i- Kainmcr an dcm Strafgcsctzcscntwurf,
(„üi fcindseligcr Wcise tadeln", ansiatt!
„tadelnd angrcifeitt')- Bon dcr Comnüs-!
sion ist ciusiimmig auf Gulhcißung des-!
sclbcn angctragcn. Miuister StabeI er- ^

klärte sich im Wesciitlichen mit diesrr
Arnderung eiuverstandcn. Doch sci dcr in
der 1. Kammcr geltcnd gemachtcn Untcr-
stützung zwischc» Jnhalt und Absicht keine
großc praktischc Bedeutung bcizulcgen; sci
ci'umal festgestrllt, daß eiue Ncde dcu Wor-
tcn nach feindsclig lautc, so habc der Mi-
nister ui'cht weitcr zu uiitersuchcn, ob dic
Absicht des Rcdncrs fel'ndsclig gewcsen
oder nicht; uicht dcßhalb, wcil uichts da-
ranf ankäme, soudcrn weil ciii zurechiiuiigs-
fühiger uud überdcm wisscnschaftlich gc-
bildcter Mann wiffcn müsse, was er sprcchc.
Wcr da wisse, was er thut, der wolle auch,
was er thut. Zum «animu8 1i08lili8 aber
sei nicht gcrade die Absicht erforderlich,
eiue Ncvolntion oder einen Aufstand hcr-
vorzurufen, sondcrn nur, daß dcr Neducr
sich i'n ti'ncr bcstinimtcn Richkimg als Geg-
ucr der Negieruug- dcr Staatsgesetze rc.
darstelle. Eiu so gualisizirter Tadcl sei
auch uicht ctwa zur Mgcblicheu Vcrthei-
digung der Kirche gcstattet, da im Straf-
gesetzbuch keineswegs der Grundsatz gcltc,
daß dcr Zweck die Mittcl heiligc. Die
Auweiiduug unerlaubtcr Mittcl auch zu
eincm an sich guten oder erlaubtcn Zweck
sci strafbar. Endlich kommc es bczüglich
der Strafbarkcit nicht darauf an, ob der
strafbare Vortrag von dem Neduer oder
Vorleser selbst odcr von eiuein Audern
abgefaßt sci. Zurechnuiigsfähig, wic es
dcr Erstere sei, mache cr sich durch die
össcntli'chc Vorlcsimg eiucs sirafbaren
Schriststücks der fcindscligcn Absicht theil-
haftig uud verfalle dem Gcsctz. Schaaff:
Nach dcn Rcgcln der Jntcrpretatiou köuiie
kciu Nichtcr in diescm Gesetz etwas An-
dcres sindcn, als was dcr Herr Miuistcr
so ebeii als darin liegeud ausdrücklich be-
zeichnct. Achcubach: Dic Erklärnug des
Herrp Ministcrs möge zu Protocoll ge-
uomnien wcrdcn, um ciucu aiilhcntischen
Auhaltspuukt sür dcn Nichtcr abzugeben.
Präsideiit: Tasselbe werde jcdcnsalls
gcschehcn. Gch. Naih Lamep sprach dcu
Tank dcr Negieruug für die Ivpalc Weisc
aus, womit beide Kammeru deu kl'rchcn-
gesctzlichcn Vorlagcn zum Frommeii dcs
Laudcs ihrc Zustimmung erthcilt. Nicht
Alles zwar sei ersüllt, was uach dcr lan-
dcssüistlichcn Proelamatt'ou vom 7. April

i'n der Absicht der Ncgicruug grlcgcn. Die

Bvrlage, wodurch dcr rrstc Eutwurf zum
Vcrfassuugsgcsctz erhobcn wcrl-cu solltc,

> habe wegeu iiiaugrluder Vollzähligkeit der

crstcn Kammcr uicht zur Erledignng ge-
langen köiluen. Jn dcrsclbcn hättcn sich
auch Stl'miuen dafür erhoben, daß man
die neuen Gesetzc fich erst in der Praris
crprobcn lassen solle. Die Negierung habe
nicht gedacht, daß ihre Vorlagen so be-
schasscn scien, um erst einer solchen Probe
zn bedürfen. Sie hegc die Ueberzeugung,
daß die Gesetze an sich gut seien, und daß
durch sie der Fricde zwischen Staat und
Kirchc wcrde hergestellt werden. Wohl möge
cs scltsam erschciiien, im jctzigen Angcn-
blickc solche Erwartungcn an dicselben zu
knüpfen, abcr trotz asten Protesten zweifle
cr nicht, daß dicscs Ziel dcunoch wcrde
errcicht wcrdeu, dcnn wcr nicht blind sek
gcgen den Vortheil der Kirche, müsse bald
crkenncn, welch großes Maß der Freihei't
und Sclbstständi'gkeil ihr durch diese Gc-
sctzc gcsichert sei. Bcdeuklichcr möchte die
Frage erscheinen, wclche Erwartungen der
Staat von den nencn Gesetzen zu hegen
habe, ob ihm nicht ctwa dic nöthigc Macht,
gcgen Ucbergrissc einzuschreitcn, dadurch
allzuschr gcschmälcrt wordcu. Erzenge
abcr die größcrc Frcihei't vicsteicht mancher-
lci Mißstäude, so sci sie doch ein Gut,
das auch bei solchen Kaufprcisen sich wohl
verlohne. Die liebste Erwartuug aber,
di'e er von dcr ueuen Gesetzgebung hege,
sei die, daß die errcgt'en Gcister dadurch
wicdcr zur Nuhe uud zum Frieden wür-
dcn zurückgeführt wcrdeu. Das Wieder-
auftauchen der Fragc nach der Coufcssion
dcs Milbürgers sci ciiie uiierfrculiche
Wahrnehiuung der ucuercii Zeit; er hoffe,
sic werdc bcim Dolkc wicdcr mchr in dcn
Hiiitergrund zurücktrcteu. Für sich allein
aber köuutcn die Gcsrtze uicht wirken. Es
müssc dcr cutspiechcnde Geist im Volke
herrschen. Trcuc gcgc» dicselbcn erwarte
er vor Asteiü, auch voi, dcnjenigen, die sich
uach ihrcr.Ucbcrzcuguug gegen sie erklärt.
Auch sie würdcn gewiß in ihrem Kreise
dahin wirkcn, daß, was ei'nmal Gesctz
gcwordeu, auch als solches gehalten werde.
Vo» driicii aber, die dafür gestimmt, er-
warte cr, daß sic auch Liebe zu deu Ge-
sctzcn belhä.tigen werden. Er dürfe glau-
bcn, in i'hiien die Nepräsentanten cincr
großrn Majorität im Lande zu sehcn. Es
gciiüge abcr nicht, baß mau die Gcscße
liebc und ihre Durchführung von dcr Ne-
gi'eruug allei» erwarte. Dic Ne.gierung
dürfe viclmehr erwartcn, von dc>> Bürgern
in dercn Ausübung uiilcistüßt zn wcrdcn.
 
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