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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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Vtidklvrrger Itilung.


Bostelluxgen uuf die „Heidelberger
Jeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" füe daö mit t.
Qctober begomiene L. Kuartal
werden fortwährend aiigenoiiiiuen.

Die Expedition

* Politische Umschau.

Di! „Karlsruhlr Zkituug" stellt die Atach-
richt der „Franksurter Postzeitung", woruach
in Karlsrnhe bestimmte iUiithcilungen über eine
beabsichtigte Reise dcs Kaijers der Franzojen
nach Badcn ersolgt sein jollc», in Adrebe und
meint, daß solche etwa nur an den Corrcspon-
denten der Wiener Qnclle der „Postzeitung"
gclangt scin könnten.

Die Berliner Corresxondenz der „N. F. Z."
bringt die Nachricht, dasj in Berlin das Gcrncht
gche, während der Manövcr sei auf dcn König
ein Schuß gefallen, der jcdoch sein Ziel ooll-
ständig vcrfehlt habe; es soll dedwegen gcgen
cin KnjilicrbataiUon eine Untersuchung statt-
findcu. Es ist zu erwartcn, daß diijem Ge-
rüchte in den Bcrliner osficiellen Blättern bc-
stimmt widersprochcn werde.

Lord Clarendou räth in Wien nicht nur,
Victor Emanuel anzuerkcnnen, sondern auS
sreicn Slncken mit Ztalien wcgen eventucller
Abtretung Venetiens in Verhandtung zn treten.
Letztcrcs soll der brilische StaatSinann haupt-
sächlich darum snr gerathen halten, weil hier-
durch Krankreich um die Gclegenhcit käme,
Krieg zu sührcn, »on Ztalien AnSgleichungen
zu beanspruche», und übcrhaupt lctzteres noch
länger in Abhängigkeit hatten zu können. Das
Wiencr Cabinet wird aber in einc gntliche Ab-
lrctung Vencliens sicher nicht eingehen.

Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Weit
entfernt davon, die Anjicht zu theiten, die von
vielen Seiten anSgesprochen wird, „daß Klorenz
nur eine Etappe nach Rom sei", glanbcn wir
darin »ur dic Etappe snr die Wiedcrausrjch-
tnng eines selbstständigen ReichcS in Snd-
Ztalien zu jehen. Die Zeit wird lchren, daß
wir Recht haben."

DaS „Jonrnal deS DcbatS" bemcrkt in sci-
ner polinschen Rundjchan bezüglich deS Ein-
drucks, dcn die französisch - italicnische Conven-
tion auf die Höse der Großmächte macht, Kol-
geudcS: „Jn England klatscht man lauten Bei-
sall; in Oesterreich ist man crschrocken, in
Berlin uud PcterSburg hält man sich in der
Reserve, und, um die Wahrheit zn jagcn, ma»
jchcint nach Umständen gleich geneigt, sich mit

Somitag, 2. October

Oesterreich zu erschrecken oder auf Kosten des-
selbeu zu lachen." — Die „Norodemsche All-
gemeine Zeilung", das Organ oes Herrn von
Bismarck, bemerkt hiezu: „Wir erlauben nns,
dem „Journal des Debats" zu bemcrken, daß
wir in der That nichl missen, meshalb man in
Oesterreich über die Convention vom 15. „er-
schrocken" sein sollte, und was die politischen
Kreise in Berliu anbctrisst, wir meineu dieje-
nigen Kreise, die gemohnt sind, mit uüchteruem
Blick das Neale und Mögliche von den Utopien
zu unterjchciden, so konnten diese Kreise wahr-
lich nicht durch diesen „Anfang des Endes"
überrascht merden, mie die „Debats" glauben.
Wir haben seit Zahren derartigen Ereignissen
entgegengesehen und stnden daher in denselben
nichts meiter, als die Bestätigung unserer Pro-
phezeihungen."

Znr ScyleSwtg-Holstejrr'schen
Sache.

Altona, 30. Sept. Das heutige Verord-
nungöblatt enthält eine Bekanntmachung der
Landesregierung, welche die Genehmigung der
Bundescommissäre anzeigt, die der Lnbecker
Handelskammer gestattet, aus der Strecke von
der Travemünder Bncht durch Holftein nach
der Elbe zmischen Glückstadt und BrunSbüttel,
zum Behufe der Ermittelung einer geeigneten
Kanallinie in dieser Richtung, Nivellements
vornehmen zu lassen.

D e u t s ch l a n d.

Karlsruhe, 30. Sept. Das hente erschie-
nene Negierungsblatt Nr. 51 enthält eine Be-
kanntmachung des großh. FinanzmiinsteriumS,
Verordnung, das Versahren in Steuer- und
Zollstrassacheu betressend.

Heidelverg, 1. October. Wir haben in
Nr. 229 unserer Zeitung ein uuö vou glaub-
würdiger Seite zugekommencs Programm des
wirklichen „Ausschusses des Nationalvereius zu
Karlsruhe" (nicht eiues „angeblichen") einfach
mitgetheilt, und unö darüber vorerst jeder Be-
sprechung euthalteu. Die „Karlsr. Zeituug"
schöpft aus unscrm Artikel Veranlassung sich
üver die Bestrebungen des „Ausschusses des
Nationalvereins" in nachstehender Weise aus-
zusprechen: „So erwüuscht es der großherzogl.
lltegierung scin muß, der Unterstützung der eiu-
zelnen Parteikreise versichert zu werdeu, die sich
in einem erregten össentlichen Leben von selbst
ausscheiden, so muß sie dabei doch als erste
Voraussetzung festhalten, daß dabei ihre eigenen
Regierungsgrundsätze geachtet und nicht Ziele


verfolgt merden, denen beizustimmel? sie selbst
außer Stande wäre. Dies Letztere ist aber
mit der Mehrzahl der Aufstcllungcn des ge-
dachten Programmes der Fall. Eine ganze
Neihe der vorgeschlagenen Zielpunkte müßte die
größh. Regierung, und wir denken nicht nur
jede Regierung, sondern jeder besonnene Freund
einer geordneten freiheitlichen und nationalen
Entwicklung, sowohl des deutschen VaterlandeS
als unseres badischen HeimathlandeS, aus das
entschiedenste bekämpfen.

Unter dieseu Umständen würde die großh.
Regierung vorziehen müssen, auf die anzebotene
Unterstützung der Verfasser des gedachten Pro-
gramms, wie es die „Heidelbcrger Zeitung"
mitthcilt, zu verzichten, wenn solches weiter ver-
folgt werden wollte."

Wenn die „Karlsruher Zeitung" durch die
Vcröfsentlichung des Programms des „Aus-
schusses des Nationalvereins zu Karlsruhe"
in unserem Blatte etwa zu der Unterstellung
gelangeu wollte, daß die Redaction der Hei-
delberger Zeitung mit diesem Programm voll-
ständig einverstanden sei, so besindet sich die-
selbe im Zrrthum. Auch wir nchmen uu-
sererseits keinen Anstand zu erklären, daß die
Heidelberger Zeitung das Anstreben jeues Pro-
grammeö in oeu verschiedensten Punkten nicht
sür wünschenöwerth sindet, und der Ansicht ist,
daß die Fortentwicklung unscres Verfassungs-
lebens auf der von unserer Negicrung betre-
tencn Bahn auch ohne Durchsührung jenes
Programms zu erzielen ist.

Stuttgarr, 26. Sept. Der König hat die
Auflösung' der k. Leibgarde zu Pferd und deren
Vertheilung in die vier Neiterregimenter, so
wie die Ergänzung der Feldjägerabtheilung auf
einen erhöhten Stand auf den 1. Oct. verfügt.

Stuttgnrt, 29. Sept. Unter dem Vor-
sitze des Köuigs fand am Dienstag unmittelbar
nach Beeidigung dcr neueingetretenen Departe-
mentschefs eine Sitzung des königl. Geheimen
Naths statt, deren Ergebniß die unverweilte
Absendung vou Commisfären nach Berlin war,
um in Gemeinschaft mit Baycrn den Beitritt
zu dcm erneuerten Zollvereine noch vor dem
1. k. M. zu erklären.

Berlin, 28. Sept. Die „Zeidl. Corresp."
berichtet: „Die Zeit des Aufcnthaltes Seiner
Majestät des Königs in Baden-Baden ist aus
12 Tage sestgesetzt.

F r a n k r e i ch

Paris, 27. Sept. Nach Nizza wird ein
Zuaven- oder Grenadierbataiüon verlegt, daS
die Ehrenwachen während des Winteraufent-

Ein §lick in Äie Polenprozeß-VerhanÄlung
zu Gerlin.

(Schluß.)

Zwischen den Vertheidigern und den Journalisten !
befindet sich in der Mitte ein Tischchen und drei j
Sessel für die zu vernehmcnden Angeklagten und !
Zeugen. Vor diesen Vertheibiger- und Journa- >
listenreihen sind der Breite des Saales nach acht
Reihen Sessel für dte Angeklagten selbst, die wir !
nur flüchtig beobachten wollen, aufgestellt. Bet
ihnen sind die Altersstufen vom 20. bis zum 70. !
Lebensjahre vertreten. Aus ihren Gesichtern ist !
meist Entschlossenheit und Charakterfestigkeit er- >
sichtlich, mitunter blitzt aber auch aus den Augen !
des einrn oder deS andern Schlauheit und List >
hervor. Die Kleidung derselben ist burchwegS eine ,
anständige, mttunter sehr elegante, einige wenige !
tragen Czamaras. Bei ihren Vernchmungen schei- j
nen sie eine große Enschiedenheit an den Tag zu >
legen; sehr charakteristisch ist aber das stramme har- ^
monische Zusammenhalten der Angeklagten. Wenn j
nämlich einer derselben bei seiner Vcrnehmung einen

scin, daß sich sofort einer von den genau zuhor-
chenden Mitangeklagten zum Worte meldet, und
nachdem er mit scinem Vcrtheidiger Rücksprache

ken dies selbst, denn eben hat per mit Orden be-
deckte alte Dicner verkündigt, daß der Gcrichtshof
bereils den Bcschluß gefaßt hat, und der Gericbts-
hof selbst ist erschienen, und der nun vernommene
Angeklagte Mrowinski soü Auskunft geben über
die ihm anvertraute Caffa, als sich schon ein an-
derer zum Worte meldet und sagt, die Cassa sei
dem T. anvertraut worden, dieser sei den Ruffen
in die Hände gefallen und diese hätten wohl bie
bei ihm vorgcfundenen Papiere der preußischen Re-
gierung ausgelicfert, die Caffa aber wären sie so
fret gewesen, für sich zu behalten. So geht es fort.
Zwischen den einzelnen Angeklagten kommt kcin
oder sehr selten ein Widerspruch vor. Hiebei kommt
ihnrn der Umstanb zu statten, daß sich zu dem zu
vernehmenden Angeklagten immer sein Vertheidtger
hinsctzt und bei bedenklichen Fragen die Antwort

entweder selbst abgibt oder wenigstenS beeinflußt.
Der Angeklagte Mrowinsky, der eben vernommen

rede, sucht alle gegen ihn vorliegenden VerdachtS-
gründe zu rntkräften und erhebt zu wiederholten
Malen die heftigsten Vorwürfe gegen die Staats-
anwaltschaft, die seine Worte und Briefe unrichtig
gedeutet, einzelne Sätze aus ihrem Zusammenhange
hcrausgerissen und so ein falsches Bild seiner Thä-
tigkeit entworsen habe. Vierzehn Monate, sagt er,
befinde er sich unschuldiger Weise in Untersuchungs-
haft und bitte ergebenst, ihm die Fretheit wieder
zu geben.

Der Gerichtshof zieht sich abermalS zur Beschluß-
fassung znrück, wir haben einen Blick auf baS
Drama, bas sich hier abwickelt, geworfen und be-
geben unö schnell wieder in die goldene Freiheit.

AchwurgerichlsverhanÄlungen.

Mannheim, 23 Scpt. Den Schluß der 3. Vier-
teljahrsfitznng bildete die heute Nachmtttag verhan-
 
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