Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 179-204 August
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0177

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Htidklbtrger Zeilmg.

N» 18 k. Lonntag, Lt. August L8KL.

* Politische Umschau.

Das Gerücht von dem Rnckmarsche der öfter-
rcichischen TrnPpen ist völlig unbegründet.
Allerdings dürft! demnächst einc Dislocation
der österreichijchen Truppen stattfinden und viel-
leicht ein Theii der in Zntland cantonnirenden
Trnppen in Holstein und im südlichen Schlcs-
wig einquartiert werden.

Die „Mitteld. Volksztg." brachtc nachein-
ander zwei Artikcl über dic in Sachsen noch
bestehende Prügelstrafe und über die Einrich-
tungen des Waldheimer Zuchthauses. Die
Prügclstrase wird in letzterem den Gesangenen
auf cine Art hölzcrnem Pfcrd, der „rothe Wols"
oder auch der „schimmel" genannt, ertheilt.
Man benutzt dazu entweder Ruthen odcr Hajel-
stöcke. Die Männcr schlägt man auf das dloße
Fleisch, den Franen zieht man — nun sagc
noch Einer, daß in Waldheim keine Humanitär
herrsche — Hosen an. Richt mindcr erbaulich
als von der Prügelstrafe in Sachscn zu höre»,
ift es zn erfahren, wie man dic Hungerstrase
in Waldheim zu Zeiten angewandt hai. Heinck,
der Director dcs Zuchthauses, ließ eineu Nagel-
schmied, dcr seiue Ausgabc längcrc Zeit hin-
durch nicht gemacht hatte, 14 Tage lang bei
einem Psennig - Semmel täglich und Butter-
wasscr einsperren. Er lag, als cr diese Sirase
verbüßt hatte (zu 4 Zahren Zuchthaus verur-
theilt), ein halb Zahr lang in dcr Kranken-
stube. Seiue Gejundhcit war zwcifelsohne für
immer ruinirt.

Zn Herford bcim Schützensest schoß der
Landrath, der für den König oen ersten Schuß
hatte, glücklicherweise die Krone herab. Er
wurde zum «schützenkönig ausgerufen; erklärte
sich jedoch zur Annahme dieser Würde nur be-
reit, weun die a,n Eingange des Schießhauses
flattcrnde deutschc Fahne eutfcrut werdc.
Der Schützenvorstand... nachgicbig genug, that
dem Hrn. Landrath scine» Willcn.

Gclegentlich der Feier des NapoleonStageS
beglückwünscht die „Morniugpost" das franzö-
ftsche Volk od dcr Einstimmigkeit seiner Ge-
fühlc für deu Kaiscr. DaS Londoner Blatt
fügt bci, daß Großbritaunien die französische
Allianz wünjcht, und daß der Einfluß dcs Kai-
scrs allein die Europa bedroheuden Verwickc-
lungen bescitigeu kann.

Die Unordnungeu in Bclfast, die man
bcigclegt glaubte, habcn cine weit größcre Aus-
dehnung ertangt, als nian vermnthete. Nach-
dem die Katholiken ihre O'Connellfeier zu
Dublin gehalien, meinten die Orangcmänner
zu Belfaft einer Gegendemoustration nicht cnt>

behrcn zu können. Sie verfertigtcn eine Spott-
figur anf O'Connetl, ihn darstellcnd, wie er
bei den einfältigen Bauern seine „Rente" ein-
bcttclt. Mit dicser Spottfigur zogcn Tausende,
Pfeiscr uud Trommlcr voran, durch die Straßen
der Stadt. Die Figur ward unter allgemei-
nem Zubel und Gelächter verbrannt. Dic Ka-
tholiken betrachtetcn diesen Unsinn als cinen
Angrifs auf ihren Glauben. Sie verbranuten
nun znr Vergeltung ein Bild des Königs Wil-
helm. Die Protcstantcn ihrerscits mit dem Vcr-
brennen O'Connell's uoch nicht zufriedcn, woll-
tcn den Vcrbranntcu nun auch noch begraben.
Sic kauften einen Sarg, legtcn dic Asche der
Figur iu denselben, und zogen in Proccssion
nach dem Leichenhofe, um ein Scheinbegräbniß
zu feiern. Darauf entwickelten sich die blutigen
Känipfe. Vielc Hänjer und Lädcn wurden ge-
plnndert. Nach dcn letzten Nachrichten lagcn
etwa^3000 Soldaten und 1000 Konstabler in
der Stadt. Sie hatten Fener gebcu müssen;
3 Pcrsoncn sollcn getödtet, gegcn 60 vcrwundct
seiu. Noch war es beim Abgang der letzten
Nachrichten nicht gcwiß, daß die Ruhe ge-
sichert sei.

Kaiser Maximilian hat die Einführung dcs
Codc Napoleon in Mcxico dccretirt.

Znr Lchlcstvig-Holsteiii'sche»
Eiiche.

Die „Schlesw.-Holst. Ztg." sagt berichtjgend
zu andcrweitigcu Mitthciluugen (s. Nr. 180
der Hdlb. Ztg.) übcr das finanzielle Verhältniß
der Hcrzoglhümer zu DLneinark: Nach der
aufgejtellten Berechnung beträzt die Gcsammt-
sunime der Pasjiva: 26,000,460 Thlr. R.-M.
Die Gegcnrechiiuiig dcr Herzogthümer gegen
Dänemark beträgt 17,287,208 Thlr. R.-M.,
herrührend von dercn Uebervortheilung in dcr
Bankhaftfragc und in den DomLiicnrcvenuen,
so daß uach Abzug diescr Summe von der vorher-
gcnanntcn Totalsumine der Passiva (26,000,460
Thlr.) den Hcrzogthümern uur noch 8,713,202
Thalcr zur Laft blciben. Außerdem stellt das
gcnannte Blatt cine Gcgcnrechnuug dcr Hcr-
zogthümer gegen Deutjchland von ca. 7 Mill.
Thlr. R.-M. — nämlich Verpflcguugskosten
vom Jahre 1800 und Ersatz für das von den
Däuen 1802 nach Kopcnhagen geführte KriegS-
materiat — auf und endlich bemerkt es als
„sclbstverstäiidlich", daß außer den in Geld be-
stehenden Activen zu theilcu sein werben: Die
Flotte, das Kriegsmaterial, die Kunstsamm-
lungeu in Kopenhagcn, die Kronjuwcleu, die
Militärsabriken, die Bibliothek, die Archive und
die Kartensaiiimluugcn.

Lübeck, 18. Aug., Nachmitt. Der dänische
Legationssecretär, Generalstabs-Capitän Bille-
Brahe, ist heute auf der Neise nach Wien hier
durchgekommen.

Altona, 19. Aug. Nach einer Mitthei-
lung der „SchleSwig - Holsteinischen Zeitung"
ist auf uächsteu Mittwoch nach Neumüuster cin
schleswig - holstein'scher Städtetag berufcn zum
Zweck von Verhandlungen über die gegenwär-
tige Lage des LandcS, namentlich hinsichtlich der
VVII dcn Prälaten und der Ritterschast ausge-
gangenen, auf Herstellung einer Znteriinsregie-
rung zielendcn, aber mit der Gesiilnung der
übcrwiegendsten Mehrheit des Landes so wenig
übereinstimmenden Anträge.

Deutschland.

Karlsruhe, 19. Aug. Das heute erschie-
nene Regierungsblatt Nr. 37 enthält j(außer
Personalnachrichten):

I. Gesetz, die Einsührung eines provisorischen
Festungsreglements nebst Rayonregulativ für
die Bundesfestung Rastatt betreffend.

II. Allerhöchstlandesherrliche Berordnung, die
Aufhebung der Centralstelle für die Landtvirth-
schast betr.

III. Vcrfügungen und Bekanntmachungen der
Ministerien. 1) Bekanntmachung deS großh.
Justizministeriums. Bcrichtigung von Druck-
fehlern, die Verordnung über den Gebühren-
bezug der Gemeindebeamten und Gemeindediener
betreff. 2) Bekanntmachung des großh.Mini-
steriums deS Jnnern. Die Zulassung auswar-
tiger Feuerversicherungs-Gesellschasten zum Ge-
schästsbetrieb im Großherzogthum betr. Dar-
nach wurde der Feuerverstcherungs-Gesellschaft
gegen Feuerschaden in Basel die nachgesuchte
Erlaubniß zur Uebernahme von Versicherungen
gegen Feuersgefahr von Fahrnissen und vom
sünften Theil der Versicherungssumme der bei
der Staatsanstalt versicherten Gebäude ertheilt.
3) Bekanntmachungen des großh. Handelsmini-
steriums. u) Die Versammlung der Centralcom-
mission für die Rheinschifffahrt in Mannheim
betreff. Darnach findet die ordentliche Sitzung
der Rheinfchifffahrts - Centralcommissiou für
1864 in der Zeit vom 16. Aug. bis 16. Sept.
1864 in Maunheim statt. b) Die Ertheiluug
von Erstndungspatenten betreffend, 1. an die
Direction des Georgs-Marien-BergwerkS- nnd
Hüttenvereins zu Osnabrück, für den von ihr
ersundenen vereinfachten Mechanismus zur Be-
wegung der Kniehebel an der amerikanischen
Steinbrechmaschine; 2. an den Maschmencon-
structeur Melchior Nolden in Franksurt a. M.

Ein Abenteuer unter der Erde.
(Schluß.)

„Erlauben Sie mir eine Frage", sagte ich ernst,
„glauben Sie denn an den allmächtigen Gott und
seine Lehren, vte hier ntedergeschrieben sind?"

„DaS ist unsere Sache, Sir", erwiderte er, die
Augenbrauen zusammenziehend; „es ist genug, daß
wir Sie als eifriges Ktrchenmitglied kenncn. Uebri-
gens erlauben Sie mir noch die Bemerkung, die
weder Zwang noch Drohung auSdrücken soU, daß,
wenn wir Sie nicht treu Ihrem Eide finden sollten,
wir nöthigenfallS die Rache, ohne auf den Htmmel
zu warten, in unsere eigenen Hände nehmen wür-
den — Sie wiffcn, daß Sie gekannt siud!"

Ich legte meine Hand auf das Buch und schwor.

„Ver^ vell, 8ir!" sagte der Mann, nachdem
die Zeugen das Zimmer vcrlasscn, „jetzt kann ich
mriner Pfiicht als Wirth gegen Sie genügen; Sic
werden hungrig sein und müde, — kommen Sie!"

Er öffnete eine Thür, dte ich in ihrer Gleichheit
mit der Wand bis dahin noch nicht bemerkt hatte,
nnd führte mtch in ein anständiges Zimmer, dort
hefanden fich ein gedeckter Tisch, zwei Damen und

zwei Kinder. Die Kinder mochten wohl das Stück
Werkzeug, was mir die Beschäftigung der Höhlen-
bewohner verrathen, nach dem „Parlour" getragen
haben. Vorläufig wies tch aber jeden darauf be-
zügltchen Gedanken von mir, denn mein Wirth
stelltc mich den Damen vor, dte mich bald in ein
Gespräch zogen, als wäre tch etn Besuch, der gar
nichtS AuffälligrS habe, mich über tausend Dinge
der Außenwelt ausfrugen und dabei so viel Er-
ziehung und Artigkeit entfalteten, daß ich fast ver-
gaß, wo ich war. Zch muß sagen, daß ich einen
ver angenehmsten Abende verlebte, die ich je ge-
habt. Als fich die Damen endlich entfernten, bat
mich der Hauswirth, noch ein Glas Punsch mit
ihm zu trinken, den ich natürlich nicht ausschlug,
worauf er mir ein guteS Bett zeigte, in welchem
ich bald alle metne Abenteuer vergaß. — Was
mich wieder aufweckte, war die Sonne, die mir
tn's Gesicht schien. Ich rieb vie Augen - kurioS,
tch saß gerade an der Stelle, wo ich das Rebhuhn
gebraten — daS Feuer schien kaum niedergebrannt,
die Pistolen staken kn meinem Gürtel, die Bfichse
lehnte neben mir — vor mtr erhob fich dte Buche,
aus der aber jetzt kein RauL kam, und ich würde

die ganze Geschichte für einen Traum gehalren
haben, wenn nicht metn Auge an dem Aufschlagc
meines Rockes ein sestgestecktes Papier entveckt hätte,
das die Worte zetgte: „Gedenke Deines Eides und
verlaß den Ort, ohne hinter Dich zu blicken."

Das Atrinod.

Auf demDamme von Quilleboeuf, im west-
lichen Frankreich, sah man zu Ende dcr dreißiger
Iahre täglich eine bewegte, geschäftig hin- und
herwogende Meffge, welche mit gierigen Blicken die
Ebbe und Fluth beobachtrte, als erwartc man
jeden Augenblick, die anbrandenden Wogen wür--
den versunkcne Schätze und Diamanten anS Ufer
spülen. Die weltumsegelnden Spanier und die
Gefährten Pizarro'S durchwühlten den Boden der
neuen Welt nicht mit solcher Gier, als man hier
das Steigen und Kallen des MeereS beachtet, das
Vorschreiten und die Dauer der Fluth berechnet.
Denn dort an der Klippe, wo fich die kleinen
Wellen krauseln, hundert Toisen vom Ufer, schläft
seit einem halben Iahrhundert ein gescheiterteS,
versunkenes Schiff, vas in seinem Raume Peru'S
Gvld und Golkonda'ö Diamantrn verschließt. Eö
 
Annotationen