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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0249

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Undklbtrgkr Irilung.

sr 2L«

Sonntag, II. September


» Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
—«»O- noch fiir den Monat

Zeptemdcr mit 18 Kreuzern abonnircn bei
allen Postanstalten, den Boten und Trägern,
sowie der Expedition (Schisfgasse Nr, 4),

* Politische Unischan.

Die jnngste Zeit ist ganz ungewöhnlich arm
an politischen Neuigkeiten, Meistens stnd es
höchst unbedeutende Dinge, mit deren Besprech-
ung namentlich die Blättcr von London und
PariS ihre Spalten füllen.

Dic „Allgem. Ztg:" bernchtet officiös auS
München, die Angabc von einer Einberusnng
deS LandtageS im Spätherbst oder Beginn dcS
Winters enlbchre bis jctzt jeveS positiven An-
haltSpunkteS. — Wenn die (ohne Mitwirkung
deS LandtagS verfolgte Politik deS Hcrrn von
Schrenk nur nicht in der Handclssache zu Re-
sultaten führr, wclchc daS Land schließlich tief
zu beklagen hat.

Zm Großherzogthum Hessen beabsichtigen die
Jndustriellen und Kaufleute die Abhaltung einer
allgemeinen LandeSversammlnng am Sonntag
über acht Tage, um den Anschluß LN den Zoll-
verein zn bctreiben.

Aus Neapcl wird berichtet, daß der ZahreS-
tag deS EinzngeS Garibaldi'S in diese Stadt
und der Bourbonenvertreibung aus das Glän-
zcndste gcfeiert wurdc.

TimcS, welche ihre sndstaatlichcn Neigungen
nicht verläugnct und die unbedingte Unmög-
lichkeit einer Unterwersung der Sklavenstaaten
mit ber höchsten Zuverstcht behauxtet, bekennt
doch ohne Umschweisc, daß die demokratische
oder FriedenSpartei in den Nordstaaten durch-
auS nicht cine Zerrcißung der Union, sondern
viclmchr deren Erhaltung will, doch unler Zu-
geständnisscn wegen Fortdauer dcr Sklavcrci.
Diese Partei wolle cs mit eincm Compromiß
versuchen, vorbchaltlich dcn Krieg wieder auf-
zunehmen, wenn jich die Nnmöglichkeit ciner
chrlichcn Dnrchsührung ihre« Uebereinkommcns
zeigcn sollte.

Nach einem durch „Daily News" veröfsent-
lichten Gerichte hätte Brasilien die vom König
von Portugal emxsohlene Wiederausnahme der
dixlomatischen Bcziehungen mit Englanb — zu-
rückgewiesen.

Aus Konstantinopel wird eine Thatsache ge-
meldet, welche beweist, daß die Türken keines-
wegS in allcn Dingcn zurückbleibcn wollen.
Eine bloß auS Eingeborcncn bestehende Gejell-
schast hat nun die Concesston znr Anlagc einer

Ein seltener Liebesbote.

Berlin, 7. Sept. So viel geht jetzt auS
Allcm hervor, daß England wie Frankreich,
wenn sie auch gemeint sein mögen, sich direct
in den dLnijch-dcutschen Conflict einzumijchen,
doch mit Vorschlägen bezüglich der Bcvölkerung
SchleswigS kommen, wclche den großmächtlichen
Cabinetten vvn Berlin nnd Wien sehr unbe-
quem siud. Daß eine förmliche und weiter-
reichende Vcrständigung zwischen Paris und
London stattgefunden habe, wird hier in wohl-
unterrichteten Kreisen bcstritten, doch herrscht
da wie dort eine däuenfreundliche Gesinnung
vor, welche aus die Dauer einen bestintulteren
Ausdruck finden kann.

Berlin, 8. Sept. Die „Provinzialcorre-
sxondenz" sagt, eS sei sehr zu bezweifeln, daß
die KricgSkosten bloß a»s dcn Ueberjchüsscn
und Beständen der letzten Jahre bestritten wor-
den; eS hätten vielmchr gewiß theilweise die
im StaatSschatz niedergelegten Ersparnisse ans-
helfcn müssen, zumal auch die Marine bcdcn-
tend vermehrt worden sei.

Deutschland.

Karlsrnde, 7. Sept Mit dem 15. d.
bcginnen die neuernannten Beamten ihre xro-
visorische Thätigkeit; es tritt eine förinliche
klcine Wlkerwanderung in der Welt unsereS
StaatSlebcnS ein. Für Rechtspflege und Ver-
waltungSrecht stchen unbestreitbar grvße Vor-
theilc in AuSsicht. DaS Vvlk namentlich wird
sein Recht kennen und lieben lcrncu. Das
Verwaltungsrecht insbcsondere, das bisher gleich-
sam vergraben war, wird nunmehr auL seinen
Antheil an lebendiger Fortbildung durch die
Wissenschaft erhalten. — Zn Baden-Baden hat
ein Polizeivorfall Aufsehen erregt. ES handelt
stch um die Entfernung ciner Pseudo-Bestalin
vom ConversationSplatze. Es scheint, daß dort
die Verwaltung zu dem durch mancherlei Vor-
kommnissc bcrechtigten Entschlusse gelangt ist,
ein für allc Mal einen heilsamen Schrecken
unter einer Gattung »vn Angust- und Sep-
trmbervögeln zu verbreiten, welche zum Rach-
theil anständiger Badegäste die Badencr Gescll-
schaft zu beherrschen drohtcn. (Ft I.)

Karlsruhe, 8. Sept. Der Vollzng der
beiden nenen Organisationcn, namentlich der
Verwaltungs - Organisation, ist mit so großen
Arbciten vcrknüpft, daß an die Vorbercitung
für Gegenstände, welche dem Landtag untcr-
breitet werden sollen, noch nicht gegangen wer-
den kann. Es ist daher wahrscheinlich, daß
der Zusaimnentritt dcr Stände nicht, wie früher
bestimmt war, im Hcrbste , sondern erst im
Winter erfolgen wird. (S. M.)

Erplojion einer Wlyeerinpulverfadrik.

Fräuleln A-, die bci ihren Eltcrn in dcr Vorstadt
St. Gcrmain zn Paris wohnt, klagt eines Abcnds,
wo ste mit ihrer Mnttcr ctnen Bcsnch machcn folltc,
über hcftige Kopfschinerzcn und bcgibt sich zu Bctt.
Frau A. hatte bercits Toilette gemacht und war
zum Ausgchen bercit, da wurde sie von einer ge-
wiflen Unruhe crfaßt; fic gab den bcabsichttgkrn
Bcsuch auf und ging in bos Zlmmer ihrer Tochter,
der sic aus einem Buch vortas. Nichts störte die
Stllle drs Zimmers, als plötzlich tn dem bcnach-
barlen Toilettenzimmrr sich ein lrises Gcränsch ver-
nehnicn liksi, „Es ist nichis," sagte rasch das junge
Mädchcn; „es besindet sich da eine Mäusefalle,
und wahrscheinlich hat sich soebcn eine Mans darin
g-sangen." Von -tner letcht b-greifltch-n Neugierde
g-tricben, wollte die Mntler sich überzrugen, was
daran sei, und trotz der Bitten des Mädchens gtng
sie in's Nebenztmmer, um dtc Mäusesalle zu un-
tcrsuchcn. Jn d„ That barg letztire «tnen G>-
fangencn, aber nicht von dcr gewöhnlichen tästigen
Sorte; es war ein hübsches wetßcö Mäuscken, an
deffcn Halse an etnem Roscnbändchen etn kleineS

Eisenbahu von Konstantinopel nach Adrianopel
nachgesucht, mit der Verpflichtung, dicselbe in
A Jahren und zwar bloS aus cigeuen Mitteln,
herzustellcn.

Jn dcn amerikanischen Nordstaaten hat die
FriedenSpartei allcrdings in der jüngsten Zeit
sehr bedeutend a» Einfluß gewonnen. Die
Vcrtheidiger der Einhcit der Union sind indeß
nicht müßig; stc suchen vielmehr ihre m der
Persoualfrage wegen der PräsidcntenMhl zcr-
splitterten Kräste zu einigen, was um so leich-
tcr sein wird, weiin Lincoln uud Fremont beidc
von dcr Candidatur zurücktreteu. — Ein Frie-
denSschluß scheint unS übrigeuS bei der jetzigen
Sachlage schon aus dem Grunde kaum denkbar,
weil die Südstaatcn stch nicht mehr Mlt dem
von ihncn blsher behauptetcu Gebict begnügcn,
sondern außerdem noch Landschaftcn in An-
spruch nehmeu, welche dic Unionisteii kcincn-
falls so leichk räumen werden, wie Westvirgi-
nien.

Zrrr Echleswig-Holsteitt'schen
. Sache.

Pays enthält die Nachricht, mehrere deutsche
Staaten secundaren Ranges zeigten sich Heneigt,
den Candidaten für Schleswig-Holstein zu ver«
tauschen und für den Großherzog von Olden-
burg zu stimmen. Das Pariser Blatt fügt
bei: Diese Staaten besäßen indeß keinen ge-
nügenden Einfluß, um eine Masorität für den
genannten Fürsten herbeizuführen.

Jn Wien wünscht man setzt offürbar, daß
die Friedensunterhandlungen mit Dänemark
keinen so raschen Verlauf nehmen, wie das
officielle Preußen im Jnteresse feineS Kriegs-
ruhmes wünscht. Mit wahrer Wollust be-
tonen eine Anzahl Wiener Blätter die Ermun-
terungen, welche Dänemark nenerdings von
Frankreich, England und Gott weiß sonst noch
wohcr, erhalte. Es handelt sich natürlich da-
rum, daß Preußen, das in der handelspoli«
tischen Frage nicht nachgeben will, auch in der
schleswig-holsteinischen nicht nach Wunsch vor-
ankomme. Das ist östcrreichischer Patriotismus.
Das ist aber nur eine Richtung in Oesterreich;
eine andere rechnet anderS. und darauf stützl
sich Preußen. Welche obsiegt, muß sich in kurzer
Zeit entfcheiden.

Flensburg, 7. Sept. Die „Flensburger
Nordd. Ztg." theilt mit: Nachdem hier gestern
zu Ehren der Officiere des preußischen Ge-
schwaders ein solennes Diner stattgefunden
hatte, ist daS Geschwader heute nach Apenrade
abgegangen.

Papierröllchen hing. DaS Thierchen zeigte fich übrt-
gens ganz zahm, so daß die Frau die Falle öffnete
unb sich leicht drS Billets bcmächtigen konnte. Bald
hatte sie AUes erfahren. Das weiße Mäuschen war
ein Liebesbote. Ein am Fußboden des Toilette-
zimmers angebrachtes Loch communicirt mit dem
Zimmer eineS jnngen ManneS. Blanchette, so hieß
das MäuSchen bei den Liebenden, war gewohnt,
von einer Wohnung in die andere zu schleichen und
die Mäusefalle zu besuchen, in welcher die leckersten
Biffen bereit lagen. Jm Grunde standen dte Dtnge
nicht so schlimm; der Liebende war erst daran, in
achtungsvoller Sprache um daS erste Rendez-vous
zu bitten. Dic Mutter zankte Anfangs, gab aber
den Thränen des MädchenS nach und versprach in
dieser HerzenSangrlegenheit freundltch zu vermittcln.
Da vie jungen Leute einander ltebten und der junge
Mann in jeder Brziehung annehmbar war, so wurde
Tags darauf zum Entzücken Beider ein förmlicheS
Eheversprechen abgehalten. Für daS Mäuschen wurde
ein rleganter Käfig gekauft, in welchem es Zeuge
des Glückcs srtn wird, zu dem es Veranlassung
gegeben.

Aus Stockholm vom 3. September wirb geschrie-
ben: Heute Vormtttag *gegen clf Uhr ist die Gly-
crrinpulverfabrik des IngenieurS Nobel auf He-
leneborg, der Langholmswerft gegenüber, in die
Luft geflogen; von der Fabrik steht nichts mehr,
die Splitter sind weithin geworfen. Der jüngste
Sohn des Eigenthümers und fünf andere Perfonen
wurden weit fortgeschleudert und zerstückelt; die
Dächer, Thüren und Fenster vieler in der Nähe
liegenden und weiter entfernten Häuser sind zer-
stört worden. Bis jetzt hat man ackt verstümmelte
Leichname aufgefunden. — Ueber dte Entstehung
des Unglücks liegen folgende Nachrichten vor: Der
jüngste Sohn des Ingenieurs Nobel, Emil Robel,
war mit einem Tcchnologen Hertzman mit Grperi-
menten beschäftigt gewesen, die zum Zwecke hatten,
eine einfachere Bereitungsmethode deS Rttro-Gly-
certn herzustellen, welche es zugleich leichter rrplo-
diren mache. Durch eine Unvorsichtigkeit dabei ent-
stand eine Erplosion, welche fich dem übrigen tn
offenen Behältern verwabrten Ritro-Glycerin mit-
theilte. Letztcrer Stoff entzündet fich nur bei einer
 
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