Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 152-178 Juli
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0013

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ukidtlbkrgl'r Itilimg.

M 1SS


DienAag. s J»lt


L8«1.

Bestcllungen auf bie „Heidelberqer
Zeiruiij," nebst Beilage „Heidelber-
>ier Familienblätter" für daS uiit 1.
Juli 4884i begonnene 3. Quartal
werden fortwährend an»eiiominen.

Die Expedition

* Politische Umschau.

Die „Nat.-Zlg." bezeichuet die Mitthellung
ciniger Blätter, der Herzog Friedrich habc bei
dem BundeStag vdrbehaltlich d-r Rcchte Dritter
direct seine Anerkenuung beantragt, als unbe-
gründct.

.Die kurhcsfijche Ständevcriammlung wurde
am 1. Juli auj uubestimmte Zeit »ertagt.

Die gegen die „Reiie Franks, Ztg." ausge-
sprocheuc Eiitzichuiig des PostdebitS im Her-
zogthnm Nassau, sowie das Verbot, daß dieje
Zeitung im Herzogthum gehalten werde, ist
wieöer ausgehoben.

Fnrst Snzo, der ehemalige Hospodar der
M«dau, ist gestorben.

Laut Rachrichten aus M e r i c o war der Em-
pfang des Kaisers von Vera-Cruz an ein äu-
ßerst kühler.

Zii» Gchlesivig-Holstcin'schcii
Lache.

AuS Sondcrburg wird gemcldeti Bei der
am 30. Zuni theilweisen Räumung des Schlacht-
feldes wurdcn 400 schwedische Frcischäricr vor-
gefunden, denen kein Pardon gegeben w'ard.
Die Einwohner von Sondcrdurg sind in die
bcwohnbaren Häuser der Stadt zurückgekehrk.
Die Einwohner Alsens geben weit deulschere
Gesinnuligen kund, alS die des SundewittS.
Das eroberte KriegSmaterial ist nach der Büfsel-
koppel hinübergeschasft.

Kopenhaizcn, 28. Juli. DaS Kriegö-
ministerium macht bekannt: Ein hestiger Kampf
findct zwischen Wollerup und Svnderskoo statt.
Der Feind soll zwischen Augustenburg und
Höruphav stehen, scine Vedetten in der Nähe
von Angustenburg, sowohl Artillerie wie Ka-
vaüerie. Der Kampf scheint uiisererjeits mit
Hartnäckigkeit uud Ruhe gefuhrl wordcn zu
sein. „Rolf Krake" soll eine Brücke deS Kein-
deö iu den Grund gelaufen haben. Die Telc-
graphcnverbiiiduiig mit Stökc aus Alsen ist jctzt
abgcbrochen, nud Detailbcrichte köliucn erst
spätcr erwartet werden.

Berlin, 1. Zuli. Die Kvnigin hat den
sechs bei dem Sturme auf die Düppelcr Schan-
zen engagirt gewesenen katholischen Militär-

geistlichen scchS mit den schönsten Stickcreien
auf reichstem Goldgrunde ausgeführte Stola'S
gestistet.

Berli», 1. Juli. Nach dcr „Zeidler'schen
Correspondenz" svll Prinz Hohculvhc - Zugel-
fingen, Sohn des früheren preußischen Mini-
sterpräsidenten, dcn Posten eines prcußischen
CivilcvmmissärS in Zütland begleiien. Der
„Krciizzeitung" zufolge wird die Verwaltungs-
behörde sür Züttand vorläuftg in Randers Sitz
nchmcn.

. Aus Apenrade vom 1. Zuli: Der Em-
pfang der durchmarschirendcn brandenburgischen
Regimenter «ar schr kühl; die westphälischen
dleiben einstrveilen auf Alsen.

BeiBcginn derFeindseligkeiten werden sämmt-
liche in Schleswig im Amte verbliebenen Be-
amten dänischcr Richtnng entlassen werden, mit
der Ordre, innerhalb 24 Stunden daS Land
zu verlassen. Mit Amtmann von Heltzen in
Axenrade wurde der Anfang gemacht.

Hamburg, 2. Juli. Dcn „Hamburger
Nachrichten" wird au« Kopenhagcn, 30. Juni,
berichtct: Itach Privatmittheilungen soll der
Gcjamuitverlust der dänischen Besatzung auf
Alsen ctw» 1400 Mann an Todtcn uud Vcr-
wundeten betragcn. Dic sämmtlicheu Berwun-
dctcu jollcn milgcführi sein.

Brüffei, 2. Iuli. Die „Zndependaiice
Belge" schreibt, dah daS französische Cabinet
den von Seitc dcs GroßherzogS von Oldcn-
burg erhobeucn Aiisprüchcn auf die Nachsolge
in den Elbherzogthümcrn lchr feindlich sich ent-
gegenstelle, indem es diese Ansprüche alS daS
Rejiiltat eines zwischen Rußland und Prcußen
zu Siaiidc gckommcnen geheimen Eiuverständ-
nisscS betrachte. Der Großherzog von Olden-
burg habe auf spccielle Anfrage iu Paris den
Bescheid erhalten, daß, ivenn dcr Grvßherzog
von der Bevölkerung der Herzogthümcr auf
dercn Thron dernfen werden sollte, Frankreich
den VolkSwillen rejpectircn würde, außcrdem
aber der Ansicht sei, daß rechtlich die Ausprüche
der- Augustenburger und der Glücksburger den
Aiijprüchen RußiandS, der Wasas und des
Großherzogs von Oldcuburg vorgingeu.

London, 2. Juli. Die „Morning Post"
veröffciillicht ein vom 16. Juni datirteS L-chrci-
beu des Hrn. v. Bismarck an den preußischcn
Botschafter in Paris, Grafen v. d. Goltz, und
ciu vom 13. Juni datirtcs Schreiben deS preu-
ßischen Gesandtcn in Wien, Frhrn. ». Wcrthcr,
an Hrn. v. Bismarck. Jn dem erstangesührten
schrcibt der preußischc Ministerpräsident, der
Kaiser von Rußland habe dem Könige Wil-
helm in dcr Hcrzogthümcrfrage seinen mora-

lischcn und eventuell seinen matcriellen Bei-
stand zugesichert, erachte jedoch die Anerkcnnung
der Rechte des Großherzogö von Oldeuburg als
im bciderseitjgeu Zuteresse licgend; der Brief-
schreiber, obwohl seiner Angade nach persönlich
den oldenburgischen Ausprüchen zugcneigt, hält
indessen den russischen Vorschlag wegcu der
Augustcnburgischen Shmpathien der preußischen
Köuigsfamilie kaum sür durchführbar. Er be-
merkt wciter, der Czar verlangc Garautie gegen
die Herstellung einer skaudinavischen Union,
betone die Nothwendigkcit einer vollständigen
„Entente" der nördlichcu Mächte und wünsche,
daß die TheilungSmächte die polnische Frage
für eine auSschließlich innere erklären und eine
CoNvcntion auf dcr Basis gegcnseitigcr GebietS-
garantie abschlicßen; Prcußen habe dem noch
nicht zugcstimmt, betrachte eS jedoch als Präli-
minaricn künftiger klnterhandlungcn. — Jn
dem Briefe deS Frhrn. v, Werlher ist gesagt,
der Kaiser Franz Joseph und der Graf von
Rechberg wünschten ein iutimcS Eiüvernehmcn
der nördlichcn Höfe, und Graf v. Rcchberg in
Besorgniß vor einer westmächtlicheuGegenallianz
verlange von Rußland in einem eventucllcn
Kriege gegen die Westmächte matcrielle Hilse
nebst anderen Garantien.

Altona, 3. Zuli. Den „Altonaer Nach-
richten" wird unterm Gcstrigcn auS Rends-
burg berichtct, daß 100 Bcttcn vom dortigen
österreichischcn Feldlazarcth an der Westküste
requirirt wurden. Nach der „Schlesiv.-Hvlst.
Zcitung" besandcn sich untcr dcn KricgSgcfan-
genen vielc SchlcSwigcr, die meist srcigclasscn
wurden. Aus Augustenburg gcht dem genaun-
ten Blattc die Nachricht zu, daß am 1. (Frci-
tag) cin däuischcS Kiiegöschiff cinige Kugcln
nach der Sonderburger Brücke geworscn, ohne
jcdoch Schadeu auzurichtcn.

Deutschland.

Karlsruhe,- 30. Juni. 70. öffentl. Sitzung
der 2. Kanuner. (Schluß.) Prestinari er-
fucht den Abgeordneten Walli, feinen Antrag
fürforglich zurückznnehmen. — Nöder cntgeg-
net dem Abgeordneten Achenbach, der hcute früh
behauplct habe, daß außer dcm Berichterstatter
wohl fchwerlich ein andercs Mitglied der Com-
mission genaue Sachkenntniß besitze. Hätte
Achenbach bei Erörterung der Voranlage in
der Abtheilung gefagt, daß er nichts davon
verstünde, so würde er ficherlich nicht in die
Commifsion gewählt worden sein. Das habe
er abcr nicht gefagt. Nedner gcht nun weiter
aus d'ie Sache ein und erklärt, daß er bei der

Lur Serliner Sittengeschichte.

Ein Bild von unglücklicher Ehe, wie sie Gott
sei Dank selten in Berlin vorkommt, liefert ein

das sonft so ruhige und gemeffene Geheimraths-
vicrtel sogar in Aufregung zu setzen vermochte.
Ein noch nicht gar zu alter Mann, der sich vor
einigen Iahren burch einige Ertravaganzen um
sein ganz eintragliches Amt brachte und seitdem in
den verschiedcnsten Stellungen, aber immer als
Abrnteurer und verfolgt von Gläubigern lebte,
schikn endlich in den Hafen der Ruhe durch eine
reiche Heirath gelangt zu sein. Er besaß nämlich
nock von setnem srüherm Amte her einen Titel,
der ganz vornehm klingt, und diesen Titel ersehnte
gerade eine mit Haus und Hof und noch einigen
Staatspapieren versehene Dame, um über dirse
Reichthümer einen noblen Schleier zu decken. Sie
heirathete daher den Titel und gab dafür dem
Manne, an dem rr klebte, Wohnung, Nahrung
und etwaS Taschengeld, nachdem sie seine Schulden
bezahlt hatte. Dte dem Ehemanne — man verzeihe
uns, daß wir diesen Ramen bei einem solchen Ver-

Louis — ausgesetzte Summe war jedoch für seincn
Bedarf viel zu klein, er machte daher von Neuem
Schulden, ja er soll sich sogar dahin verstiegen
habcn, setner Frau Namcn ohne deren Wiffen
neben seinem auf Wechsel figuriren zu lassen, genug,
er bcnahm sich so, daß scine sehr resolute Gemah-
lin thn beim Kragcn nahm und zur Thür htnaus-
warf, der eigenen Sicherheit halber auch ver-
schiedene Male annoncirte, daß sie keine Wechsel
unterschreibe und für den Gatten nicht mehr be-
zahle. Darauf fand sich der Mann in der vergan-
genen Woche wieder bei seiner Frau ein und ver-
langte augenblickliche Bezahlung aller Schulden
und öffentliche Ehrenerklärung, da er andernfalls
vor ihren Augen sich erschießen werde. Die Dame
des Hauses lachte hoch auf und bat, sie mit solchen
Dummheiten zu versckonen, oder doch wenigstens
auf der Straße sich zu erschießen, damit ihre Möbel
nicht befleckt würden. Ucber diesen Hohn erbittert,
zog der Mann ein Pistol aus der Tasche, schrie dcr
Gattin zu: „Du hast mich auf dem Gewiffen,"
stürzte in ein Nebrnzimmer, und alsbald fiel ein

Schuß. Sterbend lag der Mann in setnem Blute,
als die Frau und das Dienstpersonal jetzt herbei-
eilten. Noch einmal streckte der Unglückliche die
Hand aus, als er seine Ehehälfte sah, um ihr zu
verzeihen; sie jedoch sticß unbarmherzig diese Hand
zurück und rief ihm zu: „Willst Du gleich machen,
daß Du fortkommst, auf der Stelle raus, Du hast
mir meinen ganzen Teppich verdorben." Bluttrie-
fend, offenbar mit durchschossener Brust, richtete
der Edle sich in die Höhe, schleppte sich zum Sopha
und sank dort hin, um weicher zu sterben. Da
klingelt es und herein trat ein kleines Männlein,
das der Dame des Hauscs einen Wechsel präsen-
tirte, den ihr Gatte auf sie gezogen. Als der Mann
sah, was hier vorgtng, wollte er sich mit bedauern-
den Redensarten über den Selbstmord ergießen,
bie Frau aber unterbrach seine Lamentationen jedoch
! ohne alle Rührung, faßte den Gatten trotz seiner
Todeswindungen beim Kragen und warf ihn zur
l Thür hinauS, worauf sie bem Männlein bedeutcte,
! daß es ihm in glcicher Weise ergehen werde, wenn
er sich nicht bald cntferne, sie habe für den leben-
I den Gatten längst nicht mehr bezahlt, für den
tooten wcrde sie daher gcwiß nicht einen Groschen
 
Annotationen