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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0508

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Wdtllmger Ztttuilg.

9!'' 278. MonlagS^allSge^'^ Areitng, 23- Mpvem^er Zns,rk,°llSgebubrelim'ar^ Zspaltigr PkM. A88^»

* Politische Ilmschau.

Ein Correspondent der „A. A. Z " schreibt
aus Wien, daß bezüglich Schleswig-Holsteins
Aussicht zu einer abgekürzten Erlcdigung vor-
handen wäre, etwa so, dgß der Herzog von
Augustenburg vom Bund sür Holstein aner-
kanut und dort eingesetzt würde, worauf die
beidcn Großstaaten, von ihrcr durch den Krieg
und den Friedensschluß erworbenen Macht'Ge-
Lrauch machend, dem Herzog von Holstein auch
Schleswig übergeben würden.

Der Pariser Correspondent der „N.F. Pr."
theilt ein in Paris verbreitetes Gerücht mit, daß
zwischen Oesterreich und Preußen Verhandluu-
gen über Aufnahme Venetiens in den deutschen
Bund schweben. Als Preis seiner Zuftimmung
fordere Preußen den engsten Anschluß der
Herzogthümer an Preußen. Oefterreich schwanke
noch. (s. Wien, 23. Nov.)

Die gestern gemeldete Ausrüstung einiger
österr. Kriegsschiffe gelten einer ins adriatische
Meer vorbereiteten und auf niontenegrinische
Unterstützung zählenden Expedition dcr Actions-
partei.

Preußen hat Oesterreichs zweite Transactions-
vorschläge wegen der Bundestruppen abermals
ablehnend beantwortet. Es wird bezweifett, daß
die rujsische Cessionsacte eine Ctausel ^vegen
Nückfalls an Rußland enthalte.

Die Reise des Fürsten von Hohenzollern-
Sigmaringen uach Wien, welche eine Menge
polilijcher Combinationen hervorgerusen, scheint
sich einzig und allein auf die einer Entscheidung
zueilenden Fragen wegen der Conslituirung
Schleswig-Holsteins und der dem Bunde ge-
genüber Seitens der beiden deutschen Groß-
mächte anzunehmenden Haltung zu deziehen.

König Ludwig 1. von Bayern ist am letzten
Samstag im besten Wohlsein uud in der hei-
tersten Stimmung in Nom eingetroffen.

Jn Mexico waren Gerüchte von einem Mord-
versuche auf die Kaiserin Charlvtte (wie über
Neuyork vom 10 November berichtet wird) in
Umlauf.

- Gcneral Mac Clellan hat scine Demission als
General der Unions-Armee genommen.

D e tt t s ch l a n d.

Kartsruhe, 23. Nov. 9. Bnlletin über
das Besinden Jhrer Großh. Hoheit der Fran
Markgräftn Wilhelm. Der Zustand der
hoheu Kranken ist seit gestern ganz unverändert.
Dr. Buchegger. Dr. Meier.

Karlsruhe, 22. Nov. Der königl. italie-

nische Ministerresident Marquis Oldoini war
bei der heutigen Audienz beauftragt, dem Größ-
herzog die Jnsiguien des höchsten Ordens der
heiligen Verkündigung,(8upi-6mo orälne äell'
Ällunciatn) in Vertretung des Königs von Zta-
.lien und des Großmeisters dieses Ordens zu
überreichen. Marquis Oldoini war bei diesem
feierlichen Acte von den Herren seiner Gesandt-
schast, dem Grafen Litta und dem Grafen Fran-
cesco Collobiano, begleitet, und wurde von
Sr. Königl. Hoheit in Umgebung der obersten
Hoschargen mit dem bei Empfang der außer-
ordentlichen Gesandten üblichen Ceremoniel em-
pfangen.

(Vorstehende Zeilen sind durch ein Versehen
in einem kleinen Theile der Auflage unseres
gestrigen Blattes nicht enthalten, daher wir
solche hier wiederholen.)

Karlsruhe, 22. Nov. Die heutige „Bad.
Landesztg." schreibt: „Was Herr Eckardt als
Privatmann und Privatpolitiker, und vollends
gar, was er als Privatbediensteter der großh.
Hosbibliothek trieb, war für die politische Stel-
lung der Bad. LandeSzeitung und der gesamm-
ten liberalen Partei von sehr untergeordnetem
Znteresse. — Ein auderes Gesicht crhielt die
Sache, als Herr Eckardt im Frühjahr dieses
Jahres Präsident im hiesigen Nationalverein
wurde, einige Monate vorsichtig dazu benutzte,
sich im Verein eine kleine Minorität, im Aus-
schusse aber eine Majorität zu sichern, und
nnn in den letzten zwei Monaten mit der dieser
Natur eigenen verzehrenden Haft vorwärts
eilte. Dahin gehört sein (und der Ausschuß-
majorität) Zukunftsprogramm für badische Poli-
tik, seine gedruckte Einladung an die.liberalen
Elemente Badeus, sich Augesichts der neuen
Organisation zu gliedern um den Mittelpnnkt
Eckardt, sein Vorgeheu in Eisenach, um daS
bisherige Programm des Nationalvereins zu
sprengen und eine Verbrüderung aller curo-
päischen Nevolutionselemente herbeizuführen.
Da hallte ganz Deutschland wieder von den
Plänen der gewaltigen Recken, dcr einflußrei-
chen Karlsruher Demokraten, und da war für
die Bad. Laudesztg. der Augenblick gekommen,
ihre bürgerliche und vaterländische Pflicht zu
thun. Und wir haben sie gethan. Es hat
sich gezeigt, daß es geradezu kindisch ist, von
einer Karlsruher Demokratenpartei zn sprechen,
daß Herr Eckardt cin Feldherr ohne Heer ist,
und daß es bedauerlich war, daß man sich in
Eijenach von diesem Manne theilweise verblüffcn
und irre führen ließ. Daß gleichzeit'g Herr
Eckardt von der Hilfeleistung bei der Hofbiblio-
thek entfernt wurde, berührt uns nicht. Wir

sind zu gute Royalisten, um die Handlungen
der großh. Hofverwaltung in den Bereich der
öffentlichen Discussion zu ziehen, und wir sind
andererseits zu tief durchdrungen vo» unseren
vatcrländischen Pflichten, um nach rechts oder
links, nach oben oder unten zu schauen, wenn
die Lage des Vaterlandes an uns die Forderung
stellt, unsere Person in einer Pflichterfüllung
einzusetzen."

Karlsruhe, 23. Nov. Ueber bie gestern
ftattgehabte Sitzung des Nationalvereins schreibt
die „Bad. Ldsztg.": Geftern Abend hielt Herr
Professor Eckardt Generalversammlung im Na-
tionalverein, an der sich die Gegner so weit
betheiligten, daß sie ihrer 42 noch einmal mit
Namensunterschrift einen Protest gegen Herrn
Eckardt einlegten. Dagegen erklärteu sich die
Anhänger des Herrn Eckardt mit dessen Auf-
treten in Eisenach „vollkommen einvcrstanden"
und „mißbilligten das Auflreten der Prosessoren
Hauser und Baumgarten in der Versammlung
vom 8. d. M." Wenn nun der obige wieder-
holte Protest seiner Gcgncr Hrn. Eckardt nicht
veranlassen kann, freiwillig vom Präsidium (er
ist gewählt für das Jahr vom Frühling 1864
bis dahin 1865) zurückzutreten, so wird jenen
42 Protestunterzcichnern und ihren zahlreichen
Freunden im hiesigen Nationalverein nichts
übrig bleiben, als ihren Protest und ihre Na-
men der Oefsentlichkeit bekannt zu geben und
damit zu verhnlen, daß man in, wie außerhalb
Badens ihr politisches GlaubenSbekenmniß und
ihren politischen Namen ferner in Verbindung
bringe mit Herrn Eckardt und seinen An-
HLngern.

?L,crli»r, 22. Nov. Die Antwort Oester-
rcichs auf die preußische Note in Zollsacheu
betont das Entgegenkommen Preußens und die
Hoffnung auf Fvrtsetzung der Prager Conferen-
zen. Franzvsische Berichte bestäligen Nachtrags-
verhandlungen. Uebermorgen Buudestagssitzung;
es wird ein >'tntrag der Verbündeten in der Be-
setzungsfrage Holsteins einkommen.

Wien, 22. Nov., Abends. Jn seiner Er-
widerung auf die. Rede des Grafen Aueröperg
in der heutigen Herrenhaussitzung sagte der
Graf v. Nechberg u. A.: Die deutschen Mit-
telstaaten sahrcn sort, in Oesterreich ihren Hort
zu suchen; jede österreichische Regierung werde
daran festhalten. Preußen betrestend, sagte der
Redner: Oesterreich bedürfe eben so sehr der
Allianz Preutzcus, wie Preußen jener Oester-
reichs. Früher sei dieß leider nicht der Fall
gewesen, unc die Folge davon war für Oester-
reich der Feldzug von 1859, für Preußen der
Verlust Neuenburgs und der Verlust seiner

„in treuer Liebe verbunden, in den Fluthen des
Genfer See's den Tod gesucht uud gefunden haben",
hat alle Gemüther in außerordentliche Bewegung
gesetzt.

Diesen tragischen Ausgang des Demme-
Trümpy-Processes hat nach dem Spruch des
Geschwornengerichtes Nicmand envarrct, obgleich
Manche, welche den Personen und Verhältnisien
näher stehen, die uuglinkselige Angelegenheit mit
dem Urtheil der Assisen noch nicht als ganz been-
digt ansahen. Es liegt noch so viel Geheimniß-
volles in allen Vorgäugen, daß es sehr gewagt
wäre, über die tieser liegenden Beweggründe zu
den constatirten Thatsachen, wie zu alle Dem, was
noch dunkel ist, jetzt schon Vermuthungen auszu-
sprechen.

-Wir theilen deswegen heute nur in kurzen
Zügen mit, was sett dem Sckluß der Asfisen bis
jrtzt in die Okffentlichkett gedrungen ist: Unmittel-

Borlesungen seinem Sohn Hermaun zu übertragen;
da dersclbe aber in nächster Zeit Bern verlaffen
werde, so sei eS ihm bei seinem vorgerückten Alter
nickt mehr möglich, den Pflichten seines Amtes zu
genügen. ES hieß, Herr Professor Demme wolle
sich nach Winterthur zurückziehen und dort den
Abend seines Lebens zubringen. Sein Sohn Her-
mann beabsicktigte, wie man hört, mit seiner Braut,
Flyra Trümpy, sick hier nock zu vermählen und
dann nach Pariö überzusiedeln. Die Vormund-
schaftsbrhörde tn Glarus (Frl. Trümpy ist nämlich
eine Glarnerin) verlangte noch zur ErfüUung einer
gesetzlich vorgeschrirbenen Formalität, bevor sie thre

Einwilligung zur Verhetrathung gebe, irgend ein
unbedeutendes Actenstück, wodurck die bereits be-
schlossene Hochzeit einige Tage hinausgesckoben wer-
den mußtc. Uiiterdessen wohutc Flsra Trümpy bei
ihrer Mutter auf ihrem Landgute in Wabern, eine

man die Verlobten miteinander spazieren gehen.
Ueber die Erbschaft Lrümpy war gerichtliche Liqui-
dation erkannt, und Frau Trümpy, die sich ver-
hältnißmäßig wohl befindet, war entschloffen, ihr
Brod sich mit thrcr Hände Arbeit zu verdicnen.
Letzten Sonntag vor 8 Uhr nun, also am 13. No-
vember, Nachiuittags, machten Dr.HermannDemme
und seine Braut Flora Lrümpy etnen Spaziergang
und kamen nickt wieder nack Haus. Wie es scheint,
faßten sic hier den verhängnißvoUen Entschluß, ihrem
Leben ein Ende zu machen; denn ohne Geld, Klei-

nur eine Andeutung zu geben, reisten sie, wie sie
gingen und standen, mit dem letzten Zug nach
Freiburg, überuachteten daselbst und fuhren in der
Frühe des 14. bei sehr scklechtem Wetter mit rinem
Fuhrwerk nach Bulle. Der Kutscher sagte nachher
aus, Beide seien heiter gewesen, hätten im Wagen
 
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