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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0532
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kö der lctz>kcren nicht gestattct war, sich
zu vcrlheidiacn nnd übcr den Grund odrr
Uiiflrnnd jcner Beschnldchnngen sich ai>6-
ziiivkisrn. Da6 ttnangeincssenc Merfahrcn
dc6 Obcrstaatsanwalts hat ei'neii nn't dcn
Pstichlen cincs Deainteii vvlli'g >n Widcr-
, sprnch stehendcn Schritt seiteiis cines dcr
Aiigeschiildigteii zur Folge gchabt. Wenn
r'ii solchcr Wci'se Deaintc, statt sich darauf
zü beschränken, Gesetzwidrigkcitcii, von
denen sie Kunde zu babcn glaiiben, den
hvhxrcn Instanzen zur Untcrsuchttiig und
Dcschlußnahiiie in dem gcordnctcn Wcge
anziizei'gkn, sich an das Publiknm wendcii
und di'e gewl'chtigsicn Angelegcnhelien zur
Erreichliiig pcrsbulicher Zweckc bcnupen,
welche Staatsordnnng köniitc zttsammcn
rni't svlchcr Anarchi'c'bestchen? Mil der
Ucberlcguiig, wclchc durch sv niicrhvrle
Dorgänge vcranlaßt wi'rd, wird sich aber
zn gleichcr Zeit iioch cine zwcite Erwä-
gung verknilpfen müsten. Wie niigchörig
auch die Fvrm gewcscn sein inag, in wel-
chcr die Obcrsiaatsanwaltschaft ihrc Kla-
gcn gegen eiiie andere Dehvrde zu Tagc
brachte, dic Staatsrcgiernng wird sich dcr
Pflicht nicht entziehcn, dcn angeblichcn
Lhalbcstand, und was mit ihui im Zu-
samnienhang steht, insoweit einer uniiach-
sichtlichen Prüfiing zu nntercherfcn,
als er Psrsonen betrifft, welä'e sich im
Dienstc deö.Staates befinden. Um der
Wichtigkfit seincs Jnhaltes willen bedarf
jeiier Thatbestand, soweit derselbe nicht
berejts dcr Cvgnitioii nnterliegr, einer
Uiitersuchniig, wclche vollkommen absicht
von den formellcn Fchlcrn odcr den Mo-
ti'ven der Person, die ihn veröffcntlicht
hat. Je nach dem Auöfatt diescr Untfr-
suchiing werden sich die gesetzlichen Fvlgcn
ergeben, Die Staatsregicrung wird, wic
bisher, so auch in Zukiinft darüber wachen,
daß alle Bchördcn dcs Landes ihre Anto-
rität auf die festeGrundlage stützcn, wclche
das Verfahren nach Nccht und Gesctz ge-
währt. Iiidem die Staatsregiernng in
solcher Weisc zugleich »u't dcr Würde dcs
Gesetzes dieAntorität der Negicrring wahrt,
nimmt sie die Stellnng cin, welchc ihre
Ucberzeugung, ihre Pflicht und ihre Ver-
antwortlichkcit gegen Krone und stand ihr
anweisen."

Aus Mecklenburq, 24. Nov. Die
Deputation, wclche die Partei der Ver-
faffungsrefvrin am standtage nach Schwerin
abgeordnet hat, um den Großberzvg zu
bitten, daß er dic Nefvrin in die Hand
nehme, ist zur Audicnz nicht zugklasse»,
svndern an dcn Minister v. Ocrtzen ver-
wi'esen worden. Die Deputirten haben
darauf vcrzichtct, Hrn. v. Oertzen ihr An-
liegen vorzukragcn.

Wien, 24. Nov. Gcstern wurde hie«
sigen Nedacteuren, welche zu ciiieni Be-
süche iin Polizciininistkriuin eingeladen wa-
^en, von dem Hofrath Fiedler die vertrau-

liche Erössnuiig gemacht, es sei. wünschcns-
wcrth, daß die von der Tagesprrsse au
den Landcsstatuten geübte unbarmherzigr
Kritik ni'cht wciicr fortgrsetzt wcrde, da die
Negierung sich iinn cinmal cntschloffen habe,
von ihr'cn Cnticheidungen »icht abzugchen,
sondern auch dic iibrigen Lalidesordiiungcn,
ühi'lich dencn für Slcicrmark u. s. f. zu
vctropiren. So lange man cs nicht auf-
giebt, durch pcrsönliche Ciiiwirkungeil zu
lenkcn und zu lcitcn, sind selbst verfas-
slingsmäßigc Institiitivncn kcin genügen'
der Schutz gegcn daö Wiedererwachen der
alicn Willkiirhcrrschafl. Aus dcr That-
sachc, daß die nvch zu veröffentlichenden
Landcsverfassiiiigen nach ein und derselben
Schablone gcschnittcii scin werdcn, folgt
selbstrcdend, daß man Vvrläufig jedcn Ge-
danken an einen Ministerwcchsel fahren
ließ, und daß Goluchowski im Amtc
blcibt.

Wicn, 28. Nov. Die „Wicner Ztg."
enthält dic Besctzung von 18 Obergespan-
stcllen, sowie einc Verordnung des Staats-
ministcriums vom 2<j. Nvv., welche die
schlcuni'ge Vornahmc ncucr Gcmcinderalhs-
wahlen in den deutschen Krvnländern auf
Grundlage bes Gemciudegcseßcs von 1840
befichlt. Aus dieser Veranlassung wurde
ciiir Fackclmiisik dargebracht. — Dci
der Durchreise des Szathmarer Obcrgc-
spaiiö, Grafen Karo l p i, sind in D c-
breczin bedauerliche Crzcsse vorgefal-
len, wclche das Einschreitcn dcs Militärs
und 20—ZO Vcrhaftungen zur Folge hattcn.

Z r a ,r k r e i ch.

Paris, 25. Nov. Die officiösen
Iournale „Paps" und „Patrie" prciscn,
wie natürlich, auf'S Hvchste das kaiser-
liche Dccrdt vom 24. d., durch welchcs
dcm Senare und dem gesctzgcbendeii Körper
ein „größerer Anlheil an dcn Gcschäflen
der Regierung" eingcräumt sei; dcr Kaiser
habe durch die Uiiterzeichnung dieses
Tecrets einen glänzenden Deivcis des
Verlrauenö unb der Stürke seiner Ne-
gierung gegcben.

Paris. Die Iesuiten, welche aus Italien
kommen, haben von der kaiscrlichen Ne-
gierung dic Crlaubniß erhalten, sich in
Frankreich nirderzulassen.

B e l g t e n.

Drüssel, 25. Nov. Die begonnene
Kröuung des l'inperialistischen Slaatsge-
bäudeö ist hcute die große Nachricht des
Tages. Sie wird verschicben beurlheilt.
Die Einen betrachten sie als illusorisch;
die Anderen erblickcn in dicscm folgen-
schweren Schritt Napoleons IU. ein Vor-
zeichen schwerer europäischer Vcrwicke-
lungen. Die Eriicnnung des Herzogs v.
Malakoff zum Geileral-Gvuvernciir Algiers
hat einen entschiedeneil, kriegerischen

Charaktcr. Kurz, man glaubt hicr, daß
die gcwisse Auösicht auf cinen großen
enropäischenKrirg »nd eineö entschicdeiikrcn
durch die Creiguisse in Jtalien bedingtcil
Auftrrtcns Deuischicuids gegen Fraukreich
drn Kaiier allci» besiimmrn konule, durch
einige Conccssionen dic gewissermaßen im
vollkommcncu leihargischcu Zustaud sich
bcfindliche Mcinnng in Fraukrcich wieder
elwas zu elekirisiren. 'Ob ,'hm dicß mit
dem heute vom „M'onitrur Universel"
vcröffciitli'chten Dceretc gelingen wird,
möchtcn wir bezweife In.

Drüssel, 25. Nov. Bei Anlaß der
Ankuusr der Kaiserin von Oesterrcich im
Bahnhof zn Aniwcrpcn mcldcten die
Zcituiige», uud unter ihneii auch der
Monitcur, die Herzogin von Brabant und
der Graf von Flandern hätten der hohen
Neisenden unter Kniebeiigung die Hand
geküßt. Dieß gab gestern vvn Seiten
dcs Grafcu Vilain XIV., Ministers des
Aeußern im zulctzt abgctretcncn Kabinet,
Ursache zu einer Interpellatioi, an den
Miuister dcs Aeußcrn, Baron de Vriere.
Dieser wurde aufgcfordert, zu erklären,
daß die Aussagc des Moniteur unwahr
sei; sic müsse unwahr sein, da er die
Hcrzogi'n für allzuwohl bcwandert halte
iii den Regeln, die sich auf Etikette bc-
zichcn, als daß sie die ihr beigemcssene
Ungcbühr hätte begehen und dadurch die
Würde des LandeS bloßstellen können.
Die Kiil'cbeugung findc von Sciten fürst-
licher Pcrsoncii nic anders als vor dcm
Papste statt. Er wünsche daher, daß
jencr Berichl offiziell Lügen gestraft werde,
damit sich bie Diplomatie nicht über uns
lusti'g mache. Dcr Minister antwortetc,
der Mvniteur habe die Sache als ge-
wöhnliche Zeitungsnachricht gemcldet: er
wi'sse nicht, ob sie wahr oder unwohr
sei; jedcnfalls müsse cs den Fürstcn ge-
stattet scin, in ihrem Privatlcben sich ge-
gcnseiti'g zu begrüßen, wie sie es für gut
halten; dic Begegnung in Antwerpen
habc ja kcinc» offiziellen Charakter ge-
habt. Dcm Minister kam noch Herr
Devaur zu Hülfe mit der Crklärung, die
Kammer habc sich nicht in Etikettenhändel
zu mischcn, so langc es keine Gesetze
darüber gebe. Damit war die Sachc
erledigt.

Cngl and

London, 26. Nov. Nachrichten aus
China zufolge befand sich das Haupt-
qnartl'er des verbündctrn Erpkditions-
korps am 23. SeVlbr. acht Wegestunden,
von Peki'ng. Lord Elgin halte als vor-
läufige Bedl'ngung znr Einleitung von
Fricdens-UnterhaudluugciidieAuslieferung
der chinesischerseits gcmachten Gefangenen
verlangt. Dcr Brudcr des Kaisers von
China war der Hauptfriedensunterhänd-
Icr.

Rcdactlon, Druck und Vcrlcig von Ndolph Emmcrltng, VcrlagS-Buchhandluiig und Buchdruckcrc! tn Hcidclbcrg.
 
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