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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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December
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0633

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Hndelderger Tagvlatt.

M 3«6.

lich. Prciö milU«!crball»ngSbla» vicrleb
iäbrlich 36>Ir.

Samftag, 29. December 186O.

Oesterreich und die Reform

Dic Ansicht Derer, welche m den durch
das Diplom vom 20. Oct. d. I. in Oesterrelch!
augebahntett Nefvrmen in'chtdciiSchlnßstei'ii
der Neiige.staltung des Kaiserstaatö erblickeii,
sondern nnr den Griindstei'n zuin zeitgc-
mäßcn weitern Ansban seüicS einer Auf-
frischung nnd Verjnnguiig so sehr bedürf->
ti'gen Staatöwesens, hat sich vollkvmmen
bewahrheitet, und ist durch die sei'thcrl'ge
Crisis und abnormale Lage des Staatcs,
sowie die nothgedrnngencn iicneren Maß-
nahmen dcr österrtichischcn Regierung iui
Sinne des Fortschrittes entschiedcn ge-
rechtfcrtigt worden.

Wciin man'vor Allem gctadelt hat, daß
das alte Ministerinm am Nnder blieb,
nnd somit die Hanptsache vermißte, näm-
lich den so noihwendigen ncuen Geist,
welcher dem kranken Staatskörpcr einzn-
hanchcn war, so ist den wohlbegründeten,
hierauf gerichteten Wünschcn nur in nene-
stcr Zeit dnrch die neubcftellten Leiter des
Geschickes des Kaiserstaates einigermaßen
Nechnnng gctragen worden. Wortc nud
Formen haben bckanntermaßen in con-
sti'tntionellen Staatsvrdnungen nnr wc-
nig Gewicht, wo die eigentliche Absicht
der Negierung fehlt, jene znr Wahrheit
wcrden zn lassen, wo es mit andern Wor-
ten an einem wirklich verfassnngsmäßigen
Zufalle gebricht. Es führt dies zn ei-
nem bloßen cvnstitutl'oncllen Scheinwesen,
dem atte nnd jede reale Wirklichkeit ab-
gcht.

Wir haben in dieser Nichtung schon
anffatteiidc Beispiele erlebt, selbst in Staa-
ten, welche dem Worte nnd dcr Form
nach in weit höherem Grade dcn Namen
constitntioncller verdiencn, als Ocsterreich,
dessen ncne, seiner bisherigen compli'cirten
siaatll'chen und volklichen Vcrhältnisse
möglichst angepaßte Verfyssnng immerhiii
nnr als ei'ne transitorische, als ein Mit-
tcl zu wciteren zeitgemäßen Fortschritten
betrachtet werden kann.

„Neuer Wein bedarf neuer Schlänchc't"
Daß nnn ein Staat, wie Oesterreich, bei
dcm seitherigeii, norwiegend bureaukrati-
schen und 'militäri'schen Ncgierungsspstem
an wirklich organisatorischcn Talenten eben
keine große Answahl hat, ist begreiflich.
Der kürzlich an die Spitze drs Miiilstc-
rinms gcstellte, nach eincr 10- bis 12jäh-
rigen Neactionsperiode aus dcr Vergessen-

hcit wicder neu auftauchende Schmer-
ling soll, wcnigstens in den höheren Ne-
gierungskreiscn, so zicmlich der Einzige
ein, dem man die Befähigung, dcn gnten
Willcil und die Eiiergie zntrant, das
Staatsriider, .wenn irgcnd möglich, mit
Erfolg in der drohenden Crisis der Ge-
genwart zu lenken und dasselbe durch den
mächtig anschwellenden Strom dcr Zeit
glücklich hindurchzuführen. Sollte dem-
selben leider das große, mühevolle Wcrk
nicht gelingen, so dürftc leicht die Epoche,
in welcher bcm Kaiserstaate noch mit Ne-
formen zu helfen ist, überhanpt vorüber
scin, nnd ein neueS, viel gefahrvolleres
Stadinm der Crisis, in dcr er befangen
ist, cintreten.

Der neubestellte Leiter dcs GeschickcS
Oesterreichs hat gesprochen und seine Worte
haben nicht verfchlt, einen gnten Klang
zn verursachen. Man ersieht vor Allem
hierans den ernstlichen gutkii Willen des
Manncs, dem es, wenn derselbe nicht
durch allzuviele Hindernisse beeinträchtigt,
durch cntgegkiigesktzte Strömungen para-
lpsirt wird, an der nöthigen Macht zur
Dnrchsctznng desselben nicht gebrechcn wird.

ES würde uns zu weit führen, in alle
Einzelnheiten des,Programms näher ein'-
zugehen; wir können nns daher nnr knrz
an die Hauptpnncte halten. Im Ganzen
wird die nene Organisation Oesterreichs
für die nächste Zeit dieselbe bleibe.n, wie
solche dnrch die Urknndc vom 20. Octbr.
fcstgestcllt wurde. Iedoch wird in einem
Hanptpuiicte, in den vicl getadelten Lan-
desstatntcn der dcntschen Provinzen, einc
zweckmäßige Aenderuiig eiiitretcn.

(Schluß folgt.)

D eu t f'ch la u -

Freiburg, 24. Dcc. Wic die kath.
Pfrnndcnbesetzungsfrage, so soll anch die
Coadjutorangcl cgenheit endlich ihre
Erlcdigung findcn. Weiiigstens spricht man
mit aller Bestiuimthcit davon, daß der
Negens eines nahe gelegenen geistlichen
Jnstituts in dieser Hinsicht den Gegen-
stand von Verhandlniigcn zwischcn der
Ncgierung und der erzbischöflichen Cnrie
bilde.

Freib.urg, 21. Tcc. Jm Lanf dcs
nächstcn Iahres soll das Project ciner
Eisenbahn von Breisach hieher, wie
wir hören, ernstlich in Angriff geiiommen

wcrden. Die Zugsrichtung derselbcn isd
noch nicht genau bestimiiit. Dcr beträcht-
liche Holzhandel vom Schwarzwalde nach'
dem Elsäß wird hiedurch in hohem Grade'
erleichtert sein.

Konstanz, 22. Dec. In der henti-
gcn Versaminlniig des Gemeinderaths nnd'
Bürgerausschnffes wnrde beschlossen, das
dermalige Thcatergebäude, gcgennber ver
Maccaire'schen Fabrik, den Änforderungen
der Zeit gemäß zu rcstaurircii und hicfür
vorläufig 15,000 fl. aus städtischen Mit-
teln verwilligt. — S. K. H. der Groß-
herzog habcn die vom hiesigen Goldarbei-
tcr Hotz angcsertigte nnd auf der letzten
Kunstausstellniig allgcinein bewun-
dcrte prachtvolle Monstranz, wclche einen
Werth von beinahe 5000 fl. hat, unserer
Mnnsterkirche zum Geschenke gemacht, mit
der ansdrücklichen Bestiinmnng, daß diese
Monstranz an allen hvhen Festtagen, so
wie am Todestage dcs edlen Freihcrrn
v. Wessenberg in dcr Münsterkirche aus-
gestettt wird.

Stuttgart, 26. Dcc. Der „Sndd.
Zeitnng" znfolge ist gcgen den durch die
Pressc der Opposition so vielfach und so
schwer angeklagten Fiiianzml'nister Knapp
eine Untersnchnng eingeleitet. Die Fi-
nanzverwaltung soll von diescm Miiiister
in wahrhaft autokratischer Weise geführt
worden sein. Einzelne Staatsbüpgcr nnd
ganze Deputationen richteten bei ihm mit
Beschwerden wenig oder nichts aus. Es
soll der höchsten Orts besonders uilgüiistig
aufgenommene Fall vorgtkominen sein, daß
einer Deputation in Bezirksangelegeiihei-
tcn die Actcn vor dic Füße gcworfei:
wnrdcn. Besondere Beanstandung soL
anch die eigenthüinliche Bctcchnungsweise
zwischen dcr Verwaltnng dcr Staatshüt-
tenwerke nnd der Staatsforstcn gefundeir
habcn.

Fraukfurt, 21. Decbr. Es sind bis
jctzt 35 Datterien der deutschcn Bnndes-
armce, >anßer Oesterreich, rnit gczögeneir
Kanoncn nach preußischem Spstem armirt
nnd somit kann dic Bnndesarmee in knr-
zer Zeit mit etwa 250 gezogenen Kano-
ncn ansrücken.

Offenbcrch, 21. Dec. Dic 109 Offen-
bachcr Mitglieder des Natioiialvereiiis
haben hcuke nach gemeiiischaftlicher Vor-
ladnng eine 14tägige Frist zur Wahl ei-
nes Vertheidigers crhalten. Sie wolleir
i'hrc Sache br's iii dic höchstrii Regionen
 
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