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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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Ueidelbkrgtr Ieiluiig.

N» 2L1. Dienstag, 25 October


18«1.

* Politische Umschan.

Am 17. Octobir wurde Mcdicinalrath Möl-
kr vom Stadtgericht zu Königsberg freigejpro-
chen. Die Anklage bctras dessen Schrift: „Ac-
tenstücke der wider mich gesührtcn DiSciplinar-
untersuchung. Ein Beitrag zur neuprcnßischen
Geschichte."

Die „A. A. Ztg." versichcrt, daß Hr. v. d.
Pfordten das ihm angebotene Porteseuille be-
reits angenommcn habe und seinen Eintritt inS
Ministerium nnr von der definitivcn Regelung
der Zollvereinsangelegenheit abhängig machc.

Die Mittelstaate» sollen entschlosscn scin,
nicht eher in den Rückzug der Bnndeötruppen
in Holstein zu willigen, alS die Erbsolge ent-
schieden und das lkgitime Jnteresse gewahrt ift.
Nur dem erbberechtigten Hcrzog soll Holstein
übergebcn werden. Würde dies nicht verlangt
und ausgeführt, sagt man sich in Drcsden, Han-
nover, Stuttgart, München und anderwärtS, so
wäre keinc deutsche Regierung mehr davor
sicher, daß die Großmächte einmäl ebenso mit
ihnen aus gleichen Zweckmäßigkeitsgründcn ver-
sahrcn.

Die Nachricht, daß die Executionstruppen
aus Holstein znrückgezogen würden, ist widcr-
lcgt. Man findet darin eine» BeweiS, daß die
austro - mittelstaatlichen Bezichungcn sich vcr-
bcssert haben. — Die Einberufung dcS unga-
risch-croatischen Landtags wird glcichzcitig mst
dem Sejsionsbcginn des engeren Reichsrathes
erfolgen.

Uebcr die fortwährend austaucheudeu An-
ncpionsgelüste schreibt ein Holsteiner: „Als
Sache und immcr wieder als Sache bchandelt
zu wcrdcn, das empört zutetzt den geduldigstcn
Mann, gcschweige denn ein ganzes Volk. Und
von wcm müsseu wir unS so behandeln lassen?
Von den Soldschreibern dcrer, die als nnscre
Befrcicr kamen, die stcis unsere Sachc als eine
gerechte erkanntcn."

Die in Kopenhagen erscheinende Flhvcpvstcn
vom 21. betont die finanziellcn Schwierigkeitcn
beim Fricdensschluß und spricht von weiterer
Vertagung desselben.

Die Wochenschrist des Refvrmvereins vcrur-
theilt dic Rcchbergische Politik mit dcn Worten:
„Dicscr Mann hat Oestcrreich in einem Jahrc
mchr Schaden zugesügt,*als Metternich in dcr
ganzen Zeil vo» 181ü bis 1848."

Die von Wicn aus verbrcitctc Jlachricht, als
wolle der Fürst von Liechtenstein sein Land an
Ocsterreich abtreten, ist erfunden und lediglich
eine dunkle Erinnerung eineS ZeilungScorre-
spondenten an die Zcit vor 1k Zahren.

Wie sehr die Politik deS Grasen Rechberg
auch vvn lseincn gcvßdeutschen Freunden ver-
urtheitt wird, zeigt nenerdingS ein Artikel deS
„Nürnb. Corr.", cin Blatt, wrlcheS früher die
großdcutjche Richtung mit aller Entschiedenheit
vertrat. Dasselbe sordert jetzt di« Verftändigung
mit Preußen und die Loslösnng der baherischen
Politik von Ocsterreich. „Dcnn nicht nur," sagt
eS, „hat Oesterreich fich nufähig gezeigt, die
Mittelstaaten in der ihne» znkommenden und
ihm jo sörderlichen Funclivn zu stntzen — es
hat sich (waS noch viel schlimmer und trostlo-
ser) auch vollkommen bereit eiwiescn, jene um
seincr particularen vermeiutlichen Zntercssen
willen preiSzugeben, und unbekümmert um
langgchegte BundeSgenossenschaft hat Graf
Rechberg, sobald ihm von Berlin her ein
augenblickiicher Vortheil zu «inken schien, „mit
rajchem Fußstoß hinter sich" das Schifflcin der
Mittelstaaten in dcn Grund deS Wasscrs ge-
jchleudert. So ist die Lage; und »on diesem
Gesichtspunkte anS würden wir cs nur als cin
Zeichen richtiger Erkenntniß der gcgcnwärtigen
Constellation betrachten können, wcnn die Ncu-
besetzung des MinisteriumS dcs Auswärtigeu
in Bapcrn in einer Weise erfolgtc, welche durch
die Wahl der Pcrjönlichkeit die Absicht erkennen
ließe, stch zu Prcußen anf den Fuß der Ver-
ständignng und Annähcrung zu setzen."

Die „Krakauer Ztg." schreibt unterm17.
d. M.: „Wir entnehmcn dem gestrigen „Czas":
Seit Jahressrisl wvhnte in BreSlan cin jun-
ger Mann, der als Hvrer der kkniversität an-
gemeldet war. Die Frau, bei der cr sich ein-
miethet, war zusrieden uiit seiucr stillen Lcbens-
wcisc. Nnr nahm sie es Wundcr, daß dcr
Student nie die Vorlcsungcn besuchte, sondern
ganze Tage lang zu Hausc saß, erst dcs Abends
auSging und dann mciftcns ins Theater oder
in ein öfsentlicheS Lokai, mil Niemand Bekannt-
schaft hatte uud Nicmaud je nach ihm srug.
Er lebte gut, vcrreiste biSweilen anf etliche
Tage und verschloß dann sein Zimmer, ohnc
dcn Schlnssel bei der MiethSfrau zurückzulassen.
wie dieß die Studenten zu thun Pflegen. Noch
bis heut wissen die Breslaucr Blätter nicht zu
erklären, wie es kam, daß am 12. d. M. um
8 kkhr AbendS dic Polizei jenen vermeintlichen
Studenten in sciner Wohnuug verhastet, wobei
die Miethssrau nur so viel crfnhr, daß dieß
ein Fiiianzbcamter aus Galizicn, welchcr un-
gcheure Geldjunnncn unterschlagen und dann
spurlos vcrschwundcn sei, daß man ihn seit
einem Zahr vergebcns in Paris und London
u. s. w. gcsncht, während er um Vieles näher
gcwcsen. Seinen Namcn nenncn hcule die

Ein Iagbabenteucr.

(F-rtsetzung.)

„WaS ift geschehin?"

„Verfl —!" grollte Helnrich.

„WaS tft'S?"

„Kommr hrrilber, ich bin tn eincn verd— Dorn-
strauch mittcn hinein gerathen nnd kann nicht
hrraus!"

Ich übrrsprang den Graben, gewarnt durch mei-
nes Frrundes Betspirt, in riner vorfichtigen Weisc,
und sand, daß seine Person und seine Kteider
«twaS getitten hatten. Er rvar im iuchstäblichen
Sinne d>S WorteS gcpsählt, und konnte ohne meine
Hilf, nicht herauS. Die lleß ich ihm nun wohl
angedrihen und erloste ihn anS seinrr Gesangen-
s»asi — aber z-rkraht, zerschunden und dir Hosrn
in nnhetibarem Zustand«. N-tddürftig banden wir
dir herabhängendrn K-tzen mit unseren Taschrn-
tüchern sest, und schriiten Itwa« vorfichtigrr writer,
Hktnrich Lts Psadfinder voran'unb ich dicht hinter
ihm. Na» einer viertrlstündigen Wandernng binauf
unb hinab den schmaten Fnßfteig, nachdem wtr grnug
jibrr Baumwiirzeln gestolperi und von znrütschnel-

iendili Hasclzwcigen ins Gesicht gcschlagcn waren,
meinte Hrinrich: „Die Bursche find fort! Wir wer-
drn am besten lhnn, wenn wir auch den Heimwcg
rinschlagen."

Zch fand gar nichts dagegen zu bemerken, und
wir wendcten uns zumRückweg, «inander in Flüchen
übrr drc Finsterniß und dcn unbequemcn Weg über-
bieiend. Jetzt schritt ich voran. Wir mochten so
ein paar Schriite gegangen sein, ats wir seitwärts

dürren Zwcigen. Dir Fnßtrttte kamen immer näher,
unS rnlgege»; offenbar hatte ma» auch uns gehört
und suchte eine Begegnung.

„N»n R-bert," meinte Freund Hcinrich, „halte
Dich tapser!"

Zch wünschte mich selbst dorthtn, wo der Pfcffer
wäcklt. abrr da war ntchts zu machen. Zch mußtc
vorwarts, und entschloffeil Mkineu Knüttei schwin-
gcnd, wollte tch meineS FreundeS Rath befolgen
unb den ersteu Streich sühren. Doch hatte ich uickt
oikl Zctt, ineincn Kelbzugsplan zu überlegen, denn
schon stand ein Riese von einem Bnrschen vor mir.
Zch sührte kinen Schtag nach seinein rechten Arm,
und nach dem gräßlichen Kluchc, brii der Räuber

Blätter noch nicht, allein der „Czas" mnth-
maßt, daß dicß KrzyskowSki sein dürste, dkr
vvr längcrer Zkit sich große kknterschlagnngen
zu Schuldcn kommen ließ. Die Vermuthung
d-s „CzaS" ist ganz gcgründet. Wie wir ver-
nehmen, hat man bei einer aus Grund drin-
gender Jnzichten bei der hier lebenden Frau
KrzySzkowski's vorgenommenen HauSsllchung
Briefe desselben vorgefunden, aus welchen her-
»orging, daß Krzyskowski in Breslan sei, wo
er in Folge einer von hier aus ergangenen
Requisition verhaftct verhaftet wurde. Bei der
Frau Krzyskowska wurde ein bedeutender Geld-
betrag und werthvolle Prezivsen vorgefunden.
Frau Krzyskowska ist verhastet und eben so
mehrere Komplizen Krzyskowski's hier und in
Tarnow.

Der zur Begrüßung dks KaiserS von Ruß-
land abgesendete sranzösische General Flenry
wurde »om Czar Lußerst freundlich ausgenom-
men und mit einem hohen rnssischen Orden
beschenkt.

Man behauptet, Napoleon werde dem russt-
schen Kaiser die kkeberzeugung beizubringen
suchen, daß er nichts als dcn Frieden wolle.
Zn Folge dessen sei es nothwendig zu einer
allgemeinen Entwafsnung zu schreiten. Napo-
leon verpflichte sich, die Turiner Regierung zu
veranlassen, wenigstens 1lX>,00v Maun nach
Hause zu entlassen; Frankreich werde nur die
ihm absolut nothwendige Soldatenzahl unter
den Wasten halten; vvn Seiten dcr nordischen
Mächte sei es wnnschenswerth, daß sie diesem
Bcispiele folgten; dann werde Europa ciner
wahren Beruhigung genießen.

Kaiser NaxoleonS Abreise nach Nizza ist auf
den 24. Oct. festgesetzt.

Rach der Madrider Zeitung „LaS Noticias"
chat die Bank einen Anlehensvertrag vvn 20
Millione» mit Hrn. v. Salamanca abgeschlossen.

A«r Schleswig-Hplstein'schen
Sache.

Altona, 22. Oct. Die „Schlesw.-Holst.
Zeitung" ersahrt, daß Seitens des deutschen
Bundes die Erftattung eines sehr bedeutenden
Theiles d-r Kosten für das Bundesexecntions-
heer und die Civilverwaltung in Holstein aus
den holstein'schen Finanzen beschlossen sei.

Ratzeburg, 23. Oct. Jn der gcstrigen
Standesitzung des Herzogthums Lauenburg
wurde der Anschluß an Preußen beantragt und
angenommen.

auSstieß, mußte der Schlag ausgiebig genug ge-
wesen sein. Einen Augenblick darauf hatte er mich
mit derselben Münze bezahlt, und mein linker Arm
hing ganz gelahmt und starr an meiner Seite herab,
und mit ber Wuth, die der Schmerz erzeugt, waren
auch alle frigen Gedanken verscheucht. Währrnd
fünf Minuten erfolgte nun ein unauSgesetztes Geben
und Nehmen von Schlägen der crsten Qualität, die
jedem Kenner dic ungeheuchclte Bewunderung ent-
lockt hätten. Die Kronc gcbührte aber unstrettig
dem letzten Streiche, ben ich auf mcineS GegnerS
risernen Schädel führte und der ihn schließltch in
die Flucht tricb.

Ich hatte ntcht Zeit, mich nach meinem Kreunde
umzublicken, nur so viel wußte tch, daß er mit
einem zweitcn Wilddiebe einen nicht weniger erbit-
terten Kampf führe. Auch er blieb Sieger und
hinkte, als dte Fcinde geflohen waren, zu dem
Baume, an den ich mich anlehnen mußte, um vor
Schmerz nicht umzufinkcn.

„Das Schlachtfeld ist unser," sprach mein Freund
in einem etwas klägltchen und durchauS nicht
triumphirend klingenden Tone. ..Wir wollrn sie
nicht verfolgen, fie sind zu gut mit drr Grgend
 
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