Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

DOI chapter:
Februar
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0154
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Karlsruhe, 12. Februar. 30. öffentliche
Sitzung ber 1. Kamuur unter «em VorsiK des
Hrn. Kürsten v. 1'öwenstein. Reg. Commiffär:
Staatsrath Dr. Weizel. Tagcsordnung: Be-
gründung der Motion des Frhrn. v. Göler
aus Vörlage elnes Geseßes, welches die Ver-
hältniffe der Straßen im ganzen Lande bezüg-
llch ihrer Bau- und Unterbaltungskosten nach
glelchen Grundsäßen regeln soll. Commissions-
wahlen. Das Präsidlum thcllt mit, daß ge-
stern Seine Königl. Hoheil der Großherzog
anläßlich^der Vermählung Sr. Großh. Hoheit
des Prinzen Wilhelm einc Abordnung res Hau-
ses zu empfangen geruht und auf die Be-
glückwünschung derselbcn den allerhöchstcn Dank
und vie Ueberzeugung ausgesprochcn habe, daß
die 1. Kammer um so mehr Antheil nchme,
als der Prinz einst deren Präfldent war. Zu-
gleich habe das Prästdium gestern früh ein
Beglückwünschungs-Telegramm an den Prin-
zen selbst abgesanbt und gestcr'n Abend dic
Antwort erhalten, welche lautet: „Es dankt
sür vic Theilnahme von Herzen Jhr früherer
Präsident, Prinz Wilhelm von Baben." —
Frhr. v. Göler begründct seine Motion. Der
Theil der Straßen, welcher in Gegenden liegt,
die keine Eisendahnen habe», werde besonders
abgenußl; viele Gcgenben hälten Beilräge zu
bkjahlen, anbere nicht. Es frage sich nun,
wie Gleichheit herzusteüen sei. Entweber sollen
gar keine Straßen auf allgemeine Kosten un-
terhaltcn werden, oder allc. Ersteres sei nicht
möglich, wenn man im Zntercffe des Staales
die Straßen unterhalten wolle. Er wünsche:
1) daß alle Verkehrswege von Ort zu Ort
vom Staaie erhaltcn wcrden; 2) daß bie Ge-
meinden dazu einen Beitrag von etwa 30 kr.
für die lausenbc Rulhc leisten und 3) daß
Neubaiileii und Correctioiicn nach Bebürsniß
zwar statistiiden sollen, allein nur mit lanb-
ständischer Bewilligung. Er beantrage, eine
Commiffion zu erwäylen, welche übcr diesen
Antrag Lericht erstalte. — Frhr. v. Türck-
'heiui unb Graf v. Hennin unterstützen die-
sen Antrag, Letzterer insbesondere in Bezug
auf dic neuc Verwaltungsorganlsation. —
Staatsraih Dr. Weizel: Die Regierung sei
mit elnem Straßengesetz beschästigt; es sei eine
sehr wichtlge, schwicrige unb dringende Arbeil,
da keine Gesetze vorliegcn, welchc noch an-
wendbar seien. Zm Zahre 1839 sei ein Slra-
ßengesetz vorgelegt wvrben; es sci 4 Mal vor
die Kammer gekommen, aber doch nicht zu
Stanvc gekommen. Statistische Notizen seien
in vollständigem Maße gesammelt und würden
gedruckt werden. Bei biesem Stande der Sache
wvüe cr sich nichl inS Eiiizelne einlaffcn, sreue
sich aber, die Ansicht der Kamwer kennen zu
lernen und hoffe, aus nächstem Landtagc das
Straßkngesetz vorlegen zu können. — Hosrath
Bluntschli wünschl, daß die Kammer sich
daraus beschränke, den Wunsch auSzudrückcn,
daß eine Regelung biescr Angelegenheit zur
Vorlage kvmme. Einmal sehle es an Matc-
rial, welches überdies noch der Prüfung der
Regierung bedürfe, unb dann scheine ihm die
Frage der neuen BerwaltungSorganifation prä-
jubizieü. — StaatSrath Dr. Weizel ist bie-
ser Anfichk auch, die Regierung werde erst
nach Feststellung des Verwaltungsgesetzes das
Straßengesetz vorlegen. Aus diese Erklärung
hl'n ziehen v. Türckheim und v. Hennin
ihre Unlerstützung zuruck, wogegen Graf v.
Berlichingen an ihre Stelle tritt; die Kam-
mer beschließt jedoch mit allen gegen drei
Stimmen, auf die Mvtion zur Zeit nicht ein-
zugchen. Ju die Commiffion über dic Ver-
waltung der Rechtspolizei wcrden gewählt:
Graf v. Heynin, Ministcrialrath Dr. Jolly
und Gch. Rath Frvmherz; in jene über die
Rechtsverhältniffe der Collegialgerichte: Frhr.
vvn Göler, Hofrath Schmidt und Hosralh
Bluutschli, unb in dic über den Vollzug der
Arbcitshausstrase und Einzelhaft: Prälat Holtz-
mann, Gras von Berlichingen und Hofrath
Schmidi. Nächste Sitzung noch unbestimmt.

(B. Lz.)

Frankfurt, 12. Febr. Auf die Beschwerde-
fchrisl bes Druckereibesitzers Reinholb Baist
wegen Bcschlagnahme der «schrift „Adolphe"
an die Anklagekammer des Appellationsiie-
richtcS dahier, ist der Bcschlnß gcsaßt worden,
daß bie Beschwerbe dcm Appeüarionsgerichtk,

welches in pleno die Consiscation verfügt
hattc, vorgelcgt werden solle. — Nach dcr
Beschlagnahme wurde von dem geiiannten
Druckcreibesitzer Protest gegcn das ganzc Ver-
fahren eingelegt und für jeden Tag der Con«
fiscation eine Entschädigung von einigen hun-
dert Gulden verlangt. Die Bestellungen, die
noch täglich einlaufen, find Tausenbe, und der
Schaden, welcher erwächst, vermehrt fich täg-
l'ch- (Fr. Z.)

Berlin, 11. Februar. Dl'e Abgeordneten
polnischer Nationalität wünschen das Mini-
sterium zu interpelliren wegen der gemein-
schaftlichen Bckanntmachung, welche der Ober-
präsidcnt und der commandirende General der
Provinz Posen unter dem 1. d. M. erlassen
haben, in welcher die Polcn der Unthaten be-
schulbigt werben, welche in der bekannten De-
peschc des Petersburger Journels standeii, die
sich als unwahr erwiesen hat. Da eine Jn-
terpellativn dreißig Unterschristen tragcn muß,
so viele Polen aber nicht im Hause sind, so
werden, wie die „Rh. Z." meldet, von den
übrigen Abgeordnetcn Einige die Jntelpella-
tion mit unterzeichnen, damit die Polen nicht
sagen können, die Majorität habe sie mittclst
der Geschäftsordnung mundtodt gemacht.

Berlin, 12. Febr. Die „Nordbeutschc All-
gemcine Zeitung" demenlirt die Behauptung,
daß die Regierung Schritte behufs des Ab-
schluffes einer Anleihe gethan habe oder beab-
sichtige. Ferner berichtet fie, daß in West.
preußen ein Emiffär mit einer offenen Ordre
des polnischcn RevolutionScomite's vcrhaftet
wurde; auch in Schlesien sollen mehrere Emis-
säre verhaftet worden sein. Jn einem Leit-
artikel sagt das gleiche Blatt: Wenn von
Paris oder London aus Schrltte geschehen
wären vder geschehen würdcn, einer etwa
nothwenbigen Jntervention in Pole» cntgegen-
zulreien, so befänden wir uns nicht in der
Lage, auf derartige freundnachbarliche Vor-
schläge großes Gewicht zu legen. Die polnlschc
Lage veranlaßt schon an stch cin nahes Zu-
sammengehen Preußens und Oesterreichö mit
Rußland; und dieses Verhältniß würde noch
intimer werden, wenn eine auswärtige Politik
es durchkreuzen wollte.

Emmerich, 8. Febr. Die Paßcontrole
an ber holläiibischen Grenze ist neuerdings
von preußischer Seite wieder eingeführt und
belästigt natürlich das reisende Publikum um
so mehr, als diele Maßregel so urplötzlich ein-
getreten ist. (Zn Aachen ist dieselbe Maßre-
gel wieder eingeführt.)

Magdeburg, 10. Febr. Bei der heuti-
gen Wahi zum Avgeordnetenhausc erhielten der
Gerichisrath Voigtel (Candidal der Fortschrits-
partei) 238, dcr Profeffor Mommsen 46 Stim-
meu, KriegSminister v. Roon 17 Stimmcn.

Wien, 13, Fcbruar. Die „Amtszeitung"
bringt eiiie Verordnung des Finanzministcrs,
wclche die Ausfuhr und Durchfuhr von Waf-
fen, Waffenbestandthcilen, Sensen, Munition
und Munitivnsgegenständen gegen Rußlanb u.
Polen verbietet.

Jnnsbruck, 9. Febr. (Tproler Landtag.)
Jn der heuügen Lanbtagssitzuiig wurde der
Antrag der Regierung auf Kreisvertrctungen
sür Tprol einstimmig abgelehnt, und hingegen
der Antrag des Ausschuffes, daß Bezirksver-
tretungen errichtet werden soüen, einstimmig
angenommen.

Arankretch.

Marfeille, 12. Febr. Briefe aus Aleran-
drien vom 2. Febr. mcldcn, daß seit 2 Tagcn
15 Anfälle von Muselinännern auf Europäer
vorfielen. Am 1. d. M. begegneten Soldaten
in eincr Straße Alerandriens einem Franzo-
sen zu Pferd, der in Suez angestellt ist. Er
wurbe vvm Pferd geriffen und verwundet.
Man wollke das Opfer mit eincm Strick um
den Hals ins Meer werfen, allein der franz.
Consul Beauval befreite cs. Der Consul ver-
langte SatiSfaction innerhalb 24 Stunden,
welches Verlangen von allen Consuln unter-
stützt wurde. Hr. Beauval hat seine Flagge
eingezogen. Der Pascha befahl, daß die Schul-
digcn geknebelt auf daS sranzösische Consulat
gebracht wnrden, nnd alSdann auf die Ga-
lceren. Am 3. Febr. sollten die hauptsächli-
chen Angreifer öffenllich gezüchtigt werben.

Ztalten

Turin, 11. Febr. Der Marinelni'nister
hat in der Abgeordnetenkammer einige Gesetz-
entwürfc vorgelcgt und eine beruhigende Aus-
cinandersetzung deS Stanbes der italienischen
Maiinc gegeben. Heute hattcn die Wahlen
der beiden Viccpräsidenten der Kammer statt.
Die Hin. Restelli und Migll'etti, die ministe-
riellen Candidaten, wurden mit 120 Stimmen
bei 218 Votanten gewähll.

Türkei

Aus Konstantinopel vom 29. Januar
wird mitgetheilt, daß ein Zwiespalt cntstanden
zwischen Fuad Pascha und dem Großvezier,
welcher seine neucn Collegen unterstützt. Sir
Henrp Bulwcr rieth den Gesandten zu einem
gegen die drei ncuen Minister gerichteten Col-
lectivschritt. Die Gesandlen lehntcn dicsen
Vorschlag ab. Der Siiltan hat den neuen
Ministern zum Zeichen seiner vollen Gunst
Ordensauszeichnungen verliehen. Der Sold
des Heeres und die Gehalte der Beamten sind
seit drei Monaten im Nückstande. Es ist bas
Gerücht im Umlauf, daß ein neues Anlchen
contrahirt werden solle.

Konstantinopel» 5. Febr. Der endgi'ltige
Vertrag wegen Errichtung einer ncuen Bank
in der Türkei wurde gestern mit dem Pariser
Credii-Mobilier und der ottomanischcn Bank
in London abgeschloffen; die Concession lautet
auf 30 Jahre und das Kapital beläuft sich
anf 2,530,000 Pfd.'Slerl. Die Operationen
werden in einem halben Jahre beginnen. Die
Billete dieser Bank wcrden gesetzlichen Cursus
in Konstantinopel und in allen Städtcn haben,
wo Filialanstalten bestehcn. Die Bank wird
allc Staatscinküfle einkassiren und die Zinsen
dcr inneren und äußcren Schulden bczahlen.
Der Sultan hat eine Untersuchung über die
sinanziclle Verwaltung seines Schwagers des
chcmaligen Kapudan Pascha angeordnet. Der
egpptischc Abgesandte ist hier angekommen und
hat angezeigt, daß der Vice-König zur Zeit
des nächsten Ramazar kommen werde, um Sr.
Hoheit seine Huldigung darzubringen.

A m e r i k a

Net--Nork, 28. Jan. Man glaubt an
einc Operationsänderung der Potoinacarmee.
Ein Negiment auck Zllinois unker General
Grant wurde wegen Jnsubordination und des
Versuchs dcs Uebergangs zu den Rebellen ent-
waffuet.

Nachrichten über Polen
Berlin, 12. Febr. Ein Brl. Corresp.der„Pos.
Ztg" schreibt: „Soeben crfahre ich ans guter
Quclle, daß auf Grund eines durch den Gcneral
v. Alvenslebcn mit Rußland vermitteltcn Ab-
kommenS zwei preußische Armeccorps, dercn Zu-
sammenziehung und Completiriing bereits an-
gcordnet ist, in Polen einriicken werden. Die
bevorstehende Zntervention soll heuke ben übri-
gen Großmächten officiell notificirt worden
sein. Es wird behauptet, daß der österreich.
Gesandte seiner Regierung weitcrc Erklärun-
gen und Entschließungen vorbehalten, der fran-
zöfische Gefandle im Namen seiner Regierung
von dem Schritte abgerathen hat, ohne jedoch
ein Präjudiz für den Fall der Nichtbefolgung
des Raths zu stellen."

Die «Rh. Ztg." entnimmt einem Privat-
schrciben aus Rußland, daß man aller Orten
in Rußland mit dcr höchsten Spannung den
polnischen Nachrichten entgegensieht, daß man
dort von dem Standc der Dinge in Polen
nicht mehr weiß als bei uns, und daß man
ziemlich offen für die Polcn Spmpathien äußert.
Die „Köln. Ztg." meint, daß die Insurgenten
auf den Losbruch der Revolution in Rußland
in dicsem Frühjahr rechnen.

Der „Wien. Ztg." wird ein Telegramm
mitgetheilt, nach welchem unter den bei Za-
wichost Gcfangenen auch der schwcr verwun-
dete Jnsurgentenführer Leo Frankowski befind.
lich ist.

Der Warschauer Corresp. der „Köln. Ztg."
schrcibt vom 7. Fcbr.: „Wie man auch über
die Selbstüberschätzung der Znsurgenten denken
mag, so steht doch so vicl fcst, daß diescli'en,
abgesehen vsn den Graiifamkeiteii der Nacht
vvm 22. auf den 23. v. Mts., den Kamps
 
Annotationen