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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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Mittwoch, 12. October


Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
gcr Familienblätter" für das mit I.
October 1884 begonneue 4. Quartal
werde« fortlväyrend angenouimen.

Die Expedition.

* Politische Umschan.

Nur drci Pariser Blätter, nämlich die beiden
officiöscn Zeiluugen PayS und Constitutionnel
und die ministerielle France betrachten di-
italienisch-französijche Conoention sür ernstlich
gemcint. Älle anderen Jvurnale, die ultra-
montanen wie die liberalen, deuten an, daß der
Vertrag, absichtlich odcr unabsichtlich, Ro»i in
die Händc der JtaAner bringen ninsse.

Die Lurincr „Öpinioue" sncht zu beweisen,
daß wahrjchcinlich der Papst ans eine Anter-
stützuug Seitens der katholischcn Mächte durch
eine Bcsctzung RomS nach Abmarsch der Fran-
zosen nicht zu rechnen habe. Spauien sei nicht
stark genug, eS auf eineii Krieg mit Jtalicu
ankommen lassen zn köiineu, nnd Ocsterreich
sei höchst wahrscheinlich nach dem Kriege mit
Dänemark und bei bcni Stande scincr Finauzen
und inncrcn Zustäiide wenig befähigt, von
Ncuem mit Frankreich nnd Ztalien einen Krieg
zu bcginnen zu Giinsten dcS Papstthums.

Die Turincr Opiiiione bespricht dic llnmvg-
lichkeit, in welcher dcr Papst jich besinde, eine
Stütze in einer katholischen Macht erlangcn zu
können. Die Nazione von Florcnz bemcrkt, der
Papst betc, nnd cr thue wohl daran. „Seine
Mission ist weit mchr zu beten als zu rcgieren."

Zur «Lchlesipig-Holsteiii'scheii
Sache.

Pinneberg, 5. Oct. Dcr hcute hier vcr-
jaiiiniclte Baucrntag kam zn iiachfvlgenden ein-
stimmigcn Bcschlüssen:

^ derni

Aic Erplojion bei Erith.
(Fortfttzung.)

So weit geht der Bertcht eines Augenzeugen,
eines Matroftn, der auf dem Decke eines nicht gar
weit von den Barken geankerten Lichters beschäftigt
war; fernere Beobachtung wurde ihm auf unsanfte
Weise abgrschnitten; denn unmittelbar nach dem
Augenblicke, alS ihm jener Lichtblitz erschien, fühlte
er fick cmporgeschleudert, siel auf das Deck zurück
und rollte, da er nickt im Stande war, sich an-
zuklammern, in den Strom, aus welckem er sich
mit ftinen ersckütterten und vielfach vcrletzten
Gliedmaßen nach anstrengendem Kampfe mit den
Wellen an das Ufer rettete. Dem Licktblitze muß
also unmittelbar die Erplofion der bridrn Barken
gefolgt sein; glühende Balken oder Funken müffen
in eineS der durch die Erschütterung schon thetlwetse
zertrümmerten Magazine geflogen scin, und tn
kaum merklicher Zwischenzeit waren beide in die
Luft gesprengt. Der Knall war ein fürchterlicher,
die Hree hob sich -und der Luftdruck pflanztc fich

sprechende Theiluahme au^oen Aclivei? des eheimiligen

Die Abweichungen dieser Erklärung von den-
jenigen der andern Bauerntage wurden nach
reiflicher Erwagung fnr nothwendig gehallen,
im Uebrigen gab sich die vollkommene Ueber-
einstimmung mit denselben kund. (Börsenh.)

Kolding, 8. Oct. Feldmarschalllieutenant
Frhr. v. Gablenz folgt hcute dem Hauptquar-
liere nach Horscns. Der Stadt ist eine Ein-
quartierung von nahezu 5000 Mann auferlegt,
welche der getrofseuen Anordnung gemäß in
heizbaren Localitäten nnterzubringen und auf
das Bestc zu verpflegen sind.

Flensburg, 9. Oct. Die „Nordd. Ztg."
bemerkt, es sei durchaus noch nicht ansgemacht,
daß die Verlegung des Hauptquartiers nach
Kiel einc beschlossene Sache sei, um sv weniger,
als die hiesigen städtischen Behörden dem Prinzen
Friedrich Karl eines der besteingerichteten und
schönstgelegenen Häuser zur Versngung gcstellt
hättcn, auch sür die Stabsofficiere und ihre
Familien genügende Wohnungeu nachgewiesen
werden könntcn.

Hamburg, 9. Okt. Die „Hamb. Nachr."
bringen eine Korrespondenz aus Kiel, in wel-
cher bemerkt wird, daß die HH. Samwer und
Franke von ihrcr angeblich bevorstehenden Ent-
lassung lediglich durch die Zeitungen benach-
richtigt wurden. Hr. Samwer habe einen mehr-
tägigen Urlaub erhalten, nach dessen Ablauf er
seine Funktionen in Kiel wieder aufnehmen
werde; Hcrr Franke weile in Kiel und licge
seinen Amtsgeschäften ob, die aufzugeben er
nicht die geringste Veranlassung. habe.

mit der Kraft eineS OrkanS über die Wieftn und

waren ein Trümmerhaufen. Ungeheuere Balken,
Stein- und Ervmaffen wurden auf w^ite Entfer-
nung in die Felder geschleudert, als seien eS leichte
Wurfgeschosse gewesen. Von dcn Barken und ihrer
Mannschaft keine Spur; in den Flußdamm war
eine über 100 Fuß lange Brescke eingeriffen, und
ein Glück, daß eS nicht Fluthzeit war. Die Arbei-

den beiden größeren Häusern stehen nur noch einige
niebrige Mauerbruchstücke. In den umgebenden Gär-
ten entwurzelte drr gewaltige Stoß starke Bäume;
andere, welche verschont blieben, stehen da nackt
und kahl, jeder Zweig, jedes Blatk wie abgeschoren,
ein trauriges Sinnbilb der gräßlichen Verwüftung
ringsum. Hülfe eilte herbei, Aerzte, Polizisten,
Arbeiter. Aus den Trümmern wurden mehrere
Leichen und etwa zwölf meist sehr bedenklich Ver-
letzte hervorgezogen. Zwei.Arbeiter.vermißte man
noch; im Laufe der Arbeit deS WegräumenS aber
fand man einzelne zerrtssene Gliedmaßen, so daß
der betden Schicksal leiver nur zu klar tst. Die
Zerstörung beschränkte fich nicht auf die unmittel-

D e u t s ch l a n d.

Karlsruhe, 10. Oct. Das heute erschie-
nene NegiernngSblatt Nro. ss enihäll außer
Pcrsonalnachrichten cine Bckanntiiiachuirg dcs
großh HandclSministcriums: Den Bau einer
Eisenbahn von Dinglingcn nach Lahr betr.

-- Von der Berastratze, 10. October.
Nachdem aus der in Wciiiheim iieulich abge-
haltcnen Diöcesansynode der Ausschußbcricht
über den sittlich-rcligiösen Zustand dieseS kirch-
lichcn Bczirks vcrlcscn und nach kurzcr DiS-
cnssion genchmigt wordcn war, brachte Psarrer
Keerl daS Charakterbild Zesn von Schenkel auf
die TagcSordnung, cine Angclegenhcit oder
vielmehr Veriegcnheit, die scit dem Frühjahr
die Geistcr und Gcmüthcr bewegt. Mit dicken
Fascikeln gcwappnet und ausgerüstet, bcgann
Hr. Kecrl ein Reserat zu vcrlescn, welches den
ganzcn Vormiltag in Anspruch nahm; von den
Znhörern glaiiblen mehrere die gezogencn iind
uiigczogencn Geschütze der alten scholastischen
Theologic uiid WettwciSheit zu hören. Stun-
dcn verflosscn und cine düstere Langeweile be-
mächtigte sich der Synode; Einzclne griffcn
nach ihren Hüten; man vcrnahm leise und
lautc Stimmen der Mißbilligung, mehrere
Geistlichen -rklärtcn, nach dcr Eiitscheidirng des
Obrrkirchenraths sei diescS ganz erschrecklich
aussnhrliche und umständliche Reserat -ine
zwccklose tz-iftige Tortur; ob denn die Hirten
der Bcrgstratzc und ihre Schase und Schajlein
zu Martern arisrrkoren feien? Psarrer Keerl
mußte feinen Vortrag nun ctwaS deschiennigen
und endiich gegcn 12 Uhr, nachdem er um 9
Uhr angefangen, gelangte er znm Schlusse sei-
ncr gelchrlen Unterfnchung, zu dem Antrag
nämlich, der evangelische Oberkirchenrath wollc
über daS Charakterbild Jefn von Dr. Daniel
Schenkel ein Gutachten von cinigen anf dem
Grunde der hciligen Schrift stehenden theolo-
gifchen Facnltäten -iiiholen iind nach dem Ur-
theil, wclcheS diefclben abgeben, in diefer daS
ganze Land bewcgendcn Augclcgeiiheit versahren.
Der Antrag wurde mit sicben gegcn vier Stim-
men angenvmmen. Pfarrer Gicfer stellte hie-
rauf den Gegenantrag: die Synode wolle dem
großherzdglichen Oberkirchenralh ihren Dank
auSsprechcn für den in ciner so milden und
versöhnlichen Wcise abgesaßten Erlaß. dcsfen
schöne Tcndcnz fei, den geftörten kirchlichen
Frieden baldigst wicderherznstcllen. — Die
sieben orthodoxen oder streiiggläubigen Psarrer
fandcn fich jedoch »icht bcwogcn, dcm Vorschiag
ihreS srcistniiigen AmtSbruderS ihre Zustim-
mung zu geben. Die heilige Sicbenzahl ver-

dare Umgebung dcr Magazine. 3n Erith, In Bel-
vedere, in Plnmstead, tn Woolwich steht fast kein
Gcbäude, deffen Scheiben nicht mehr odrr mtnder
g-Utt-n haben, in oielen Häusern wurden ganzr
Fenster nnd Frnstcrlädin ausgeriffen uud auf dir
Straßen odcr in die Stuben gefchlrudrrt; rtn noch
nichr vollendetes Gebäude an der Stalion der Süd-
wrstbahn bei Betvedere Ist zum Theil itngestürzt.
Dic körxerlicheu Bcschädigungen laffen st» nicht
zählen; von cincm Todesfallc außerhalb bcs näch-
st-n BereicheS dcr Magajine ha» man glncklicher
Weise nicht grhört. Woolwich, wclcheS mehr als
andcrthalb Wrgstundrn von Lrith enisernt ift, bot
eine Sccnc unbeschreiblicher Berwirrung dar; dte
Einwohner glaubtcn tn ihrcm erstrn Schrecken,
das Arsenal, in welchem 4000 Arbeiter brschästlgt
waren, scl IN die Luft gestogen, und Tausende und
abermals Tauscnve stürztcn auS ihrcn Wohnungen
hinaus, W-ibcr und Kiiider, an den Th-ren dcs
ArscnaiS nach ihrcn Gatten und Vätern rufend
und laut ansschreiend, als sie sahen, wie einige
Männer, von GlasspUtern verlctzt, dUitkild ber-
ausgebracht wurdeii. Zm Arsenatc selbst herrschtc
gleiche Vcrwirrungj die Ardeitcr, die Erschüttcrung
 
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