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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0065
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Bestellirngen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
aer Familienblätter" für das mit 1.
Januar 1863 begonnene 1. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition.

Preußen «nd dex Landtag
vou 1863.

Schon seit mehr als hunvert Jahren ist es
das ausgcsprochene Bestreben Preußens, in
Deutschlanb einc gkstchrrle und von den Oester-
reichischen Zntereffc» unabhängige Machlstel-
lung zu erhalten. Dieses Bestreben läßt stch,
mit ÄuSnahme ctwa ber Periode ber sog. heili-
gen AUianz, durch die ganze neue Gcschichte
verfolgen. Es tritt namcntlich in den Zahren
1848—1850 wieder in den Bordergrund, endete
jeboch damals unter dem Ministcrium Man-
tenffel mit der bekannten politischcn Nieder-
lage in Olmüp. Zn unsererZetztzeit
versucht nun der jetzige Ministerprä-
sibentvon Bismarck wiever dasselbe
Princip inScenc zu sepe n, jcdvch wahr-
scheinlich mit nichl bessereüi Ersvlge. Dcnn
außerhalb PreußenS wirb man in Dcutschland
von keiner preußischen Regierüng etwaS wis-
sen wollen, wclche nicht ihre jetzige, so zwei-
deutige SteUung ausgibt, und mit Entschie-
denheit srelstnnlgeii unb nativnaleu Tendenzen
hulbigk. Und auch in Bezug aus die iniiercn
Verhältniffe Preußcns ist es höchst oberflach-
lich, wcnn hier und dvrt in und autzcr der
Prcffe davon geredet wird, baß eine großc
äußere Action bes gegenwärtigen Ministeriums
sämmtliche Parteien vereinigen und beu inne-
ren Frieben wiever herstellen wcrde. Eine
svlche Artion wäre nur denkbar, wenn die
Lenker des preußischen Staaics auch der Zu-
stinimnng des iiandes sicher stnd. Die Negu-
lirung der inneren Vcrhaltniffc kann nur eine
nvthwendige VorausscKung, niemals eine Folge
solcher Action sein.

So lange diese Negulirung nicht erfolgt ist,
wirb Preußens deutsche Politik an bemselben
Zwiespalt kranken, an welchcm sie zur innc-
ren steht. Unb so langc diescr Zwiespalt nicht
gehvben ist, werbcn dic iiiuhsauisten Anstrcn-
gungen der preußischen Deputirten-Kammer
resültatlose Danaidenarbeit sein, ohne daß
eincm solchen Zustande durch neu organisirte
Regmicnter besonders ausgeholscn wirb. So
lange bie prcußische Regierung so einseitige,
jeudale unb adjolulistischc Tenbenzen versvlgt,
wie jetzt, läßt sich in der That auch kein j

Mittwoch, 21. Zauuar

Grund absehcn,weßhalb die Hegemonie Deutsch-
lands vorzugsweise preußischen Händen zu-
kommen sollte.

Der Kampf Preußens mit Oesterreich um
die Oberleitung Deutschlands läßt sich sast bis
zu der Zeit zurückführen, als Oesterreich auS
dem 30jährigen Kriege in seiner Gesammt-
staatsgestaltung hervorging. Damals bilbete
sich im Norden Deutschlands allmählich der
jetzige preußische Staat, unv schien die.Stelle
Sachsens, des Vorkämpfers des deutschen
Protestantismus einnehmen zu wollen. Dieser
Aufgabe, sowie der hicrmit verbunbenen einer
frciheillichen Entwicklnng nach innen u. außen
wurbc jeboch sehr lauge Zeit hindurch n»r in
Form eincs aufgeklärten Despotiömus Genüge
geleistet, und sie kam strenggenommen nur un-
tcr der Lcitung der uiivergeßlichcn Minister
Stcin und Hardenberg zum völligen Durch-
bruche, worauf sie wieter gcgen das Zqhr
1820 hin, zur Zeit der damals hercinbrechen?
dcn Reactivn, wieder ihren Äbschluß fand.—

Es stcllte slch nämlich bald heraus, daß eine
frciheitliche Entwicklung sich auf die Dauer
weber mit ber in Preugen von oben herab
gernc gcpflegten Machtvvllkvmmenheit des Re-
genten, noch mit den Privilegien der bevor-
zugten Adelskaste verträgt. Man fand daher
für nöthig, bie indivituellen Freihcilsgetustc
möglichst zu bämpsei, unb allgcmach das Spstem
einzufchlagcn, welches in Preußen jetzt wicder
das gangdare gewvrden ist, und das ganze
politische Unhcil bieses Staaies nach sich ge>
zogen, nämlich das Spstem ber Halbheit, dcS
äußeren Scheins uud dcr iniieren Zncouscqueiiz.
So lange dieseS Spstem nicht befeiligt ist,
kaun aber vvn ciner deutschen Stelluug Preu-
ßens nicht die Rcbc sein.

. Die Ausgabe des in Bälde zusammen-
tretenden AdgeordiictenhaiiskS wird baher vor
Allem darin bcstehen, nach einer festen inneren
Ordnung im Sinne der liberalen Mehrheit zu
streben und demgemäß nach wie vor mit bem
Mimsterium, selbst auf die vorgespiegelten
Actionsplane hin, keinen Frieden zu machen,
sviidern ben begonneiieii Kampf unverzagt wie-
der aufzunehinen und fortzusühren.

* Pulitische Umschau.

Jn Sagan wurde Bürgermeister Schnei-
der, als Abgeordneter der Fraction Bvckum-
Dvlffs angehörig, welcher vor einiger Zcit die
sogcnannte Lvpalitätsabreffe unserer Feudalen
confiscirte, weil auf verselben der Namc bes
DruckerS und der Druckort nicht ängegeben

Znsertionsgrbühreu für die 3spaltige Petit- M

zeile werdett mit 3 kr. berechnet.

waren, von der königlichen Regierung zu Lieg«
nitz in eine Ordnungsstrase vou 30 Thalern
vcrfällt. Gleichzeitig hat man ihn seineS Am-
tes alS Polizeianwalt cnthoben.

Die Berliner „Volkszeitung" veröffentlicht
dcn Widerruf der Wirthe einer ganzen Ort«
schaft, die sich durch Ihörichte Vorspiegelungen
haben verleitcn laffen, eine sogenannte Loya-
litätsadreffe zu unterzeichnen.

Die liberalen Fractionen des preußischen
AbgeordnetcnhauseS haben in einer Privat-
verfammlung den Erlaß einer Adreffe be-
schloffen.

Dic „D.-B.-Ztg." enthglt einen Artikcl über
die Bismarck'sche Aktionspolitik, der mit den
Worten schließt: Wehrlos — .ehrloS — weil
budgetlos.

Die neueste Nro. deS „Kladderadatsch" ist
consiscirt worden.

Eine Correspondenz im „Dresdener Jour-
nal" behauptet, Herzog Ernst von Coburg
habe den griechischen Thron noch nicht aus-
geschlagcn; im Fall der Aunahnie werbc Prinz
Alfred von England nicht fosort succediren,
sondern eö werbe vorläusig eine Regcntschafl
im Namen bes Herzogs das Land regiercn.

Die Nachricht ber „Patrie", Bapcrn, Würt-
temberg und Heffen hätlcn die Revision ge-
wiffer Ariikel deS französisch-deutschen Han-
deisvertrags in Paris nachgesucht, wirb von
ber „Baper. Zeitung" als saifch bezeichnet.

Die neueste Nummer ber „Times" enthält
eine» Leitariikcl, in bem sic sich fehr ungünstig
über bie Eröffnungsrede für den preußischen
Lanbtag mib uber das preutzische Ministerium
auSspricht.

Nach bcr „France" ist es bestimmt, daß
die Psvrte einen Eommiffar, beglcitct vvn
einem englischen Agenten, nach Bukarest ab-
gesendet habe,-um bie Herausgabe der mit
Beschlag belegten Waffen zu verlangem

„Dailp Tel." bemerkt, vierzig Versaffungcn
auf dem Papicr würben bie Feudalen in Preu-
ßen nicht fügsamer machen, und der König,
der sich die Krone selbst aufs Haupt gesetzt,
würde die Grundsätze einer repräsentativcn
Negierung nie begreifen. Sei er doch ein Nach-
komme jenes Fricdrichs, der einem Grenadier,
dem vie Mütze während der Parabe vom Kopf
siel, sie annageln ließ, unb er solle nicht nach
Beliebcn mil der Armee schalten dürfen? Wenn
der König von ber Verfaffung spricht, so denkt
er an bas Stück Papier und das Volk an
das Wesen der Sache; es will, daß der con-
stitutivnelle König wie in England herrsche,
aber nicht regiere.

Msgr. Darboy»

dcr.neue Erzbischof vou Paris, ist geboren am 18.
Zanuar 1813 zu Fayl-Billot (Departement der
Haute-Marnc). Er abfolvirte mit großcr AuS-
zcichnung selne Stubien tm Seminar von Langrcs,
«urde 1838 zum Pricster gewciht und zum Vicar
tn Sü Dizier, bei Vaffy, ernannt. Drei Aahre
später «urde thm ser Lehrstuhl der Philosophre und
1841 der der Dogrnatik im großen Scminar von
LagreS übertragcn. Als Msgr. ParisiS 1846 scin
Seminar eiucm rcligiösen Orben übertrug, verließ
Abbe Darboy die Divcese und kam nach PariS,
«° ihn Msgr. Affre zum Religionelkhrcr dcs Lol-
lcgs Henri IV., dann zum Honorarkanonikus von
Notre-Dame machte. Msgr. Sibour beauftragtc
ihn mit dcr Rebactton des Moniteur catholique,
die er jedoch bald abgab, und ernannte ihn zum
ersten ReligionSlehrer Les Collcgs Henry lV. und
zum Honorargcneralvikar, mit dem Auftrage, den
Religionsunterricht in den Lyceen der Diöcese zu
beaufstchtigen. 1856 begleitcte cr Msgr. Sibour
nach Rom, wurde daselbst dcm Pabste vorgestcllt
und erhielt von dtesem den Titel eines apostolischen

Pronvtarius. Ende 1856 würdc cr Tttulargene-
ralvikar dcr Mctropole und 1861, nach Ableben
vo» Msgr. Morgand, Bischof von Nancy.

Zn der „Südd. Zeitung" äußert fich Profcffor
Häusser (8-) übcr dic älatinöe» rovules jangkb-
lich Fricdrich'S dcs Großenj, dic jetzt wieder von
Lonbon auS als cin ncu aufgefundencr Schatz an-
gepricscn wcrdcn. Diesclben sind hicrnach schon
1766 im Druck erschiencn. Zur Zeit Friedrich'S
hiclt man einen Franzosen, Namens Bonneville,
für den Verfaffer, und wenn Thiebault in scinen
„Souvcnirs" gut berichtet ist, wäre dersclbe auch,
als er den preußischen Boden betrat, fcstgenommen
und bis zu seinem Todc in Spandau eingesperrt
worden. „Man ist vollkommen im Recht", sagt
Häuffer, „an eine Mystisication zu glauben, so
laugc nicht cinmal Lußcre Merkmalc ber Echtheit
von größcrcm Gcwicht bcigebracht werdcn. Wer
daö Leben und dic Schriftcn dcS KönigS studirt
hat, dem er wird cr bisweilen hart, biöwcilen frivol
erscheincn; abcr daß er platt und einfältig gewcsen
wäre, der Eindruck ist wohl noch nic Jcmandcn

geworden. Und doch muß man »on diefer Voraus-
setzung ausgehen, wenn man die Llutinöos ro/nlov
für echt halten will. Der Mühe werth wäre eS
schon, wenn Aemand einmal das im Detail dar»
legte, schon damit wir nicht alle zwanzig Zahrc
einmal dcn Humbug erleben, ein PaSquill von 1768
als neue Entdeckung ausposaunt zu hören." sDer
Historiker Preuß erklärt daS Werk i» der „Boff.
Ztg." für unecht.s

Amerika. Die Times erhält aus Richmond
vom 21. Nov. einen Bericht ihres Spezialkorrcsp.,
dem wir Einigcs übcr die Generale deS SüdenS
entnehmen. Gcneral Lee ist zwischen 50 und 80
Zahre» und noch fthr rüstig, ein Bild der Gesund-
heit und Ausdauer. Sein Benehme» tst mild und
würdevoll, fttne Erscheinung ausdrucksvoll und tm-
ponircnd, ftine dunkclbraunen Augen aufrichtig und
durchdringend. Dcr gewinnendste Zug dcS Genc-
rals ist sctne unaffektirte kindlichc Arglosigkeit und
Offenheit. Seine ttntergebenen hegen daS vollftk
Vertrauen zu ihm und bringcn ihm ihrc Achtung
und Lieb« entgegen. Sr leidet noch an den Hän-
 
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