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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0429
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M 26«

lich. PrciS^i!U»icrb-il!iüig^bla!ivicrl'cI-
tÜrlich 36 Ir.

Samftag, 3. November


186«

K Zup neuen Gcwerbegesetz-

gehung

II.

(Fortsctzung und Schlnß.)

Uebcr die soZena»iiten Wanderjahre
können wir unö ckurz ssaffen. Cs gibt
heutzutaqe gar kei» Wandern mehr, son-
dern nur noch Reisen. So wahr es
bleibt, daß daS Ncisen zur größern Auö-
bildung und Ncife junger s!cute briträgt,
ebenso mnß zugegeben werdcu, daß bci
der allgcmein uerbreiteteu Bildung und
bei dcr Leichtigkeit, dic nöthigeu Anlei-
tungcn, Schriflen und Modelle u. drrgl.
zu beschassen, ,ein Außer-l!andgeheu ganz
überflüssig ist. Bei dem Drang, der der
Iugend angeboren ist, die Welt zu sehen,
und bei der ungcheuern Leichtigkcit der
Neisemittel wird ohne Zwcifel das „Wan-
dern" und Reisen immer zu- statt abneh-
mcu, allein cs muß dieses Iedem frei-
gestellt werden, ob er kann nnd will, oder
nicht. Dagegen sottte als Negel bleibeu,
daß der junge Mann cinige Jahre als
Gehilfe oder „Gesette" grarbeitet habe,
und daß cr über dicsc Zeit cinen Nach-
wcis bringe, daß er keiu sittenloses Leben
geführt habe. Dieß fällt übrigcns mit
der dritten Fräge über das „Lebeiis-
alter" zusammen (wovon in einem fol-
genden Artikel).

Was den letzten Absatz der zweiten
Frage betriffc: ,,Durch wen sotteu die Mci-
sicrprüfungeu abgcnommen wrrden?" so
antworten wir kurz: „von Ni'emand".
Wir halten Meisterprnfungen nndMeister-
stnckc für unpassend, unnöthig und nn-
ausführbar. Wer seine Lehrzci't odcr statt
dessen eine Prüfung vorschristsmäßi'g er-
standeu hat, wer dann noch mehrere Iahrc
bis znm gesetzlichen Alter als Gehilfe sich
aiisgcbildct nnd seine Keniitnisse crweitert
hat, von dem ist es unpqssend, eine wci-
tere Prnfung zu verlaiigen. Eine solche
wäre auch dnrchaus ulivcrträglich mit den
bcreits aufgestcllteu, der wahrcn Gcwcrbe-
freiheit iinmanirtndeii Grundsätzen bes
Uebergehens von ei'nein Geschüst zu cincni
anderii und 'dcs glel'chzeitigrn Dctreibeuö
mehrercr Gcwerbe. Dann vcrlangt cö
auch der Grundsatz der Gleichheit. Auch
bisher schon hat dieser Zwang nicht atte
Gcwerbe bctroffen, und bci manchcu ist
er gar nichl ausführbar. Was dcm Einen
recht ist, ist aber dem Aiidern billig. Nichts

I dcsto weniger sind wir dafür, daß bei deu
Gcwerberätheu cine Prsifniigscoigigission
bestehe, bei welcber diejeuigen, welche cs
aus besondern Gründeu chüiischeu, eine
Prüflliig ablegen kön»cn,gnsofeini inaiichinal
ein Prüfiiugszeiigniß bci Aiistcllnngcn im
niederen Civildiciist (Eisenbahnwei.kstättkii,
Kreisgefängnissen, Zuchthgusern oder auch
im Aiiölaiid) verlangt wird, odcr als cs
selbst in täglichcn Lebensverhgltuissrn unter
Umstüliden größeres Verfrantn erwkr.ben
kan». Ans deu obigen Erörle.rnngcu wsirde
nnu folgen: Angemessene ssehrzeit,
obligater Besuch der Gewerbe-
schuien, iii elnz.cliicn Fätten ,an deren
Stette eiiie Prüfung (Gehilfen- odk.r
Gesettenprüfuug). K e in W a n der -
z w a,n g. Kciue Meisterprüfn n g.

D e u t s ch l a n d.

Knr'lsrirhe, 1. Nov. Ein Telegramm
aus St. Petersbnrg 'Mcldct deu heu'te früh
Vs9 Uhr erfolgtcn sauftcn Tod Jhper
Niajestät dcr K a i seriu -M utter. Seiue
Kaiserliche Hoheit dcr Großfürst Mjchael
war gesteru Äbend wohlbehalteu iu Pe-
tersburg angekommen und hatte somit goch
dcn Trost, Seine verchrte Muttcr iiiit
Skiner Gegcnwart zu erfreueu.

Mannheip», 30. Oct. „Djc Pfälzer
Zeitung" schreibt: Was über die Errich-
tnng ciner Traje,ctaust,alt zwischcn
Ludwigshafen und Mannhciiii gemeldct
wurdc, hat srine volle Richtigkeit. Die
Verhandlniigcii darübcr zwischcn Coinmis-
särcu der grvßh. bädischen Bahii uud der
pfälzischen Lndwi'gsbahu sinh so.weit ge-
diehen, daß das Unternehinen gls grsichert
bctrachtet werdeii kaun. Wie mau vcr-
nimmt, hat die badischc Ncgiernng mit
ancrkeuiieuswerthtin E»tgegenkomuie,n auf
dic Erhebung des Brückci.izolls vou dcn
mi't dcr Trajcctaustalt zu beförderndcu
Gütcru und Kohlcn verzichtet.

Mannhcim, 3l. Oct. Die großh.
hesstschc Negierung sott sich bercit crklärt
habcu, vou eincin nahe bevorstehendcu
Termine an, auf die Brückendur.chlaßge-
bühreu zu vcrzichteu, welche zn den Lasten
der Nhcinschifffahrt gchöreu. Dic hessische
Negierung war bisher dic ei'nzige, wclche
sich cincr völligen Aufhebnng diefcr Abgabc
noch widersetztc. Die Aufhcbuiig dcrsclben
wärc als cine bcdclitcnde Entlastung der
Schifffahrt zn bctrachtcn, und es ist uur

zu wstsischcu, dgß uiit der Befrcchng von
depi jctzt noch erhobegen Brückcnzvli für
hie Durchfphr der Schiffe nicht lägger
gezögept werde. — T>fe Verhgndlungcn in
Karlsruhe wegen Aufhcbung dcs Rhein-
octroi zichen sich sehr iu dic Länge, doch
dgrf ipgu nach Dcpl, ipas darüber per-
fgutek, annchmeii, sie wcrdcn nicht resifltat«
ios bleiben.

Berlin, 30. LDct. Wir können es in
der bestiiumtest.ep Weise als eine That?
sgche bezcichnen, daß dcr Kaiser der Fran-
zoscy zu dem Vorgehen Saedinicus gegen
deu Kircheiistaat u,id Neqpci, so wie zur
Auukrion guch dieser Staaten an Sar--
dinicn scine vottc Zilstimsninig gegehen
hgt. Pas äußere diplomgtischc Verhalten
Frgnkreichs entspricht deiu frcilich nichr;
aber dadnrch darf man sich nicht beirrcu
lasseu- Was. wir mitiheilcn, ist, wie gc-
sagt, piPe unzweifelhafte Thgtsache. —
Pon einem bevorstehendeii Cougreß ist
kcjne Nepe. Alle eutgegcugesetztksi Mit-
thcilnligcn, welche, uiitcr Berilfiing a,uf
die Warfchauer Zusammeiiknlift, gemacht
usid sdgar auch dnrch dcn Telegraphcn
verbreitet werdc», siud gänzlich uubcgrün-
det. Ein Cougreß hättc, in diesem AMii-
bljcke, uur daiisi ciueu Sinu, wenu man
in äisilicn iiiterveniren wollte. Daran
gver küsiiieii die iiordischen M'ächte nicht
deukell, uud daruin kann denn auch daun
kist von ciuem Congresse die Nede ftin,
wciisi die itaiienischcn Verhältuiffezu cinem,
Wkiiu guch uur vorläusigeu Abschlusse ge-
kvmisieu seiu werdeu. Ocstcrreich hat frei-
lich seine besoiidercu Gründe, weuu es die
Jbee eincö Coiigresses für jctzt iioch gäuz-
lich zurückweist; attein dicse Gründe siuv
iu dem vorliegeiidcii Fatte uicht maßgcbend.

Wien, 29. Oct. Graf Goluchowski
ist gcsteru von dcm Kaiser iii bcsouderer
Aiidicuz cmpfaugcu worden. Wje cs heißt,
würde cr noch kurze Zeit auf seinem Po-
steu verbleibcu. Er sott um seine Eut-
hebuug nachgcsucht habeu und ihm diesclbe
bcwi'ttigt wordcu seiii. Auch Hr. v. Pleuer
hat uiu die Eiuhcbung von dem Pösien
ciues-iii.ierimisiischeu Leiters dcr Fiiiaiizcn
uachgcsucht, uuv wird derselbe wieder in
dcu Ncichsralh trrleu.

Mien, 31. Oct. Die „Wieii. Ztg."
verösieullicht eiue die Bcsetziing der Laudes-
würdeu Uugarus betresseude kaiserlicheEut-
schlicßiisig vom gcsirigcn Tage. ttkcichsrath
iMäjlail) ist zum Miiiistcr 'l'nveriiieorum
 
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