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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0187
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Ztalten

T«ri«, 2t. Febr. Die „Stamba" sagt,
ein englischer Ingenieur habe der Negierung ein
Projekt vorgelegt, dem zufolge dic Vocomotiven
auf der bisherigen Straße, auf welche Schienen
gelegt würden, über den Mont-Cenis gehen
könnten. ES sei eine Commission zur Prüfung
ernannt worden.

Grtechenland

Athen, 22. Febr. Am 20. d. gab Ka-
naris seme Entlaffnng. Bulgaris u. Ruphos
bilveten darauf folgendes Cabinet: KalligoS
das Ministerium des Aeußern, LondoS das
des Jnnern, Chapa daS der Finanzen, Arte-
mis das des Kriegs und der Marine, Vallis
der Zustiz, Kyriakos das des Ackerbaues und
des Unterrichts. Die Nationalversammlung
billigte das Ministerium. Am 2t. d. brach
eine Revolution gegen Bulgaris, Ruphos und
ihr Cabinet aus. Die Minister nahmen ihre
Entlaffung. Eine provisorische Regierung wird
nichl mehr gebildet; die Nationalversammlung
wird das Ministcrium und den Präsidenten
ernennen.

Die Nativnalversammlung hat beschloffen,
daß die Regierung aus 3 Mitgliedern bestehen
solle, von denen jedes abwcchselnd 10 Tage
lang vorsitze. Bulgaris, Rufos und Admiral
Kanaris sind zu Mitgliedern der Regierung
erwählt worden.

T ü r k e t.

Bucharest, 22. Febr. Die Adreßde-
batten haben begonnen. Vernesco spricht
sich gegen das Zweiund-dreißiger-Projekt, d.
k>. gegen die Einsetzung eines fremden Für-
sten, aus. Beifall eines großen Theils der
Kammer.

Nachrichten über Polen

St. Petersburg dcn 12. Febr. Endlich
scheint denn auch von hier aus Ernst mit dem
Aufstand in Polen gemacht zu werden,
denn vie ganze zweite Garde-Jnfanterie-Di-
vistonen rückt nach Wilna ab, um die drei
Diviflon des ehemallgen ersten Armeecorps,
jetzt Militärbezirk Wilna, für Polen sclbst
verfügbar zu machen. Auch eines der Garde-
schützenbataillone, entweder das des Kaisers
oder das der kaiserl. Familie, geht mit nach
Wilna, ebenso die zweite Gardeartilleriebri-
gade (drei Batterieen) unter dem General-
major Raisch. Gleichzeitig will man hier wis-
scn, daß die gcsammte Ka vallerie des Mi<
liiärbezirks Kicw ebenfalls in das eigentliche
Polen einrücken, dagegen Kavallerieregimenter
des ersten Rescrve- (ehemals vierten Armee-)
Korps und des Militärbezirks Ooeffa nach
Podolien und Volhynien verlegt werden.

Krakau» 18. Febr. Der „Schies. Ztg.«
wird üder das schon theilweise telegraphisch,
aber sehr ungenau und entstelltc Gefecht bei
Miechow Folgendes gcschrieben: Hcute habe
ich Jhnen über eine» bci und in Miechow
selbst zwischcn den Jnsurgenten und der dort
zurückgebliebenen russischen Besatzung vorgc-
fallenen Kampf zu derichten, in welchem die
Erstercn unter bedeutendem Verluste geschlagen
nnd gänzlich zersprengt wurven. Die Russen
zogen von Miechow in zwei Colonnen ab, um
das Lager der Jnsurgenten in Ojeow zn um-
ringcn und anzugrcifcn. Die erste Colonne
operirte in sütwestlicher, die zweite in nord-
östlichcr Richtung gegen diesen Ort. Bon
dicsen Bewegungen unterrichtet, vcrließen die
Jnsurgentcn am 16. das Lager — 3000 Man»
— in 3 Abtheilungen, wovon eine dcrselben
mit der zweitcn Colonne der Ruffen in's Ge.
fecht gerieth, die beiden andern Ablheilungen
hingegen auf Umwegen nach einem sechsmei-
ligen Marsche, am 17. zwischen 4 — 5 Uhr
des Morgens, hungrig, erkältet und ermüdet,
südlich vor Miechow ankamen. Dieses Corps
bestand aus 400 Mann Zuaven, mit Schuß-
waffen bestens ausgerüstet, 300 Mann Rei-
terei und 1500 Mann Koffcnieren (Scnsen-
männern). Kurowski hattc den Oberbefebl,
kin Franzose, chemais unter Garibaldi Offi-

cier, commandirte daS EorpS der Zuaven, ein
junger polnischer Edelmann die Reiterei; Mie-
chow war den Tag vorher von sämmtlichen
Bcwohuern (entweder freiwillig oder gezwun-
geu) gänzlich verlaffen. Die russische Be-
satzung bestand aus 500, nach andern 800
Mann Znfanterie und 300 Mann Kosaken.
Die Jnfanterie hatte sich in drn Häusern der
innern Stadt, in der Kirche und dem Kloster-
gcbäude fest verbarrikadirt. Ohne alle Vor-
bereitungen oder kluge Maßregeln, als eine
Recognoscirung dcr ersten Straße durch vier
Mann Reiterei, welche berichteten, daß die
ganze Stadt ruhig zu sein scheine, schritt
Kurowski mit scinea soeben erst aagekommenen
todtmüden Leulen zum Angriff. Svwohl Zuaven
als Koffeniere drangen in großen Haufen durch
die Straßen bis auf den Ringplatz vor. Dort
wurdcn sie sofort von einem zweimaligen
Kreuzfeuer der Ruffcn aus den Fenstern und
von den Dächern der Häuser empfangen. Trotz
dcs fürchterlichen und vernichtendenKugelregens
versuchten die Znfurgenten unter den verzwei-
feltsten Anstrengungen die Häuser am Ring-
platz zu erstürmen, doch vergebens, da alle
Häuser fest verrammelt waren. Das ununter-
brochene Kreuzfeuer trieb endlich die Stürmen-
den zurück. Ein wiederholter Versuch durch
neue Haufen war eben so erfolgloS als un-
glücklich. Jnzwischen kamen östlich aus der
Stadl dic 300 Kosaken zum Vorschein, um
den Jnsurgenten in den Rücken zu fallcn.
Kurowski mit mehr als der Hälfte seiner Leute
ergriffen die Flucht, die ankere Hälfte der
Koffeniere und sämmtliche Zuaven hielten festen
Stanv und nahmen gegen die hcransprengcnden
Kosakcn und einc aus der Stadt dringende
russische Jnfanterieabtheiluug unerschüttcrlich
auf's Neue den Kampf aus. Mangcl an Mu-
nition zwang auch sie die Flucht zu ergreifcn.
Von den Kosaken vcrfolgt, wurde auch der
Rcst in eiliger Flucht in verschiedenen Rich-
tungen zersprengt. Die Zahl der im Jnnern
der Stadt gefallenen Polen wird verschieden,
auf 3 bis 400Mann, im Kampfe außerhalb,
auf 150 bis 200 angcgeben. Verwundct und
nicht tobt soüen im Verhältniß zu den Ge-
fallenen nur wenige sein, 50 bis 80, da jeder
einmal verwundet, den Tod suchte. Nach
Krakau wurbcn bis jetzt gegen 30Verwunbete
eingebracht, die zum Thcil in der Klinik und
zum Theil im städtischen Krankenhause, in
Hotels und in Privatwohnungen aufgenommen
wurden. Ebenso kamen hicr heute gegen 300
Flüchtlinge des Jnsurgentcncorps an, von
denen die Mehrzahl sich mvrgen sammeln und
zum Corps des Langiewicz abziehe» wollen.
Dcn Aussagen derselben nach, sollen sich die
übrigen flüchtigen Jusurgentcn in kleinen Ab-
theilungen ebenfalls wieder sammeln und zum
Corps des Langiewicz stoßen wollen, da sie
sich in der Führung des Kurowski gänzlich
getäuscht unb nur nvch zu Langiewicz Ver-
traucn haben. — Heute Nachmittag ging von
hier eine Escadron Husaren zur Verstärkung
des aus Jägern bestehenden GrenzcvrdonS ab.

Krakau, 18. Febr. Nach neucingelaufe-
nen Nachrichten haben sich hinter Miechow
die Jnsurgentcn aus's Neue gesammclt, sie
griffcn die Stadt nochmalS an, vertrieben dar-
aus die Russcn bis auf die Kirche unb daS
Klostergebäuvc, welches noch von den Ruffen
vertheidigt wird, und haben die Kosakcn zer-
sprengt und in die Flucht geschlagen. Miechow
steht in Flammen. — Außerdem svll Slomniki,
ein Marktflecken zwischen Miechow und Micha-
lowice, wo eine kleinerc Abtheünng Jnsur-
gcnten gegen die nordöstliche russische Colonne
gekämpft hat, ebenfalls in Branb gesteckt sein.

Der „Schles. Zeitnng" schreibt man aus
Warschau: Die Stimmuug unter den Polen
ist eine gedrückte und trübe, besonders scit
der Gefangennehmung des Jnsurgentenführers
Frankowski und der unerfreulichen Nachricht
von crheblichen Verlusten, welche Langiewicz
erlitten haben soll. Jn den Reihen der von
Letzterem bcsehligten Schaar scheint die Deser-
tion Fortschritte zu machen. Jn einem durch
Vermittlung der provisorischen Regierunq ver-
öffenllichten Tagesbefehl heißt es, daß Dieje-
nigen, die in wenigen Tagen nicht zu ihrcr
Fahne zurückkehien, als Landesverräther be-
trachtet und mit Lem Tode bestraft werdm

sollen. Jn den BulletinS der Aufständtschen
werden die gefallenen Ruffen zu Hundcrten
gezählt, eine Uebertreibung, die ebenso ,hren
Zweck verfchlt, als die gegnerischen Berichte
durch ihre augenscheinlich zu niebrigen Angaben
der erlittenen Verluste.

Dem ,Goniec« zufolge wurde der Sccretär
des Marquis Wielopolski, Sokotowski, von
den Aufständischen ergriffen und ihm eine
Summe von 2 Millionen polnischer Gulveu
abgenommen, welche er in's Ausland führen
sollte.

Lemberg, 23. Februar. Langiewicz steht
noch in uub um StaSzow, die Ruffen in
Stobnica. Gestern Nacht sind bei Krakau 56
für die Zasurrection Angeworbene sammt 34
Pferden von Militärpatrouillen aufgebracht
worden.

Breslau, 23. Febr Die hcutige «BreS-
lauer Ztg." melbet auS Kattowitz, 22. d.:
Zahlreiche, vor den voranrückenden Ruffen
sliehende polnischc Familien. Die Rus-
sen sind in Zomckwitz eingelroffen und wer-
den morgen früh in SoSnowice erwartet.
Der Znfurgentenanführer Kurowski hat
sich erschoffen.

Neueste Nachrichteu
Turin, 23. Febr. Jn Mailand und
Florenz haben gestern zahlreich besuchte
Volksvcrsammlutigen zu Gunsten Po-
lens statkgefunden.

Paris dcn 23. Febr. Der Constitution-
ncl tritt heute der Aufregung entgegcn,
welche bie Nachricht von dem russisch-preußi.
schen Vertrag an der hiesigen Börse zur
Folge hatte. Die Blätter hatten übertriebene
Besorgniffe wachgerufen. Bis jetzt habe die
Regierung sich barauf beschränkt, mil bem Lon-
doner Kabiuet sich darüber ius Vernehmen zu
setzen, was unler den gcgenwärtigen Umstänben
zu thun sei.

Vermischte Uachrichten.

*Wte vr. Kuhlmey lu dee erlieo diesjährlgen Sltzuug
dcr Berltntschen Gesellschaft für dcutsche Sprache nachzu-
weisen gesuchr hat, ist der ^deutsche Mtchel" etgentlich eta
Pfälzer, Michel Oberntraut, eineS Amtmanns Sohn auS
Stromberg tn der Pfalz, etner der kühnsten Reitcrführer
des 30jährigen Krtegeö, der oft dte Ghre der pfälztschen
Waffcu rettete und zuletzt unter der Fahne des Dänen»
köntgs stritt. Die Dänen waren es auch, dte thm den
Ehrennamen „deutscher Michel" gsben.

* Bruchsal, 23. Febr. Bet der Station Untergrom-
bach eretgnete sich heute ein schauerltcher Fall. Während
der Schnellzug von KarlSruhe daherbrauste, warf fich etu
Mann, dem Vernehmen nach etn Dragoner, auf die Schie-
nen, tn Folge deffen der Körper augenbltcklich in mehrere
Stücke zerriffen wurde, welche fich thetlweise, namentlich dte
Betne derart tn das Näderwerk verstochten hatten, daß sie nur
schwtertg daraus zu entfernen waren. Vom Kopfe konnte
ntchts mehr au/gefunden werden. — Der Zug erlttt kaum
etne Störung.

.. Aus dem Amtsger.-Bezirk Bonndorf, 20.
Febr. Gtn Betspiel gräßtlcher Smenveiwtlderung einer
Bestte tn Menschengestalt wurde heute Morgen bei unS
constatirt. Jn dem zwtschen Bonndorf und Ltrkendorf ge-
legenen herrschaftltchen sog. Büchstetgwald wurde etn neu-
geborneS Ktnd noch am Leben gefunden, mit Reisig zuge-
deckt tn etncm letchten Bcttchen. Nach vorläufig erhobenen
Thatumständen hatte daS arme Kind scho» die letzte Nacht
tn dtesem Zustande durchlebt/ und wurde heute Morgen
durch deffen Schreten dte Entdeckung herbeigeführt. Auch,
dte Thätertn wurde tm Verlauf deS heutigen TageS durch
den nahe jenem Walde wohneuden herrschaftl. Pächter zu
Horben ermtttelt und sogletch festgenommen, um sie dem
Gertchte zu überltefern. Der Schlozzer, den dte Raben-
mutter dem Säugling noch zurücklteß, war betm Auffinden
hart gefroren.

* Heidelberg, 24. Febr. Unsere gestrtge Mtttheilung
über den unweit bes Kohlhofes stattgehabten Unfall müffen
wir uoch dahin ergänzen, daß derselbe ledtgltch dem unver-
antwortltchen Leichtfinn des KulscherS, deffen Näme übri-
genö ntcht Keller, sondern Theodor Breunig ist, zu-
zuschretben war. Jm Wagen selbst befand fich »ur der
Retsende auS Matnz, welcher mit einer unbedeutenden Ver-
letzung davon kam, währcnd dte Droschke vollständtg zer-
trümmert wurde. Der Kutscher tst glückUcherwetse aus seinem
nur schelntodten Zustanve wteder erwacht und wtrd — hof-
fentttch aber nicht hter — setn Handwerk mtt mehr Nüch-
ternheit forttrcibem_

Pörsenbericht.

Frankfurt, 23. Febr. Jm Verglctch zur vorgestrigen
Nottrung waren österr. Credttactien zwar etwaS ntedrtger.
ES zeigten sich jedoch dafür vtele Käufer und zu den nle-
drtgeren Eoursen fandcn bedeutende Umsätze statt. Nat.-
Obligat. wurden besser bezahlt und Loose von 1860 waren
unverandert.

(Schlußcourse.) Credit 222 —221^/4—222^ Geld,
Nattonal 68s/g hcz. Geld, Loose 81 — Vs bez. Feste
Teudenz.
 
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