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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0181

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Heidelberger TagblM.

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iährllch 36 kr.

Frcit»g, 2Ä. August 186«.

Telegraphische Depesche

Florenz, 22. Aug. Aus Ncapcl
vom 21. wird qemeldet: 2000 Mann
laiideten i'n Calabrien, verei'iilgten
sich mi't den Insurgentcn und gristen Neggio
an. Morgcns laudete Garibaldi' uiit
130 sicilischen Schiffen zu Bagnara. Der
Tclegraph zwischcn Palnii (Palina) und
Neggio ist abgeschiiitten, eine provisorische
Negierung zu Potenza (Provinz Basilicata)
eingrsetzt.—DieWahlen sind anfEndc
September, das Parlauient auf den 20.
Oclvber vertagt.

Deutschland.

Heidelber^, 22. Aug. Glcichsain wie
zur Unterslützuiig der von hier ausgegan-
gcnen, gcstcrn erwähnten Petitl'oii uin all-
geiueine Äinnestie für die politischen Flücht-
liugc bringt das gestrige Hauptblatt der
„N. Fr. Z." eiuen Leitartikel, aus dcin ich
folgende Sätze zur wcitcren Verbrcitung
ausziehe: Bei dcn altcn Hellenen war cs
ein durch die Sitte geheiligtcr Grundsatz,
die Vcrbaiinten wciligstcns dann in das
Vatcrland zurückzilrufen, weuu ein gefähr-
licher Krieg deni Geiiieinwcsen in Aussicht
stand. Dies geschah iu jeiien Dcinokratien,
in denen die politischen Bewegungen weit
siärker waren, als es bei dcm stabilcren
Wesen andcrer Regierungsforiucn geschchen
kaiin. Selbst unter solchcn Verhältiiisscn
brachte die Gefahr dcs Vatcrlandcs den
tödllichsten Haß zuni Verstuiiinien; eiu
Themistokles freutc sich, eincn Aristides
in die Heiniath zurückziirufcii, uin geiiicin-
sain niit ihni den Tag dcr siegreichen Ent-
scheiduiig zu erkäiiipfen. Keiu Zweifcl:
auch uns droht — für hcut' oder niorgeu,
ist gleichgiltig — cin Kaiupf, bei dcni es dic
Selbstständigkcit unseres Vatcrlandes gilt.
Was ist nuii in der vorhin aiigedeut'ecen
Beziehuug bis jetzt geschehcn, i,ni uuscrc
frühcren inncren Kämpfe in Vcrgcsskiihcit
zu bringcn? Ucberalt außerhalb Deutsch-
lands tristt niaii noch heule deutschc Flücht-
linge aus dcr an Hoffuuiigeii uud Eiit-
täuschungeu so ülrerrcichcn Zeit des großeu
miiercn Ningens uin Freihcit und Einhcit
des Vaterlandcs. Der gastliche Bodeu
der Schweiz, wic der Euglauds, behcr-
bergt solche Flüchtlingc. Jeuseits des
Occans fiudct uiaii ihre Leibeiisgcnvssrn,
in den Vereinigten Staatcn sowohl, wie

iin ferucn Australien. Wie lange soll dicses
Verhältniß sortbeslehen, das wir nicht qua-
lificircn wollen?! Es ist wohl einer der
schwersten Mißgriffe der deutschcn Ncgie-
ruiigen, daß sie nicht längst einc volle,
bcdinglings- und ausuahnislose Aiunestie
für dic aus politischeu Ursachcn Verfolgtcn
verkündet habcu. Mögcn die Augchörigcu
dcr verschiedeucn politischcu Partcicn in
allcn dcutschen Ländcrn und zunial in
Prcußcn, wo bisher noch uicht cliiinal
das geschchen ist, was mau in Ocsterreich
in diescr Hiusicht that, gcineiusain von
ihren Negi'eruiigcn die eudliche Erlassung
einer voüstäiidigen Aninestie fordcrn, bc-
dinguiigs uud ausnahiuslos — niögen sie
dicsrlbe forderu ini Namen dcr Vl'cusch-
lichkcit, des Vaterlandeö, — — ja der
höheren Politik selbst!

Frankfurt, 15. Aug. Dic „Südd.
Ztg." sagc iin Hiublick auf die Fcsttage
in Müuchcn und Wien: Noch iniiner
besteht zwischen dem österreichischcn und
dem übrigcn Deutschland eiuc Kluft, die
kcineswegS in natürlicheu Aiitipathieu uud.
Gcgensätzen, sondern in geschichtlichcii uud
politischtn Verhältiiisscu ihren Gruud hat.
Der Frankc und Schwabe fühlt sich durch
die Glcichheit dcs süddeutschen NaturellS
scineiil östlichcn Nachbar näher gcrückt, als
dcui Ober- und Nicdersachscu; Bapern
uud Ocstcrreicher sind ohnchin Dlutöver-
wandtc ini eugstcn Siun dcs Wortcs.
Wenn wir uns dcniungeachtet bisher beiw
Bctrcteu des österrei'chifchcii Dvdcns ani
wcnigstcu dcs Eiudrucks erwchrcn koiiuieu,
dic Grenzen eiiicö freuidcn Laudcs zu
übcrschrcitci!, und wcun dcr Oestcrrcichcr
seincrseits uii't dcrsclbcn Empsiiidung zu
uns „iu's Reich", „nach Dcutschlaud" kam,
so war dies die Wl'rkung cines verhäng-
nißvollcn politischeu Spstems, das
wir hcute nicht aiiklagcn wollen, abcr
gleichwohl nicht vergcsscu könneii. Künst
liche Schrauken warcu aufgcrichtct, um
von Ocsterreich die Eiuflüsse dcr dcutscheu
Cultur fcrn zu haltcn, bis i'u's Fuiidameut
hinab rcichte die Dcrschiedcnheit der Slaats-
ciurichtuiigcn. Diese Eutfremdliug des
Cultur- uud pvli'tischcn ifcbeus kanu ciuer
Vcrviclfältiglllig dcö wcchsclscitigcu Ver-
kehrs, wic die Erössuuug der Schicucii-
wcgc sie übcrall mit sich briugt, auf die
Daucr „icht Staud haltcu. Täglich in
tausendfachen pcrsönlick'cu Beziehiiiigcn ge-
Pflegl, muß die uatioualc Gcmcinsamkcit

der Charaktcr- und Gei'stesaiilage zuletzt
jeuc küustlichen Schrauken zcrstöreu und
die Nachwchen eincr langjährigen Trcn-
nung allmälig heileu. Die zwei Fuuda-
mental-Iiistitutioncu dcs hcutigen Staats-
wcscns iu Dcutschlaud fehlen bis zur Stunde
in Oesterrcich: constitution elle Vcr-
fafsung uud gleiche Berechtigung
der religiöscnBekculltuisse. Wärcn
sic in dcm großen Nachbarstaate bereits
eingcbürgert, so würde auch in Bapern
die kräftigc Entwickliing der geistigcn und
poli'tischcn Freihcit auf diescn Gruudlagcn
sichcrer gcwährleistet uud vor mauchcin
Attcutatc bcwahrt gcbliebeu scin.

Marburg, 13. Aug. Hcute hat in
unscrcr Stadt die Wahl dcr Wahl-
m ä n n e r stattgesuuden. Sämmtliche Ge-
wählte habcu ihre Stimmeii mit dem be-
kannten Proteste gegen die Verfassung von
1860 abgegeben.

Knsscl, 19. Aug. Gcstern fand hicr
die Wahl cines Abgcordncten für dcn Land-
bezirk Kasscl statt. Es hattcn sich 48
Wählcr ciugefuudcn. Davon erhielt dcr
Bürgcrmcistrr B c r n h ar d zu Nieste, schon
vom vorigen Landtag her als Anhänger
dcr Verfassung von 1831 bckannt, 28
Stiiumcn uud nahm die Wahl an.

Knssel, 20. Aug. Die Ncise des
Kurfürstcu in ein Secbad isi, wie eö heißt,
abermals aufgegcbeu worden, und die
Hofhaltung ;u Wilhelmshöhe hat wiedcr
ihren gewöhulichen Anstrich bckommcn.
Das hculige Geburtsfcst dcs Landcshcrrn
schciut, abgcschc» von amtlichcii Kund-
gcbuugcn uud uamcullich mililäriichen.
Zurüsiuugcu, zicmlich spurlos vorübcr-
LUiirhcn.

Wien 17- Aug. Wie aus dcn neuesten
vom Ftldzeugmeister B cu cd ek getrossenen
Verf ü g u u g e n: Verbot der Fackclzüge,
Vcrbot dcs Tragcus gewisser Stöcke, un-
gcmcin scharfc Weisungcn an die unga-
'rischcn Zeitiingörcdactiolien rc., hervorgeht,
hat Bcucdck sich dazu verstandcn, die
äußerstc Streuge in Ungarn waltcn zu
lasscu; dic Ncgieruug glaubt uur auf die-
scm Wcge der Gefahr einer Erhebung vor-
bcugcn zu köiiuen, einstweilen jcdoch c»
zicll sic durch ihre Haltung ei'ne immcr
höher stcigende Aufregung, cinc gcrabczn
sicbcrhaftc Spaunung, übcr dcrcu Euder-
gebuiß uian kaum iuchr iu Zwcifel sci'n
kauu. Als eiu Keuuzeichcii dcr augen-
blicklichcn Stimuiuug iu Uugarii mag er-
 
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