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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0250
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Frankfurt, 9, Septbr. So eben hat der
Senat in der Verfassungsfrage beschlossen, nach
dem Antrage d-r gesetzgebenden Versammlung
zuerst dic Gl-ichbercchrignng aller Religions-
genossenjchaften zur Absrimmung bei der Bür-
gerschaft zu bringen. Die Abstimmung wird
eine geheime sein, und zur Bejahung ist erfor-
derlich, daß von den drei (provijorijch noch
sortbestehenden) Abthcilungcn der Bürgcrschast
zwei mit Stimmenmehrheit sich sasür erklären.

Ludwigsburg, 8. Septbr. Mit dem 1.
October wird die k. Leibgarde zu Pferde auf-
gelöst werden. Ein kleincr Theil der Mann-
schast wird die Feldjägerschwadron verftärkcn,
der grösterc Theil aber so nnter die vier Reiter-
regimcnter vertheilt werden, daß jedcs dersclben
32 Mann und Pferde erhält. — Unsere Jn-
santcriercgimcntcr sind jetzt mit Zclten auSgc-
rüstet, deren Beftandtheilc von jc jechs Mann
auf den Tornistern getragen werden.

Berlin, 6. Septbr. Aus dem „deutschen
Stadtetag" wird Berlin nicht vertreten sein.
Dem Vernchmen nach hat der hicsige Magi-
strat die ihm zugekommene Einladung zur Be-
theiligung an demselben abgelehnt.

Bcrlin, 8. Sept., Abends. Bezüglich dcr
von dcr Pariser „Patrie" gemachten Aeuße-
rung, nach welcher angeblich Frankreich auf
einen von Wien und München ausgehenden,
aus Abändornng dcs HandelSvertrages gerich-
teten Antrag nicht eingchcn würde, sagt die
„Norddeutsche Allgemeine Zeitung", sie sei
nicht dcr Ansicht, daß Oesterreich nnd Bahcrn
sich dadurch svllten zurückschrccken lasscn. Die
Regierung des Kaiscrs der Franzosen habe so
ofl bewiesen, daß sic realen Verhältnissen Rech-
nung zu tragen wisse, daß sie dieß hossentlich
auch bei diescr Gelegcnhcit thue und diese An-
träge, wenn sie gemacht werden sollten, einer
genaucren Prüsung unterziehen werde.

Bvnn, 7. Sept. Der Abgeordnete Pros.
v. Sybel ist sortdauernd leidend; seineS uicht
wcichenden Augenübels wcgen ist ihm geboten
worden, jede außerordentliche Anstrengung und
Ausregung zu vermeiden, so datz er auch ver-
hindert war, in den Pariser Archiven während
der jctzigen Fericn historische Forschungen an-
zustcllen, wie er dicS beabsichtigl hatte.

(Elb. Z.)

Köln, 8. Sept. So eben verkündigt das
Geläute von allen Thürmen die Trauernach-
richt von dem Tode Sr. Eminenz des Herrn
Erzbischoses und Cardinals Zohannes v. Geissel.
Er entschlief sanft bald nach 10 Uhr im 89.
Jahre seines AlterS, nachdem er fast 23 Jahre
die Erzdiöcese Köln geleitet.

Wien, 7. Sept. Das Urtheil gegen Schu-
selka («egen Beleidigung der kathol. Priester)
ist in zweiler Znstanz bestätigt worden. Es
lautct auf cinen Monat (mit einem Tagc Ein-
zelhaft verschärjten) Arrest nnd 80 fl Cau-
tionsverlnst. Schuselka vcrliert in Folge jeiner
V-rurthcilnng die Mitgliedschast im österrei-
chischcn Landtage. (Wiener Bl.)

Frankreich

Paris, 7. Sept. Die Reise der Kaiserin
nach Deutschland hat hier große Sensation er-

Hitze von 180 Grad oder durck btc Erplofion eines
Gegenstandes an fctner Lbersläche. E. Nobel und
dcr Technolog nebst einem jüngcren Knaben und
einem 19jährigen Mädchen? welchc hülfreiche Hand
beim Erperimcntiren letsteten, wurden lotal ver-
brannt an oerschiedenc Strllen gewvrfen. Etncr
Frau, welche in etnem der Kabrik nahegelegcnen
Hause aui Stcin wohntej wurde durch Etnfturz der
Mauer -in Theil des Kopfes z-rquetscht. Autzcr
diesen ist, so vicl man bis jetzt wcitz, nvch ein
Sohn deS Herrn Nobel schwcr am Kopse verletzt
worden. Ein Schneider, Namens Nyman, welcher
geravc währenv der Erplosion dte Fabrik passirte,
wurdc so zugerichtet, daß er sosvrt vcrendetc. Jn
der Kabrik waren ungesähr 200 Pfund Nitro-
Glycerin, welche an Krast eincr Pulvermenge von
1200 Pfund entfprcchen, außerdem eintgc hundert
Pfund Salpetcr und Schweselsäure. Einigcn Leu-
ten, dte i» der Näh« zur Sommcrlnst wohnten,
sind die Möbel stark beschädigt wvrden.

iEine Ohrfeigen-Sccne.) Por einigen
Tagen erctgnete fich in der Strobelgaffe in Wien
nächft dem Stephansplatzc cin eigenthümlicher Fall.

regt und man zerbricht sich den Kopf Lber die
gesundheitlichen oder anderen Gründe, welche
cS erhcischt haben, daß stch dieselbe so urplötz-
lich in den kleincn nassauischen Badeort be-
gibin wollte.

Pnris, 7. Sept. Die Kaiserin Eugenie
weilt in Schwaibach unter dcm Namen einer
Gräftn von Pierresonds. Jhr Gefolge besteht
auS den GrLfinnen. Labedojere, de la Poeze,
Fräulein Bouvet, Admiral Zurien de la Gra-
vicre, Marquis de Caux nnd Gras Cosse-
Brissac. — Wie man »ersichert, wird Prinz
Rapoleon den Kronprinzen Humbert auf dessen
Reise nach England begleiten.

Paris, 8. Septbr. D-r heutige Wochen-
ausweis der französischcu Bank zeigt eine Zu-
nahme des BaarvorrathS um 1^/, Mill., deS
Portcseuilles um 2 Will., deS Guthabens des
Staats uin 3^/z Mill.; dagegen eine Abnahme
der Vorschüsse auf Unterpfänder um 1 Mill.,
des Noteiiunilaufs um 15>/, Mill. und des
Conto-Corrents der Privalen um 4^/z Mill.

S ch w e t z.

Znteressant ist, daß die Bewohner von Schwhz
den großen Mhthen (bekanntlich weit höher
als der Rigi) leicht besteigbar machen, indem
ste eine Treppe bis zur Spitze an demselben
herstellen. Die Anssicht soll außerordentlich
weit und schön scin, was man wohl ans seiner
isolirtcn Lage erklären kann; besonders hat
man die Alpen und ihre Gletjcher auf der öst-
lichcn und südöftlichen Seite sehr nahe; in zwei
Stunden wird man ihn erstcigcn können.

Bcrn, 7. Scpt. Die noch immer jehr ge-
reizte Stimmung der Gemüthcr in Genf, na-
mcntlich die scharse Sprache der Prcsse, hat
dic eidgenösstschcn Commissärc veranlaßt, den
einzelnen Blättern möglichste Mäßignng anzn-
empsehlen.

Z t a i i e »

Mailnnd, 6. Septbr. Die Rückkehr deS
GencralS Lamarmora von Paris wird in Neapel
und in ganz Jtalien mit großer Spannung
erwartet, indcm man anniinmt, daß scrne langen
und vertrauten Unterredungen mit Napoleon
und seinen Staatsinäiinern Bortheilc für Zta-
licn erziclen werdcn.

L p a ii t e n

Mndrid, 7. Scpt. Marquis Rivcra ist
zum Gesandten Spaniens bei dem Kaiser Mari-
milian von Mexiko ernannt. — Die „Jberia"
tadelt das Vkrfahren der französischen Regie-
rung gegen die mcxikanischen Gefangenen.

Neueste Nachrichten.

Wicn, 9. Scpt. Dic-„Eeneralcorresp."
erfährt, daß die Anerkeunuiig des Königs von
Griechenland von Seite Oesierreichs demnächst
erfolgen wird. Das kaiserliche Cabinet habe
übrigcns diesen Act crst beschlossen, nachdem eS
stch mit dem Hofe von Bayern in Einverneh-
men gesetzt und allcn Rücksichten sür dic bahe-
rische Königsfamilie Rechnung getragen habe.

Ein ungefähr zwöis Iahre alter Knabe wurde von
etnem rasck daher eitcnden Wagen dafelbft ntedcr»
geworsen. Ein gerade vornbergchcnder Herr crsaßte
den Knadcn bcherzt am Arme nnd zog thn unter
den Pferden hervor, b-vor ihn noch die Räder
berühren konnten. Dcr Knabc, welcher am ganzcn
Leibe zitterte, erhielt nun von cinem andern Hcrrn
linc derbe Ohrscigc. U-ber dicse Rohhcit crzürnt,
gab dec Rcttcr sie dem Herrn zurück. „Hcrr, tch
bin d-S KindeS Bater!" — „Nun, ich habe Jhrem
Sohne das Leben gerettet, nehmcn Sie dte Ohr-
seigc als Andenkcn dazu." Die Menge, die dieser
Vorfall versammclte, brach in lautes Lachcn aus,
und der herzlosc Vatcr, der sein Kind für seinen
-rlittenen Unfall strafen zn müffen glanbte, verlor
sich beschämt in der Mengc.

Dir regiercnde König von Prenßc» heißt bekannt»
lich im Volks- nnd Soldatenmund „Herr Lehmann".
Bei sein-m Anfenthaltc in KarlSbad kürzlich be-
g-gnete nun Se. Majestät ein-m gemeinen prcnßi-
schen Soidaten, dcr dtr Kur daselbst brauchte.
Warst du auch bei Düppel, fragte ihn der König.
„Ja, Majestät!" Wt- h-lßt Du? D-r Soldat

" Heidekberu, 10. Septbr. LassalleS
Leiche ist heute von Gens nach Berlin hier
durchpasstrt.

-j- Heidelberg, 9. Scpt. Gestern Abeud
und heute Mlt Tagesanbruch verkündeten Böller-
salven vom Schlosje, feicrlichcs Geläute und
nachher ein schöner Choral von den Thürmen
der Heiliggeistkirche und Provioenzkirche d-s
Großherzogs GeburtSlag, sür alle Badener ein
Tag der Freuoe und pairiotijcher Shmpathie.
Diesen Vormiitag begabcn sich bie hier ange-
stellten Beamten und istaatsdiener, die städ-
tische Bchörde und zahlreiche Bürger in fest-
lichem Zuge und in Kestkieidern nach der Pro-
videnzkirche, wo ein der Bsdenlung des TageS
angemcssener Gottcsdienst mit erhebender Fest-
predigt stattfand. DaS Rathhans ift mit Fah-
nen, Kränzen und Blumenguirlanden jchin ge-
schmückt, ebenso viele Privalhäuscr. Zm Rus-
stjchen Hofc bei Hrn. Wettstein ist baS Kestesseii.
— Jn dcn Kafsechäuserii, den Conditorcien,
der Schloßwirthschaft und andern den leiblichen
und geistigen Genüssen gewidmeten Localen spürt
man nachgerade die iangcn Herbstferien und
die cmpfindliche Lücke der adwesenden Studen-
ten, die einer kleineren deutschen Universtläts-
stadt das eigentliche Coloril und Relief ver-
leihen. Auf dem Schlosse ooer in der Stadt
begegnet man zuweile» einem verlassencn Mu-
sensohn, der fast auSsteht wie weiland ein Ein-
stedlcr in der thebaischen Wüste. Erst in
sünf Wochen werdcn sich bie Pforten der aka-
demischen Hörsäle wieder össncn. — Von der
Versammlung der Techniker sind mehrcre nach
Würtemberg gereist, um das dortige Fabrik-
wesen, namentlich die große Maschinenwerk-
stätie von Eßiingen näher kenncn zn iernen.

x Heidelderg, 8. Sepi. Jeden Mitt-
woch und Samstag Abend haben die Aebilngen
der hiesigen Jugendwehr im Marstallhof
und in der Rritbahn statt. Zahlreich findcn
sich dabci die Eliern der Zöglinge nnd Freunde
der Sache ein. AlS ein jolcher waren auch wir
schon öster anwejknd und ersreutcn uns an dem
Fortschritt, welchen die Zöglinge in der knrzen
Zeit von zwei Monaten machten. Sprach uns
schon dic einfache, prunklose Kleidung an, welche
gleich derjenigen der Frankfurter Jugendwehr
ift, so bcsriedigte uns noch mehr die von Woche
zu Woche schönere Haltung der jungen Leute.
Am meisten aber müssen wir rühmen die mu»
stcrhaste Pünktiichkcit in dem Erscheinen dei
den Uebungen und die Ordnung, mit welcher
die Besehlc der Jnstructoren vollzogen werden.
Wahrlich, wäre es auch kein anderer Gewinn,
alS der deS GehorsamS und der Ordnungsliebe,
welcher hicr bei den Zöglingen erreichk wird,
so müßie jchon deSwegcn jeder Freund der
Zugcnd daS Jnstitut der Zugendwehr begrüßen.
Es ist aber auch die frühzeitige Gewöhnung
des Einzelnen, sich strenge unterzuordnen und,
waS gerade uns Dcutschen so sehr noth thut,
in der Gemeinsamkeit mit Andern gleichzeitig
handeln zu lernen, ein nicht zu unterjchätzender
Gcwinn. Es ist sür uns klar, daß geradc diese
Tugend nur in der strengen militärischen

schwicg. Der König wiedcrholte seinc Fragc, abcr
der Mann schwicg in größter Vcrlcgenheit. Nnn,
Du wtrst doch D-inen Ramen wiffen, drang der
König in ihn, herauS damit! Da endlich erwiderte
der Solbat stotternd: Ik hceße ooch Lehmann,
Majestät!

(WaS zu cinem BundeStagSgesandtcn
gehört.) Dcr Münchcner „Punsch" legt dcm Gra-
fen R-chberg, als fich di- dänischen G-sandten in
Wien mit ihrer ZnstrnctionSlofigkctt entschuldigten,
folgcndc Worte in ven Mund: „Meinc Herren,
ks ist wirklich schadc, daß Ihr Land nicht tn den
deutschcn Vcrband aufgcnommen wird; Sie hätten
herrtiche Anlagen zn BundeStagSgesandten!"

(StatlstischeS.) Jm deutschcn Zollverein ftnd
vorhanden: 58,818 Bäckermcister, 54,262 Schläch-
termclstcr, 14,907 Barbierc, 966 Friseurc, auf
Preußen 788 und anf Berlin ungcfähr der achte
Thetl, 189,003 Schuh- und Pantoffelmnchermeistcr
mit 127,875 G-Hiilf-N und L-hrling-n, 135,733
Schneidermcister nnd 34,191 weibliche Schneider.
 
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