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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-178 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0053

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Veidtlbkrgrr Zkitlmg.


Samstag, 18. Jult


Besteüungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilnqe „Heidelber-
ger Famllienbiätter" für da» mit 1.
Juli 1884 begoanene 3. Quartai
werden fortwäkrend angenoniulcn.

Die Expcdition

* Politische Uinschau.

Die officielle Anzeige, daß derKönig vonPreu-
ßen nach Wien komme, ist daselbst eingetrofsen.
Er wird hiernach am Samstag den 16. Zuli
dafclbst erwarte! und am Montag den 18. d.
einer großen Revue bciwohnen« Seinen Aufent-
halt nimmt er im Schlosse zu Schönbrunn, wo
zur Zeit auch der Kaifer und die Kaiferin rc-
sidiren.

Der englifchen Regierung ist die Mittheilung
geworden, daß Daueiuark bei den deutschen
GrvßmLchten einen Wasfcnftillstand behuss
Friebensverhaudluugen nachsuchte.

Von Paris wird gemcldet, daß am 12. dS.
vou Kopcnhagen eiu Courier mit »irekten Frie-
dcnsoffcrtcn nach Wien und Karlsbad abge-
gangen sei.

Pezüglich der Zollvereinsfrage sagt die „Pro-
vinzialkorrcspoudenz", daß, nachdem der Zoll-
vereiu aus seinen neuen Grundlagen wicder jest
gesichert ist, Preußen gerne dic Hand bictcu
werdc, mit Ocfterreich in eine möglichst enge
und ersxricßiiche Handelsvcrbinduna z» treten.

Endlich sagt die „Proviuzialkorresp.": Dcr
König geht Ende der Woche von Karlsbad nach
Gaftein. Die Nachricht, er werde vorher nach
Babelsbcrg kommen, ist irrthümlich.

Eiu Pariser Correspondcnt dcr „Allg. Ztg."
behauptet, um die Gejundheit deS KaiserS Na-
poleon stehe es weit bedenklicher, alS bis jetzt
dekannt gewordcn. Da die Aerzte den Grund
des LeidenS da suchten, wo er es nicht wnnschte
und gewissc Ercesse in seinem Alter sür gefähr-
lich erklärtcn, so wechsele er beständig mit sei-
neu Aerztcn.

Am 28. Zuni vcrnnglückte cin Emigranten-
zug auf der Beleel Brucke, Untcrcanada. 34
Menschen blieben sogleich todt, 3S0 sollcu ver-
wuudet sein.

Die Jnsurrection in Algcrien ist jetzt voll-
siändig bezwnngen. Die auftührerischen Stämme
haben ihre Feldarbeitcn wieder aufgenommcn.

Aur Tchlesmig-Holstelii'schen
Sache.

Zn Kopenhagc» fürchtet man sehr dcn

Ein Ialtomoriaie.

Anikdote, erzähit von Elise Polko.
cSchluß.)

„Zch will euch Zktgcn, daß kS noch in unsrrer
armcn Zclt Ritter gibt, dic dem Delorges nichtS
nachgeben!" rlef Louis Fcrdtnand. „Seht htr,
mcinc Herren, ich hebc dcn Handschuh ciner Dame
aüf, ohne daß sie mich darum gebetcn l"

Und seinen Säbel mit kinem Griff fester schnal-
lcnd, schwang fich der Prtnz auj die Brüstnng;
und ehe cin Arm fich auSjustrecken vermochte, ihn
zu halten, ehc eln Mnnd fich öffne» konntc zu
eiiicm Schrei, war <r hinabgesprungen. Ob nun
die Wucht dicses wahrhaftigen „Saltomortale" ihn
auf cin Knte gedrückt oder ob er dlesc Slellung dcr
Damc gcgennber anzunehmen für angcmcsscn be-
fundcn — genug, die entfetzten Bcglciter deS knhnen
SpringerS sahcn ihn vor dem Wagrnschlag anf
einem Knie, den aufgehvtenen Handschuh über-
rcichend. Dann sahen fi, ihn aussprtngen nnd von
Iienem im Wege fnchen nnd — finden, wie eS

Uebcrgang der Verbündeten auf Fühneu. Der
„Korsör Awls" wciß bercits, daß die 12,000
Preußen, die jetzt nach Norden auf dem Marsch
bcgrifsen, nach Fühnen bkstimml sind. Dieses
Blatt meldet serner: „Am 4. Zuli passirten 20
PontonS, 14 größere Holzboote und 31 klcincre
durch Kolding südwärts; außcrdcm siud in
Kolding ungefähr 50 Boote angekommen, welchc
iu die FSrde gebracht worden sind, und sind nach
Kvlding auch civile Seeeleute, mit weißen Bin-
den um den Arm, gekommen, und es wird er-
zählt, daß ste die Boote nach Fühnen rudern
solleu. Zn Stenderup, Fänoc gcrade gegenüber,
war Quarlier bestellt für 600 Pioniere. Die
31 Böte lagen am Montag bci Mosevraa, zwi-
schen Kolding u»d Veile, und es war ihre Be-
stimmung, nach Löngs geführt zn werdcn, «el-
ches der Skjärbäker Mühle an dcr Mittelfahrter
Küste geradc gcgenüber licgt."

Kvpenhapen, 9. Juli. Das dänische
Kriegsministerium macht yeute u. a. bekannt:
An Randers (Jütland) hat der Feind ange-
ordnet, bis zuin nächsten Dienstag 130,000
Thaler Kriegssteucrn aufzubringe». Dic Com-
mnnalbehörde hat erklärt, die Summc nicht
liefern zu können. »

Flensbut jtz, 12. Juli. Die „Nordd. Z."
schreibt: AuS Berlin wird uns von compe-
tenler Seite bestätigt, daß dcr Ministerwechsel
in Kopcnhagcn durchaus kcine Acndernng in
ber Haitung der beidcn Großmächte bcwirken
«erdc. Nach wic vor ist man sest entschlossen,
an dem Programm der vollständigen Trennnng
der Herzogthümer von Dänemark fcftzuhalten,
auch sür den Fall, daß etwaige Vcrmirtlungs-
versuche auSwärtiger Mächte (wie ste nicht ganz
nnwahrscheinlich sind) neue ernsthaftc Vcrwick-
lungcn herbcifnhreii solltcn.

Flensburg, 13. Zuli. Das neucste Vcr-
ordiinngsblatt vringt ein Decret der Civilcom-
missäre, betresfend die Anordnung einer Prü-
fungsbehörde für Bewcrber um Pfarrämtcr in
Gemeinden, deren GolteSdienst in dänischer
Sprache gehalten wird, daniit die bctrcfsenden
Gemeinden sicher gehen, daß ihre Prediger der
dänischcn Sprache oollkommen mächtig sind.
Eine feruere Verfügung der Civilcommissäre
genchmigt auf Antrag dcs MagistratS und des
DcputirtcncollegiumS der Stadl Apenrade, daß
der Hanptprcdiger dasclbst dcn Hauptgottes-
dienst in deutscher, der Diaconus die Nachmit-
tags-, rcsp. Frühprcdigt in dänischcr Sprache
hält. Ein Patcnt der Coinmissire verordnct
ein gemeinschaftliches Amtsexamen für Candi-
daten dcr Theologie auS SchleSMg und Hol-
stcin.

schicn; denn die schöne Franenhand strcckte sich ihm
so hastig entgegen, als er hcrantrat. Jctzt erkann-
ten auch dlc Beobachtenden, daß sich wohl cin Rtng
abgestrctst haben mvchte, denn die Dame schoh
einen goidenen Reis «n dcn Ainger drr linkcn
Hand Nttd ekn Sonnenstrahl fiel auf einen Rubtn,
der hell ausblitzte. llnb Worte wurdcn hin und
her gewcchfelt zwlschen der Fremden und dem Prin-
zen — aber kciner scincr Gesährten wagtc cS, hin-
abzngihcn.

Der Kutscher bcstieg cndlich den Bock, der alte
Di-ner schwang fich ans — die Pferde zogen an —
— dcr Prtnz trat grüßend zurück. Da — einen
Augenblick nurneigte fich ein Kraucnköpfchen
auS dem Wagenschiag — -in schwarzcr Schleler
war über da« reichste blondc Haar geschlagen und

nnter dem Kinn gckndtet-aber dte msdernen

Ritter auf dcm Altan hättrn fick jetzt vlellclcht
mindcr lange besonnen, den Handschuh aufzuhcben,
der dieser Frau gehörte.

Dcr Prtnz kehetc nicht sogleich zu scinen Ge-
sährtcn zurück — cr schrttt allein und in fich gc-
kehrt den breiten Wcg hinunter, d-r zum Waloc
führte, und Ricmand hatte den Muth, thm zu

Hamburg, 13. Zuli. Zwei österreichische
und zwei preußische Kanonenboote gingen am
Dienstag früh nach der Rhede von List, auf der
Nordspitze der Znsel Sylt. Die dänischeii Ka-
nonenboote zogen sich dieserhalb südwärts anf
die Watten zurück.

London, 13. Jnli. TimeS: Die Preußen
verlangen Schleswig, Holstein und Lauendurg,
11 Mill. Pfd. Sterling Kriegskostcncrsatz und
die ganze dänische Marine. Timcs sügt dci:
Wenn Frankreich alles daS dulden würde, so
gcschähe dies vielleicht darum, west Preußen
ihm das linke Rheinufcr gcben würde, um
selbst eine Secmacht zn werden. — Morning-
poft gibt einen Artikel des Witzblattes „Eule"
wieder, welchcr sagt, daß die dänischen und
deutschen Kricgführendcn gestern einen Wafsen-
stillstand geschlossen haben,' nnd hosfi, die Aus-
hebung der Feindjeligkciten werde zu einem
dauernden Frieden snhren. (Dem TimeSartikel
ist die Absicht, Frankreich auszuhctzen und
Prcußen zu verdächtigen, an die Stirne ge-
schrieben. Die Nachrlcht der Morningpost ist
vorerst eine witzige Erfindung.)

London, 14 Juli, Die „Morning Post"
hat eine Corresponoenz aus PariS, wcichc auS
osftcieller Quclle wissen will: der König von
Dänemark jtche in Unterhandlung wcgen Ucber-
gabe dcc dänischen Marine an Prenßen unler
der Bedingung, daß er, der Köllig, unter dem
Schutz des Deutschen Bundes bttcbe. Die Dä-
ncn sürchten, daß Christlan IX. das Versprechen
Rußlaiids, nach Kopcnhagen fnr den Fall eines
Aufstandes eine rnssische Garnison zu jchicken,
angenommeil habe. (Dazu bemerkt der „Schw,
Mrk.": Was das ersterc'Gerücht von dcr Ueber-
gabe der dänischen Flotte an Preußen bclrifft,
so geht daraus blos hcrvor, daß das saubere
Geschäst, durch erlogcne Nachrichten England
und Frankreich gegen die deuljchen Mächte auf-
zuhetzen, munter fortbetrieben wird.)

Frankfurt, 1.4. Zuli. BundestagS-Sitzung.
Oesterreich und Preußen stellen den Antrag, an
den Erbprinzen von Augustenburg die Anffor-
dernng znr Bcgrnndung seiner Erbansprüche zu
richlen. Abftimmnng in der nächsten Bnndrs-
tags-Sitzung.

Berlin, 14. Jnli. Die „Provinzialkorre-
spondenz" jagt bczüglich deS dänischen Minister-
wechselS: es jcheine sicher, daß der Wechsel die
Ansgabe habe, durch endliches Einlenken auf die
Bahn des FriedenS Dänemark vor weiteren Ver-
lusten zu bewahren. Man dürfe annehmen,
daß kie deutjchen Großmächte einer ernstge-
meinten Friedenspolitik in jeder Wcise eutge-
genkommen wnrden; doch sei der Friede jetzt

folgen. Erst nach einer Stunde trat cr wteder zil
ihnen. Als er aber die mühsam bezwungenc Ncu-
gier in allen Gefichtern sah, sagtc er lächelnd: „Es
waren Vatcr nnd Tochter — dic Znfaffen deS Rcisc-
wagens. Dcr altc Herr, -in hannoverischer Guts-
besitzer, sührte seinc Tvchter ihrem Manne wicder
zu, nach Berlin. Der Bcncidenswertyc ist Soldat,
wie wir — aber stinen Namen erfuhr ich nicht.

Trinken wir auf scin Wohi-und plaudcre

nlcmand meinen DelorgcS-Streich auS!"

Aber cS mußte thn doch ein Jemand anSgcplan-
dert habcn, denn ais der Prinz nack Berlin zu-
rnckberufen wurde, erzähite man sich die Gcschichtc
dtcsts SprungeS in allen Häusern, nnd btc Min-
dener «cranstalteten große Wallfahrten nach der
LluS und staunten den Altan an. Manche Wette
wurde anch ausgesetzt von schönen Frauen fnr cinc
Wiedrrholung diests WagniffcS; aber — es sand
fich kciner, der cS dem Prlnzcn LoniS Kerdinand

nachgethan-und gar um eines Handschuhs

wtllcn! ' (U. a. h. H.)
 
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