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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-178 Juli
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M- 177.


Samstag, 3«. Zult


18«1

* Politische Umschau.

Die „Wiener Abendpost" ist ermächtigt, die
Pariser Weldung der „Kölu. Ztg.": Graf v.
Rechberg habe dort und in liondon erklären
lassen, die vollständige Trennung der Herzog-
thümer »on Dänemart enthalte das Marimum
der Forderuugen der deutschen Großmächte rc.,
sür durchaud unbegründet zu erklärcn.

Das Verbot der „Ztg. für Norddeutschland"
in Preußen «ird durch den „Staatsanzeiger"
verösfentlicht. Als daS zunächst bedrohte „süd-
deutsche Watt" wird von verschiedenen Seiten
die „A. A. Z." bezeichnet. Der Staatsan-
zeiger nimmt von der „großen Leidenschaftlich-
keit und Einseitigkeit" Rotiz, mit dcr sich die
gesammte mittel- und süddeutjche Presse über
die Reudsbnrger Vorgänge ausjpreche.

Uebereinstiiiiinend mit dem Wiener Botschastcr
sagt die „Hamb. B.-H.": Was den Rends-
burger Conflict bctrifsk, so vcrstchert man uns
aus Wien, daß ungeachket der hcstigeu Auf-
wallungen dcr dortigen ofsiciöseu und nicht
osficiösen Presse kein Schluß auf einen Zwie-
spalt zwischen Oesterreich und Preußeu zu
macheu sein dürfte, jene Auslassuugen vielmehr
eine Art von Balsam sür die mittelstaatlichen
Gemüthswundeu, welche Preußen geschlagen
habe, jeiu sollen.

Die hanndver'sche Regierung hat das öster-
reichische Anerbieten zu einem Austrag des »on
Preußen in Holstein provocirten Conslicts ab-
gelehut und ist entschlossen, im Vcrein init
Sachjeu die Angelegenheit aus dem Bundesweg
zu teiten.

DaS „Zournal des DebatS" weist triumPhi-
rend auf seine Vorhersagung hin, daß der
dänisch-deutsche Conflikt nothwendig srüher oder
später zu einem Kricge zwischcn dcn deutjchcn
Staaten selbst sühren werde. Was habe auf
die Aufsorderung des Prinzen Friedrich Karl
der Agamemnon des deutjchcn Bundes, Gene-
ralissimus Hake, erwidert: „Er müsse der Ge-
walt weichen und überlasse Preußcn die Ber-
antwortlichkeit für sein Vcrsahren." Veränt-
wortlichteit?! blllX) Preußen sind in Rends-
burg eiugezogen übcr den Leib des deutschcn
Bunoestagcs hinweg, und sie könnten inorgen
mit iben so vicl Recht in Hanuovcr, Kassel
und Karlsruhe einzieheu. Chriftiau lX. und
Dänemark jiud nur allzujchr gerächt. . . .

Gestern faud zu Mainz eiue Zusaminen-
kunft dcr freisinnigeu Landkagsabgeordneten aus
dem Großherzogthum Hessen und Nassau statt.

Gegeu den Abgeordneteu Harkort zu Dvrt-
mund ist wegen einer in der „Rhein. Ztg."

Ein beleidigter Dichter.

Eine vor dem hiefigen Tribunal stattgehabte
Girichtsverhanblung schrelbt man der „Presse" aus
Venedig, erregt hier allgemeines Jntercffk. Es
hanbclt sich namlich uin etnen Preßproceß, welchen
cin hiestger Advocat gegen das Witzblatt ll gsllo
vko eants kingeleitet. Herr Dr. A .. .. ist seit
längcrer Zett Aovocat in Venedig; von etnem
Prvceffe aber, dcn er geführt, weiß niemand zu
crzähien, destomehr beschäftigt sich Heri A ....,
welcher zum Glück wohlhabend genug ist, um sich
bieser Marotte hinzugeben, mtt der Productivn
von Dtchtungen, dic er aus elgcne Kosten verlegrn
läßt nnd den verschiedenen auSIändischen Acadenrien
einschickt. Herr A . .. . hat sich niemanb Gciinge-
ren alS Dante zum Vorbild gcnommen, der sich
gewlß im Grabe umkehren wiirde, wenn cr die
Poetischen Sünden scines Nachahmers ersiihre. Dcr
Redaclcur deS oben genannten Witzblatles, Herr
Pezzi, hattc schon östers die Geiscl seineS Wltzes
über oir poetischen Ergüsse ves dichtenden Advo-

veröffentlichteu Kritik des Preußischen Bülitär-
wesens gcrichtliche Anklage erhoben worden.

Bei den zwei Wahlen zum sranzösischen Ge-
setzgcbendeu Körper in den Departements Ar-
dcche und Dordogne habcu die Regierungscau-
didalen gesiegt, im ersteu jedoch nur mit 17,312
gegeu 11,617 Siimmen, welche der Oppositions-
caudidai erlangte.

Znr Schletzwig-Holstei»'sche»
Lache.

Kldenburg, 22. Znli. Ueber die SUm-
mung im Lande schreibt man der A. C.: Dle
Meinung >m Volke ift einmüthig und cnlschie-
den gegen den ehrgeizigen Schritt deS Groß-
herzogS. Die Beamteu; welche dle polilische
Zutelligeuz hauptsächiich repräsenUren, beschräu-
keu stch selbstverstäudlich meift darauf, ihre
Püßbilligung privatim und einzcln auszuspre-
chen. Der Rest der Bevölkerung besteht wejeut-
lich auS Bauern, abcr uuter ihneu ist wohl kein
einziger, unter den Beamten stnd es Lußerft
wenige, an den Fingeru herzunennende Leute,
die dem Großherzog Erfolg wünschen.

Flensburg, 24. Zuii. Weun auch die hie-
sige Presse über die Vorgäuge in Reudsburg
sich aus begreiflicheu Gründen eines Urtheils
cnthäit, so kaun man doch in öffcntUchen Krei-
scn, iu der Bürgerschaft wie seidst iu engcrn
miiitärischen Cirkeln im Allgemeinen die größte
Mißbilligung des Austretens dcr Preußen gegen
die Truppeu zweier Bundesmächic stch aus-
sprechen, am meisten avcr die Sachsen bedaueru
hören, die Sachsen, welchc laut übcreinstimmen-
den Nachrichten aus ReudSburg, die uus gesteru
noch bei eincm Ausflugc dorthiu bestätigt wur-
den, bei den Soldarenraufcreien vom Sonntag
uud Montag ganz uubctheiligt waren und sich
im Gegenlheii durch ihre musterhafte ruhige
Haltuug alljeitig der Sympathie der ReudS-
burger Bürgerschast zu ersrcue» hatten. Gewiß
ist, daß durch diesen einzigen allzu jähen Acl
Preußen nicht nur in den Herzogthümern,
sonderu auch iu ganz Deutschland eincn guten
Theil seiner moralischen Eroberuugcn vhne
Nolh mit eincm Schlage ausS Spiei gejetzt uud
veriorcn hat.

Kvldlng, 26. Zuli. Die Commissäre der
deulschen Grvßmächle i» Jüiland habe» ein
Decret crlasscn, wonach die Contribution mit
Zugrundelegung des ehemalige» SteuercatasterS,
und monalltch im vorhinein zaylbar, erhvben
wird.

Hauiburg, 26. Juli. Der hannover'sche
Regicrungsralh v. Warnstcdt ist, nachdem er

caten geschwungen und sich dadurch desscn Unwillen
zugezogen. Vor cinlgcr Zcit nun vcröffentlichtr dcr
Advocat, welcher, nebenbet gesagt, mehrfacherHatts-
bcfitzer tst, in der Gazzetta di Venezia ein Znserat,
worln er ein zu vkrmlctheiides Magazin brn Mleth-
lustigen aneinpfichlt. Das Machwerk, voü von
Verstößcn g-gen die Grammati! und Shntar, läßt
sich in deutscher Uebersetzung hier schiver wiedcr-
gcben, doch wollen wlr einc solchc dcin Original-
tert, wenn auch nur annähernd ähnliche Wieder-
gabe, versuchen. ES lautet! „Zu vermiethen. Ein
Magazin mir oer Thüre im Herzcn deS St. Ste-
fanoplatzrs: lcicht zu mehrercn Localcn zum Ge-
brauch vo» Bierhäusern herznrichten; nützlich wegcn
des großen Raumes und ber lebhaftcn Passagc
immer, besonders abcr während der schönen Jah-
rcszcit auch wegin drS großen LebcnS am Platze,
wcgen der eisernen Brücke. Dcmnach hat der hrcr-
auf Refiectircnde fich an Dr. A . ... von 2 Uhr
biS zum Schlage dcr l. Stunde zu wenden, wclcher
in demselben Hause wohnt, wclches, obwohl vom
Magazine getrennt, doch dlesclbe Nummer 2951
trägt."

DieseS Znserat nahm nun Hcrr Pezzi in seinem

eincn längeren Urlaub erhalten, heute von Al-
tona nach Kiel abgerelst. Dcrselbe wird an
der von dein Bundeslage verlangten Motivi-
rung der Erbausprüche des Herzogs Friedrich
mitwirken.

Leipzig, 26. Zuli. D!e Vorgäuge iu
Rendsburg tzaben hicr große Entrüstung erregt.
Ein Gefühl des Unwillens beseelt schon längst
das ganze sächstsche Offiziercorps und die dem-
sclben untergebene Mannschaft über ihre er-
zwungenc Unihätigkeit in Holstein und über den
Hohn, der darin liegt, von einer Uebermacht
unter FreundschastSverstcherungen mir nichts
dir nichts bei Seite geschoben zu sein. Könnte
das ganze Bundeskoutingcut mit Ehren aus
dem Lande abzieheu, das es zu schützen gekom-
men war, es würde es gcwiß lieber heuie als
morgeu thun. Die Zuneigung der sächsischen
Militärs zu deu preußischen, ohnehin uicht be-
sonderS groß, können solchc Bismark'jchen
Machtübergrifie nur uoch mehr schwächen, und
es ist begreiflich, daß der Kriegsminister, Hcrr
v. Rabenyorjt, selbst es übernommcn, den Un-
willen der sächfischcn Truxpen in Holstein zu
beschwichtigen.

Wien, 26. Zuli. Die Thcilnehmer an der
Conferenz veraaredclen die Gchetmhallung der
Einzelnheiten der Unterhandlungen. Die AnS-
sichten ans einen Präliminarsrieden wachsen,
indem dic DLnen mehr uud mehr Zngestand-
nissc machen. Den Vorsitz sührk Gras Rechberg.

Wien, 27. Zuli. Nach der „Gen.-Corresp."
hai heuie Miitag die zweiie Conserenzsitzung
ftaiigesunden. Heute svll auch der Kammerherr
Sick aus Kopenhagen einlreffen, nichi zur per-
sönlichen Theilnahme an dcr Confcrenz, jon-
dern zur Aushülfe für die dänischen Bevoll-
mächtigten.

Kovenhasicn, 27. Juli. Nach „Berüngske
Tidende" sind in dcr gestrigcn Folkethingsitzung
Zägds und Liebes Anträge auf motivirte Tagcs-
ordnung verworfen, und ist schließlich der Adreß-
entwurf mit 80 gegen 21 Stimmcn angenom-
mcn wordcn. Sicben Mitglicder, darunter der
gcwcsene Conscilprästdent 'Monrad, enthielten
sich der Abstimmung.

Wien, 28. Jnli. Der dänische Bevoll-
mächiigie bei der Conscrenz erklärt an dem
Nalionalitälsprincip festhalten nnd die Ver-
handlnng über eincn Waffenstillstand vor Aus-
stellung eines Fricdcnspräliminars nach seincr
Jnstruction vcriangcn zu müssen. Die aus
heute anberanmle Confercnzsitzung ist ausge-
sallcn.

Frankfurt, 28. Ju». Aus Wien wird
tclegraphirt, daß die gestrige Conferenz andert-

Wttzblatt so arg her, daß der entrüstete Poet-Ad-
voeat gegen ihn und den Verleger de« BlatteS di-
Klage wegcn Ebrenbelctdigung anhängig machte.

Jm Publicum war indeffen die ganze Affaire
bckannt gewordcn, und am Vcrhandlungstage war
der Saal, wo die Verhanvlung stattfand, so über-
füllt, wi« dlest« stit langen Aahrcn nicht der Fall

gewcstn. Der Privat-Anklägcr Advoeat Dr. A_

wurde bei seinem Elntreten mit ungeheürer Heiter-
keit empfangen, fo daß es Mühe hielt, die Ruhe
zur Fvrtführmig 1er Verhandlnng herzustellen. D-r
Privaikläger nahm au dem Tische Platz, an wclchem
dcr Staatsanwalr zu sitzcn psteg». Dic Angekiagtc»
Hcrrcn Pezzi und der Buchdruckcr Raratovtch hattcn
ihin gegenüber Platz genommen. Nachdem der Prä-
sident die Versammlung aufgcforderi, stch ruhig und
ernst zu verhaltcn, nahm oie V-rhandlung thrcn
Anfang. Dcr AnklägA: trug stliic Klage tn näseln-
dcm, pathetischem Tonc vor, und schwatzte so selt-
same Dtnge zusammcn, daß das Publlcum öfters
zum hcllen andauernvcn Gelächter gezwungen wurde
und selbst dcr G-richtShof Mühe hatte, stinen Ernst
beizubchalten.

Er siellie schließlich den Autrag, daß der Haupt-
 
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