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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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Mittlvoch, 24. April


De « t s chlan -

Karlsruhe, 18. April. Aus dem „Ent-
wurf einer Vcrfaffung der vereiniglen evan-
gelisch-proiestantischen Kirchen dcs Grvßher-
zoglhuins Baren" theilt die „Karlsr. Z." oie
in der Eiiilcitnng des 117 Paragraphen um-
faffenden, übcrvieß mit Wahlvrtnnngen und
einer Listc der Wahlbczirke vcrscheucn Acten-
stücks enthaliencn Grunbzüge mit. Wir ge-
bcn das Wichiigste hievon im Auszug. Dcr
Entwurs gibt fich selbst als den Versuch ciner
wahren unb innigen Verbintung dcr Consisto-
rial- unb Spnobalverfaffung, wie eine svlche
Mischnug i,n Hmblick auf bie vo» 1821 ba-
tirendc babische Kirchenvcrfaffung historisch be-
rcchiigt sei. Er bestimmt vahcr zunächst ver-
schiebene Stufen bcr Gcineiudcverkretiing. Die
erstc 'Slufe bilbet bie evangclische Gcuicinbe-
versammlung. Sie wirb bezeichnet als tie
Venauiiiiliiiig der evangelischen Hausväter unb
unbcscholieiier, sclbststänbiger Mänucr, ober
die Äersaiiiinliiiig bcr Manner, welchc jcne
alS bie Manucr ihres Vertraueus bezcichnct
habcn. Diese Geuicilibevertaiiimlung hat ihre
Preobpterien zu wählcn unb ciiini berrchiig-
ten Aiuhcil an ker Wahl uub BesteUung der
Plarrer zu übcn. Otzuc Bciraih uub Gcnch-
uügung bicscr Vcrsaminliiiig barf ubcr Ver-
mogcn uub EigciiihulN ber Gcmcinbe nicht
vcriugt wcrdeii. Aus bcr Gciiiciiibcvcrsauiin-
Iiiug jcbcr Psarrci geht bcr Kii chciigcmciube-
raitz ycrvor, bcssen Mitglicber übrigcns uicht
lebenslaiig itzrcn Auitrag habcn. Der Kirchen-
gciiiciubcraiy beiorgl mil bcm Pfarrer bie Lci-
tuiig bcs ganzcii kirchlicheu Gciiiciiischaslslebcns
unv hilft zur Eihaliung uiib Bclcbiing dcs
religiöscii unb siltlichc» Lcbeiiö. Zhm stcheii
Helicr obcr L iaconcn zur Sene, bercn Pflichi
dic Uiilcrstützung ber Armcn unb Kraiikeu lsi.
Mchrere Gemeinbcn schlicßcn sich zu eincr
Dwccsc ziisamineii; in bcr Diöccsanspiiobe ist
jede Gcmciiibe ees Bczirks burch ihrcn Psar-
rer uub ciiicu ihrer Aelicstcii verirctcu. Sie
hat Keiininiß zn iichmcn von bcm Stante dcs
siltlichcn unb rcligiöscn Lcbcns Im Bczirk; sie
hat sur bie Gemcliibcu bcs Bczirks sclbstflan-
dige Aiivrbnungcn zu trcffeii uuv übcr aUgcuiciiie
Aiigelegciiheiteu der gauzc n Laubcskirche Amräge
an ben Overkiichruiaih iino bic Geilkralspnobe
zu steUcn. Sie hat bcn Dccan auf jc 6 Zahre
zu wahlen unb ihm eiuen siänbigeii, auS Gcist-
Iichcn unb Weltlichen bestchcnbcn iLpnodal-
Ausschuß zur Scite zu slcUcn, an bcffen
Milwirkiing dcr Dccan i» gewiffen Fallcn ge-
dunbcn lst. Die ganzc Lanbcsgcmeliibe wirb

durch die Generalspnode vertrctcn. Jn lhr
erscheinen aus jcdem der 24 Wahlkreise des
Landes ein gewählter Pfarrer und ein durch
dic Kirchenältesten gewählter wclklicher Depu-
tirter. Die Mitglieder des Obcrkirchenraihs
sind an sich nichl Mitglieder dcr Generalsp-
nobe, haben aber daS Recht, in deren Sitzun-
gen zu erscheincn und gehvrt zu werden. Alle
fünf Zahre tritt die Generalspnvbe zusammen;
sie wählt ihren Präsibenkcn; ihre Sitzungen
sind sür die cvangelischen Faniilienvätcr öffeut-
lich. Sie wirkt mit bci ber kirchlichen Gcsetz-
aebung, hat das Recht der Beschwerbe gcgcn
ben Oberkirchcnrath, prüft und bcrälh alle
Vorlagen der Diöccsanspnoden unb bewilligt
kie allgemeincn kirchlichen Ausgabcn. Ohne
ihre Zustiustnung bürfen Agenben, Katechismen
und bergleichen Büchcr nicht eingeführt wcr-
bcn. Sic wählt einen stänbigcn Spnobalaus-
schuß, beffcn Milglicber außerorbcniliche Ober-
kirchenräthc sind, unb ohne beren Mirwirkung
der Obcrkirchenrath wichkige Bcschlüffe nicht
faffen, wichtige Vorlagcn an beu Großherzog
nicht machen kann. Nauientlich bei Besctzung
der Pfarrstkllen, der Skellcn im Oderklichcn-
rath, bei Enilaffmig von Kircheiideamieii, bei
Erthcilung von Zulagen, bei ber Prüfmig ber
Canbibaicn bes Prcbigtamtcs wirkt bcr Sp
iiobalausschuß mit. Auß.r diescr abgeslUflkii
Geiiicliibcvcrlrkiiiiig kommcii nun ipeiier in
Bciracht bie Diencr unb Bchörbcn der Kirchc.
Das Wichtigfte ifi hicr bie Eriieniiiing ber
Pfarrer. Um der Gcineinbe Lie Möglichkcii
zu geben, ken Mann ihres Vcriraiiciis zu bc-
rufcu, hiebei aber zugkich be» wirklicheii Aus-
eruck bes GcineiilbewiUenö unb nicht emer Par-
tci in ber Gemeiiire, bie eincr anbern eiwa
iini wcnigc Stiliimcn überlegcn ist, zu gewin-
nen, werbcn znr Güliigkeit eiuer Psarrwahl
biei Vieriheilc der Stiiuineii gcfvrberk. Komiiii
eine solche Wahl swegen Zerspaltung ber Ge-
meinde in Parleicn) nichi zu Sianbe, so wirb
ker Pfarrer auf die bisher üblichc Wcise von
ber Behörde eriianiit. Die Psarrcieif iverbcn
»ach ihrein Einkommeii in Klaffcn gcthcilt.
Wenn nun ein jungerer Manii burch Wahl
ber Geincinbc cine Siclle erhält in einer Klaffc,
auf welch er nach sciuein. Aiter »och keincn
Anspruch hat, so uiuß er so lauge, bis cr baS
beircffcnbc Alter erreicht, eincn Eheil bcr Ein-
küiifte vcr Pfarrei adgebcn. Aus diescn Ab-
gaden wirb eine Kaffc gebilbet, aus welcher
bcn ältercn Männeru, welche sich entweber
eincr Geineinbkwahl gar nichr uiitkrwcrfcn
wollen ober in ver Gemcinbewahl unierlegen
sinb, svtche Zulagen gereicht werben, daß sie

auch beim Berbleiben auf ihrey geringer do-
tirken Stellen doch in dic Beioldung cinrüeken
können, die ihrem höhcren Alter gebührt. Das
Jntereffe der Kirchenregierung bei der Be-
setzung dcr Pfarreien wgrb dadurch gcwahrt,
daß die Pfarrwahl durch dic Gcmeinve nicht
ganz sreigegeben, svndern auf diejcnigen Män-
ner beschränkt ist, welche ihr vom Oberkirchen-
rath mit Einschluß des Spiiobalausschuffes
und mit Gknehmigung bes Großhcrzogs vor-
geschlagcn werben. Dic oderste Bc.börbe der
Kirche ist ber.Oberkirchenrath, bessen Mitglie-
ber vom Großherzog ernannt wcibcii. Durch
ihn übt dcr Großherzog, vhne Dazwischen-
krcten einer andcreu Behörde, das ihm zu-
stchenbe Kirchenregiment. Es wirb genau vor-
gezeichnet, in welcheu Fällen der Obcrkirchen-
rath selbst beschließen und anorbncn barf, über
welche Fälle cr au ben Grvßhcrzog Vortrag
zii kistatten hat. Es triit ihm mit glcichcr
Stiininbercchtigung in allen wichiige» Fäflen
ein Ausschiiß dcr Gcncralipnode zur Seite.
Er ist an bic durch dic Generalspnobe be-
schlvffeiien unb von bein Groyherzog sanciio-
niricn Kirchengesctze gebunben. Er hat bix
ganzc kirchliche Verwaltung zu übcrwachen
und zu lcite», aber bie Gciicralfpuove hat von
seiiicr ganzeu Verwaltuug Emsicht zu mhmcn
unb ist defugt, Beschwerdc gegcu etwa gcfun-
bene Mißbrauche beim Großherzog zu erhebcn.
Ucber die Slcllung ber badischcn evangclischen
Kirche zur cvangcliicheii Kirche TciikschlaiibS
und zur cvangcliichrn Gcsaminlkirchc gcben kie
beibcn ersten Paragrapheu bcö Eiilwiirfs Aus-
schluß. Sie laiiteii: 8. 1. Oie vcreinigic cvan-
gclisch-protestaniische Kirche bcs Grvßhcrzog-
thums Baben ist ei» Theil bcr evaugcllfchcn
Kirche DeuischlaiibS unb betrachtet sich mit
bieser als cin Glicb ber cvangelischcii Ge-
sammlkirchc. §. 2. Sie hälr es fur ihre Auf«
gabe, in cnic vrgainsche Verbinbung mit ben
übrigen evaiigelischen Kirchen Deutschlanbö zu
treten.

F Vom Neckerr, 19. April Wenn wix
früher bie Erwaiiung anssprachen, baß bie
schr zu bcklagenrcn, dliikigrn Vorsällc in War-
schau keine w.senlliche Aenreiung in ben be-
adsichtigken russischcn Ncforinen hcrbcifuhrcn
würbeii, so haben wir, wie ncucre» Nachrich-
ten zufolge jetzt zicinlich klar ym Tage liegt,
in Bczug auf bie Ziileiitionen bck ruisischen
Politik selbst nicht Uurechi. Tie Letztcre war
gencigt, bie Bewegung in Warschau rnehr als
einc improvisirte, vorübergehciide zu bctrach-
ten, vhnc ihr eine wciterc, in ihre eigcnilichen
Pläne und Absichien auf Pvlcn tiefcr greifknbc

Kjr Heirathscandidatrn.

Novelle von Wilyelm Zungman».

Es gibt Momentc im Lebcn, die, wcnn sie rich-
tig crfaßt «erdcn, oft das ganzc zukünftige Glück
deS Menschcn bcgründen, ihm die wahre, vollkom-
menste Bcdeutung des Daseins aufErdcn.erschließen,
und ihn wappnen, allen Stürmcn und Gcfahrcn
mit Muth und Kraft die Stirne zu bietcn. Einer
der bedeutungsoollsten Momentc aber im Lcbcn isl
gtwiß dcrjenige, wo cin junger, Herangereiftcr Mann
im Bcgriff steht, sich ein eigcncS Gcfchäft zu grün-
den und sich ein braves Wcib'alS Lebcnsgesährtin
auszuwählcn, um mit ihr Freude, Leid, Kummer
und Sorgcn zu thcilcn! Glücklich dcrjcnige, dcr
hicr den rcchten Momcnt erfaßt; dcr ohne alle Neben-
rücksichtcn nur das eine unwandelbare Ziel im Augc
bchält: gcnau zu prüfcn, und nur da, wo Character,
Tcmperainent, wo Herzensgiite und WohlwoUcn
ihm die Garantien eincr glückiichcn Ehe verheißen,
die Hand zum ewigcn Bunde zu reichen! Abcr ach,
wie viele verfchlcn Liescn bedeutungsvollcn, glück-
lichen Moment! Wie vicle Ehen wcrdcn gcschloffen
ohne Licb und Zuncigung, ohne nähere Prüfung,

l ob sich das Herz zum Herzen findet, und aus feiler
! Spcculatiou und niederer Habsucht, unbekümmert
! darum, ob dcr cigcntliche, heilige Zwcck dcrsclbcn
erfüllt «ird, in der Gattin sich cine wahre, trene,
aufrichtige Frcnndin, eine licbcvolle, thcilnchmcnde
Gefährtin in guten und in schlimmcn Tagcn, und
cine sorgsame, unvcrdroffcne Pstegerin in Krank-
heit und Trübsal zu erringcn! Der gütige, all-
mächtigc Schöpfcr hat in seiner unendiichen, uner-
forschten Wcishcit in jcdcs Mcnschen Brust die in-
nigfien Gefühle der reinsten Liebe niedergelegt, dä-
mit sic gcmeinsam, in brüderlichcr chintracht Lie
Sorgen dcs Lebcns thcilen, sich gegcnscitig nnter-
stützen, damit sie, immer mchr veredelt und gcläu-
tcrt, dereinst in's Reich dcr endlichen VoÜendung
übcrzugehcn vcrmögen!

Wer untcr den Mcnschen steht sich äber wohl f
näher als Mann und Frau? Bcide sind auf Erdcn !
für immer mit etnander vcrbunden; fic smd vcr- !
pflichtet, sich cinander Las Leben zu erheitern, nur
im Glücke des einen wic des anderen das eigcne
zu suchen, in Ungliick und Gefahren in unerschül- .
terlicher Trene fest zusammcnzuhaltcn, und stNS !
bereit zu sctn, einandcr dte großten Opfer zu brin-

gen. Darmn ist auch die Ljcbe zwischen Jüngling
und Jungfrau, zwischen Mann und Wcib, cine
viel hoherc, innigere, ais die NLchftcnliebc, und nur
wo diese wirklich herrscht, da ift Las höchste Glück
der Ehe zu finden!

Wohl mancher junge Mann, noch rem und un-
vcrdoröcn durch die Grundsätzc böscr Menschcn, hat
einst sem Herz m Liebe und Entzücken eincm jyn-
gen Mädchen zugewandt, und daran die fcicriichsicn
Vcrsprcchcn gcknüpft, ste dercmfr als Gattin tzeim-
znsührcn; allcin wenn die Zeit hcrangekommen,
diescm Versprechcn «irklich Folge zu gebcn, waren,
«enn auch gleich dte Licbe noch nicht erloschen, dcn-
noch andere Umstände eingetrcten, tzie.es itznen un-
möglich machien, oiese fticrliche. Zusage in AÜS-
sührung zu bringen, weil sie sclbst zu scig vder zu
schwach waren, sich auf ihre eigcne Kraft zu ver-
laffen, imd der Liebe, dcr endlichen Äcreinigung
mit dem gclicbtcn Gcgcnftandc, tzas höitzste Opfer
zu bringcn! Äch! cS gibt nichtS Leietztercs aüf der
Welt, als sich zu verhcirathcn, wenn der Brruri-
gam bercits cin glänzentzes Gcschäft und einc be-
deutcnde Summe baaren Gcldcs tzcsitzt und auch
die Braut ein Vermögen mtt in die Ehe ju brin-
 
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