Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 152-178 Juli
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0017

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ueidelbkrgkr Ikilung.


Bcstellungen auf di« „Heidelbcrfter
Zeitung" nebst Beila.te „Heidelber-
ster Familienblätter" für das mit 1.
Juli be.,oanene 3. Quartal

werden fortwänrend an>,enomiiien.

Die Expedition.

* Pnlitische Umschau.

Ocstcrreich und Preußen solleu iu Karlsbud
übereingckommeu seh>, die Kricgscrklärung des
Bundes nur für den Fall zu veranlassen, daß
sich Euglaud acliv an dem Krieg bethciligeu
wird. Da nuu abcr dieß kaum zu erwarlen
stcht, so dürfte der Antrag unterbleiben.

Die Wiencr „Prcsse" erfährt aus Kopcu-
hageu, König Christia» habe direct uud pcrsöu-
lich ocu vermittelnden Schutz des Kaifers der
Franzoscn nachgesucht.

Tcr schuelle Verlust von Aljen hat in Kopen-
hagcn große Entmulhigung hervorgcbracht nnd
die Hossuungen auf einen einigermaßen gün-
stigcn AuSgaug des KriegcS fast völlig ver-
nichtet. Svllten jctzt die Friedcnsverhandlnn-
gen wieeer aufgenommen werden, so würde dic
dänische Regicrung jcdenfalls sich viel nachgic-
biger zeigcn.

„Times" Lnßert sich über die däuische Fragc
jetzt in ganz anderer Richtung, als früher.
Das Cithblatt sührt dcu Bewcis, daß daS
ddönigreich Dänemark kcincswcgS die Elbherzog-
thümcr in sich begreift. Zwischen der Grcnze
von Zütland, d. h. dcr Südgrcnze DLnemarkS
und der Elbe, licgeu zwei Herzogthüiiier. Das
einc gehört unbestrittcn zum Dcutschen Bunde,
das andcre, obwvhl kein Thcil Deutschlands,
bildet doch gcwiß keincn Theil DLucmarks. Es
ist früher dcm Könige vou Däncmark über-
lasscn worden, ctwa wie Belgien an Holland.
Aber das wahre Verhältniß ist das, wclchcS
zwischcn England und Hannover bestand. Man
mag bedauern, daß Dänemark jene Landichaften
nicht behalten kann, allein — die Zntcgrität
der dänischen Monarchie bleibt uuvcrletzt, so
lange die Ausprüche der Deutschen sich aus
Schlcswig u. Holsrcin bcschränken. — DaS Ver-
stäudiüß kommt — abcr jpät.

Dcr Bcitritt Nassaus, sowie des Großhcr-
zoglhumS Hcssen zum prcußijch - fraiizösisch-n
HandiiSvirtrag wird alS sicher devorstehend bc-
zeichnet.

Nach der „Epoca" ist Brasilien der erste
amerikauische Staat, welchcr das inexlkaiiische
Kaiscrthum anerkannt habc.

Die „Neue Züricher Zcitung" theilt ans
Waadt in der Schweiz Folgendes mit: „Als

Mittwoch, «. Ziilt

am Samstag zwei ertrunkene Schwestern, die
der katholischen Confession angehörten, in
Averdon beerdigt wurden, nahm fast die ganze
protestantische Bevölkerung des Orts an der
Leichenfeier Theil. Der katholifche Geistliche,
darüber gerührt, fagte in der Lei v.övcde:
„Protestanten! Wir sind durch einige dogma-
tifche Differenzen von einander getrennt; wir
verehren nach unserer Weise denselben Gott,
den ihr nach der eurigen anbetet, aber es gibt
cinen Boden, auf dcm ich euch immer wieber-
sinde, und auf welchem ich stolz bin, euch die
Hand zu drücken und auf dem der Priester
glücklich ist, euch an seinem Segen Theil neh-
men zu lafsen: es ist derjenige des Schmerzes
und der christlichen Liebe."

Z rr SchteSivig-Holsteiu'sche«
Gache.

Das preuß. Obercommando in Jütland hat
mit dem Wiederbeginn des zrriegs folgende
Bekanntmachukg erlassen: „Bekannlmachung an
die Bevölkerung von Jütland. Die Verwaltung
von Jütland geht mit dem heutigen Tage auf
die Berwaltungsbehörde der alliirten Ärmee
über. Der letzteren haben sich Beamle wie
Privatleute zu fügen, auch Steuern und fon-
stige Landeseinküufte an dieselbe abzuliefern.
Ueber die Regelung des Geschaftsganges wird
diesc Bchörde, die vorlaustg ihren Sitz in Ran-
ders nehmen svll, seiner Zeit die nöthigen Be-
stimmungen erlassen. Randers, den 26. Juni
1864. Der commandirende General v. Falcken-
stein."

Die „Flensb. Nordd. Ztg." berichtet von
einer Adresse der dänischen Parlei in Noro-
schlcswig (importirte Beamte rc.) an die Civil-
commissäre, worin diese Leute sich für das Ver-
bleiben bei Dänemark aussprechen. Gegenüber
den in Böghoved versammelten 6000 und den
in Lygumkloster versammclten 5000 Nordschles-
wigern hat diese Adresse ganze 180 Unter-
schriften erlaugt, unb, was das Bezeichnendste
ist, die Adresse spricht sich zwar sür das Ver-
bleiben bei Dänemark, aber auch nachdrücklichst
gcgen jede Theilung Schleswigs aus.

Büffelkoppel, 30. Jnni, Abends. L>on-
derburgaliegt theilweise in Trümmern. Der
Verlust aus preußischer Seite ist nichl unbe-
deutend, da die Dänen sofort bei Beginn der
Uebersetzung furchtbar feucrten, auch mit Kar-
tatschen und Granaten. Währeud der letzten
Nacht wurde die Pontonbrücke, nnd somit die
Verkehrsstraße zwischcn Sonderburg und dem
Festlande hergestellt.


Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet, daß die
Halbinsel Kekenis (oas südliche Anhängsel der
Jnsel Alsen) gestern von den Dänen gcräumt
wurde und daß die Preußen dort noch 11 ver-
nagelte Kanouen erbeuteten. Nach der „Nat.-
Ztg." ift der Kapitän zur See Kuhn zum
Commandeur des prcußischen Nordseegcschwa-
ders ernannt. Der Oberbefehl über das alliirte
Geschwader verbleibt dem öfterreichischen Admiral
v. Wüllersdorf.

F .ankfurt, 1. Juli. Aus guter Qnelle
kann ich Jhnen mittheilen, daß Prinz Fricdrich
von Hesscn der Londoner Conserenz einen Vor-
bchalt übergab, des Jnhalts, daß, da er nur
behufs des Znstandekommens des Londoner
Traktates auf sein Erbrccht in Dänemark re-
nuncirt habe, dasselbe mit dem Wegfakle des
gedachten Vertrages eventuell wieder auslebe.
Das neueste Blaubuch wird dies bestätigen. —
DaS Telegramm der „Spen. Ztg.", bctreffend
die Uebernahme der holsteinischen Negierung
Seiteils der Großmächte bis zur Erlcdigung
der Successionsfragen, ist irrig, und bezeichnet
nur Velleitäten und eine Anticipation, welche
durch die Haltung Oesterreichs nicht eben ge-
rechtsertigt wird. (Nat.-Z.)

Sonderburg, 2. Juli. Die Dänen haben
am Wenningbund einen mißlungenen Landungs-
versuch gemacht.

Kopenhagen, 3. Juli. Ein gestern Abend
vom Kriegsministerium ausgegebener Bericht
meldet, daß außer de.m Obcrsten Faaborg noch
79 danische Ofstciere todt, verwundet oder ge-
fangen sind.

Rendsburg, 3. Juli. Aus der Antwort
des HerzogS ans die Adreffe des engern Aus-
schuffes entnehmen wir folgende Stelle: Durch
das thatkräftige Auftreten der deutschen Mächte
ist hoffentlich die Theilung Schlcswigs abge-
wendet, der Krieg hat mit einer glänzenden
Waffenthat der preußischen Armee wieder be-
gonnen. Die Oldenburgische Anmeldung schiebt
hoffentlich dcn Zeitpunkt nicht hinaus, wo ich
die Herzogthnmer gegen den gemeinsamcn Feind
führen kann, Deutschlands Jntcreffe Ulld die
Landeswohlfahrt ersordcrn alsbaldige Gestaltung
fester Verhältnisse. Die Oldenburgische An-
sprüchebcgründung ist mir unbekannt. Zwischen
Oldenburg und mir schwebende Fragen sind
nicht, wie mit dem Dänenkönig, answärtige,
sondern innere, ich hoffe, daß das Land mich
künftig in den Stand setzt, die Vcrpflichtungen
gegen Deuischland zu erfüllen und die Bezieh-
ungen mit derjenigen Macht zu pflegen, die für
die Zukunft die nachste wirksamste Stützc gegen
Dänemark ist.

Ein schlauer Patient und cin schlauer Arzt.

Der berühmte Operateur Doctor A. in Paris
war dafür bekannt, das Geld sehr zu lieben und
seine Kranken für ihre Herffellung ganz gebörig
bezahlen zu lassen, doch rrchtete cr seine Preise
ganz nach den, Vermögen der Patienten; es waren
Honorare in aufsteigcnder Ordnung wie eine Art
von Einkommensteuer.

Eines Tages kam während seiner Sprechstunden
ein dürftig gekleideter alter Mann zu ihm, der
unter dem rechten Ohre eine ungeheure Balg-
geschwulst hatte, über die er den Doctor consul-
tiren wollte. Der Fall war merkwürdig schwierig
und gefährlich, Doctor A. verbarg dies dem Kran-
ken nicht.

„Ach, dann muß ich daran sterben," rief der
alte Mann trübselig aus, ,denn ich bin nicht reich
genug, um Ihnen das Honorar für eine solche
Oprration bezahlen zu können. Und doch weiß ich
nur zu wohl, daß Sie der Einzige auf der Welt
fiud, der die Operation wagen und glücklich zu

Dr. A. betrachtete seinen Patienten scharf und
forschend, der Alte hielt jedoch diesen inquisito-
rischen Blick mit voller Unbefangenheit aus. —
„Gehen Sie ins Hote! Dteu und ich will Sie um-
sonst operiren."

„Ins Hospital," stöhnte der Kranke, „ins Hospi-
tal! Ach, wenn tch auch nicht reich genug bin, um
Sie gebührend bezahlen zu können, so bin ich
doch auch noch nicht so arm, um ins Spttal zu
gehen."

Dr. A. betrachtete den alten Mann aufs Neue
und iragte nach seinem Namen.

„Bernhard," entgegnete Iener.

„Sie wohncn in Paris?"

„Ncin, tch komme aus cinem Departement hier-
her, um Sie zu bitten, mtr das Leben zu retten."

„Und wo wohnen Sie in Paris?"

„Rue de la Harpe, Nr. 8."

„Es ist gut, in acht Tagen werde ich Sie ope-
riren." Damit gab er ihm die nöthigen Vorschrif-
ten, um sich zur Operation vorzubereiten.

Acht Tage darauf begab sich der Doctor mit
einem kleinen Generalstab von Gchülfen in die
Rue de la Harpe und ftieg ohne Murren dlr N5

Er fand den alten Mann in einer großen, gut
gelüfteten Stube, vielleicht der besten deS ganzen
Hauses, die jedoch ganz erbärmlich möblirt war.
Der berühmte Chirurg operirte, ohne ein Wort zu
sagen, die Balggeschwulst mit sciner gewöhnlichen
bewunbernswürdigen Gcschicklichkeit und entfernte
fich wieder, nachdem er zwet seincr Gehülfen bei
dem Kranken installirt hatte.

Am Abend kehrte er wieder, um nack den Folgen
der Operation zu sehen, unb jeden Tag kam er

seinen Augen verbinden zu laffen. Nack zwei Mo-
naten war der Kranke völltg geheilt und richtete
an Dr. A. etnen Brief, wortn ein Billet zu
1000 FrcS. lag, welches mit den wärmsten Aus-
drücken deS Dankes begleitet war.

Dr. A. schickte ihm das 1000 FrancSbillet zurück
und ließ ihm sagen, es lohne nicht der Mühe, dtr
Sache jetzt gleich abzumachen. Herr Bernard legte
sorgsältig und voller Freude daS Billet in sein
Portkfeuille Ui.d reiste wieder nach der Heimalh
zurück. Als er vom Postwagen absticg und auf
 
Annotationen