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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0425

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M.' 23H.

Hch. ^PrkiS m>! U^ikrbaliungSbla» vicrtt^l-
jäbrlich 36 kr.

Freitag, 2. November


K Zur neuen Gewerbegesetz-
gebunq.

' H.

D>'e zwci'te Fragc luutet:

„Bleibt e6 nvihwrndi'g »nd thunll'ch,
von deni neu augeheuden Gewerbsniann
dcn Nachweis ci',»cr bci Meistcru seines
Gewerby zngrbrachtcn Lkhr- »iid, Wgn-
derzer't zu, /verlgiigeil und ihin eine Prü-
fnng übcr die.hicr.durch crlaiigtc Bcfähi-
gung zuin ftMstäiidi'gen G,c»verb,sb^,rieb
abiiehineil zu lassenM

„Jst dieß bei allcn iGcwcrhen oder »pe-
nigstcns bei deufcnigcn erf.orderlich, bei
wclchen durch ungeschickten Detrieb die
iZrreichung allgc,mciner pylizcilichcr Zwecke
gefährdct werdcn köniite?"

„Durch wen sollen die Meisterprüsun-
gen äbgenoninien werdcn?"

Man wird wohl allgeinein damit über-
cinsiiini»cu, daß es zur Schassung und Er-
haltung eines lüchtigen (Knvkrbsstaiidks
, »nbedingd nöthig ist, daß dcrscjbe'g r ü nd-
lich,und tüchtig ausgcbildet werde, ugd
daß attcs oberflächliche und übereiltcHaschen
nach Kenntnissen und gewiflcn Fertigkcitcn
auf's strengste, vermieden werde. Nichts
wäre aber gce'ignctcr, flehtereS hcrvorzu-
brliigeii, als weun dcm Unlcrnehmer ga,nz-
lich freigcstcljt »vürde, »vieviel Kennt-
niuc' er sich crwerbc, oder ob er sich
nberhaupt . solche erivcrbcn »vollc oher
nicht, zunial dcr Gedaukc sehr nahe liegt
daß man sich bei eigcner Univifskiiheit und
Ungeschicklichkeit durch „gcschickte Gchilfen
nachhelfen kann. Es köniite nicht aus-
blcibcn,.',daß aus solche Wcise cine Tstenge
Schwiudcl zu Tag treten »vürde, daß ciiie
große 'lnzahl kcichtsiiniiger u»d Psuscher
dadurch auftauchen würde, gegen »velche
der Staat durch cin Gciverbegcfth das
Publl'kliin ebenso gut zn schützen verpflich
tct isi, als cr sic durch Straf- und Po-
lizeigefttze gcgen verfälschte und schädlichc
, Produ'ktc schützt. Jn der Thatsache,
daß Jeinand bcrcchtigt ist, gcwerbliche
Arbeiten zu liefern, erkcunt das Publi-
kum zugleich die G c »v ä h r für dessen
Tüchtigkcit. . Läßt dcr Staat also Un-
»vl'ssende oder Pfuschcr ziim Getversbctricb
zu, so »vürde cr geradezu cine Pflicht
gegeii die Gcsellschast vcrlctzeii, wclche
berechtigt ist, daß .er sie durch cine vorher
gercgeltc Gcwähr vor dcr Gcfahr, chetro-
gen zu »verdeii, schütz'e. Man kauu hier

iliim,öglich cl'iiivcudeu, das Pliblikum solle!
sich nur au tüchtigc Mkister »vrnde». Man i
kann uninöglich crivarten, daß daS Publi-!
kum Allc keniic, bevyr sie sich crprobt
haben. Hat nian endlich cntdcckt, daß
man tzetrogcn ist, da»n ist es gewvhnlich
auch nicht' nichr möglich, den Schadcn
»vicder gut zn machen, »vcil cin solchcr
Schchiudlcr, den Nichts gehindcrt hat,
,sich für eincn tüchtigen Geiverbsinann
auszugebcii / in der Negel die Mittel> ziiin
Ersatz ni'cht besitzt, odcr weil inan ,sich
schcnt, den doriienvollcn Weg der gcricht-
lichcn Klage zu betrcten. Auch sällt da-
durch nothivkndig cin schli'mmer Schattcn
auf,das> ganze ,Ge»verbe, an dessen,A,b-
haltung den übrigen Mcistern piel gelegen
sein muß. Und endlich, wie »vill der
Meister sclbst sich versichern, ob dxr jiliige
Arbciter, der ihm scinc Dienste anbietet,
ohne einen Lehrbricf zu bfsitzcn, auch
etivas Tüchtiges leistcn kann? Man »vird
sagen : „durch dcssen Arheit." Wohl rich-
tig; »venn der Junge ihm etwas vcrpfuscht
oder verdorben hat, dann sieht er, daß
er l'hn nicht branchcn kann. Aber wcr
gibt i'hm daiin ctwas für den gchabtcn
Schaden imd die verlorcne Zeit, beson-
ders »vcnn sich das bci jcdcm Arbcitcr,
dcn fv cinstellt, »viederholen soll? Ncin,
so geht cs ni'cht. Dfr Meister ist berech-
tigt, ciiicn Aiiswkl's von dem, der, seine
Dicnste pnbietet, zu verlgugcn, dgmit er
,vou vor,n herein sieht, ob er die erfor-
derliche Zei.t auf die Erlernung dss Haud-
»verks veripciidct hat. Wie, wo,,wann
cr cs gclcrut hat, kagn ihni gleichgiltig
sein, aber d ä ß er es gelernt hat, darüber
hat er cin Necht, siä» zu vcrsichern. Hier-
aus crfolgt, daß ciiie gewisse Lchrzeit
frstgchalteu »veryen niuß.'Diese ganz ge-
uau oder für alle glcich festzusctzen, »värc
vielleicht uicht ralhsani, weil je nach der
Art dcs Gcivcrbes, je na.ch dem Altcr,
in »vclchcni Eiuer eiiitritt, und je nach
dcr geistigen Befähiguiig der Lcriiendeii
hicr ciu Spl'elraum erforderlich ist. Weim
wir aber uusere Vcrhältiiisse nehmcn, wic
sie sind, und »vi'e sie sich nicht so bald
ändern »vcrdcn., so inuß in der Negel auf
ciuer vorschriftsinäßigcn Lernzcit be-
standen »verdcn. Dic ineistcii Lchrlinge
trctcn nach> bceiidigter Schulzcit, also mit
l-4 „odcr l5 Jahrcn „in dic Lchrc". Sie
sind ineistcns noch ungcschult iind uiier-
zogen, und bevürfcii 'dahcr einer Stell-

Vertrstuiig der eltcrlichcn Erzichung. „Die
Jugenv kennt kcine Tugeiid", sagt ein
Sprichw'ort. Sic ist zn älleir möglichcn
Mchs,ch»s>ft>ngcn geli.figt.' unb'beda'Eke.st c r
S ch r.a.» k e n , damit der sittliche Halt,
der deiii spätern "Geiverbsinailii eben so
nö'lhl'g''»st, als" seiii'e Kkilii.tni'ssc, ''nich't
vcrloicn gchc. Und »vozu sind die Gc-
,»v erbschuIc n vorhaiiden? Sie »vcrden
vvrziigsiveisc voii Lthrliiigcn besucht, tvclche
dazu" b'crpfli'chtet sind. Die iveiiigsten voii
Lctztcreii 'haben in "bicscln Älter' schon 'so
viel Vcrstaiid, daß sie den hohen Nutzen
vl'escr Aiistaltcn zu ivürdigeu ivisscn. Man
stcllc ihiic'n' eininal'frci'/znkoiniiicn oder
nicht zu.kviiimen, uiih es ist'^wahrschcln-
lich, daß cher Zudraiig ni'cht allzügroß sein
würde. Auch dieses isl ein heilsamcr
Zivang, dcr bcibchaltfii »verden miiß iind
nicht ,'n das Deliebe'ii eines Jcden gestellt
»vcrden darf. In ciner solchen Vorschrift
liegt durchäus keinc Nngerechtl'gkcit.'Das
Nn'rccht' 'uüd die Härte bei der bishcrigen
Einrichtüiig lag iiur in d'eni absointcn
Zwang, daß Iedcr, dcr nicht dcn Vor-
schriftrn des Lchrzwaiigs Geniigc geleistet,
von dein Detriebe eines Geiverbcs aiis-
gcschlosscn werden konnte. Man miiß
zwar den bezeichiieten Weg zur Pegel
machcii, weil er für die Verhältnissc der
mcisten jniigen Lcnte, die sich dem
Handiverk ivi'duien, am besten sich cigiict,
aber »nan mnß.Niciilagd zwiiigen, diesen
Wcg zu gehcn, sondern die Möglichkeit
lassen, das gleiche Zicl auch anf eiiiem
anderii .W,cgc zn crreichcn. Es kanii »vohl
sciii, daß Söhne aus gebildeten Fämilieil
rs vorziehe», sich ihre erforderliche Vo,r-
bildung auf aiiderm Wege zn verschassen,
odcr eü gibt Lcute von schon reifcrem
Altcr, die sich noch dem Bctrieb cincs
Gewerbes zuwciiden wollcn. Sie mögen
cs. thun, ohne eigeiitliche Lchrlinge' zn
iverdc». Aber ste niüsscn sich dann einer
eiitsprcchciidc» Prüfnng bei dcm Orts-
oder Kreisgewcrberaih uiitcrzieheii. Sind
ihre Leistiiiigeii gciiügend, so erhalten sie
von Letztercm ein, Z e n g n i ß , »vclchcS
dann dic gleiche grsctzliche Wirkiing hat,
wic cin von eiiiem Mcister ansgcsiellter
L e h r brie f. (Forts. f.)

D e :r t s ch l a ir d.

L!arlsrnl,e, 31. Oct. DaS hci'lc crschtcucne
RcgicrungSblalt Nr. 5-1 cnlhält:
 
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