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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 179-204 August
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Utidtlbkrgrr Ztilung.

9!?! 184l. Freitag» 18. August E.86^,

ij Neue Befürchlungen u,id Ver-
wickelungen

Wir haben »eulich schon gezeigt, in wie fcrn
niir unS der LoStrcnnung der Ewherzogthnmer
von Dänemnrk als eincr vollendeten Thatsachc
freuen kinnen; aber eben fo sicher bcwährt jich
die andere Andeutung, daß, auS inneren
Politischen Ursachen, die Besriedigung übcr Er-
füllung diescs WunscheS, dcr Deutschland so
lange in Aufregung gehalten hatte, nirgends
rein nnd ungctrübt zu Tage treten will. So-
gar in den Herzogthümern setbst ist dcr Präli-
minarfrieden von Wien, welchcr dcm Werke der
alliirten Waffcn, wie man annchmen darf, die
deftnitive Bestätigung gibt, ziemlich kalt aus-
genommen worden. Die Urjache dieser durch
ihre Allgemcinheit aussallende Erschcinnng liegt
wohl hauptsächlich darin, daß sich allcnthalben
daS Bcwußtjein auswirst, daß wir noch man-
chen schweren Kamps durchzukämpfen habe»,
ehe daS Ereigniß von 1864 dein ganzen deut-
schen Volke eine Erinnerung ungctrübten pa-
Iriotischcn Stolzcs werden kann. Bielc unter
diescn haben sich in der Hoffnung gcwiegt, daß
die Lösuug der IchleSwig - holstcin'schcn Frage
znglcich die Lösung der dcutschen Frage werden
würde. Wenn dieses überhaupt der Fall ist,
so wird die bevorstehende Gcburt ciner größcren
politischcn Einhcit in Dcutschland nnr untcr
gcwaltigen Wchen stattfinden. BiS jetzt hat
der Kampf um DeutschlandS Rechte i» den
Herzogthümern der Trostlofigkeit unscrcr jctzi-
gen Gesammtversassnng nicht nur kcine Av-
hilfe gebracht, vielmehr ihrc Schädcn auf das
rücksichlslofeste bloSgelegt, und daS Band, wcl-
chesjDeutschland, wcnn auch nur lockcr zusam-
mcnhiclt, vollendS gelockcrt. Dic Geschichtc des
.Bundes während dcr letztcn 9 Monatc ist die
Geschichte jeincr völligen Ohnmacht, und diese
vor Allcr Angen so offen und nnverhüllt dar-
gelegt, muß nicht nur den Glauben zerstören,
daß die BundeSverfassung zu größercr Lebens-
fähigkeit organisirt werden könne, sondcrn jogar
das Fortbestehen des BundeS selbst in Frage
stcllen. Daß die Ereignisse uoch einmal in
schlagender Wcise den BcweiS von der Unzn-
länglichkeit der j-tzigen Bnndcsversassung sührcn,
hat die nationale Partei gerade nicht zu bc-
klagen, fis muß das Bedauern denen überlasseu,
welche durch eine Rcform der jetzigen Bun-
descintichtung den Drang des deutscheu Bolkes
nach politischer Einheit bcsriedigcn zn können
meinten. Die Bedenklichkcit der Lagc, welche
sich auS den Vorgängen der lctzten Monatc cnt-
«ickclt, bestcht aber hauptjächlich darin, daß in

dcm factischen Zustande, in den wir hineinge-
rathen, sich nirgends die Punkte zcigen, nm
welche eine Neubildnng sich ansetzen und crh-
stallistrcn wird. Allc gegcnwärtigen Verhält-
nisse deutcn nämlich darans hin, daß die beiden
Großmächtcinihrer jctzigen Allianz einen
vollständigen Ersatz sür cine orga-
nischeGliederung mit den gesammtcn
übrigen deutschen Staaten zu finden
meinen, und die Auslösung des Bnn-
desverhältnisseS alseinenpolitischen
Gewinn für sich erachten. Es ist sogar
in ihren Organen schon osjen ansgesprochen
worden, daß dic beste Bnndesreform die Allianz
zwischcn Preußen uud Ocsterreich sei, uno daß
diese sich nach Maßgabe dcr augenblicklichen
Verhältnisse gegenseitig größeren oder geringeren
Einflnß über die übrigen deutjchen Staaten
einzuräumen haben. Za noch mchr! DaS
Streben der jetzigen prcußischen Regicrnng inS-
bcsvndcrc kennzeichnet sich immer mchr in dem
Ziele kiner Theilung Deutjchlands in 2 söde-
rative Körper untcr Leitung je cincr Großmacht,
und kommt in der schlcswig-holsteinischcn Sache
schon dcutlich zum Vorschein. Diesc beiden be-
freitcn Ländcr sollcn znm Zwccke ihreS angeb-
lichen beffcren Schutzes Heer, Flotte und Diplo-
matie dem prenßischen Slaate zur Verfügung
stellen, und ist zu dem Ende eine jehr eisrige
Agilation in dcn Elbherzogthümern selbst er-
össnct worden.

Aus allem Diesem ergibt jich abcr die lei-
dige Gewißheit, datz die Einheilsbcstrcbungcu
in Dentschland durch dic jchleswig-holsteinischc
Frage nicht gefördert, wohl aber an cinen kri-
tischcn Wendepunkt gebracht sind.

Durch die nencrdings beabsichtigte Elnfnh-
rung eincr ZntcrinlSrcgierung für die Herzog-
lhümer sind die drohcnden Gcfahren keinenfalls
ganz bes.itigt, worauf wir spätcr znrückkommen
wcrdcn.

* Politische tt-uschau.

Die belgischen Kammern werden am 23. d.
zusammentreten. Jhre Session wird wahrschein-
lich nicht über 14 Tage dauern.

Die- Aufregung in Canada sch'eint zu wachsen.
Der Gedanke einer vollständigen Trennung von
Englaud soll um sich greifen. Es wird dabei
hervorgehoben, daß in dem ganzen weit ausge-
dchnten Lande nicht mehr als ungesähr 9000
englischc Soldaten vorhanden jeien.

Aus Honolulu liegen Nachrichten vom 28.
Mai vor. Der kürzlich aus den Thron gelaugte
König Kameahmea V. hat eine Commission ein-

gesetzt, um eine Revision der Verfassung der
Sandwichinseln vorzuuehmen. Als Grundlage
soüen gelten: das 8ull'rnK6 univer^el und die
Constitution des französischen Kaiserreichs! Der
König hat auch einen Orden der Ehrenlegion
gegründet. ^ein erster Minister ist ein Fran-
zose, Hr. v. Varigny.

Zur Schleswig-Holsteirr'schen
Sache.

Hadersleben, 12. Auguft. Während die
Dänen, welche neulich.auf ihrer Heimkehr aus
der Gefangenschafl Lübeck passirten, die freund-
liche Behandlung, die ihnen in Deutschland zu
Theil geworden, rühmten, wird der Zustand
der rückkehrenden, aus der dänischcn Armee
entlassenen Schleswiger in den düstersten Far-
ben geschildert. Man schrcibt darüber der
„N. A. Z." von hier: „Gestern Nacht und
heute Morgen kamen gegen tausend aus der
dänischen Armee beurlaubtc Schleswiger auf
ihrem Wege nach dem Süden hier durch. Nord-
schleöwiger sind noch keine angekommen. Jch
meine, Alle gesehen zu haben, und erinnere
mich nur Dreicr, welche Röcke anhatten; die
übrigen waren nur mit einem Hemde und einer
leinenen Hose versehen: einige hatten nur Hemd,
Unterhoscn und Holzschuhe an. Alle boten aber
einen im höchsten Grade sammervollen Anblick.
Die armen Menschen, deren Civilzeug bei dem
Brande von Sonderburg verloren gegangen
war, hatten, ehe ste beurlanbt werden konnten,
für ihr eigenes Geld Kleidungsstücke kausen
und für dic miscrablcn Lumpen enorme Preise
bczahlcn müssen. Für ein Paar Beinklciver,
die mit Flicken besetzt waren, und wie man sie
auf dem Trödelmarkte für cinigc Groschen kau-
fen kann, hatte ihr Besitzer A/z Thaler bezahlen
müsscn; eine über und über mit Oelfarben bc-
schmierte Wachstuchjacke hatte 8 Thaler gekostet
u. s. w. Die Cntlassenen, welche während des
Krieges ohne Waffen gewesen waren und unter
Aussicht von Gcndarmen Schanzen auswerfen,
Löscharbciten verrichten und den Bürgern auf
Fyne die Abtritte reinigen mußten, kamen frie-
rend und hungernd, ohne einen Schilling im
Vermögen, hier an, und fanden bei dem preu-
stischen Commandanten, Major v. d. Horst,
sowohl wie bei den Bürgern gastliche Aufnahme.
Der Bürgermeister, dem die Noth seiner Lands-
lente von dem Dr. Naben und dem Fabrikbe-
sitzer Rift mit der Bitte um Hilfe vorgetragen
wurde, cntgegnete: „die Leute HLtten ihre An-
kunft der Civilregicrung in Flensburg melden
müssen, dann würde ihm Zeit geblieben sein,

Ein Abenteuer unter Äer Erde.
(Fortsetzung.)

Wenigstens wollte ick aber die Höhle in Augrn-
schein nehmen, so weit es bas eindringende TageS-
licht gestattete, und ich trat ein. Mehrere Ellen
weit passirte ich über ebenen Boden — im nächsten
Augenblick aber stieß mein Knic gegcn eine quer
übergezogeneSchnur, die ich in der hier begtnnenden
Dunkclhctt nicht bemerkte — ein Schlag erfolgte,
als sei die ganze Höhle zusammengebrochen, und
ich stand tn undurchdringlicher Finsterniß.

Jetzt wußte.ich, in welche Falle mich mein Vor-
witz grtrieben. Es war fnr mich vollkommen klar,
daß hier kein einzelner Menich, dcr die Einsamkeit
suchte, lebte, sondern daß ich die Heimakh irgend
einer Bande von Verbrechern betreten hatte, die
sich meiner Vcrschwicgenheit am bestcn vcrsichern
konnten, wenn sie die Höhle zu meinem Grabe
machten. Ich hatte Zett genug, derartige Betrach-
tungen anzustellen, denn während wenigftens einer
halben Stunde rührte sich nichts um mich, und ich

selbst getraute mich eben so wenig zu bewegen —
wußte ich doch nlcht, ob sich nicht vor mcinem Fuße
als neue Falle irgend ein Abgrund geöffnet, in
dcn ich beim ersten Schritt ftürzen mußte, oder ob
nicht trgend eine Vorrichtung aüf mich wartete,
mich bei der ersten Bewegung zu zerschlagen.

Es war eine fürchterliche Stunde, die ich, tau-
send Entschlüsse fassenb und wieder verwerfend,
durchmachte.

Endlich hörte ich ein rollendes Geräusch, das
mir vorkam, wie der Donner, der im Komödien-
spiele hervorgebracht wird, und mit dem ersten
Laute, drr mich nach so langer peinigender Stille
traf, kehrte auch mein Muth wieder. Und jetzt
begann ein Schauspiel, an dem ich in einer an-
dern Lage unendlichen Spaß gefunden haben würde,
das aber im Jnncrn dcr Höhlc nichts weniger als
angenehm war. Zuerst sah ich eincn hellen Punkt,
wenigstens hundert Fuß weit, wie es mir schien,
der näher kam, immer größer und strahlender
wnrde, bis er wenigstens zehn Fuß im Durchmesser
hatte und mir plötzlich, nicht weit von mir, zur
Seitc einer geschlossenen Thür zwei Gertppe zeigte,
wovon daS eine den Arm hob und nach mir wies,

während das anbere dazu winkte. Obgleich ich mir
sagte, daß dies alles Spiegelfechterei sei, so war
doch der Anblick so, daß eS mir kalt über die Haut
lief. Plötzlich flog mit einem Knall die geschlossene
Thür auf, und eine Procession von Männern,
alle schwarz und mit verhüllteu Gefichtern, trat
langsam, einen lecren Sarg tragend, daraus hervor.
An threr Spitze schritt ein in feuerrothes Gewand
gekleideter Mensch, mit einem blinkenden Schwerte
in der Hand und das Gcsicht durch eine schwarze
Maske verdeckt. Der Zug näherte sich; der Sarg
ward vor mir niedergesetzt; ein Kreis schloß sich
um mich, und meine Arme wurden wie mit Schrau-
benzwingcn gcpackt, während der Rothe sein Schwert
übcr mcinem Haupte schwang und ein Andcrer mir
! die Augen verband. Jch fühlte, daß jede Gegen-
! wehr eben so nutzlos alS wahnsinnig sein würde.

Im crsten Augenblick, als ich meine Augen ver-
' bundcn fühlte, fürchtete ich wirklich etwas wie
! schnelle Erecution, die an mir vollzogen werden
, sollte, und ich bereute, daß ich nicht gletch beim
^ Anblick der Männer von meinen Feuerwaffen Ge-
^ brauch gemacht, wenn diese mich auch nicht auS der
Höhle hätten befreien können — dabei schoß es mir
 
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