Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

DOI chapter:
Nr. 205-230 September
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0225
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Neidelbtrgrr Ieilung.




Sonntag, Ä September

» Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann mau sich
— ^ — noch für den Monat

Acptember mit 18 Kreuzern abonniren bei
allcn Postanstalten. den Boten und Trägern,
sowie der Expedition (Schissgasse iltr. 4).

* Politische Umschan.

Baron Hock wird Oesterreich auf dcr Ber-
liner Zollconferenz »ertreten, aber vor 8 Tagen
nicht dahin abreisen.

Man pflegt die Türkei unter den Ländern
zu nenncn, in denen die Sklaocrei noch fort-
besteht. Jndeß verdient cs Erwähnung, daß
jene nnwürdige Jnstitution ohne alle Erschüt-
lernng daselbst iinmer mehr beseitigt wird, der-
gcstalt, daß die ganze Sklavenbevölkernng in
dem in drei Erdtheilen auSgedehnten Reiche
mit etwa 36 Miüionen Mcnjchen anf nnge-
fähr 1lXi,000 Sklaven zusammengeschniolzcn ist.
Dic circassische AnSwanderung hat dem Handel
init Weißen ein Ende gemacht. Der ganze
Sklavenhandel beschränkt sich auf den stch ver-
mindernden Verkehr in wenigen Plätzen Nord-
afrika's. So kann nian sagen, daß die Gesetz-
gebung nnd die Sitten jener häßlichen Znsli-
tntion im türkischen Reiche rascher ciu Endc
machcn, als in großen Landstrichcn des christ-
lichen Amerika!

Zn der belgischcn Abgeordnetenkammcr wurdc
die Vcrhandlung vorgcstern auf cininal hcstig,
ja geradezu leioenschastlich. Die clericale Par-
tei, voran Coomans aus Autwerpen, suchte
einen L>chluß der ganzen Sejsion herbeizuführcn
unter Verschiebung des AntragS auf Credilbe-
willigung für Fortsetzung deS Antwerpeuer
FestnngsbaucS. Siatürlich ward dies schließlich
verworfen.

Zn der „TimeS" wird Persigny's Behaup-
tnng, daß in England seit Wilhelm dem Er-
oberer eine Clajsenregierung bcstehc und die im
OberhauS repräscntirte Aristokratie cntscheiden-
den Einfluß übc, zurückgewiesen. Das Ober-
hauS rekrutire sich fortwährend auS der Zntel-
ligenz und dem Reichlhumc dcs Landis; die
alten Fainilien scicn längst auSgcstorbcii; die
neuen Pairsfainilien nur aus dem Vcrdienst
ihrer Gründer entstanden. Nelson sci cin ent-
laufener Matrosc, Clivc ein unbrauchbarcr
CommiS gewesen. Wcnn man in Frankreich
sage, jeder Soldat habe einen Aiarschallstab im
Tornister, sv könne man in England mit grö-
ßerem Recht behaupten, jeder Knabc habe cine
Pairie in scinem Gchirn. Jn Wahrheit werdc
England von der Zntelligenz und dem Rcich-

Photographischc StuLicn.

Das „Sichphotographirenlassen" ist ein fo wick-
tiger Faclor im geiellfchaitlichm uno Hamllicllteben
unierer Tage aeworden, daß cin S»ilem der Slcl-
lungen uno Geberden — zum Bciten der Photo-
graphirenden somobl, als derjcnigcn Künstler, dik
>u «cr schönen Uib-rz-ugung gclaiigt find, daß
hauptsächlich elne stnnrcichc Abwechslung „in dkr
SteUung" dic Metlterschaft anf dtcsem Felve be-
kiindet — zu den dringend gefühlteii Bebürfniisen
gehören möchte. Beidcn Theilen stcllen wir htcr
eiiitge flüchtige Andcutuugen zu Gedote. Wir übrr-
gehen dic einfachen Stellungcn, als da find i dlc
glelchgillig-anständigc mlt herabhängcnd!» Ar-
mcn; die geislreich - dtplomatische mit jurüitgewor-
fenemHauptc uud unter demBriistlatze vcrborgener
Rcchlen; die schweririüthig-gciiiale mtl vcrichränklen
Armen und finster bltckendcn Augen; die fidele odcr
lrgörc mit tiei in die Hoientascheii gesteckcen Hän-
den, als befände fich sehr viel — oder schr wcnig
Geld dariiilieii. Sinnreichcr, bedrulsamcr schon
ist dlc Stellung mlt einer gebrochencii Säulc. Sie
tst folchcn jungeil Herren zu cmpfchlcil, dic dcr
Danie lhre« HcrzrnS daS Heiialhcn veriprochcn
habcn und doch inimer Nlcht in dcr Lage sind, daS
Veriprechen zu hallen. DaS Hinsttzen aus Säulen-
trümmern, mit gramvoll gestühtcin Haupt und
verzwtifrlt durchwühltcm Haar paßt für solche Züng-

thum regiert; Pcrsigny schc daher die Dingc
>n England vcrkehrt an, odcr wie einem Gelb-
süchttgen crschcine ihm Alles kolorirt.

Jn Zrland kommen noch immer da und dori
Excesse vor. Solche wurdcn u. a. durch eine
Bande von ungesähr 60 Organisten in dcr
Gegcnd von EneSkillen vcrübt. Sie zogen mil
Pfeifcn und Trommeln umher, schrien nnd
schvsscn und vcrübten allerlei Unfug, dann
vcrfchwanden sie in der Nacht.

Die Si. Peterburger Zeiiung enthält eincn
beachlenswerlhen Artikel über die Zukunft des
Papstlhums, worin gesagt >v!rd: der bevor-
stchende Tod des PapsteS werde sür den Süden
Europas gerade die nämliche Wirknng haben,
welchc daS Ableben des KönigS Friedrich VII.
von Däneinark sür dcn Nordcn hervorgebracht;
dann werde die Päpftliche Fragc ihrc Lösuug
stnden müssen. England, Preußcn und Ruß-
land, die sämmilich ohnehin keine kaiholischcn
Mächte seien, hätlcn kcin Jnteresse, zn verhin-
dern, daß Jtalien seine naiürliche Haupiftadt
erhalte.

Zitt' Schleswig-Holsteitt'fchett
Sache.

Jn Betrcff der Wiener Friedensverhandlun-
gen demerkt die Prov.-Corr., daß an den Prä-
liminarien, resp. der völligen Abtretung der
drei Herzogthümer durchaus nichts mehr gean-
dert werden könne, und daß daher cin etwaiges
Bestreben der dänischen Bcvollmächtigten, soviel
als möglich von Nordschleswig zu retten, seldst«
verständlich ohne jede thatjächliche Folge blciben
würde. Es handle sich jetzt nur um das De-
tail der Grenzregulirung und vor Allem um
Erledigung finanzieller Fragen, wobei es da-
rauf ankommen werde, weder Dänemark noch
die Herzogthümer zu schwer und unbillig, zu
belasten.

Kopenhligen, 31. Aug., Abends. Das
Folkething nahm heute nach heftiger Debatte
die Anträge des politischen und des Mititär-
ausschnffes an. Die Schließung der Session
erfolgt morgen. — Der Großfürst-Thronfolger
Nikolaus ist hier angekommen und beim rus-
sischen Gesandten abgestiege'n.

Frankfurt, 1. Sept. Zu Anfang der heu-
tigen Bundestagssitzung kam die Begründungs-
schrift des Herzogs von Augustenburg nebst
Urkunden zur Vorlage und wurde dem holstei-
nischen Ausschuß zur Prüfung zugcwiesen. —
Hierauf erstattete dcr Ausschüß der Nachdrncks-
commission Bericht über seine bisherige Thätig-
keit und beantragte, daß der von ihm bearbei-

linge, dir tn ihren Mußestunden den Pegasus in
die Schwemme reiten; ba muß unbedingt etwas
gebrochenes dabei sein. Sehr gut macht sich für
unternehmende Männer die Stellung mit dem Iä-
gerhut und Flinte sein obentlicher Photograph hat
immer welche vorrathig) vor einer Gebirgsland-
schaft mit springenven Gemsen oder Bären in der
Perspective. Faft ebcn so schön, nur etwas schläf-
riger erscheint die Haltung eines Anglers an einein
einsamen, fe sumschlosscnen Bächlein.

Dcnkenben Männrrn ist die Stellung mit einem
Zcitungsblatt fehr zu empfehlen; auslandische Zei-
rungen, zumal französische oder englische, die so
zu halten sind, daß der Titel gelesen werden kann,
verdienen den Vorzug. Den für Bier und Fieund-
schaft empfänglichen Gemüthern sind schäumende
Krüge eine Nothwendtgkeit; und in dieser Be-
ziehung habeu wir eine ungewöhnliche Anzahl von
Stcllungen gesammelt. Zwei schmunzelnde Köpfe
hinter einem Kruge bedeuten große Innigkeit.
Große Freundschast bedeutet auch bei Dreien oder
Virren ber Moment bes Anklingens, wobei cs sich
sehr gut macht, wcnn die sreien Hände auf den
vcrschiedenen Schultern herumliegen. EmpfehlcNs-
werth ift auch für Zecher die Lage im Grase, welche
die hrrrlichsten Grupptruugen gestattet. Eine Ge-
sellschaft von einem Dutzenb, um ein Bierfaß ge-
lagert, bictet einen imposanten Anblick, zumal,
wenn alle zu glcicher Zeit die Krüge anfbeben.
Nicht so großartig, aber geisireicher macht sich ein


tete Entwurf zur Kenntniß sämmtlicher, auch
derjenigen Regierungen gebracht wcrde, welche
sich bei der Commission nicht betheiligt haben,
mit dem Ersuchen, sich bis Ende dieses Jahres
zu äußern. Die Abstimmung über diesen An-
trag soll in drei Wochen erfolgen. — Schließ-
lich wurden über Unterstützungsgesuche von
Offizieren dcr ehemaligen schleswig-holsteinischen
Armee Beschlüffe gefaßt.

DeutschlanV.

Karlsruhc, 2- Sept. Seine Königliche
Hoheit der Großherzvg haben «ich unter dem
22. August d. I. gnädigst bewogen gcsunden,
dem Borstand des Gcheimcn Cabineis, Lega-
tionsrath Freiherrn von IIngern-Sternbcrg, die
unierthänigst nachgesuchie Erlaubniß zu crihci-
lcn, das ihm von Seincr Majestäi dem Kömg
von Würiemberg verliehene Comthurkreuz des
OrdenS dcr würtembcrgischcn Krone anzuneh-
men und zu tragen.

Karlsrubc, 2. S-pi. DaS heuie erjchiencne
Regierungsblati Nr. 41 enihält (außer Perso-
nainachrichlen):

Bersügungen und Bekanntmachnngcn der Mti-
nisterien. Bekanntmachungen des großh. Mini-
steriums dcs Jnncrn: s) Die SiaaiSgcnehmi-
gung von Siistungcn im Scekrcise im zweiien
Quartal 1864 betrcsscnd. li) Die Siaatsge-
nehmigung »on Siisiungen im Oberrheinkreise
beiresscnd. v) Die Siaatsgenehmigung von
Süsiungcn im Hnterrheinkreise betressend.

Karlsruhe, ZI.Äug. Die Wahtvrdnung
zum Schuigesetz ist crschiencn, die BvllzugSvcr-
vrdnung muß batd nachfolgen. Es handclt stch
aber vorerst stets nur um bie Aussichtsbehördcn
für dic Vvlksschule. DaS eigentlichc Schulge-
sctz (die KnieS'schen Thesen) ist noch nichi be-
rathc» wordcn und gclangt erst in dic nächste
Sejsion. — Dcr Besuch des Königs von Prcu-
ßen ist sür die Ocfsentiichkeit bis jetzt spnrloS
vorübergegangen, weil jeine Anwesenhcit auf
Mainan, an der entferntesten Ecke nnseres
Landes, lediglich dem Besuche der hohcn An-
gehörigen gaii. Der Köntg wird heutc in
Baden cintresscn. (F. Z.)

Karlsruhe, 2. Sepi. Die Berhanolungcn
zwischen Oesterreich und Prcußen übcr die Zoll-
einigungsjragc werden demnächst beginne». Es
ift die einzige Frage, bei weicher sich das Mini-
sterium BiSmarck nicht allein auf die gegcdencn
geographischen und wirihjchastlichen Verhäit-
nisse, jondern anch auf die (z. Z. in parlibns
iniilleiinM befindliche) Landesverirctung stützen
kann. ES herrscht beßhatb in zahlreichcn Krcijen

necklgcs, schelmifchcs Lächcln hinlcr den Gläserii.

reicher^kann man sein Verständni^ sür bie Natur
und ihre Gaben nicht darthun! Eben so sckön und
geisireich, abrr moderner in ber Auffassung ist die
Stellung eines wirklichen Dickters, welcker sich mit
etnem einfachen Bleistifte im Munbe barslellt. Lief»
sinnige und vielseitige Geister werfen sich, bei dem
schon etwa^ Abgenutzten der obigen Stellung, mit
aller Hnergie guf die Erfindung ganz neucr. So
erblicken wir einen angenehmcn jungen Mann auf
etner BaU.ustrade reitend; er hat etne Reitpeitsche
in der Hand und scheint Bcwegungen machen zu
wollen, wie Eincr, der ctnen Renner zügelt; es
liegt offenbar die Andeutung darin, daß auch er
sonst immer zu Pserde, also ein förmlicker Cava-
lier sei. (Schluß f.)
 
Annotationen